Rettet die Arbeit!

Die Digitalisierung der Arbeit und die Dynamiken des Arbeitsmarktes könne man nicht regeln. So jedenfalls vernimmt man das recht häufig – wegen der unsichtbaren Hand des Marktes und so. Schön, dass es hin und wieder Publikationen gibt, die sich diese wirre Parole vornehmen.

Es gibt Felder, die kann man nicht der Privatwirtschaft, dem Markt überlassen. Die medizinische Versorgung zum Beispiel. Oder den Wohnungssektor. Entweder gehören die in staatliche Obhut – oder aber wenigstens durch gezielte Eingriffe reguliert. Für Lisa Herzog, Professorin für Politische Philosophie und Theorie an der Hochschule für Politik an der Technischen Universität München, gehört noch ein Sektor zu dieser Kategorie. Nämlich der Sektor aller Sektoren: Der Arbeitsmarkt.

In ihrem aktuellen Buch »Die Rettung der Arbeit. Ein politischer Aufruf« redet sie nicht etwa einer Verstaatlichung und Planwirtschaft das Wort. Eigentlich ganz im Gegenteil. Aber dass man die neuen Herausforderungen der Arbeitswelt, speziell die Digitalisierung, einfach dem Markt überlässt und wieder mal die gute alte smithsonian »unsichtbare Hand« zitiert: Das hält sie für fahrlässig. Denn Arbeit ist die Grundlage der arbeitsteiligen Gesellschaft. Und die kann man nicht aus der Hand geben und schläfrig zuwarten.

Kein Schicksal, sondern Gestaltung

Herzog bringt ihre These des Buches so auf den Punkt: »Die Arbeitswelt [spiele] eine viel zu wichtige Rolle für unsere Gesellschaft (…), als dass man sie in Zeiten des digitalen Umbruchs einfach ihrem Schicksal – oder dem ungesteuerten Wirken des freien Marktes – überlassen dürfte«. Ganz einfach auch deshalb, weil Arbeit »mehr als ein lästiges Übel, und (…) mehr als ein Mittel zum Geldverdienen« sei. Selbst wenn sich die Verhältnisse völlig ändern und organisieren würden, glaubt die Autorin, so bliebe die Arbeit auch weiterhin eine »zutiefst menschliche Angelegenheit«.

Klar schwingt da auch ein bisschen Romantik mit, die Arbeit kommt hier mal wieder als Sinnstifterin und soziale Teambuilderin zum Einsatz. Aber ganz darf man diese Wahrnehmung von Arbeit nicht ausblenden. Das ist fahrlässig, denn für viele Menschen ist Arbeit tatsächlich mehr als nur ein Platz, an dem man zum Arbeiten kommt. Zumal Herzog nicht einfach nur nach dieser Logik argumentiert, die in Zeiten neoliberaler Reformitis gerne mal in dem Satz mündete: »Jede Arbeit ist besser als keine – Hauptsache Arbeit!«

Über die Arbeit definieren wir uns auch als Gesellschaft, manifestieren wir unser Gesellschaftsbild. Lässt man Änderungen unreguliert zu, winkt man ab und tut so, als gäbe es keine Handlungsoption, gibt man die wichtigste Ressource aus der Hand: Die Arbeit nämlich. Der Markt als Regulator soll es dann mal wieder richten – wer allerdings darauf wartet, wird wohl abermals enttäuscht werden. Oder auch nicht, denn jede Enttäuschung setzt eine Täuschung voraus. Und ob die Apologeten des Laissez-faire sich täuschen, bleibt nun freilich fraglich. Vermutlich wissen sie sehr genau, welche Folgen die Unterlassung haben wird – und freuen sich darauf.

The answer, my friend, is whistleblowin in the wind …

Die Autorin plädiert folgerichtig für staatliche Eingriffe. Aber intelligente Eingriffe sollten es dann schon sein. Plumpe Verstaatlichung und feiste Plankonzepte schließt sie übrigens ebenso aus, wie das bedingungslose Grundeinkommen. Letzteres hält sie für nicht zielführend; ganz so wie der Sozialphilosoph Albert Hirschman, glaubt sie, dass ein solches Modell zwar »exit«, aber nicht »voice« ermögliche. Das heißt, man könne als Angestellter zwar jederzeit mit den Füßen abstimmen und gehen, aber die Gestaltung von Arbeit und Unternehmenskulturen stärkt dieses Modell ganz sicher nicht.

Herzog schweben tatsächlich intelligentere Ansätze vor. Die Digitalisierung wird Berufe auflösen, die es heute noch gibt. Dass Berufe verschwinden ist an sich ein normaler Vorgang, das war nie anders. Andere rücken nach. Man kann diese Entwicklung allerdings steuern, das Know-How und die ökonomische Empirie sind Ressourcen die man politisch einsetzen muss – so einsetzen muss, dass es am Ende kein zu großes Heer von Verlierer gibt. So könnte man Unternehmen verpflichten, eine Quote für Umschüler dieser Entwicklung einzuhalten – wer das nicht tut, kann ersatzweise in einem Fond einzahlen, aus dem Auffangprogramme und Fortbildungen für »Digitalisierungsopfer« finanziert werden.

Überhaupt sollte man das gesellschaftliche Bild vom Whistleblower völlig neu ausrichten. Das sind nämlich keine Verbrecher, sondern gewissenhafte Menschen, die Einblicke in die Irrungen und Wirrungen der extrem arbeitsteiligen Gesellschaft erlauben. Whistleblowern eine rechtliche Handhabe zu geben bedeutet auch, die Gewissensfrage als Faktor in die Marktabläufe einzubauen. Das würde mancher krummen Tour vorab den Wind aus den Segeln nehmen. Whistleblowin zu schützen: Das wäre eine politische Obliegenheit erster Güte, ein richtiger Schritt zu mehr Partizipation in den Unternehmen.

Betriebsverfassungsgesetz 2.0: Partizipation stärken

Denn genau darum geht es der Autorin ganz besonders. Zwar haben wir hier in Deutschland nicht wenig Teilhabe innerhalb der Betriebe, das Betriebsverfassungsgesetz hat da starke Akzente gesetzt. Aber es kann gerne noch verbessert werden. Die Hierarchieschwellen sind ohnehin gesunken, die digitale Gesellschaft ist nicht mehr strikt hierarchisch vorstellbar, sondern gibt sich ja oft wesentlich aufgeklärter und kritischer als jene Vorgängergesellschaft, die noch im Tal der analogen Ahnungslosigkeit darbte. So gesehen glaubt Lisa Herzog, dass der Staat nicht immer direkt intervenieren kann und soll – aber er soll die Grundlagen schaffen, damit Unternehmen dazu verpflichtet sind, eine demokratischere Kultur zu entwickeln.

Letztlich diente diese Maßnahme auch dazu, diejenigen, die sich als Verantwortungsträger fürstlich entlohnen lassen, wieder in die Verantwortlichkeit (mit allen Konsequenzen) zu schieben. Denn eine partizipative Unternehmenskultur wird es sich nicht leisten wollen, die Verantwortlichen gewisser Betrügereien davonkommen zu lassen. Whistleblower helfen indes dabei, die Schuldigen besser erkennen zu können. Dass dumpfe Gefühl vieler Menschen im Lande, dass Eliten machen können was sie wollen: Es entsteht millionenfach in Unternehmenskulturen, die antiquierte Hierarchien zulassen.

Der Arbeitsmarkt kann also durchaus gestaltet werden – und es ist nicht wenig, dass das heute jemand mal wieder so offen publiziert. Nach etlichen Jahren, da uns ganze Bücherregale an marktradikaler Erbauungsliteratur betrübten, ist jedes Buch mit kreativen Ideen und dem Bekenntnis, dass der Staat eben nicht am Ende angelangt ist als Gestaltungskraft, wirklich herzlich Willkommen. Der Arbeitsmarkt geht uns alle an, wie wir arbeiten, produzieren und dienstleisten. Man kann es nicht denen überlassen, die ihre Unternehmen wie Fürstentümer führen.

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Roberto J. De Lapuente

Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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niki
niki
4 Jahre zuvor

Demokratisch geführte Betriebe? Echte Mitbestimmungsrechte für Mitarbeiter? Gerechte Partizipierung am Gewinn? Echte Verantwortung des Betriebes gegenüber den Mitarbeiter?
Wo wir immer mehr auf Selbstverantwortung gedrängt werden und sämtliche nach und nach soziale und demokratische Errungenschaften in den letzten Jahrzehnte durch die neoliberale Logik über Bord geschmissen wurden, wo Tyrannei durch Etablierung von Psychopathen in Führungsetagen von Politik und Wirtschaft droht, sehe ich da ehrlich gesagt verdammt schwarz…

Heldentasse
Reply to  niki
4 Jahre zuvor

Demokratie und Betrieb schließt sich per Definition solange aus, solange die Unternehmen sich in Märkten behaupten, und auch Profite erwirtschaften müssen.

Solange die Märkte sich aber einer demokratischen Kontrolle entziehen, ist es nicht weit her mit der Demokratie vor Ort.

Beste Grüße

niki
niki
4 Jahre zuvor

Ganz einfach auch deshalb, weil Arbeit »mehr als ein lästiges Übel, und (…) mehr als ein Mittel zum Geldverdienen« sei. Selbst wenn sich die Verhältnisse völlig ändern und organisieren würden, glaubt die Autorin, so bliebe die Arbeit auch weiterhin eine »zutiefst menschliche Angelegenheit«.

Für mich ist es ein wirklich sehr lästiges Übel… Selbst wenn ich z. Zt. relativ annehmbare Chefs und Kollegen habe…
So ist es aushaltbar! Mehr aber nicht!

Vor allem: Soziale Kontakte durch Arbeit? Ich war schon immer froh wenn ich diese „Flachpfeiffen“ nach Feierabend nicht noch mehr ertragen muss… Und in der Vergangenheit hätte ich die Chefs und so manchen „Kollegen“ so manches Mal gerne erwürgt! Und das ist alles noch untertreiben.

Und nochmals:
Dieses krankhafte Verhältnis der Gesellschaft zur Arbeit wird unsere Lebensgrundlage auf diesen Planeten irgendwann in naher Zukunft vernichten…

Nashörnchen
Nashörnchen
4 Jahre zuvor

Es war einmal, vor langer Zeit, da schulterten viele viele fleißige Schnitter ihre Sensen und zogen für viele viele Wochen auf das Feld, das Korn zu ernten und auf die Tenne, es zu dreschen, auf daß sie es mahlen und daraus gutes Brot backen und was zu essen haben würden bis zur nächsten Ernte.
Machen wir es kurz: Das erledigt heute ein einziger neoliberaler Mähdrescher in einer halben Stunde und die fleißigen Schnitter (und viele viele Millionen andere) braucht kein Mensch mehr. Und damit die nicht massenhaft arbeitslos werden, werden sie eben heute alle Philosophen und gendern fleißig seltsame Ideen über eine Welt, die sie niemals auch nur im Ansatz kennenlernen, ganz zu schweigen verstehen werden.
Die braucht nun erst recht kein Mensch, aber essen wollen sie dennoch – also nimmt der fürsorgliche Staat der letzten Handvoll Leute, die noch nicht digitalisiert oder nach Fernost outgesourced sind, die tatsächlich noch richtig arbeiten müssen, inzwischen rund drei Viertel ihres ohnehin kargen Lohnes weg und „reguliert“ damit den „Arbeitsmarkt“ und so kassiert die Philosophende jeden Monat mehr als der Arbeiter, der sie finanziert, im ganzen Jahr. Das nennt man dann „Gerechtigkeit“.

Immerhin: Irgendwo auf der Welt stehen noch ein paar fleißige Holzfäller und Drucker und Buchbinder und überwachen die digitalen Maschinen oder die Kinder, die solche Bücher herstellen. Wahrscheinlich ohne deutsches Betriebsverfassungsgesetz…

niki
niki
Reply to  Nashörnchen
4 Jahre zuvor

Ersetze Gender und Philosophen durch Bullshitjobs…. Dann passt es!

Nashörnchen
Nashörnchen
Reply to  niki
4 Jahre zuvor

Ja, natürlich. War ja auch nur ein Beispiel, weil es im Text grad um eine gegenderte Philosophende ging…

Pen
Pen
Reply to  Nashörnchen
4 Jahre zuvor

Mit dem guten Brot ist es auch nicht mehr weit her. Immer mehr kleine Bäckereien schließen, weil die büroktatischen Vorgaben, die sehr viel Zeit kosten, überhand nehmen.

Ersetzt werden sie durch Großbäckereien, deren Produkte in den Supermärkten und Bäckereien nur noch erwärmt werden, und alle gleich schmecken.

Nashörnchen
Nashörnchen
Reply to  Pen
4 Jahre zuvor

Mir fallen da spontan die Pfleger ein, die stundenlang rumsitzen und sinnlose Bullshit-Berichte schreiben und dann keine Zeit mehr für ihre Patienten haben. Da zahlt die bettlägerige Oma dann 3-, 4000 Scheine für ein lächerliches Zimmerchen, nach ein paar Monaten ist das Konto und das Häuschen weg und die Kinder enterbt… ;-(

Drunter & Drüber
Drunter & Drüber
Reply to  Nashörnchen
4 Jahre zuvor

Also gut… Es geht um Die Fleißigen Schnitter, keine -innen, die mit ihren Sensen auf’s Feld zogen, Das Korn Zu Ernten etc., Das Gute Brot der kleinen Bäckereien und Die Bettlägrige Oma in ihrem Zimmerchen, der Das Häuschen Weggenommen wird.

In der Zwischenzeit zieht das Bäuerchen auf seinem Treckerlein gen Reichstag, um mit Lanze und Sense für sein Recht auf Güllesoich einzustehen. Wenn das der Müntzer wüsste… oder wenigstens der René Karl Wilhelm Johann Josef Maria R Punkt.

Es war einmal ein altes Schloß mitten in einem großen dicken Wald, darinnen wohnte eine alte Frau ganz allein…

Können sollte man es können

Nashörnchen
Nashörnchen
Reply to  Drunter & Drüber
4 Jahre zuvor

Laß das Bäuerchen mal lieber den Säuglingen…

Heldentasse
4 Jahre zuvor

Und wieder mal wird der objektiv tote Götze der Erwerbsarbeit angebetet. Anstatt froh zu sein, dass nun bald noch mehr, m.E. nicht menschengerechte Arbeit, durch Maschinen gemacht wird, wird überlegt wie man die kläglichen Reste des Götzen verwaltet, so das diese „gerecht“ verteilt werden.

M.E. ist dieser Ansatz genauso tot wie das Konzept der Arbeit bzw. Arbeitsmarkt selber, zumindest in Summe betrachtet.

Ergo: Die Frage ist nicht wie man zukünftig Arbeit organisiert, sondern Einkommen, und zwar so das eine gesellschaftliche Teilhabe möglich ist!

Beste Grüße

niki
niki
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Und ohne dem Bruch mit dem Kapitalismus werden die Produktionsverhältnisse niemals demokratisiert.
Der Kapitalist führt oder investiert in einen Betrieb weil dieser den maximalen Mehrwert generieren soll. Ob es dem Angestellten gut geht oder der Umweltschutz o.ä. sind diesem meistens vollkommen egal. Ganz schlimm ist es bei AGs. Allerhöchstens durch den Staat könnte ein Betrieb reguliert werden. Da kommen aber wieder die Lobbyisten ins Spiel.
Ergo was theoretisch zu regulieren wäre im Kapitalismus, funktioniert nicht bis allenfalls sehr beschränkt. Ohne erhebliche Enteignungen und Vergesellschaftung wird es NIEMALS zu einer Besserung kommen.
Freihandel und Exportorientierung spielen noch eine andere große Rolle…

niki
niki
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Da ist sie wieder, die Mär davon, dass man den Kapitalismus nicht abschaffen könnte. Da ich diese Theorie bekanntlich nicht teile, kann ich deine Schlussfolgerungen auch nicht ganz nachvollziehen. Aber macht ja nichts, jeder darf alles anders sehen.

Nashörnchen
Nashörnchen
Reply to  niki
4 Jahre zuvor

So über den Daumen die halbe Menschheit HATTE den Kapitalismus schon mal abgeschafft, ein ganzes Jahrhundert lang. Deren Schlußfolgerungen kann ich sehr gut nachvollziehen…

niki
niki
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Wer mit per se antikapitalistischen Vorschlägen kommt und dann den Kapitalismus für folgerichtig hält, liegt einfach leider falsch.
Begründung: Wenn ein Investor, eine Aktionärsversammlung oder ein Eigentümer die demokratischen Entscheidungen des Personals nicht für richtig halten, was passiert denn dann?
Muss ich glaube nicht beantworten…

niki
niki
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Wir reden komplett aneinander vorbei, weil du hast eine ganz andere Vorstellung vom Kapitalismus wie ich…

Vor allem gibt es wahrscheinlich alleine hier unter den Kommentaren des Blogs schon zig verschiedene Meinungen, was ist schon Kapitalismus und was ist bereits etwas anderes…
Sei es soziale Marktwirtschaft, gar schon Sozialismus oder was auch immer…

„Allgemein wird unter Kapitalismus eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verstanden, die auf Privateigentum an den Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt beruht.“

Nach deinen Texten her beurteilen möchtest du allenfalls sehr stark beschränkt.
Oder habe ich ein so schwaches Textverständnis…?

Meiner Meinung nach ist das realistisch gesehen mit den Eigentums- & Machtverhältnissen von heute nicht mehr möglich auch nur noch im Ansatz zu regulieren.

Ja, was passiert denn dann?

Du glaubst ernsthaft, dass dann die Eigentümer und Geldgeber (in welcher Form auch immer) nicht reagieren täten? Das kann erhebliche Konsequenzen für den Betrieb und auch für die Mitarbeitern haben…

Mir ist klar dass es Ausnahmen gibt, wo ein Betrieb wirklich demokratisch geführt wird. Wo die Mitarbeiter das Ziel der Firma definieren, usw… Aber das ist absolut die Ausnahme und hat dann in dem Fall (Premium Cola), der mir einfällt, auch nicht mehr viel mit Kapitalismus zu tun, da als Unternehmensziel nicht mehr der Gewinn ausgelobt ist…
Siehe: Premium-Cola

Mordred
Mordred
Reply to  niki
4 Jahre zuvor

:
Du kannst auch nicht primär gewinnorientiert agieren, solange am Ende (meistens) eine schwarze Zahl steht.
Was Du beschreibst, ist aber auch noch kein Kapitalismus. Kapital mehren, investieren um sich zu vergrößern / verbessern (technologischer Fortschritt -> Umwandlung von Arbeit in Kapital also Mensch -> Maschine), Wachstum… müssen da auch noch hinzukommen.

niki
niki
Reply to  Mordred
4 Jahre zuvor

Was Du beschreibst, ist aber auch noch kein Kapitalismus.

Nicht?
eine Form der Wirtschaft und Gesellschaft auf der Grundlage des freien Wettbewerbs und des Strebens nach Kapitalbesitz des Einzelnen
So besser?…
Und da haben wir es:
Für viele ist Kapitalismus etwas ganz verschiedenes!
Extrembeispiel ist, dass für die US-Amerikaner in Deutschland und weiten anderen Ecken in Europa der Sozialismus herrscht…
Und wir das natürlich ganz anders sehen!

Mordred
Mordred
Reply to  niki
4 Jahre zuvor

:

So besser?…

Etwas, aber imho immer noch nicht ausreichend.

Für viele ist Kapitalismus etwas ganz verschiedenes!
Extrembeispiel ist, dass für die US-Amerikaner in Deutschland und weiten anderen Ecken in Europa der Sozialismus herrscht…

Daher wäre es wohl besser, konkrete Systemeigenschaften zu diskutieren.

niki
niki
Reply to  Mordred
4 Jahre zuvor

Ich denke mal, da sollten wir den angekündigten Artikel von Roberto abwarten ;)… Dann können wir mal so richtig loslegen :)…

Heldentasse
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Und genau das halte ich ja für den Fehler. Wenn man nur Einkommen umorganisiert, nicht aber die Produktionsverhältnisse demokratisiert, wird das ein böses Erwachen geben.

Wenn man nur die Maschinenarbeit so besteuern würde, wie man die gleiche menschliche Arbeit versteuert, gäbe es viel Spielraum zur Umverteilung und auch für Demokratie vor Ort in den Betriebe, weil die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr so erpressbar wären.

Aber das wird so nie kommen, weil der Profit muss fließen muss. Und alles und jedes wird dem untergeordnet. Wobei eine Maschinensteuer sehr leicht (viel leichter als „Demokratie“) machbar wäre, man müsste dazu nur die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für den Kollegen Roboter drastisch reduzieren, die Stellschrauben dazu sind schon lange installiert und „müssten“ nur genutzt werden.

Beste Grüße

Mordred
Mordred
Reply to  Heldentasse
4 Jahre zuvor

Maschinen besteuern kann eigentlich nicht funktionieren, weil man dann ja lieber menschliche Arbeitskraft verwendet. Wobei das tatsächlich die Maßnahme wäre, um Kapitalismus abzuschaffen.

Nashörnchen
Nashörnchen
Reply to  Heldentasse
4 Jahre zuvor

Die Frage ist nicht wie man zukünftig Arbeit organisiert, sondern Einkommen, und zwar so das eine gesellschaftliche Teilhabe möglich ist!

Genau DAS ist das Problem, daß man immer mehr „Einkommen organisiert“, anstatt es durch ehrliche Arbeit zu erwirtschaften. Der Mensch an sich ist nunmal bequem, also versucht er ständig, mit immer einfacheren Mitteln immer bessere Ergebnisse zu erreichen. Das ist es, was uns vom Tier unterscheidet. Und da heute nicht mehr alle mühsam mit dem Faustkeil arbeiten müssen, sondern nur relativ wenige mit High-Tech-Maschinen, bleiben halt viele übrig, die – eigentlich – längst überhaupt nix mehr zu tun haben.
Und die ziehen sich ihre „gesellschaftliche Teilhabe“ jetzt weit überwiegend aus einem längst völlig irren Verwaltungsapparat, als Soziologen, Philosophen, Feministen, Genderasten, was weiß ich nicht – durch die Bank alles „Berufe“, die nicht einfach nur völlig sinnlos und schweineteuer sind, sondern die größtenteils auch noch direkte Schäden anrichten und unsere einst ja mal ganz gut funktionierende Gesellschaft bewußt und gewollt zerstören. Und glaub mal nicht, daß da nur einer davon sich Sorgen um Mindestlohn oder mickrige Renten macht – die lachen uns ALLE aus…

Defi Brillator
Defi Brillator
4 Jahre zuvor

Der Staat ist am Ende! Jeder Tag der Groko Haram beweist es aufs Neue! Arbeitsteilige Gesellschaft? Was für ein lustiges Märchen des 18. Jahrhunderts! Was sind denn die Lehren aus der letzten Bankenkrise, um nur mal ein Beispiel zu nennen? Wir brauchen weniger Arbeit. Viel weniger Arbeit!

Defi Brillator
Defi Brillator
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Die arbeitseilige Gesellschaft ist ein Meister- und Sklavenregime. Das Spezialistentum führt zur Fachidiotie. Zu viel Fachidiotie führt zu gefährlichen Abhängigkeiten, gefährliche Abhängigkeiten führen zu Nötigung und Erpressung. Nötigung und Erpressung führen zu Selbstmord.

niki
niki
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Aber im Vergleich zu 1900 geht es heute natürlich auch den unteren Lohnsegmenten relativ gut.

Wenn man von 1900 ausgeht hast du sicherlich recht…
Aber spätestens seit Ende der 1980ern geht es wieder stark rückwärts…

Folkher Braun
Folkher Braun
4 Jahre zuvor

Die Diskussion zu „Industrie 4.0“ halte ich für völlig übertrieben. In meinem Zweig schwere Anhängerfahrzeuge ist in den vergangenen 20 Jahren zunächst die Oberflächentechnik (kathodische Tauchlackierung, Spritzverzinkung, Tauchverzinkung, Pulverlackierung) rationalisiert worden. Da sind Arbeitsplätze weggefallen. Aber keine, die jemand gern gemacht hat, zum Beispiel mit Ganzkörperkondom und Sauerstoffversorgung Pulverlack aufzubringen.
Der nächste Schritt war, die Schweißkonstruktionen von Robotern herstellen zu lassen. Damit verschwanden weitere „ungesunde“ Arbeitsplätze.
Wenn jetzt darüber philosophiert wird, dass die Maschinen miteinander kommunizieren, bitteschön: das haben wir jetzt schon. Das nennt sich controller area network. Das hat jeder in seinem Auto, wenn es nicht mehr als 15 Jahre alt ist. Wenn man die Kabel weglässt, bekommt man eine Kommunikation vom Typ „5G“. Ob das so gut ist, wage ich zu bezweifelt. Denn wir haben schon einige Enttäuschungen hinter uns, Kipper oder Ladekräne mit WLAN oder Bluetooth zu steuern.
Ein weiterer Aspekt ist: wir können sehr viele Dinge automatisiert herstellen. Aber wir können sie nicht automatisiert reparieren. Ein Beispiel: Eine Scheibenbremse (hat heute jedes Auto) kann man betreffend Bremsscheibe und Zuspannmechanismus (Schwimmsattel) fast automatisch herstellen. Aber reparieren kann die kein Automat, Das liegt einmal daran, dass der Hersteller das Ding in Richtung automatisierte Herstellung optimiert hat, aber sich um die Reparaturfähigkeit nicht gekümmert hat. Das kennt man ja auch von Smartphones. Das zieht sich aber durch die gesamte industrielle Produktion.

Heldentasse
Reply to  Folkher Braun
4 Jahre zuvor

Ich glaube man muss um diese Dinge richtig zu bewerten sich ein wenig von seinem Mikro- Kosmos entfernen, um die richtige Perspektive ein zu nehmen.

Man muss geistig gar nicht mal so weit „latschen“ um zu erkennen, dass Teutschland (wohl auch noch zur Zeit) eine m.E. sehr bedenkliche Sonderrolle im Punkt „Arbeitsmarkt und Möglichkeiten für abhängig Beschäftigte“ einnimmt. Das hat primär mit der Gemeinschaftswährung € und den Dumpinglöhnen in Schland zu tun. Grob gesagt haben wir noch keine sehr hohen Arbeitslosenraten wie andere EU Länder, weil die anderen ihre Währung nicht abwerten können, und wir viel zu billig Waren produzieren, weil der Michel zu plöde ist sich gegen Lohn und Sozial- Dumping zu wehren.

Das relative Wohlbefinden könnte sich kurzfristig sehr schnell ändern durch einen weitere Finanzcrash, aber auch wenn diesbezüglich nichts passiert, müssen wir es schaffen mittel/ langfristig viel weniger, und vor allem anders zu arbeiten, damit uns der Planet nicht vollends ökologisch vor die Hunde geht.

M.E. ist das die alles entscheidende Perspektive, dass ist der Eisberg an dem den Titanic wahrscheinlich sinken wird. Wir hier im Blog unterhalten uns meist, so wie auch bei dem Artikel, über auslaufende Badewannen.

Beste Grüße

Emil
Emil
4 Jahre zuvor

Endlich die Lohnarbeit abschaffen. Dann koennen wir vernueftig ueber die Arbeit reden und natuerlich auch wie wir sie mehr und mehr reduzieren koennen denn: „wahrer Reichtum … ist Zeit, die nicht durch unmittelbar produktive Arbeit absorbiert wird, sondern zum Genuss, zur Muße, so dass sie zur freien Tätigkeit und Entwicklung Raum gibt“ …

Lisa hat ueberhaubt kein Begriff von dem, wovon sie spricht. Typisch fuer die buergerlichen Wissenschaften. Die Arbeit, und hier hat Lisa natuerlich nur die Lohnarbeit im Kopf – wird so dann gleich als Sinnstifter und ueberhaupt zum Wesen der Menschen erklaert. Und klar wenn man so drauf ist muss die Arbeit natuerlich gerettet werden. Die Lohnarbeit versteht sich oder mit Lisas Worten : „Nämlich der Sektor aller Sektoren: Der Arbeitsmarkt“ …. Bei soviel Unsinn lachen ja die Huehner

Emil
Emil
Reply to  Emil
4 Jahre zuvor

überhaupt soll es natürlich heißen

Aufgewachter
Aufgewachter
4 Jahre zuvor

Apropos : Arbeit

Arbeitsangebote, die völlig falsch ausgeschrieben worden sind … 😉

Immer mehr Hartz IV-Leistungsberechtigte werden vorsätzlich und arglistig getäuscht, weil die Jobcenter seit geraumer Zeit unzumutbare Arbeitsangebote durch mutwillig geduldete Falschausschreibungen, als vermeintlich geprüfte Stellenangebote in ihre jobboerse-arbeitsagentur einstellen lassen und diese mit Rechtsfolgenbelehrung an ihre ahnungslose „Kundschaft“ verschicken.

Stellenvermittlungsangebote ohne Zumutbarkeitsprüfung mit Rechtsfolgenbelehrung
https://aufgewachter.wordpress.com/2019/11/14/stellenvermittlungsangebote-ohne-zumutbarkeitspruefung-mit-rechtsfolgenbelehrung/