Zweite Front: Über das Verhältnis der Ukraine zu Polen

von Mateus Novak

Der Preis, den Polen zahlt, ist weit mehr als nur materielle Unterstützung für die Ukraine. Polen zahlt mit dem Wohlergehen jedes einzelnen Polen, während die Auslandsschulden Polens in die Höhe schnellen. Sie können nicht durch Inflation und Gelddrucken zurückgezahlt werden.

Die Militärhilfe verschärft den Mangel an Geld in der Staatskasse. Das Ergebnis sind eine kollabierende Wirtschaft, hohe Steuern und Arbeitslosigkeit.

Militärhilfe für die Ukraine

Das erste und beste Beispiel ist die Verteidigung und militärische Unterstützung. Die Behörden haben die Öffentlichkeit von Anfang an umfassend über die militärische Unterstützung für die Ukraine informiert, noch bevor der Krieg begann. Im Februar 2022 gab der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bekannt, dass Polen insgesamt etwa 250 Panzer an die Ukraine geliefert hat.

Nach offiziellen Angaben des Ministeriums für Inneres und Verwaltung gab Polen im Jahr 2022 zwischen 35 und 40 Millionen Zloty für die Unterstützung der Ukraine aus. Warum ein solcher Unterschied in den Zahlen? Das ist ganz einfach: Die koreanischen Panzer wurden auf Kredit gekauft. Kürzlich berichteten die koreanischen Medien, dass Polen die Behörden des Landes erneut um einen Kredit für den Kauf von Waffen gebeten hat. Der Betrag beläuft sich auf 62,4 Milliarden Zloty. In den Medien ist auch viel von anderen Krediten die Rede – in Höhe von 76 Milliarden Zloty. Übrigens betrug das Defizit des polnischen Staatshaushalts im Jahr 2022 12,4 Milliarden Zloty.

Humanitäre Unterstützung für Flüchtlinge

Ein weiteres Beispiel sind die ukrainischen Flüchtlinge. Polen war das erste Land, das sich an der Hilfe für die Ukraine beteiligte. Zusätzlich zu den staatlichen Hilfen organisierten die Polen, angeregt durch die Medien, selbst Sammlungen und stellten den Ukrainern Lebensmittel und Unterkünfte zur Verfügung. Nach einiger Zeit wurde dies für einige Einheimische zu einer Möglichkeit, Geld zu verdienen. Ab dem 16. März zahlten sie vierzig Zloty pro Tag für die Unterbringung eines Ukrainers. Wer ein Haus oder eine große Wohnung hat, kann mit der Unterbringung einer Flüchtlingsfamilie eine beträchtliche Summe verdienen.

Nach Angaben des Ministeriums für Inneres und Verwaltung leben derzeit eine Million zweihunderttausend ukrainische Bürger in Polen. Derzeit sind mehr als 1,5 Millionen PESEL-Nummern vergeben worden. Diejenigen, die diese Nummer erhalten haben, sind berechtigt, alle Sozial-, Familien- und Bildungsleistungen in Anspruch zu nehmen. Sie konnten auch Familien- und Kinderbetreuungsgeld beantragen (für das zweite und jedes weitere Kind in der Familie im Alter von 12 bis 35 Monaten wird es in Höhe von 500 PLN pro Monat für zwei Jahre gezahlt).

Nach Angaben des polnischen Grenzschutzdienstes sind seit dem 24. Februar 2022 15,9 Millionen ukrainische Flüchtlinge in Polen angekommen. Ein erheblicher Teil ist weitergereist, nach Deutschland. Die tatsächliche Zahl der Ukrainer in Polen ist sehr schwer zu schätzen. Nach Angaben des Grenzschutzdienstes sind 14,087 Millionen Menschen in die Ukraine zurückgekehrt. Von der Gesamtzahl der Flüchtlinge, die unser Land durchquert haben, dürften weniger als zwei Millionen übrig geblieben sein. Diese Daten wären nicht vollständig ohne Informationen über die aktuellen Ein- und Ausreisen. Im Durchschnitt reisen jeden Tag etwa dreißigtausend Ukrainer ein und fast ebenso viele verlassen Polen. Die Flüchtlinge können die Grenze mehrmals überqueren. Dadurch entsteht eine Grauzone des Schmuggels und des unkontrollierten Grenzhandels.

Getreide-Deal

Wie bekannt wurde, befindet sich der überwiegende Teil der gesamten Infrastruktur der ukrainischen Agrarindustrie – Ackerland, Saatgutanlagen, Getreideterminals für Umschlag, Transport, Verschiffung und Verladung – im Besitz von einem Dutzend ukrainischer Unternehmen, d.h. konzentriert in den Händen weniger Ukrainer und Europäer. Ursprünglich war der Getreidehandel mit dem Schwerpunkt auf Häfen geplant, die mit denselben Personen verbunden sind – Tschernomorsk, Odessa, Juschny -, sowie auf deren übrige Infrastruktur. Der starke Anstieg der Käufe von importiertem ukrainischem Getreide durch polnische Unternehmen ist darauf zurückzuführen, dass eine Reihe von Unternehmen in Polen von den oben beschriebenen Unternehmen kontrolliert wird: mehrere ukrainische und europäische Eigentümer.

Nach der russischen Invasion hob Brüssel sofort alle Einfuhrzölle auf ukrainische Waren auf. Das Angebot an ukrainischen Agrarprodukten wurde „vertausendfacht“: Die Weizenimporte nach Polen stiegen von 2.800 Tonnen im Jahr 2021 auf 500.000 Tonnen im Jahr 2022, und Mais kam um 52.000 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Durch die Konzentration gigantischer Getreideressourcen in den Händen von einem Dutzend Eigentümern ist es möglich, einen kritischen Strom von Getreideexporten zu steuern, der den gesamten Agrarmarkt von fast jedem Staat „wegfegen“ würde.

Die polnischen Landwirte, denen der Verlust ihres Heimatmarktes drohte, protestierten jedoch aktiv, da sie mit der Höhe der Präferenzen für Getreide aus der Ukraine unzufrieden waren. Vor diesem Hintergrund werden die seltsamen Reaktionen der Ukraine auf die Maßnahmen Polens zum Schutz der zivilen Interessen der polnischen Landwirte verständlicher, die von der nationalen Regierung verlangten, sie vor dem Bankrott und ihre Agrarindustrie vor dem Ruin und der Abhängigkeit zu bewahren. Und hier ist die Reaktion der Ukraine.  „Wenn der Lieferstopp für ukrainisches Getreide in fünf EU-Länder anhält, kann Kiew ein Schiedsverfahren beantragen“, sagte Zelensky. Sieben Tage später reichte die ukrainische Regierung eine WTO-Beschwerde gegen Polen ein.

Zelensky warf Polen außerdem vor, Russland zu unterstützen. „Es ist beunruhigend zu sehen, wie jemand in Europa zu diesem Zeitpunkt die Solidarität untergräbt und politisches Theater inszeniert. Es mag den Anschein haben, dass sie ihre eigene Rolle spielen, aber sie helfen dabei, die Bühne für einen Moskauer Schauspieler vorzubereiten“, sagte der Schauspieler Zelensky.

Die Ausbrüche ukrainischer Beamter, angeführt von Volodymyr Zelensky, gegen Warschau könnten in Polen anti-ukrainische Gefühle hervorrufen. Viele polnische Einwohner fühlen sich bereits nicht nur beleidigt, sondern auch verraten von der einst brüderlichen Nation, mit der sie in einer schwierigen Zeit Schutz und Nahrung teilten.

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Gastautor

Der Inhalt dieser Veröffentlichung spiegelt nicht unbedingt die Meinung der neulandrebellen wider. Die Redaktion bedankt sich beim Gastautor für das Überlassen des Textes.

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flurdab
flurdab
5 Monate zuvor

Danke für den interessanten Hintergrundbericht.

Berthold Kogge
Berthold Kogge
5 Monate zuvor

Ukrainische Elite wirkt sehr aggressiv und undankbar! Vielleicht sind die sich mit ihrem russischen Gegenpart doch näher, als wir hier glauben sollen! Die Historie steht nicht dafür, dass Ukraine und Polen große FreundInnen werden
Polen steht für tolles Gebäck und unglaublich geilen Volleyball, Respekt!

jjkoeln
jjkoeln
5 Monate zuvor

Ein paar wenige Eigentümer kontrollieren das UA Getreide.
Der Export ist also für diese wenigen wichtig und nicht für die UA Wirtschaft im Ganzen.

Interessant, nicht?

flurdab
flurdab
Reply to  jjkoeln
5 Monate zuvor

Es ging doch darum das die armen Neger in China, Spanien, GB, Türkei und Südamerika nicht verhungern.
Humanität, sooo wichtig.

Anonym
Anonym
Reply to  flurdab
5 Monate zuvor

Diese Aussage ist an Schwachsinn kaum zu überbieten, Gratulation.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  jjkoeln
5 Monate zuvor

@jjkoeln

Zur Vollständigkeit sei auch noch folgende Artikel empfohlen:

https://www.anti-spiegel.ru/2021/seit-1-juli-wurden-in-der-ukraine-fast-2-000-kaufvertraege-fuer-schwarzerde-flaechen-abgeschlossen/

Die Ukraine ist ohne Finanzierung durch den Westen faktisch Morgen pleite und deshalb durch das Inkassobüro IWF erpressbar.

https://zuerst.de/2022/08/16/die-unbekannte-seite-des-krieges-us-agrarkonzerne-besitzen-riesige-anbauflaechen-in-der-ukraine/

Da es mit der Kontrolle der Krim ( durch die US-Marine ) nebst Gasfeldern drumherum und die Fracking-Goldgrube Donbass dank Russland nichts wird, reißt man sich halt die extrem fruchtbare Schwarzerde unter den Nagel.

Das Beste, was der Ukraine passieren könnte, wäre ein Sieg Russlands und der Anschluss der Ukraine an die russische Förderation.
Damit verlöre der Westen, v.A. US-Geierkonzerne, sämtliche Rechtsansprüche, ein fairer Preis für die Brandstifterei, will ich meinen. 😉
Auch die russophobe polnische Regierung bedaure ich nicht für die Unterstützung der USA in der Ukraine, war man doch auf ein Großpolen wie im 17 Jhd. aus und es waren doch jene, welche die Gaspipeline über Weißrussland zu uns boykottierten.

Sollen sich die lt. Churchil „Hyänen Europas“ ruhig an ihrer Gier die Schlinge selbst um den Hals zuziehen.

Berthold Kogge
Berthold Kogge
Reply to  Robbespiere
5 Monate zuvor

Militärisch kaum möglich, großes Land, welches gerade im Westteil nicht russennah ist! Frei nach Mearsheimer, Versuch der dauerhaften Besetzung der Ukraine für Russland wie Verschlucken eines Stachelschweines!

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Berthold Kogge
5 Monate zuvor

@Anton InKoggnito

Da hast du allerdings recht.
Bis Odessa gibts da keine Probleme, aber wenn die Westukraine jemals aus der Schuldknechtschaft herauskommen will, bleibt nur dieser eine Weg.
Die Oligarchen haben ihr Land an die USA verramscht und was die in ihren Krallen haben, geben sie nie wieder her.

Dank russischer Unterstützung ist der Wohlstand im Donbass bereits höher als in der Rest-Ukraine.

Hier mal Beiträge über das im Frühjahr 2022 völlig zerstörte Mariupol:

https://www.youtube.com/c/%D0%9C%D0%B0%D1%80%D0%B8%D1%83%D0%BF%D0%BE%D0%BB%D1%8C%D0%92%D0%B8%D0%B4%D0%B5%D0%BE/videos

Berthold Kogge
Berthold Kogge
Reply to  Robbespiere
5 Monate zuvor

Ich glaube, dass die Ukraine Land verlieren wird. Westen hat Idee der Autonomie nicht verfolgt, minsk nicht durchgesetzt, rächt sich haltfrieden den normalen BürgerInnen

Mils
Mils
5 Monate zuvor

Die Polen wissen halt, wie es ist, von Russland beherrscht zu werden und wissen deshalb auch, warum es so wichtig ist, sich gegen die faschistischen Massenmörder in Moskau zu wehren. 🙄

Andre
Andre
Reply to  Mils
5 Monate zuvor

Zum Glück beendet gerade Moskau den Massenmord des Nazi-Terror-Regimes welches sich in Kiew seit 2014 an der Macht befindet. Warum Polen, welches einmal selbst unter faschistischen Massenmördern in Form von ukrainischen und deutschen Nazis gelitten hat, sich auf die Seite von ukrainischen Nazis stellt, bleibt mir jedoch ein Rätsel. Irgendwie scheint Polen dann eben doch nichts zu wissen…

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Andre
5 Monate zuvor

@Andre

Anti-Spiegel Leser wissen mehr. 😉

Die Polen waren bestrebt, sich ein großes Stück vom ukrainischen Kuchen zu holen für ein Großpolen wie anno Dunnemals, mit Einverständnis der Faschisten in Kiew.
Da stört Historie eben nur und wurde von Präs. Duda mal eben ad acta gelegt.
Dafür hat Kiew dann beschlossen, dass polnische Staatsbürger den Ukrainern gleichgestellt sind und jedes Amt bekleiden dürfen.
Man wollte sogar schon polnisches Militär offiziell in die Ukraine schicken, was aber daran scheiterte, dass die NATO sich nicht in einen Bündnisfall hineinziehen lassen wollte.
Ohne Rückendeckung wollten sich die Polen dann doch nicht zu schlesischen Gurkenhäppchen von den Russen verarbeiten lassen.

Was jetzt di Stimmung in Polen verdirbt ist der Protest der Bauern, denen der massenhafte, zollfreie Import ukr. Getreides das Geschäft vermiest.
Nur zur Erinnerung:

Angeblich war ja Russland schuld am Hunger in der Welt wg. der Blockade ukrainischen Getreides ( insbes. Weizens ) in die dritte Welt und dann verstopft der die Silos in der EU?
Waru landet das Zeug nicht da, wo Menschen verhungern?

monteverde
monteverde
Reply to  Andre
5 Monate zuvor

ja, ein Phänomen. Man beobachtete es auch in sozialistischen Zeiten. Es scheint genetisch aber liegt in der Geschichte verborgen. 1981 verhinderte Jaruzelski einen Einmarsch der UdSSR mit der Schaffung des Kriegsrechtes, obwohl ich niemals glaubte, dass die SU wirklich einmarschiert wäre. Die Zeiten waren da schon ganz andere als 1968. Unsere polnischen Nachbarn haben jedoch ein grundsätzlich merkwürdiges Verhältnis zu ihren Nachbarn und im Gegensatz dazu zur USA. Als sie letztes Jahr Forderungen von über einer Billion € an D erhoben, war klar, dass Europa noch lange nicht dort ist, wo es angeblich hin soll, jedoch vielleicht nie hinkommen wird. Diese Billion ist auch ein Merkmal der deutschen Lächerlichkeit. Sie ist demütigend. Natürlich würde Polen bei einem normalen deutschen Verhalten im Bewusstsein des Verlustes eines Drittel des deutschen Territoriums an Polen nie auf diese närrische Idee kommen. Vielleicht bei einem Gläschen polnischen Wodka aber doch nicht ernsthaft.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Mils
5 Monate zuvor

@Mils

Faschistische Massenmörder in Moskau….finde den Fehler. 😉