Opfer in Nahost
Israelis wie Palästinenser sehen sich beide als Opfer der Geschichte. Diese Grundhaltung macht Frieden unmöglich.
Der Ukrainekrieg hat in Deutschland von Anfang an klare Fronten geschaffen darüber, wer wie einzuordnen ist: Von Beginn an wurde das klargemacht. Auch indem man die Vorgeschichte tilgte. Russland bekommt in diesem Krieg die Rolle als absoluter Bösewicht und Aggressor zugeteilt. Die Ukrainer wurden überrannt – ohne irgendetwas verbrochen zu haben. Hier die Täter, dort die Opfer. Ein klares Schema, nach dem die offizielle Berichterstattung seither Sprache und Denken in Deutschland ausrichtete.
Der Krieg im Gazastreifen hat sich anders ausgewirkt auf die deutsche Öffentlichkeit. Auch wenn es in dem, was man heute so Debatte nennt, eine Begünstigung israelischer Positionen gibt, so werden die Palästinenser nicht vollumfänglich als Tätervolk eingestuft wie »der böse Russe«. Die Diskussionen werden medial durchaus offener geführt, sehr zum Leidwesen von Politik und Interessenverbänden. Selbst die woke Gemeinde, die vorher noch klar Stellung für die Ukraine bezog, ist in Sachen Nahost weitaus gespaltener. Denn dem Krieg in Gaza fehlt eine klare Opferhierarchie.
Beide sind Opfer …
Ohne eine solche Hierarchisierung fällt es nicht nur den woken Schreihälsen schwer, klar Partei zu ergreifen. Es liegt auch für weniger ideologische Beobachter auf der Hand, dass in Israel klare Zuweisungen des Ursprungsvergehens schwer ausfindig zu machen sind. Wer warf den ersten Stein? Wem kann man die erste Opferrolle zuweisen? Ja, wer ist das Uropfer dieses Konfliktes? Für die Jünger der Wokeness ist das aber eine grundlegend wichtige Frage, denn ihr Konzept ist es, Opfer ausfindig zu machen und sie mit ihrer Solidarität „zu bereichern“. Gleich dazu mehr.
Opferhierarchie….ein reichlich heißes Eisen, lieber Roberto, welches du da anfasst.
Opfer waren natürlich die Juden Europas, von den religiös motivierten Progromen im mittelalterlichen Europa bis hin zum industrialisierten Völkermord durch die Nazis.
Opfer sind aber auch die Palästinenser, die an all dem keine Schuld tragen, aber mit dem Diebstahl ihres Lebensraums bestraft wurden und der Staat Israel mit subtileren Methoden als die Europäer versucht, sie komplett zu verdrängen.
In beiden Fällen hat der Rest der Welt tatenlos zugeschaut und die Täter gewähren lassen und damit erklärt sich vermutlich auch der Terror beider Seiten, wobei die Machtverhältnisse ggü. der Judenverfolgung in Europa umgekehrt sind.
Letzten Endes ist es diese, bisherige Weigerung der Staatengemeinschaft, ausreichend Lebensraum für beide Gruppen zu schaffen und auch deren Existenz zu garantieren, der den Konflikt am Leben hält und nun eskaliert.
Bleibt zu hoffen, dass sich das nun, durch die Klage Südafrikas vor dem internatinalen Gerichtshof wg. Genozids ändern wird.
Hochinteressant dzu der Artikel „Südafrikas Schachzug gegen den Genozid in Gaza“ von Dagmar Henn auf RT.Auch wieder ein Thema, welches die deutschen US/Israel-Stiefelputzer-Medien unterbelichten.
Solange die USA sagt das Israel quasi machen kann was es will, wird es keine Lösung des Konfliktes geben…
Auf gut deutsch: Der Konflikt wird mindestens bis zum Ende des US-Imperiums andauern.
Natürlich werden Initiativen wie durch Südafrika die ganze Geschichte für Israel etwas schmutziger aussehen lassen.
Aber wir in Deutschland sind durch unsere Geschichte quasi nicht in der Lage auch nur irgendetwas direkt für die palästinensischen Interessen zu tun, ohne das gleich der Antisemiten-Vorwurf kommt, selbst wenn Israel offiziell des Genozids gegen Palästinenser in der Weltgemeinschaft verurteilt wird…
@N.B.
Eine recht bequeme Haltung, wie ich finde.
Wer lebt denn noch von den Tätern?
Wir Nachfahren sollten, wenn wir „Das Lernen aus der Geschichte“ ernst nehmen, nicht ebenfalls unsere Hände mit dem Blut Unschuldiger besudeln.
Die unter unseren Politikern und Medien so beliebte Formel „Israelkritik = Antisemitismus“ ist die pur Heuchelei.
Am Ende fördert man damit sogar noch den Hass auf Juden und gefährdet ihr Leben z.B. hier bei uns, wo es viele Muslime gibt, die m.M.n. völlig zu Recht erbost sind über die Teilnahmslosigkeit ggü. den Palis.
Anschläge auf Juden bei uns wären fatal, gerade weil sich viele von Ihnen, i.d.R. säkular, wg. der israelischen Politik entschieden haben, wieder in Europa zu leben.
Denen ist Sicherheit für sich und ihre Familien wichtiger als angeblich heiliger Boden.
Ist nicht meine Haltung, da es mir vollkommen egal ist ob man mich als Antisemit sieht oder oder nicht…
Nur in den Medien wird alles gleich totgeschrien, sobald man auch nur ein Furz gegen Israel sagt! Fast jeder der auch nur ein klein wenig zu verlieren hat, wird dadurch zum schweigen gebracht.
Wie auch immer: Wir kriegen auf jeden Fall in die Fresse.
Möglicherweise kommen noch vollkommen bekloppte Vertreter unserer Regierung auf die glorreiche Idee, dass wir nun die Palästinenser aufnehmen müssen. Damit die Juden in Frieden in Israel leben können. Wäre ja unsere Schuld!1111elf!!!
kaum einer…
Ist aber vollkommen egal… Staatsräson heißt ja, dass es egal ist ob es uns gefällt, ob es rechtlich in Ordnung ist oder nicht.
Solange unsere Regierung einen auf Duckmäuser gegenüber der Schutzmacht Israels, wer ist das wohl, macht gibt es in die Fresse, so bald man Kritik daran äußert.
Völlig richtig! Brauche ich nichts weiter drüber sagen.
Ja natürlich und irgendwann gibt es einen Anschlag. Und die Frage taucht dann auf: Cui bono? Also wer profitiert davon?
@N.B.
Schon klar, meine auch nicht, sondern das, was so verlogen unter „Staatsraisson“ läuft.
Wie das mit dem Recycling von Altnazis in den früheren Volksparteien zusammen gehen soll, wäre höchst erklärungs-bedürftig. 😉
Auch bei den Medien könnte man ja mal nachsehen, ieviel „Braunes“ von vor 1945 da noch am Schuh klebt.
Deren Existenzrecht ( in Form von Lizenzen ) beruht ja auch ausschließlich auf gründlichen Stiefellecken der Besatzer.
Wie wohl der Begriff „Springer-Stiefel“ zustande kam? 😉
Der finale Auslöser für die Gründung des Staates Israel mit der Verdrängung der Palis war zweifelsohne die Vernichtung jüdischen Lebens in Europa durch das „Großdeutsche Reich“, also Deutschland und Österreich.
Ergo wäre es gerecht gewesen, den Jüdischen Staat auf dem Gebiet der Täter zu errichten, und nicht im völlig unbeteiligten Palästina.
Schließlich waren die Überlebenden des Genozids auch seit über Tausend Jahren quasi europäisch sozialisiert.
Es bestand aber offenbar bei den Angelsachsen, wie schon mit Sykes-Picot das Bedürfnis, einen Stachel ins arabische Fleisch zu treiben und mit Israel einen „Flugzeugträger“ für den Westen zu errichten.
In Frieden werden die Israelis dort aber auch ohne die Palis nicht leben können, weil die Araber auf eine Gelegenheit warten, diesen Stachel loszuwerden.
Die Kooperation mit den BRICS bietet dafür die beste Gelegenheit, zusammen mit dem Niedergang des Westens.
Auch das bröckelt mit dem ökonomiwschen Niedergang.
Diejenigen, welche dadurch noch mehr Totalitarismus durchsetzen wollen, wenn die Bürger das zulassen.
Interessant diesbezüglich ist, dass Extremisten auf beiden Seiten durchaus ein Armageddon in Kauf nehmen täten… Hochgefährlich!
@N.B.
Wen wunderts, wenn religiöse Gehirnwäsche dafür sorgt, dass sich die Lebenden mehr Gedanken auf ein Leben danach in der Ewigkeit, statt um das Hier und Jetzt machen.
Wer erkärt diesen Hohlbirnen endlich, dass sie besser Heute noch ihr Geld in ein Bockspringbett investieren, statt in eine Kalaschnikov, weil ihre Seele im Jenseits geschlechtlos sein wird. 😉
Inzwischen verachte ich die Israelis.
Nachdem ich mich intensiv mit dem Holocaust befaßt habe und immer Interesse und Sympathien für Israel gehabt habe, bin ich nun voll gegen die Politik Israels.
In ihrer Opfermentalität erlauben sie sich ungeheure Verbrechen, und die Palestinenser als Tiere zu bezeichnen ist einigermaßen entlarvend.
Dennoch bin ich nicht antisemitisch.
Leseempfehlung: Raoul Hillberg:
„Die Geschichte der Europäischen Juden.“
3 Bände
ich weiß nicht, wie gut die opfermentalität psychologisch erforscht ist.
eine andere sache sind die gerechtigkeit und menschlichkeit (wo hört die menschlichkeit auf??)
WARUM?????? haben die usa den juden nicht unter hitler geholfen?????? warum so spät bis gar nicht????
@Pentimento
Wenn du damit alle Bürger Israels meinst, wäre das ein recht pauschales Urteil.
Was die regierung und deren Wähler betrifft, sähe das anders aus.
Das gleiche kann man über die US-Amerikaner sagen…
Ich habe kein Problem mit den US-Amerikanern an sich! nur mit deren Administration und deren eifrige Unterstützern!!!
@N.B.
Eben.
Soziopathen gibts halt überall.
https://www.youtube.com/watch?v=53wagjNs1-U
Das kann man wohl auf die allermeisten Bevölkerungen und Administrationen dieser Welt übertragen.
Das betrifft natürlich die Regierung, vor allem den Faschisten Netanjahu, der ins Gefängnis gehört
@Pentimento
Natürlich, weil diese Personen die politische Legitimation innehaben, aber noch weit mehr die Brandstifter im Hintergrund, welche seit Jahrzehnten das Existenzrecht der Palästinenser verhindern.
Heißes Eisen? Klar, weiß ich. Aber man muss doch die Frage mal aufwerfen. Habe ich recht? Weiß ich nicht.
@Roberto J. De Lapuente De Lapuente
Meiner Meinung nach hast du völlig recht.
In einer „echten Demokratie“ muss es erlaubt sein, über so ein Thema öffentlich zu diskutieren, egal, ob Andere das genauso sehen oder nicht..
Hallo Roberto,
ist das schlechte Gewissen der Deutschen oob des Holocaust der Grund, warum durchaus vernünftige Menschen wie du, immer eine Lanze für Israel brechen, obwohl 100x bewiesen wurde, wer Besatzer und wer besetzter ist?
Was geht uns da überhaupt an?
Sie wollen sich gegenseitig den Schädel einschlagen bis nur noch der Bessere überlebt.
Von mir aus.
Die Beziehungen und Unterstützungen zu beiden Gruppen abbrechen und gut. Denn es ist egal was man tut, es wird immer verkehrt sein.
Des Menschen Willy ist sein Himmelreich, also laufen lassen.
Bei der Gelegenheit könnten wir dann auch mal den Holocaust überwinden, Zeit wirds.
Also ehrlich Roberto, das kannst du doch nicht ernst meinen?! Beide sind Opfer… Wirklich? Oberflächlich gesehen, ja klar, es gibt Opfer auf beiden Seiten. Das liegt in der Natur der Sache. Aber das darf doch nicht dazu führen, dass man darüber hinwegsieht, dass es die Palästinenser sind, die seit 75 Jahren die als Volk systematisches Opfer der Politik Israels und seiner Alliierten, allen voran Deutschland, sind.
Oder sollen wir demnächst von den Verbrechen des Nazi-Regimes sagen: „Beide Seiten waren Opfer“? Die yugoslawischen Partisanen und andere Widerstandsgruppen in Europa starteten schließlich auch Angriffe auf die Besatzungsmacht und wurden dafür von den Nazis als Terroristen bezeichnet und wurden Opfer deren Vergeltung. Was hätten die Partisanen deiner Meinung nach tun sollen. Einfach alles hinnehmen?!
Folgende Passage finde ich besonders :
„Der Gründungsmythos der israelischen Staatsdoktrin war der Holocaust — dieses brutale Opfer hat bewirkt, dass sich Israel stets in Dauernotwehr befand. Das Land sei daher nie verhandlungsfähig gewesen und habe sich in einen Fundamentalismus begeben. Der Umgang mit den Palästinensern lässt sich mit Burgs These durchaus nachvollziehbar erklären.Gleichwohl bekamen es die Israelis mit Feinden ringsherum zu tun. Sie befanden sich von Beginn des Staates Israel an in Umzingelung und dauerndem Kriegszustand. Später verlagerten sich die Palästinenser auf den Terrorismus. Sie töten Tausende von Zivilisten. Sie rechtfertigen es mit Notwehr, so wie die Israelis ihre Staatsdoktrin als Notwehr auslegen.
Gleichwohl bekamen es die Israelis mit Feinden ringsherum zu tun. Sie befanden sich von Beginn des Staates Israel an in Umzingelung und dauerndem Kriegszustand. Später verlagerten sich die Palästinenser auf den Terrorismus. Sie töten Tausende von Zivilisten. Sie rechtfertigen es mit Notwehr, so wie die Israelis ihre Staatsdoktrin als Notwehr auslegen.
[…] Und diese Logik hat die Kraft, die Untaten nicht zu verurteilen, sondern als Notwehr einzustufen. Ein Opfer, das zum Täter wird, ist demnach noch immer Opfer.“
Es stimmt, der Holocaust als Gründungsmythos Israels ist ebendies, ein Mythos. Tatsache ist, dass bereits der Gründer des politischen Zionismus Theodor Herzl Ende des 19. Jh. an Palästina als mögliche Heimat eines künftigen Israels andacte. Als die Briten am Ende des 1. WK das Protektorat Palästinas übernahmen, erklärte Lord Balfour in der Balfour-Declaration 1917 den Willen, in diesem Land künftig Staat für Juden aufzubauen. Mit welchem Recht eigentlich?! Weil Juden vor 2000 Jahren mal dort ein Königreich hatten? Dass es in der Natur der Geschichte liegt, dass Reiche und Staaten kommen und vergehen und dass vor ihnen dort bereits Völker lebten und nach ihnen auch, scheint ihnen komplett zu entgehen. Nach der Logik könnten wir uns die Ostgebiete wieder zurückholen. Liegt zeitlich weitaus kürzer zurück…
Diese Erklärung bedeutet jedoch, dass die Idee sich dieses Land über den Willen der Bevölkerung hinweg anzueignen noch vor dem Völkermord an den Juden existierte. Das Opfer-Narrativ zieht also nicht ganz, auch wenn die Gründung des Staates nach dem 2. WK sicherlich beschleunigt wurde. Gleichzeitig ist diese Staatsgründung mit massiven Vertreibungen und Gewalt gegen die Palästinenser, der Nakba, verbunden. Israel war also schon zur Gründung Täter.
Zu unterstellen, indem man es so passiv formuliert wie du Roberto, die Israelis seien an dem Antagonismus ihnen gegenüber unschuldig und seien irgendwie einfach in eine hostile Nachbarschaft gezogen, ist einfach ahistorisch und schaut weg.
Zudem so zu tun, als ob die Palästinenser allein sich dem Terrorismus zugewandt hätten, ist gebauso blind. Wie nennst du israelische Siedler im Westjordanland, die bewaffnet Jagd auf Palästinenser machen?! Wie nennst du Sniper, die aus mehreren hundert Meter sicherer Entfernung auf mit Steinschleudern bewaffneten Palästinenser, Jugendliche, Sanitäter, Journalisten etc. schießen?! Wie nennst du es, wenn die IDF einfach ganze Viertel platt macht?! Wie nennst du es, wenn Soldaten nachts in Häuser einbrechen, um angebliche Terroristen (oft Kinder) zu ergreifen und sie in israelischen Gefängnissen ohne fairen Prozess verschwinden zu lassen?! Wie nennst du es, wenn Israel nun seit fast 20 Jahren eine Wirtschaftsblockade gegen Gaza durchführt und dessen Bewohner als die Insassen des größten Konzentrationslagers der Geschichte gefangen sind?! Wie nennst du es, wenn israelische Staatsoffizielle zur totalen Vernichtung Gazas aufrufen und keinen Unterschied zwischen Kombattanten und Zivilisten?! Ist das alles kein Terrorismus?! Nein, es ist viel schlimmer, es ist ein Vernichtungskrieg, ausgeübt durch die Nachkommen jener, die einst Opfer eines Vernichtungskriegs waren. Insofern gebe ich dir recht, die Opfer die zu Tätern werden, sind Täter. Nur dass ich hier nicht die Palästinenser, sondern eindeutig die Israelis als Haupttäter identifiziere.
Auch die Zahlen geben nichts anderes her: für jedes israelische Opfer zählen wir 10-mal so viele palästinenschische Opfer. Aktuell haben wir sogar das Verhältnis 20:1.
Laut der Jewish Virtual Library, unter Berufung auf Zahlen des israelischen Außenministeriums, beläuft sich die Zahl der Terroropfer seit 1948 bis 2022 auf 3.198.
Nehmen wir die aus diesem Jahr hinzu, kommen wir auf etwa 4.500 israelische Opfer.
https://www.jewishvirtuallibrary.org/number-of-terrorism-fatalities-in-israel
Was die Palästinenser betrifft, so beziffert selbst die Wikipedia deren Todesopfer von 1948 bis 2021 auf ein Zehnfaches: 31.227. Da sind die 25.000 seit dem 07.10.23 noch nicht mit drin.
https://en.wikipedia.org/wiki/Palestinian_casualties_of_war
Ich finde es ziemlich zynisch deinerseits, den eindeutigen Opfercharakter der Palästinenser aufgrund deplatzierter Wokeness-Hysterie um angebliche Opfer in anderen Zusammenhängen relativieren zu suchen. Bzw. finde ich deinen relativierenden Hinweis auf Notwehr kurios, denn ja, est ist ein etabliertes legales Konzept, dass wir im Alltag für gewöhnlich hinnehmen. Niemand würde einem Gewaltopfer vorwerfen sich mit Gewalt gewährt zu haben, sofern es sich um Notwehr handelt. Dass sich auch jemand darauf berufen kann, der nicht in Notwehr sondern wissentlich agierte, auch wenn es nicht stimmt (das gilt es dann herauszufinden), delegitimiert doch das Konzept an sich nicht. Nur, hier aber soll es für die Palästinenser nun nicht gelten, weil… die Israelis… es… missbrauchen?! Super Logik, Roberto. Dass du es schaffst, so einen Artikel zu legen, wo gerade diese Woche vorm Internationalen Gerichtshof die Verhandlung über den genozidären Charakter Israels Angriffs auf Gaza anrollt, spricht Bände für den Unwillen der westlichen Gesellschaften, insbesondere der deutschen, sich wahrhaftig kritisch mit Israel und ihrer historischen Verantwortung auseinanderzusetzen. Bravo. Angestoßen durch Südafrika, der ehem. Apartheidsstaat hat scheinbar in 30 Jahren mehr historische Verantwortung gelernt, als Deutschland in knapp 80 trotz (oder dank?) omnipräsenter Erinnerungskultur. Du hast insofern Recht, dort wo es nur Opfer gibt, gibt es keinen Fortschritt. Teil des Fortschritts ist jedoch auch, Opfer von Tätern zu trennen. Die von dir verurteilte Opfermentalität im Nahen Osten wird erst dann aufhören, wenn die westliche Welt und insbesondere Deutschland die historische Wahrheit akzeptiert, dass die Israelis nicht Opfer sind, sondern zu den Tätern wurden.
„Nie mehr wieder!“ Klingt, sofern es nicht auch für Palästinenser gilt, nur noch hohl.
Das heißt jedoch nicht, dass man allen Israelis mit absoluter Vergeltung begenen sollte, im Gegenteil, wohl aber deren politischen Verantwortlichen und Entscheidungstrâgern und jenen, die sie unterstützt haben. Den Bürgern gegenüber halte ich es da ähnlich wie der Protestant Heinrich IV. von Frankreich, der nach den Religionskriegen eine „Pflicht des Vergessens“ im alltäglichen Versöhnungsprozess forderte, da nur so die andersgläubigen Bevölkerungen, die mitunter Nachbarn waren, wieder in Frieden miteinander fortleben konnten. Was anderes blieb ihm nicht übrig, da das allseits begangene Unrecht niemals hätte bestraft und/oder wiedergutgemacht hätte werden können oder hätte er sein ganzes Volk bestrafen sollen? Einen ähnlichen Versöhnungsprozess hat übrigens Südafrika durchgemacht.