Lumpenintellektuelle und andere Wiedergänger

Von »Lumpenpazifisten« hört man derzeit immer häufiger. Der Begriff ist neu, könnte aber von 1933 stammen: Er erinnert an den Umgang der Nationalsozialisten mit denen, die Krieg als Mittel der Wahl nicht akzeptierten.

Clemens Wergin ist Chefkorrespondent der Außenpolitik der Tageszeitung Welt. Unlängst sprach er in einem als Meinungsbeitrag gekennzeichneten Pamphlet ganz ungeniert von »Lumpenpazifisten«. Die müssten nun kapieren, dass Putin nicht verhandeln wolle. Woher er das weiß, wo man es doch gar nicht erst versucht, könnte man sich jetzt fragen. Aber das soll nicht das Thema an dieser Stelle sein. Was hier von Belang ist: Woher kommt eigentlich dieser Begriff? Und wieso gilt es nun als völlig unbedenklich, eine derart ehrabschneidende Formulierung zu nutzen?

Entwarnung: Der Begriff entstammt nicht dem Nazi-Jargon. Erstmals augenfällig wurde er im April 2022. Damals gebrauchte Spiegel-Kampfgockel Sascha Lobo diese Komposition. Das war genauer gesagt am 20. April des letzten Jahres: Vielleicht war das ja als Reminiszenz gedacht, mal wieder einen Begriff zu erschaffen, der an alte Tage erinnert. Durchforstet man Google in der Zeit vor jenem 20. April 2022 findet man zu diesem Wortungetüm: Fast nichts. Hier und da nutzte jemand den Begriff in Foren oder Kommentarbereichen – nie aber jemand im offizielleren Rahmen. Und obgleich der Begriff sich anhört wie von einem Volksgerichtshofrichter im geiferndem Monolog hingeworfen, hat er keine Nazi-Vergangenheit. Dennoch weckt er Erinnerungen.

Entehrende Sprache: »Sie sind ja ein schäbiger Lump!«

Schon vor einem Jahr, als Lobo diesen Begriff nutzte und so die Debattenunkultur um ihn bereicherte, fragte ich mich, weshalb mir der »Lumpenpazifist« so übel auffiel. Schließlich gibt es viel schlimmere Beleidigungen, dachte ich mir. Ich dachte an das Lumpenproletariat: Marx hatte jenes Wort angebracht, er bezeichnete damit Proletarier, die ganz unten angelangt sind und keiner klassischen Lohnarbeit nachgingen. Aber dieser Gebrauch war es nicht, der mich unangenehm berührte. In meiner Jugend habe ich gelegentlich gehört, dass dieser oder jener ein Lump sei. Schon damals wirkte das Wort auf mich seltsam antiquiert. Wir jungen Leute sprachen so nicht, es war der Duktus der Alten.

Es kann sein, dass Lobo den Begriff von Marx abgekupfert hat. Wobei man sich Lobo schlecht als belesenen Menschen vorstellen kann. Womöglich hat er einfach nur in jenen Kommentarspalten gewildert, in denen der Begriff selten mal gebraucht wurde. Dass sich Lobo seine Inspirationen – wenn man das so sagen kann bei seiner Person – in Foren und nicht in philosophischer Literatur holt, ist dann schon eher anzunehmen.

Marx hat den Begriff aber sicher unverfänglicher gebrauchen können als Lobo, was vor allem an einer Sache liegt: Er lebte vor Roland Freisler. Es gibt einige wenige Ton- und Bildaufnehmen jenes mörderischen Herrn, der Richter des Volksgerichtshofs war – eine jedoch hat sich mir tief ins Gedächtnis gebrannt, schwarzweißer Film, Freisler schreit einen Angeklagten an: »Sie sind ja ein schäbiger Lump!« Gerichtet waren die Worte an Ulrich Wilhelm Graf Schwerin von Schwanfeld, einem Mitverschwörer des 20. Juni. Für die Deutsche Wochenschau brüllte er ihn nieder. Oft standen die Angeklagten ohne Gürtel oder mit entfernten Hosenknöpfen vor jenen Richter, damit sie im Stehen die Hose halten mussten und so besonders klein und erbärmlich wirkten.

Von 1933 zu Sascha Lobo

Natürlich ist Sascha Lobo kein Roland Freisler. Aber er hat es geschafft, dass ich an den Richter, der kurz vor Kriegsende bei einem Luftangriff von einem herabstürzenden Balken erschlagen wurde, denken musste. Lump: Eigentlich ist dieses Wort nicht die Spitzenklasse deutscher Beleidigungskultur. Aber aufgrund dieser spezifischen Geschichte ist das Wort viel ehrabschneidender als man annehmen möchte. Es degradiert den Empfänger, macht ihn zu einer kleinen niedergebrüllten Gestalt, die sich die Hose halten muss, so sie nicht nackt dastehen will.

Nach Auschwitz Gedichte zu schreiben sei barbarisch: Vielleicht meinte Adorno ja mit diesem berühmten Ausspruch genau das, was ich empfinde, wenn man heute demonstrierende Menschen als Lumpenpazifisten tituliert. Denn nach Freisler so einen Begriff zu gebrauchen: Das fühlt sich wie Barbarei an. Der Begriff des Lumpenpazifisten ist ja, oben habe ich es schon ausgeführt, keine Wortschöpfung, die man in den braunen Tagen benutzt hatte. Aber das Perfide ist ja, dass man das annehmen könnte: Es ist eine Art von simulierter Nazi-Begrifflichkeit. Ein Wort, das ein Regisseur mit wenigen bis gar keinen Geschichtskenntnissen seinem Nazi-Mimen in den Mund legen würde, um auf diese Weise seinem Nazi-Film irgendwie ein bisschen Authentizität zu verleihen.

Die entehrende Komponente diverser Begriffe aus jener Zeit damals, war in der Nachbetrachtung stets Thema: Die Welt, in der der oben genannte Clemens Wergin ganz unverkrampft von Lumpenpazifisten schrieb, hatte sich noch 2013 in einem Artikel, einer Rezension genauer gesagt, mit der Nazi-Sprache befasst. Dabei wurde unter anderem Victor Klemperer bemüht: »Worte können sein wie winzige Arsendosen; sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.« Sprache sei eine Maske der Macht, erklärte Joseph Heid, der Autor des Artikels, im weiteren Verlauf.

Wir führen Krieg gegeneinander und nicht gegen Russland

Die Entehrung Andersdenkender wurde seinerzeit gezielt gefördert: Untertrieben formuliert. Eine Debattenkultur sollte es ja eben gerade nicht geben: Sondern lediglich einen Hegemonialanspruch der Machthaber. Ihre Vorstellungen sollten mit keinen anderen konkurrieren müssen. Wer das gängige Weltbild hinterfragte, war eben mindestens ein schäbiger Lump. Oder etwas, das man chirurgisch vom Volkskörper abschneiden sollte: Genau deshalb wurde Komödiantchen Sarah Bosetti vor anderthalb Jahren scharf in den Netzwerken angegriffen: Sie hatte Menschen, die sich nicht impfen lassen wollten, als Blinddarm bezeichnet, der zum Überleben nicht wichtig sei.

Damals konnte man die Verrohung bereits stark spüren. Später sprachen auch schon mal Mitarbeiter des Öffentlich-Rechtlichen von Ratten, Arschlöchern und Scheißhaufen und meinten damit Menschen, die nicht das Meinungsbild des deutschen Staatsfunks teilten. Es mag schon sein, dass wir offiziell keinen Krieg gegen Russland führen – aber einen im Inneren, einen gegeneinander führen wir schon längst. Wir stecken in einem Kalten Bürgerkrieg, in einer Eiszeit fest, in der die Weltanschauungen aufeinanderprallen. Und sich bekriegen. Der Feind wird nicht verschont: Man gewährt ihm keinerlei Respekt, macht ihn runter, brüllt ihn freislerhaft an: Manchem ist das offenbar ein innerer Volksgerichtshof.

Wer heute den Lumpenpazifisten im Munde führt, der führt Krieg: Gegen jene, die keinen Krieg wollen. Er behandelt dabei den Andersdenkenden nicht mit den unteilbaren »Ehrenrechten«, sondern spricht ihn mit dieser Titulierung gewissermaßen genau diese Rechte ab: Denn dass er als Bürger dieses Landes ja eine eigene Meinung haben, sie auch auf die Straße tragen darf, nimmt man ihm dadurch, dass man ihm mit diesem schmähenden Begriff belegt. Lumpen sind schließlich ehrlos, schäbige Kreaturen: Man macht sie runter, auf Augenhöhe sucht man mit solchen Subjekten ganz sicher keine Diskussion. Man überzieht sie mit einem Krieg vorverurteilender Worte: Framing genannt – was nichts anderes heißt als einen Krieg der Worte vom Zaun zu brechen.

In Lumpen geht man nach dem Krieg

Gleichzeitig täuscht der Gebrauch dieses Unwortes über eine Tatsache hinweg: Menschen, die den Frieden anstreben, die sich selbst und andere in Frieden leben sehen wollen, gehen eher nicht in Lumpen. In Frieden ist nicht alles Reichtum, trägt man nicht feinste Linnen, wir wollen nun wirklich nichts verklären: Auch im Frieden gibt es Armut. Aber Lumpen tragen in solchen Zeiten nur wenige traurige Gestalten – freilich immer noch zu viele. Wenn etwas Lumpen am Leib generiert, dann ist das der Krieg. Im Krieg werden aus den guten Hemden und Hosen langsam speckige Fetzen. Nach dem Krieg bedeckt man seinen Körper mit Lumpen, die mal Kleider waren.

Nicht der Pazifist ist also lumpig im Sinne des Wortes. Die, die den Krieg befürworten und jede Verhandlungslösung ad hoc von sich weisen und dabei auch noch die Friedliebenden stigmatisieren, sind lumpige Gestalten: Sie sprechen sich letztlich dafür aus, dass es Lumpen für alle geben soll. Oder für die meisten, Kriegsgewinnler mal ausgenommen.

Es mag demnach also Lumpenbellizisten geben. Aber etwas wie Lumpenpazifisten gibt es nicht. Hier verdreht man die Wirklichkeiten, macht Vernunftstimmen zu Gefährdern. Denn wenn der Pazifist ein Lump ist, dann muss der Kriegsbefürworter per se das Gegenteil eines so windigen, einen so schäbigen Menschen sein: Man zieht die eigene miese Position hoch, indem man den konstruktiven Lösungsansatz niederdrückt. Wer das willentlich tut, der ist ein Lump. Ein ganz schäbiger dazu. Aber die Hosenknöpfe abtrennen, damit er seine Beinkleider haltend vor uns steht, während wir ihn abkanzeln: Das hat nicht mal so einer verdient. Denn ehrabschneidende Behandlung ist nicht die Sache der Lumpenpazifisten. Es ist die Praxis der Lumpenfaschos. Und die werden dieser Tage immer mehr.

Diesen Beitrag ausdrucken

Roberto J. De Lapuente

Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

Unterstütze uns und hilf dabei, die neulandrebellen besser und wirkungsmächtiger zu machen
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

16 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
nadennmallos
nadennmallos
1 Jahr zuvor

Hut ab und tausend Dank für diesen wertvollen Artikel, messerscharf recherchiert und analysiert.
Es gab `16/17 am Staatstheater Karlsruhe ein Stück nach dem Werk „Gewalt“ von Steven Pinker, Tenor: Wir leben in der friedlichsten aller Zeiten. Ich war anderer Meinung, belegbar, Berechnungsgrundlage usw., Stück war dennoch sehr interessant.
Heute würde das Stück wohl abgesetzt werden, aber nicht wegen Unterschätzen der weltweiten Kriegsaktivitäten, sondern weil es Gewalt und Krieg als nicht erstrebenswert darstellt.

https://www.staatstheater.karlsruhe.de/media/programmheft/bast_programmheft_gewalt_web.pdf

Rudi K
Rudi K
1 Jahr zuvor

Der Begriff „Lump“ wird ja auch in dem Spruch „Der grösste Lump in unserem Land ist und bleibt der Denunziant“. Nach Google“ soll das vor mehr als 100 Jahren Hoffmann von Fallersleben geschrieben haben. Also es ist ein recht alter Begriff, der eigentlich selten verwendet wird.

tmodose57
tmodose57
1 Jahr zuvor

Zum angesprochenen gesellschaftlichen Krieg hatte sich 2005 schon Warren Buffett geäußert:
„Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen.“

Juergen Wehrse
1 Jahr zuvor

Klar, Roberto, wir erleben eine bedenkliche sprachliche (Un)Kultur mit offen faschistischen Zügen, ganz schlimm.

Nun frage ich mich aber täglich: „Wehrse, du winzig kleines Teil eines überwiegend „links-grünen“ Milieus, warum hast du Depp diese totalitären Tendenzen denn erst zu Corona-Zeiten entdeckt? Also, eigentlich erst am Ende dieser – per se – ultra-rechten neoliberalen Epoche? Hinweise gab es doch genug . . . “

Antwort: „Weil es mir diesmal selber an den Kragen ging!“

Ja, diesen Schuh ziehe ich mir an. Spätestens beim Jugoslawien-Krieg hätte man doch wach werden müssen. Seufz . . .

Notiz am Rande: Unsere neoliberalen „Meister“ scheinen diesmal wirklich auf Granit zu beißen. Das war am Freitag:

https://www.unz.com/runz/russia-china-iran-and-saudi-arabia/

Heute, am Montag, sind schon drei US-Banken kollabiert, sogar bei Credit Suisse scheint es Schwierigkeiten zu geben. Ein Handschlag! Mit enormer Sprengkraft – offensichtlich. Was für Zeiten!

Franz
Franz
1 Jahr zuvor

Hanns Dieter Hüsch – Ihr ehrenwerten Herrn (1982)Lange her. Aber die gleichen Probleme…https://www.youtube.com/watch?v=rnnIynEVmxg

flurdab
flurdab
1 Jahr zuvor

Ich frage mich wie die aus der Spirale wieder aussteigen wollen?
Oder wollen die das vielleicht gar nicht.

Wenn man die Pläne zu einem neuen Epidemiegesetzt liest wird einem schlecht.
https://www.corodok.de/jetzt-frau-kiessling/

Oder die Pläne der EU zur „Weltenrettung“ aka Green Deal mit einer angestrebten CO2- Reduktion um mindestens 55% bis 2030. Was bedeutet das viele Gebäude aus der Nutzung herausgenommen werden sollen, was zum Verlust von Wohnraum und natürlich Vermögen führen wird.

Mit „Wir werden gemeinsam Europa verenden“ scheint kein Versprecher gewesen zu sein.

Gibt es eigentlich neue Meldungen zur Übersterblichkeit?

Draussen vor der Tür
Draussen vor der Tür
1 Jahr zuvor

Der Nazijargon war doch hier nie weg – ich zB erinnere noch aus meiner Jugend die „Ratten und Schmeissfliegen“ des leider viel zu spät verstorbenen Franz-Josef Strauss.
Insofern trifft der Artikel die deutschen Befindlichkeiten dies- und jeseits der diversen Zeitenwenden sehr genau.

Vielen Dank übrigens für diein jeder Hinsicht zutreffende Bezeichnung „Kampfgockel“ – dieser Titel wird in meinen Sprachschatz als Synonym für den Lumpenkolumnist Lobo eingehen…

Michael Gehrmann
Michael Gehrmann
Reply to  Draussen vor der Tür
1 Jahr zuvor

Stimmt. Trifft den Nagel auf den Kopf.

spartacus
spartacus
Reply to  Draussen vor der Tür
1 Jahr zuvor

Ich erinnere mich noch recht gut daran, wie Herr Geißler behauptete, der Pazifismus habe Auschwitz erst ermöglicht.
Also nichts neues unter der Sonne. Nur daß die Faschisten inzwischen eine Zwei-Drittel-Mehrheit haben.
Sascha Lobo: Augen auf bei der Berufswahl. Politik und Journalieren ist nichts für Sie. Alles was jenseits einer 0-1-Kodierung verläuft, ist einfach zu kompliziert.
Vorschlag: Machen Sie doch mal irgendwas mit Computern.

Last edited 1 Jahr zuvor by Spartacus
Rudi K
Rudi K
Reply to  spartacus
1 Jahr zuvor

Sascha Lobo: Augen auf bei der Berufswahl. Politik und Journalieren ist nichts für Sie. Alles was jenseits einer 0-1-Kodierung verläuft, ist einfach zu kompliziert.

Vorschlag: Machen Sie doch mal irgendwas mit Computern.

Dem widerspreche ich deutlich. Ich selber hatte beruflich „was mit Computern“ gemacht (Programmentwicklung). Wenn man dabei einen Logikfehler macht, dann zeigt sich dies spätestens beim Kunden und führt zu Reklamationen. Den Fehler muß man dann als Programmierer beheben und kann das nicht so einfach „wegdiskutieren“ oder als „Feature“ verkaufen. Herr Lobo würde dann schon einigen Ärger bekommen. Besser wäre Kassierer bei ALDI.

spartacus
spartacus
Reply to  Rudi K
1 Jahr zuvor

Der Herr Lobo wird doch allgemein als „Internet-Experte“ geführt. Und es wäre besser für alle, würde er sich auf diesen Bereich beschränken.

Draussen vor der Tür
Draussen vor der Tür
Reply to  spartacus
1 Jahr zuvor

Und für das Internet wäre es besser, er würde sich von diesem komplett fernhalten. Da würden letztlich auch alle von profitieren. Soll er einen Friseurladen eröffnen!

Robbespiere
Robbespiere
1 Jahr zuvor

J. De Lapuente

Es mag demnach also Lumpenbellizisten geben. Aber etwas wie Lumpenpazifisten gibt es nicht. Hier verdreht man die Wirklichkeiten, macht Vernunftstimmen zu Gefährdern

Man…..das ist die Klasse der Herrschenden und ihrer Vollstrecker, die sich seit jeher anmaßt, ihren Machtanspruch niederträchtig in sprachliche Lumpen zu kleiden.
Kritiker werden so als vogelfreie Aussätzige gebrandmarkt, an denen sich die unterdrückte, ohnmächtige Masse dann, für die Mächtigen gefahrlos, nach Herzenslust austoben darf.

Das von der Herrschaft gelittene Ventil des Zorns, bei dem sie sich lediglich als „Sekundanten“ geriert, während sie in Wahrheit „Initiator“ ist und sei es durch Verhinderung der Aufklärung auf dem Wege der „Unterbildung“.

Art Vanderley
Art Vanderley
1 Jahr zuvor

Zwei Hinweise zur Ergänzung:
In der Punkszene galten beim klügeren Teil schon früh die meisten derjenigen als ziemlich unterbelichtet, die einen Iro trugen, ich kannte sogar jemanden, der Feiern gezielt gemieden hat, die von solchen veranstaltet wurden oder bei denen zuviele davon aufzukreuzen drohten.
Oft unterschlagen bei Fernsehbildern: Nachdem einer der Angeklagten von Freisler niedergebrüllt wurde als „schäbiger Lump“, sagte er leise aber vernehmbar
„jetzt nicht mehr“,
weil er ja mittlerweilen Widerstand geleistet und mit seinem Leben dafür gezahlt hatte, womit er sagen wollte, daß er tatsächlich ein schäbiger Lump gewesen war, aber nur solange er dem System gedient hatte.
In diesem Sinne: Es lebe nicht unser heiliges Deutschland, wohl aber derjenige Teil, der sich, gleich welcher Meinung er sein mag, noch einen gewissen Anstand bewahrt hat in der öffentlichen Debatte.

Walter Frank
Walter Frank
1 Jahr zuvor

Ich möchte Ihre Bewertung Ihres Beitrages loben.
Es gibt aus historisch philogischer Sicht auch noch die Bedeutung des Lumpen die sich nicht aus der jeweiligen Kleiderordnung ergibt, sondern den Carakter eines Menschen aufzeigt.
Die Bedeutung eines Lumpen im 19.tem Jahrhundert bezog sich auf einen carakterlosen und unempathischen egoistischen Menschen und hatte nichts mit den Kleidern zu tun.
Marx meinte mit Lumpenproletariat Menschen die dem carakterlosem willkürlichen Mop zuzurechnen waren.