Zum Tode Norbert Blüms: „Habt Ihr zu viel Geld?“
Dieses Interview mit Norbert Blüm stammt aus dem Jahr 2017. Ich publiziere es heute, nachdem ich vom Tod Blüms gelesen habe. Damals habe ich Blüm auf den Satz, die Rente sei sicher, angesprochen. Ich habe ihn gefragt, ob er dieses Zitat noch hören kann oder ob er ihn nervt. Seine Antwort: „Nein, das nervt mich nicht, weil wenn es Not tut, ich das auch 10.000 Mal wiederhole …“
Blüms Tod ist nicht nur erschütternd, weil ich ihn als einen authentischen und humorvollen Menschen kennengelernt habe. Er wird auch der politischen Landschaft fehlen, die immer uniformer und oberflächlicher geworden ist.
Hier geht es zum Interview vom 6. Juni 2017:
Norbert Blüm (CDU) ist nach wie vor in Kampfstimmung. Als Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wurde er durch den Satz „Die Rente ist sicher“ berühmt. Im Interview mit den neulandrebellen sagt er, dass er nicht müde wird, den Satz zu erklären. Und dass er weiß, dass es bei der damit verbundenen Häme nicht um ihn, sondern um die Schwächung der gesetzlichen Rente geht.
Auch zur privaten Altersvorsorge hat Blüm eine Meinung. Er äußert sich zur Riester-Rente, zur Betriebsrente und spricht über die Frage, ob die Beitragsbemessungsgrenze abgemessen ist oder abgeschafft gehört. Nicht zuletzt steht die Frage im Raum, ob die gesetzliche Rentenversicherung durch die Einbeziehung von Berufsgruppen wie Beamte, Freiberufler und andere gestärkt werden könnte.
Und dann kommt noch das bedingungslose Grundeinkommen auf den Tisch. Kann es die Ungleichheit beheben? Trägt es zu einer spürbaren Verbesserung für alle bei? Ist es ein Modell, mit dem Blüm sich anfreunden kann?
Was fehlt? Blüms Verhältnis zur CDU. Die Partei hat sich seit seinen aktiven Zeit stark verändert, ein Arbeitnehmerflügel scheint nicht mehr vorhanden zu sein. An dieser Stelle zeigt Blüm sich emotional und ein wenig ratlos. Abschließend fragen wir, für welche Partei heute sein Herz schlagen würde, wäre er noch mal ein junger Mensch und hätte die freie Wahl, in welche Partei es ihn zieht.
Meine letzte Frage an Norbert Blüm drehte sich um die Autorisierung des Interviews. „Können Sie so bringen“, meinte Blüm schlicht. Das Angebot, ihm den Link zum fertigen Interview zu schicken, lehnte Blüm lächelnd ab: „Ich weiß ja, was ich gesagt habe, da brauch ich keine Link mehr. Aber ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihrer Arbeit.“
Hier geht’s zum Telefongespräch mit Norbert Blüm:
Audioplayer:
Also, man kann die Basis der Einzahler verbreitern, die Lebensarbeitszeit raufsetzen oder die Beiträge erhöhen.
Ansonsten eng kalkuliert, 10% Verwaltungsgebühren kann sich kein Rentensystem leisten.
– Die Beamten als Einzahler sind zu teuer für den Staat
– Die Kappungsgrenze kann aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht komplett wegfallen. Erhöhen geht aber doch ?!
– Die (Schein-)selbstständigen müssen mehr verdienen damit sich deren Übernahme überhaupt rechnet
– Gegen das Raufsetzen der Lebensarbeitszeit hat er nichts, bzw. sieht keine Alternative
Ich hätte ihn gefragt, ob eine Maschinen“steuer“ zur Verbreiterung
der Basis was taugen könnte. Die BGE-Sache war ein Fremdkörper im Interview.
Ruf den Butterwegge mal an um die CDU-Werbung auszubügeln ! :-))))
Maschinensteuer nicht so ganz neu, aber wir haben genau das Gegenteil, die Maschinen werden durch Abschreibung bezuschusst,
Dafür bezahlen die Bürger 19% Mehrwertsteuer für ihren Föhn, Rasenmäher und die Waschmaschine. Den Verschleiß können sie nicht abschreiben und Ersatzteile
gibt es für die Zerfallprodukte auch keine.
Zum Thema Lebensarbeitszeit:
In 50 Jahren werden sie den heute jungen Leuten einreden, dass es statistisch erwiesen(!) ist, dass die Notwendigkeit besteht bis 150 zu arbeiten. Immerhin haben das die dann komplett privatisierten Renten- und Sozialversicherungsträger so errechnet. Echt mal!
Wie produktiv ist unsere Gesellschaft dann und jetzt schon ? Ebenfalls ein Aspekt der im Interview fehlte.
In 150 Jahren drucken wir eine Kopie von uns aus. Die geht 23 Stunden arbeiten, putzt das Klo und bringt den Müll raus.
Ich dachte wie sind eine Gewinnernation. Warum ist beim Exportweltmeister, Altersarmut Tagesthema ?
Wegen Misswirtschaft und Ausbeutung ! Schein-, Soloselbstständige, Sub-Sub-Subunternehmer gibt es weil die SPD einen Markt dafür geschaffen hat und die CDU das auch ganz toll findet, Herr Blüm !
Wer ist wir? Gewinnernation? Hier leben Menschen. 5% Systemgewinner. 10% marginalisierte Teilhaber. Der Rest sind Mitläufer und Systemverlierer – je nach Gewichtung ist die Verteilung bei der letzten Gruppe unterschiedlich.
Danke für das Gespräch!
Klasse Interview, Danke!
Ich sag mal, der Blüm hatte eine Menge vernünftiger Punkte, aber ..
Erstmal: Es ist reine Interessenpolitik, zu behaupten, es sei ein enteignungsgleicher Eingriff, Sozialbeiträge so zu erheben wie in der Schweiz. Das ist pure Ideologie. Es gab auch nie einen Anspruch auf eine bestimmte Rentenhöhe, sonst wären die Arbeiter aus den zwanziger und dreissiger Jahren angeschissen gewesen mit ihren Beiträgen von Pfennigen bis ein paar Mark im Monat.
Es ist ja auch bei anderen Sozialbeiträgen so: ein gutverdienender Selbständiger kriegt für seine 600€ Krankenversicherung (gesetzlich) nicht mehr Leistung als der Aufstocker – das ist ok, auch wenn das eventuell 10-15% seines Monatsnettoeinkommens sind (bleibt schon was übrig). Der Millionär, wenn er sich gesetzlich versichert, zahlt das gleiche: Beitragsbemessungsgrenze. Dabei ist das womöglich nur ein Tausendstel seines Einkommens. Insofern wäre es auch ok, wenn es die Kappung bei der Rente nicht bei den einkommensbezogenen Beiträgen, wohl aber bei einer Höchstrente gäbe, das könnten dann durchaus 5-10k€ im Monat sein, wenn da anständig eingezahlt worden wäre.
Ansonsten sollten Selbständige durchaus einzahlen, im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit. Und die Scheinselbständigkeit müsste konsequent bekämpft werden, mit hohen Entschädigungszahlungen und Freiheitsstrafen für die, die zur Scheinselbständigkeit nötigen und daraus Profit schlagen.
Bei den Beamten stellt er das Problem richtig dar: Derzeit werden Beamte gern eingestellt, weil die nächste Generation, also wenn die jetzigen Politiker in Pension sind, den Aufwand aus der Steuerkasse erbringen. Das ist nicht im Hauruckverfahren zu ändern. Aber dann eben mit einem kontrollierten Ausstieg aus dem Berufsbeamtentum.
Alles in allem ein sehr gelungener Podcast, weiter so!
aqua: Solange die Union existiert, wird das Berufsbeamtentum, hier im Blog von Dennis mehr gefeiert als vom Beamtenbund, nicht angetastet. Streng genommen müssten nur Polizisten, Finanzbeamte usw. Beamte sein, wird aber nicht geändert, Da lobe ich mir die SPD, von derem Maßnahmenterror bei den JC ich mich mehr als distanziere, aber sie hat die Beamten bei der BA abgeschafft, ja, Modernität ist möglich! Ein Skandal ist es, dass die früheren BAT-Angestellten abgeschafft wurden, für nicht Beamte ein krasser Nachteil, wenn sie in den Staatsdienst eintreten!!Es wurden sogar wichtige Studien zum Kostenvergleich Beamte-Angestellte nachträglich abgeändert, schon zur Zeit von Helmut Kohl!!es geht auch um Modernität! Nicht die Wirtschaft, die Beamten scheinen bei der Union die stärkste Lobby zu haben!
Gibt es keine Interessanteren Personen als den verkalten Blüm? Er war nicht einmal in der Lage für 1 Cent was zu ändern,. Er liebt das dt. Rentensystem, will aber seine Ministerkollegen oder gar die einmalig begünstigten Beamten nicht damit behelligen. SOso, Beamte wöllten etwas heraushaben, man müsste ihnen eben nicht mehr als anderen Personen geben, so einfach! Ich bin für eine steuerfinanzierte Grundrente oder mrd. für eine steuerfinanzierte Rentenaufstockung auf 1000 Euro, nicht einmal dafür ist der Typ zu haben, hat Altersarmut immer ausgeblendet, es gibt ja das Dt. Rentensystem, so seine Devise! Es war Clement, dem ich immer dankbar sein werde, dass er die Beamten bei der BA abschaffte, jetzt müsste Nahles den Weg bei der Rentenkasse gehen!
@Anton
Gibt es, aber du mit deiner Jahreskarte………………
Frag mal deinen verkalkten Gauland von der AfD zu seinem Konzept einer Reorganisation des Rentensystems.
Fischi: Der Gauland ist kein Rentenexperte, der einen Kult um das Rentensystem macht!
@Anton
Stimmt auffallend!
Für Einsätze zum Wohl der Gesellschaftsmehrheit ist diese braune Socke nicht zu haben.
Rob: der war jahrelang CDU Mann aber geschenkt! Blüm ist so sehr Experte, dass er Altersarmut nie benannt hat, das Rentensystem sei Klasse, fertig! Er har nie Reformen gemacht, so einfach, eben auch keine zur Bekämpfung von Altersarmut!
Da war wenig neues für mich drin, aber Blüm kriegt man halt auch hier und da mal mit, da er tatsächlich keine Berührungsängste mit dem Netz hat. Er war so z.b. auch mal bei Ken Jebsen. Insgesamt ist er mir tatsächlich sehr symphatisch, auch wenn ich nicht alle seine Positionen teile.
Schade war, dass das Interview nicht auf den Punkt der stetig weiter auseinanderlaufenden Zahlen zu den Unternehmensgewinnen, Reallöhnen und BIP einging. Wenn man diese Entwicklung nicht umkehren will und keine Partei an der Regierung will das wohl, dann schwächt man kontinuierlich die Einnahmeseite der gesetzlichen Rente und daraus ergibt sich in der Konsequenz eben die tatsächlich vorhandenen Armutsrenten, die viele Menschen zu erwarten haben oder bereits beziehen.
Bei Querschüsse liefert Steffen immer wieder aktualisierte Zahlen dazu:
Im Grunde genommen lässt man die Löhne und somit auch die Renten auf dem Level von irgendwo Mitte der 90er, obwohl die Wirtschaftsleistungsich in der selben Zeit praktisch verdoppelt hat. Es findet somit keinerlei Partizipation an diesen Steigerungen statt. Da wundert es nicht, dass das System für viele Menschen nicht attraktiv ist. Ich als Selbsständiger habe da ein riesen Problem, weil Vertrauen habe ich tatsächlich nur in das Umlagesystem, aber dieses steht momentan so schlecht da, dass es nicht wirklich attraktiv ist, wobei das aktuell auch nicht so ganz angesichts von Niedrigzinsen gilt. Wirklich reizvoll, was es eigentlich sein könnte, ist es aber nicht.
Wow, ein Interview mit dem Politiker, den ich rückblickend am meisten von allen schätze. Allerbesten Dank!!
Was mich so traurig macht ist, dass diese Sorte Mensch in der Politik so selten ist. Sachverstand und Anstand, welch seltene Kombination. Das sage ich rückblickend, nach knapp 30 Jahren Beobachtung der Deutschland-GmbH.
Man lese einfach mal, z.B. bei Wikipedia, nach, wo einstige Politik-Größen wie Schröder, Waigel, Joschka Fischer etc. sich heute im „Ruhestand“ engagieren und man wird schnell erkennen, um was für käufliche, von Eigeninteressen gesteuerte Persönlichkeiten es sich da gehandelt hat.
Dieser frustrierende Tatbestand hat mehrere Ursachen. Für systemimmanent halte ich, dass die erlaubte Kapital-Ansammlung in den Händen weniger Privatpersonen dazu führen MUSS, dass letztlich die Politik von diesen Super-Kapitalisten bestimmt wird. Der Kapitalismus in seiner ungezügelten Form (und DAS ist die Freiheit des Westens!) macht letztlich aus den Vertretern des Volkes Prostituierte des Kapitals. Das will oder kann der sonst so scharf analysierende Blüm (noch) nicht sagen.
Danke Norbert Blüm für deine Arbeit! Du kannst stolz darauf sein!
OMG: Vorwärts mit Martin und Gerd (Tagesschau)
Gute Freunde, vielleicht treffen sie sich mal mit Maschmeyer und spielen eine Runde Skat.
Ach ja, Maschmeyer gehört zu den Multi-Millionären, die sich vom Staat mit Cum-Ex-Geschäften dreist Geld geholt haben.
@jowi
Man wundert sich doch immer wieder, was so alles frei und ungeschoren in Deutschland herumlaufen darf ( zusammen mindestens 300 Jahre Knast ), während man arme Schlucker schon wg. kleiner Vergehen ( und sei es nur ein Pfandbon ) aufs härteste bestraft.
Unabhängige Justiz sieht für mich anders aus.
Krähen eben!
Die Schröder-Oppermann-Heil-Mafia mit ihrem trockenen Alki als Strohmann.
Wenn’s nicht die Linke gäbe, täte ich glatt – rein taktisch – die CDU wählen, um diese SPD noch weiter runter zu drücken.
Joker: Als würdet ihr Linksautonomen ins Glas spucken!
Hallo Jowi,
gut von Dir zu hören. Ich kann Dir nur zustimmen. Norbert Blüm war tatsächlich mal ein Guter. Dazu bescheiden und sympathisch.
@Pen
Schau mal auf das Datum des Kommentars, dem du gerade geantwortet hast. 🙂
Was immer wieder auffällt ist, dass Politiker ihre soziale Ader in aller Regel dann entdecken, wenn ihre Karriere beendet und die Pension gesichert ist.
Ich kann mich nicht erinnern, von Blüm einen kritischen Satz zu Kohls Griff in die Rentenkasse für Russland- Aussiedler oder DDR-Rentner gehört zu haben.
Natürlich müssen die eine Rente erhalten, aber eben steuerfinanziert., weil dafür keine Beiträge in die Rentenkasse geleistet wurden.
Er war ja mal lobenswerterweise Arbeiter bei Opel, aber was trieb ihn dann in die CDU, den klassischen, scheinchristlichen Vertriebspartner für die bürgerschröpfende Oberschicht?
Die Rente war auch schon zu Blüms Zeiten alles andere als sicher, nur dass sich sein Kanzler, DDR- Ausverkäufer und Thatcher-Fan nicht getraut hat, den radikalen Schritt eines Arbeiter-Judas wie Schröder zu gehen.
@Robbespiere
Lol! Ich hab mich schon gewundert, wo alle diese Kommentatoren plötzlich wieder herkamen. Danke für den Hinweis. :- ))
Auch hat mich immer gewundert, was der Blüm in der CDU zu suchen hatte, und mit Dregger ist er mMn nicht zu vergleichen. Er war als Mensch sehr sympathisch, aber nicht alles, was er gemacht hat, war es. Ein Nachruf ist immer etwas geschönt, und darum handelt es sich letztlich.
[…] Norbert Blüm im Interview: „Habt Ihr zu viel Geld?“ Norbert Blüm (CDU) ist nach wie vor in Kampfstimmung. Als Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wurde er durch den Satz „Die Rente ist sicher“ berühmt. Im Interview mit den neulandrebellen sagt er, dass er nicht müde wird, den Satz zu erklären. Und dass er weiß, dass es bei der damit verbundenen Häme nicht um ihn, sondern um die Schwächung der gesetzlichen Rente geht. Auch zur privaten Altersvorsorge hat Blüm eine Meinung. Er äußert sich zur Riester-Rente, zur Betriebsrente und spricht über die Frage, ob die Beitragsbemessungsgrenze abgemessen ist oder abgeschafft gehört. Nicht zuletzt steht die Frage im Raum, ob die gesetzliche Rentenversicherung durch die Einbeziehung von Berufsgruppen wie Beamte, Freiberufler und andere gestärkt werden könnte. Und dann kommt noch das bedingungslose Grundeinkommen auf den Tisch. Kann es die Ungleichheit beheben? Trägt es zu einer spürbaren Verbesserung für alle bei? Ist es ein Modell, mit dem Blüm sich anfreunden kann? Was fehlt? Blüms Verhältnis zur CDU. Die Partei hat sich seit seinen aktiven Zeit stark verändert, ein Arbeitnehmerflügel scheint nicht mehr vorhanden zu sein. An dieser Stelle zeigt Blüm sich emotional und ein wenig ratlos. Abschließend fragen wir, für welche Partei heute sein Herz schlagen würde, wäre er noch mal ein junger Mensch und hätte die freie Wahl, in welche Partei es ihn zieht. […] Quelle: Tom Wellbrock / Neulandrebellen […]
Ein einfacher, empathischer, altruistischer Mann in Zeiten von exponentiell-wachsender Über-Komplexität und ursprünglich sinnvollen, aber mittlerweile auch überforderten Konzepten („Geld“).
Er war halt einer von den „Guten“, so wie Dregger, oder auch Schwarz-Schilling. Ach, es gab einfach auch solche Leute, Männer wie Du und er, die ganz Herz, auch mit drei pro Brust, und Seele waren, Luxemburg war ja nicht weit in diesen goldenen Zeiten von ZDF-Hitparade und Beckenbauer.