Entschuldigen Sie, ist das der Sonderzug …

Ab 2020 wird die Deutsche Bahn Kartenzahlung in ihren Bordrestaurants ermöglichen. Jetzt geht es Schlag auf Schlag mit der Zukunft. Mittlerweile hört sich das Unternehmen an wie das ZK von einst: Von gestern, aber siegesgewiss.

So lange ist das noch nicht her, da hat sich die Deutsche Bahn ein bisschen großzügig vor die Öffentlichkeit gestellt und verkündet, dass in ihren Intercity-Express-Zügen künftighin auch kostenfreies Internet geboten sein wird. Anfang 2017 war das. Vorher hat man für eine nicht sonderlich stabile Verbindung richtig Geld hinlegen müssen. Teilweise musste man für zwei Stunden mobile Zeit acht Euro berappen. Was Reisende im Laufe vieler Jahre da in ihre Erreichbarkeit gesteckt haben, kann man sich ausrechnen.

Aber vor knapp drei Jahren war das alles vorbei, da kam die Bahn an. Nicht immer am Bahnhof zwar, aber wenigstens in der Zukunft, im technologischen Utopia. Damit warb sie dann auch großkotzig, als ob ein Internetzugang 2017 noch etwas war, was man sonst nirgends bekam.

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Roberto J. De Lapuente

Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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aquadraht
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4 Jahre zuvor

Prinzipiell gibt es ja gewiss bei der Bahn wie bei der „Zukunftsfähigkeit“ der Gesellschaft etliches zu bemängeln. Aber an diesem Artikel auch. Aber diese Beispiele sind reichlich verkehrt gewählt. Sie zeigen auch, dass Roberto nicht besonders oft Bahn fährt oder gefahren ist.

So gibt es Kartenzahlung in den Speisewagen der Bahn seit den achziger Jahren, aber halt nicht mit EC-Karte (ausser dieser Cash-Aufladung, die es meines Wissens gar nicht mehr gibt), sondern mit Kreditkarten. Die haben seit über einem halben Jahrhundert auch offline funktioniert, und viel ressourcenschonender, mit dem Durchnudeln durch das Stempelteil, der Unterschrift, und dem gelben Zettel. Das funktionierte auch im afrikanischen Busch und im südostasiatischen Dschungel, in Nairobi, Mumbai und New York (wo wir schon von Dritter Welt reden). Das gewisse Risiko von Schwindel trug die Kreditkartenfirma. Das heutige Onlinemodell mit PIN und Doppelbestätigung über Handy dient nur dazu, das Risiko auf den Kunden abzuwälzen, mit gigantischem energetischem Aufwand.

Das WLAN im Zug wurde in der Tat erst in den neunziger Jahren, und sukzessive auf einigen Strecken eingeführt (und funktionierte immer reichlich beschissen). Das war das Telekom Hotspot WLAN, das Telekomkunden nichts kostete, die anderen schon, jedenfalls in der 2. Klasse. Aber 8€ für 2 Stunden ist meines Wissens Quatsch, das war der Tagestarif für Hotspotzugang. Und ich zweifle, dass Vodafone- oder Mogelcomkunden das hingelegt und nicht stattdessen ihr Handy zum Datenverkehr genutzt haben. Und nur dort stimmt das mit den Funklöchern. Das Bahn-WLAN lief und läuft mit Repeatern längs der Strecke (die aber auch schon mal ausfielen), nicht mit Mobilfunktürmen.

Ob die DDR an ihren „Politbürogreisen“ untergegangen ist oder wie immer, ist eine andere Debatte. Ob die BRD ihre Zukunft verspielt, wenn nicht auf jedem Klo auf der Zugspitze Highspeed-Internet zur Verfügung steht, ist eine weitere. Im einen Beitrag Handyverbote fordern und im anderen in den Digitalisierungsblues einstimmen, erscheint mir inkonsistent. Wie man bei den Karten sieht, gibt es da viel „Fortschritt“ in Richtung Abwälzung von Geschäftsrisiken und Massenüberwachung, ohne viel Mehrwert, aber mit massloser Energievergeudung und (auch wenn Roberto bei dem Thema Schreikrämpfe kriegt) CO2-Ausstoss. Man kann (noch) auch bar zahlen.

Ronaldo
Ronaldo
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Ich fahre nur alle paar Jähe Bahn und lebe auch!
Gleich kommen die Fanatiker und fordern die alte Beamtenbimmel, kotzikotzikotz

aquadraht
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Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Offenbar ist Dir da einiges entgangen, sonst hättest Du nicht die falsche Behauptung aufgestellt, „Kartenzahlung“ im Speisewagen gebe es erst nächstes Jahr (richtig: EC-Karten-Debitfunktion). Ob man darüber glücklich sein soll, dass die eigenen Kontodaten da noch durch alle möglichen Netze bis aufs Kassiererterminal rauschen, und das als „Fortschritt“ sehen soll, ist sehr fragwürdig. Es ist eher ein Schritt weiter zur Beseitigung der Barzahlung und damit wesentlicher Freiheiten. „Fortschritt“? Bah. SUV sind auch Fortschritt, und Smartphones in jeder Pfote.

Folkher Braun
Folkher Braun
4 Jahre zuvor

Das Elend der Bahn begann vor 60 Jahren, als sie die Reparatur der Kriegsschäden selber bezahlen durfte. Dagegen bekam der Straßenverkehr mangels Steueraufkommen sein neues Netz gratis. Die Güterbahn durfte sich dann mit der sozialen Schmutzkonkurrenz des Straßengüterverkehrs herumschlagen. Den Kampf hat sie verloren.
Der größte Fehler war der Privatisierungsversuch, wodurch der Laden kaputtgespart wurde. Nicht mal die nötigen Ersatzinvestitionen wurden getätigt. Sehe ich mir den Waggonpark an: das ist alles Schrott (war früher mal Hilfs-Waggonreparierer). Und ist es kein Schrott, gehört der nicht der Bahn.) Tausende von Brücken marode, Stellwerke veraltet, an den Weichenheizungen gespart und gibt es etwas Wind, liegen Bäume auf den Gleisen. Dafür ist das Unkraut an den Böschungen ausgestorben, viel Glyphosat hilft halt viel.

Hartmut
Hartmut
4 Jahre zuvor

Aber es gibt so einige, die immer wieder behaupten, dass unsere politische und wirtschaftliche Führung von heute schon ein wenig so reagiert, wie jene Greise aus dem Politbüro. Man faselt sich die Zukunft schön, strahlt Siegesgewissheit aus

Falls jetzt einige ältere Ostdeutsche, die den Vergleich aus eigener Lebenserfahrung „jenseits“ und „diesseits“ nachvollziehen können, jetzt zustimmend heftig nicken, könnte das Zufall sein – oder auch nicht. 😉