Der Arbeitsmarkt boomt: Irgendwas mit Immobilien
Der Arbeitsmarkt boomt seit Jahren. Heißt es immer. Die Spalten mit den Stellenanzeigen quellen schließlich über. Manches was da angeboten wird ist jedoch nicht ganz koscher. Wer suchet, der findet immer wieder solche Jobwunderjobs.
Ich klemmte mich mal wieder ans Telefon. Eine Stellenanzeige versprach mir ein gutes Auskommen. Ich war skeptisch, aber so wie die Dinge seinerzeit lagen, musste etwas geschehen. Und dass die Anzeige nicht gleich mit einem Spitzenlohn aufwartete, beruhigte mich ein wenig. Ihre Bescheidenheit gefiel mir. Mehr ist in solchen Dingen oft weniger. Wenn sie dir aus dem Stand 5000 Euro im Monat versprechen, stimmt irgendwas nicht. Dass keine Vorkenntnisse nötig waren, machte die Sache noch ein wenig runder. Wo hat man das am Arbeitsmarkt heute noch? Aber Strohhalm bleibt nun mal Strohhalm. Man klammert sich daran, aber er knickt letztlich weg wie ein Nasenhaar bei der Morgenrasur.
»Gärtner«, meldete sich eine Frauenstimme.
»Ich rufe wegen Ihrer Annonce an. Da steht drin, dass Sie jemanden suchen für Telefondienste im Bezug auf Eigenheime. Was genau bedeutet das denn?«
»Wir machen mal einen Termin aus und dann präsentiere ich Ihnen das.«
Die Frau hatte ihr Büro irgendwo an der A6, weit weg von hier.
»Entschuldigung, aber ich kann nicht mal einfach so vorbeikommen, ich wohne sicher gut 200 Kilometer entfernt von Ihnen.«
Sie hüstelte.
»Die Präsentation machen wir telefonisch. Sie müssen dazu aber ihren Rechner anschalten. Ich notiere mir jetzt Ihre Telefonnummer und Ihre e-Mail-Adresse und schicke Ihnen einen Link. Den klicken Sie an, wenn wir telefonieren. Es werden sich Schaubilder öffnen und ich erkläre Ihnen was dazu.«
Sachen gabs. So ging der moderne Arbeitsmarkt und Homeoffice also. Ich war damit einverstanden und sagte zu, am Freitag meinen Hörer abzuheben, sollte das dazugehörige Telefon gegen Eins klingeln.
Und dann war Freitag und es wurde Eins und der Apparat schrillte tatsächlich. Zuverlässig war sie schon mal.
Ich hob ab und die Stimme der Frau begrüßte mich freudig und hieß mich gleich die Links zu öffnen. Sie verschenkte keine Sekunde und legte direkt los, stellte sich nochmal vor und sagte einige vage Sätze zum Aufgabenfeld, das man bald abdecken sollte. Konkret wurde sie nicht. Jedenfalls verstand ich nicht so richtig, um was es eigentlich gehen sollte. Um Wohneigentum. Das hatte ich verstanden. Ihr Text war auf jeden Fall einstudiert, vielleicht las sie ihn auch ab oder sie hatte ein Tonband eingeschaltet.
»Fast 60 Prozent der Menschen in Deutschland leben in Miete. Die Wohneigentumsquote ist bei uns sehr gering im Vergleich zum Ausland.«
Ich schwieg andächtig. Das passte zur Liturgie einer Telefonkonferenz, fand ich.
Sie rechnete einige Beispiele durch. Wenn man zwanzig Jahre Miete bezahlt zum Beispiel, dann kämen so und so viele Euro zusammen, die man ja auch hätte in den Erwerb von Wohneigentum hätte stecken können. Mir fiel auf, dass sie die Nebenkosten in das Exempel einbaute und verschwieg, dass auch bei einer Eigentumswohnung oder einem Haus Nebenkosten entstehen.
»… und nun ist es doch so, dass wir alle irgendwann mal das Ziel vor Augen haben, aus der Miete auszubrechen, um ein eigenes Objekt zu erwerben, nicht wahr …«
»Ist das so?«, unterbrach ich sie.
»Na, etwa nicht?«
»Ich finde, dass auch die Miete Vorteile haben kann.«
»So? Da sind Sie aber der einzige Mensch auf Erden, der das so sieht.«
»Kann sein, aber das ändert ja nichts am Argument, oder?«
Sie schwieg einen Augenblick.
»Es ist doch so, dass ich als Mieter Risiken abwende, die ein Besitzer hat. Wenn heute mal eine Wand zerbröselt, sage ich es dem Vermieter und bin aus dem Schneider. Ich muss keine teuren Handwerker bestellen und bezahlen. Jedenfalls nicht direkt. Das muss man schon auch mal sehen.«
»Das ist eine eigenartige Sicht auf die Dinge.«
»Alles hat Vor- und Nachteile. Was ist daran eigenartig?«
Sie hüstelte leise und atmete schwer weiter.
»Ich bin nicht der Typ für so viel Eigenverantwortung, wissen Sie. Am Ende liegt der Hausbesitzer wie der Mieter auch in einem unterirdischen Einzimmerobjekt, wenn Sie verstehen, worauf ich hinauswill.«
»Mein lieber Herr, wollen wir weitermachen oder lassen wir es gleich bleiben. Ich werde den Eindruck nicht los, dass Sie nicht die richtige Person für die Stelle sind.«
»Erzählen Sie bitte weiter. Jetzt habe ich mir extra den Nachmittag freigehalten.«
Das tat sie dann auch. Sie stellte noch manche krumme Rechnung auf, wandte Suggestion an und versuchte sich in Küchentischpsychologie. Was aber genau die Aufgabe gewesen wäre, die ich in dem Spiel übernehmen sollte, begriff ich bis zum Ende nicht richtig. Vielleicht war ich auch einfach nur zu blöd dazu. Ganz koscher schien mir die Show auf alle Fälle nicht gewesen zu sein. Zwei- oder dreimal lachte ich dann noch dezent auf und die Gärtner bat um Konzentration. Ausdauer hatte sie. Und ich Zigaretten. Damals rauchte ich noch regelmäßig. Ihre Verbissenheit musste man ihr lassen. Sie zog es durch, obgleich ich kein Kandidat für sie war. Die nahm ihren Job echt ernst. Als sie mit ihren Ausführungen schloss, legte ich ohne ein Wort zu vergeuden auf und wälzte wieder mal die Stellenanzeigen. Auch andere Arbeit konnte man mir schließlich zumuten.
Morsche mal wieder…
Bullshitjobs gibts anscheinend jede Menge…
Auf anderer Seite…wenn wir keine abbezahlte Hütte hätten, würde es mit meiner aktuellen Rente doch finanziell recht eng werden, wenn wir Miete zahlen müssten…
Und…auf die Nebenkosten habe ich ja bissl Einfluss…zumindest entfallen beim eigenen Haus pauschale Beträge wie z.B. Aufzugwartung und Aussenanlagepflege , Winterdienst etc…
Ausserdem kann mich niemand wegen Eigenbedarfs hier rausklagen…
Alloah
Christine
Die wollten dich als Geldwäscher engagieren.
Die schieben die Kohle um zig Ecken, Inland-Ausland,
dann kaufst du zum Schluss eine Immobilie
dafür. Irgendwann wäre herausgekommen, dass
die Kohle aus dem Kokshandel stammt und
der Robert wäre wegen Geldwäsche in den
Knast gegangen.
http://www.dejure.org/gesetze/StGB/261.html
…meine Eltern haben noch mit Kohle, später dann mit Koks geheizt…😂😂
Heute ist alles erneuerbär 🙂
Jo!
ich würde ja vor dem Reichstag Windkraftanlagen bauen, die würden ständig auf Hochtouren laufen, angetrieben durch zerebrale Flatulenzen und andere heisse Luft der Politiker!!!
Moin Roberto,
ich mag Deinen Humor, und was Du schreibst…
…und Deine Fotos sind auch nicht schlecht :- ))
Danke Dir! Jetzt werde ich ein bisschen rot. Man sieht es nur nicht so gut, weil ich wie immer im verdunkelten Arbeitszimmer sitze 😉
Aber ehrlich, ich freue mich über dieses kurze Lob. Jeder der schreibt, mag es, wenn er sowas erfährt. Wer anderes behauptet, der lügt oder ist ein Soziopath.
Du bist ja ein richtig unhöflicher Typ, Roberto 😉
Mieten ist meistens, aber nicht immer günstiger. Wesentlich weniger Zeitaufwand hat man aber in jedem Fall.
Die Neoliberalen nehmen diesen Umstand gerne, um zu behaupten, dass Italiener, Griechen etc. viel vermögender als „wir“ wären. Altersvorsorge und so. Total behämmert. Niemand kann zuverlässig sagen, wieviel man in dem Moment für die Bude bekommt, wenn man sie verkaufen will/muss.
Na ja, ich bin jedenfalls froh, monatlich keine 700 bis 1000 € kalt an irgendeinen „Investor“ abdrücken zu müssen! Die Hütte ist schon lang abbezahlt!
Mit meiner Rente könnte ich höchstens hier im Rhein Main Gebiet ein Einzimmerappartement mieten oder auf den Campingplatz…
@ChrissieR
Das sehe ich genau so.
Wenn man vor Jahren weit günstiger gekauft hat und lange genug die Immobilie nutzt, kommt der Kaufpreis über die gesparte Miete wieder herein und man hat immer noch den Substanzwert, auch wenn die aktuelle Blase platzen sollte
Natürlich hat man auch Kosten für Instandhaltung, Reparaturen und Modernisierungen, aber die werden ebenso anteilig auf den Mieter umgelegt.
Es stimmt auch, dass man als Eigentümer mehr Aufwand mit seiner Immobilie hat, aber wenn man so manchen Ärger mit einigen Vermietern mit einbezieht, weil der sich bei fälligen Reparaturen querstellt, dann relativiert sich das.
@Robespierre:
Eben! Und wir haben Kinder, die, wenn wir im Holzmöbel drei Meter tiefer wohnen, unsere Hütte vermieten/verkaufen/selber nutzen können!
Besser als jede Rebten und Lebensversicherung für die Nachkommen, den ganzen Scheiss hab ich gekündigt!
@ChrissieR
Dito
Hab ich schon vor Jahrzehnten so gemacht. Wer da lange eingezahlt hat, wird sich noch wundern, wie wenig da zusammengekommen ist, dank satter Provisionen der Finanz-Speckjäger.
Steuer gibt es dann noch als „Bonus“ obenauf.
Allerdings würde ich mir Heute zu den aufgeblähten Preisen keine Immobilie kaufen. Da muss man Geduld haben, bis die Blase platzt und die Preise purzeln, es sei denn, man ist fit im Renovieren einer älteren Hütte, die sonst keiner will.
Aber du wohnst doch in deiner Ente, oder nicht? 😉
Nur im Urlaub!😉
ich meinte, wenn du jetzt gerade entscheiden musst, ob du dir ne bude kaufst oder mietest. Wenn du jetzte gerade schon inner abbezahlten (!) bude wohnst,, ist das wahrscheinlich besser als mieten.
Das stimmt, ich behaupte auch nicht, dass mein Pro-Miete-Argument unantastbar ist. Jens Berger sieht das zum Beispiel stets anders. Als er mal facebookte, dass er einen Garage oder einen Schuppen baue, hat es mich geschüttelt! Bäh, so viel Arbeit! Die Sorge habe ich nicht. Aber klar, es gibt auch gute Argumente für ein eigenes Haus. Sind halt nur nicht meine Argumente.
Unhöflich? Ach, würde ich gar nicht so sagen. Ich habe es neulich so formuliert: Ich bin nur sehr eingeschränkt freundlich. Ich versuche immer höflich zu sein, alleine die Leute machen es mir so schwer 😉
Guude, Roberto,
ich pfriemel gern am Haus und meinen erlesenen Oldtimern rum!
Erstens, weil kein Geld für Handwerker und 2.
Hab Spass dran, am Abend auf gut gemachte Arbeit gucken zu können!
Sonst würde ich in Rente ja nur in nem Mietzimmer rumhocken und Blödsinn im TV gucken…furchtbarer Gedanke!!!
Naja, jeder ist anderst.
Kommt Ihr an die Macht, kann sich höchstens noch der öffentliche Dienst mehr als trockenes Brot leisten,ö wenn überhaupt
@Roland
Spitz mal deine Ohren, dann wirst du feststellen, dass wir langsam aber sicher in eine satte Rezession hineinlaufen.
Das mit dem trockenen Brot schaffen die auch ganz ohne uns.
Ihr habt es noch nie gekonnt
Ihr? Wir Blogger?
Ihr , damit sind die Linken gemeint, nicht Sozen oder große Teile der Grünen
@Roland
Was hast du gegen Linke vorzubringen bzw. was hättest du zu verlieren, wenn es wirklich eine linke Politik gäbe?
Ich bin für Gerechtigkeit, nicht für Gleichheit
@Roland
Ist Ungleichheit gerecht und warum?
Die Suche nach Gleicheit, Deine extreme Ungleichheit ist eher offene Ungerechtigkeit, führte zu nichts Gutem. Die leitende Chefärztin soll meh als der Pfleger verdienen, der muss von seinem Gehalt aber ordentlich leben können
Höhere Mindestlöhne sind ein Muss
Während Kohl die Gemeinnützigkeit der Wohngenossenschaften abschaffte und Mietwohnungen zuhauf ‚privatisierte‘ wurde politisch zugunsten der Banken gesteuert: kauft eure Wohnungen, kauft und baut Häuser! (Indirekte Steuersubvention gen Banken! Eigentumsubventionen sind und waren Banksubventionen!)
Fakt ist: die Mehrheit kann nicht mal eben -legal- 100 000de auf den Tisch legen, also sind sie
entweder
Mieter bei den Banken!
oder
Mieter bei einem Hausbesitzer!
oder
Obdachlos!
Wenn alles gut läuft, Jobs gesichert (Es braucht heute 2 Jobs) hier und da ne Erbschaft (die meisten schaffen es nicht ohne!) eingesetzt werden kann, Paare lebenslang verheiratet ’schaffen‘, nix krank und so…..
dann ist Kaufen sicherlich nicht schlecht….
blöd nur, wenn was schief läuft!
Banken sind knallhart…. da gilt kein Mieterschutz! Im Grunde ausschlieslich dem -eigenen- Profit verpflichtet!
Und auch definitiv keinerlei Empathie!
(Denn sie verlassen sich darauf, dass Wohnungslose dann von der Solidargemeinschaft aufgefangen werden!)
Wer kein Erbe hat, bei denen nur eine -eher Prekariatsjob- Arbeitsstelle zur Verfügung steht…. hat genug damit zu tun, das Brot und die Fahrkarte zu bezahlen!
https://www.n-tv.de/leben/Jan-Brandt-gegen-den-Immobilien-Irrsinn-article21175227.html
„Nach einer Eigenbedarfskündigung erlebt Brandt 2016 eine Odyssee auf dem Berliner Mietmarkt, fast gleichzeitig wird in seinem Heimatdorf in Ostfriesland der alte Hof seines Urgroßvaters von einem Bauunternehmer gekauft und droht abgeris-sen zu werden. Selber von Wohnungslosigkeit bedroht, setzt sich der 1974 in Leer geborene Schriftsteller in den Kopf, das alte Haus zu retten und überlegt, vielleicht in das Dorf zurückzukehren, das er als Jugendlicher “am liebsten abgefackelt hätte”. Denn Berlin, die Stadt, die ihm dank der niedrigen Lebenshaltungskosten überhaupt erst ein Leben als Schriftsteller ermöglicht hat, will ihn offenbar nicht mehr. Doch auf dem Land versteht man seine plötzliche Sehnsucht danach, das Alte zu bewahren, nicht.“