Lanz‘ heißer Stuhl

Eine Talkshow, in der sich alle, Gäste wie Moderator, gegen einen anderen Gast richten: Das hat es vor jener »Markus Lanz«-Ausgabe vom 2. Juni 2022 noch nicht gegeben? Doch, hat es. Und der ZDF-Moderator stammt aus jenem Stall, wo ein solches Konfrontationsformat entstand.

Kurz bevor Lanz bei RTL anfing, wurde dort eine heute fast legendäre Talkshow eingestellt, die dem heutigen Sendeformat, das seinen Namen trägt, gar nicht so unähnlich war. Wie jenes aktuelle ZDF-Format war die Sendung seinerzeit nicht rein politisch gebunden, widmete sich auch gesellschaftlichen Themen – und lebte in erster Linie vom regelmäßigen Eklat.

Der damalige Moderator hat sichtlich auf Lanz abgefärbt. Sein ganzer Stil ist von diesem Großmeister der Provo-Moderation geprägt. Er hat Lanz offensichtlich geprägt und war scheinbar – und etwas übertrieben gesagt – so eine Art Mentor für ihn. Olaf Kracht hieß der Mann und seine Sendung wurde als »Explosiv – Der heiße Stuhl« bekannt.

Studiogast seiner eigenen Sendung

Tatsächlich erinnert Lanz‘ Frage- und überhaupt sein gesamter Moderationsstil erstaunlich an jenen Herrn Kracht. Auch dann, wenn er nicht gerade unliebsame Studiogäste penetriert. Das strikte Dazwischenreden ist auch dann der Fall, wenn er nicht »auf Touren kommt«. Zwischenfragen, bevor der Sprechende fertig ist mit seinen Ausführungen, müssen jene Gäste, mit denen er die Meinung nicht teilt, immer wieder ertragen. Das gehört zu seinem Stil.

Ebenso der Umstand, die Rolle als Moderator zu verlassen, um wie seine Gäste agieren zu können. Sich gewissermaßen zum Studiogast seiner eigenen Sendung zu verwandeln: Das ist gelebte »Heiße Stuhl«-Renaissance.

Was Olaf Kracht zwischen 1989 und 1994 sich da leistete, war ja keine Moderation. Nicht im klassischen und auch nicht im modernen Sinne. Denn moderat, zwischen Gesprächsteilnehmern vermittelnd also, trat er nicht auf. Sein Ziel war es, die Diskussion immer wieder auf die Spitze zu treiben, Streit zu entfachen und »es laut werden zu lassen«. Der Erkenntnisgewinn war dabei eher zweitranging. Primär ging es darum, dass sich die Teilnehmer fetzten und dass das Publikum an den Bildschirmen in eine emotionale Achterbahnfahrt aus Wut, Spott und Überlegenheitsgefühl geriet. Und wenn am Folgetag auch noch die Bildzeitung davon berichtete, waren alle Ziele erreicht.

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Roberto J. De Lapuente

Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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flurdab
flurdab
1 Jahr zuvor

Der Analyse kann ich mich anschließen.
Wenn etwas quackt wie eine Ente, watschelt wie eine Ente, liegt die Vermutung nah, das ist eine Ente.

Was bei diesen Unformaten zu beachten ist, sie gelten als „Unterhaltung“.
Ihr Sinn ist es also nicht zu einer politischen Meinungsbildung beizutragen.
Was eigentlich der Auftrag des ÖRR laut Rundfunkstaatsvertrags sein sollte.
Bei den Privaten ist dies scheinbar anders, hat man bestimmt nur vergessen in die Lizenzverträge einzutragen… 😉

Suzie Q
Suzie Q
Reply to  flurdab
1 Jahr zuvor

Natürlich muss man die Rundfunkanstalten für die Qualität ihrer Sendungen prügeln bis zum geht nicht mehr, keine Frage! Nur, ihr Auftrag ist auch Unterhaltung!

RStV § 11 und MStV § 26 mit Links
Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien
(Rundfunkstaatsvertrag – RStV)
vom 31. August 1991
in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge
(Zweiundzwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag)
in Kraft seit 1. Mai 2019

Zweiter Abschnitt
Vorschriften für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
§ 11
Auftrag

(1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozia- len und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Die öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.

Und hier kannst du das nachlesen: https://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/user_upload/Rechtsgrundlagen/Gesetze_Staatsvertraege/RStV_22_nichtamtliche_Fassung_medienanstalten_final_web.pdf

sowie:

Medienstaatsvertrag (MStV)
vom 14. / 28. April.2020
in Kraft seit 7. November 2020
III. Abschnitt
Besondere Bestimmungen
für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
§ 26
Auftrag
(1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen
Angebotsprofil entsprechen.

Und das hier: https://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/user_upload/Rechtsgrundlagen/Gesetze_Staatsvertraege/Medienstaatsvertrag_MStV.pdf

Lanz ist Unterhaltung, wie die Hitparade der Volksmusik und die Peinlichkeiten der Kebekus. Wer’s nicht will, schaut tagesschau24 oder Phoenix oder was weiss ich…

Last edited 1 Jahr zuvor by Suzie Q
flurdab
flurdab
Reply to  Suzie Q
1 Jahr zuvor

Tja, was soll man sagen?

Wenn ich in einem Restaurant ein Wiener Schnitzel bestelle, aber ein Schnitzel Wiener Art bekomme, liegt Betrug vor.

Wenn ich eine TV- Sendung präsentiert bekomme in der Politiker, „Journalisten“ und „Influenzer“ auftreten, ohne zu singen, zu tanzen oder zu jonglieren kann leicht der Eindruck entstehen, es handelte sich um ein politisches Format.

Am einfachsten wäre es „Dauerwerbesendung“ einzublenden.
Im Gegenzug könnte man dann bei den Sendungen, die dem Zweck der Meinungsbildung dienen, „Meinungsbildungsendung“ einblenden.
Wobei hier nochmals unterschieden werden muss zwischen „Meinung die übernommen werden darf“ und „Diskussionsangebot zur Bildung einer eigenen Meinung“.
Jedoch nie „Meinung die einfach übernommen werden muss“, denn das widerspräche ja der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, und das darf nicht sein.

Dann hätte der Konsument eine reale Chance seiner selbstverschuldeten Verwirrung zu entfliehen.

Denn wir wissen ja, am Schluß ist immer der Verbraucher selber Schulz.
Für alles…

Tim
Tim
1 Jahr zuvor

Was die Frau in der Lanz-Sendung gesagt hat, war ja auch ausgemachter Quatsch. Als wenn es Putin jemals um „Sicherheitsgarantien“ gegangen wäre oder als wenn die Atommacht Russland welche nötig hätte.

Putin selbst hat doch zuletzt selbst gesagt, dass es darum geht angeblich russisches Gebiet „zurück zu holen“.

Schwitzig
Schwitzig
Reply to  Tim
1 Jahr zuvor

Hallo Sukram.

Tyler Durden Volland
Tyler Durden Volland
Reply to  Tim
1 Jahr zuvor

Erzähl uns mehr…
Du warst doch dabei, oder?

Freu dich doch einfach… du gehörst zur Mehrheit. Du kennst das doch sicher aus den Zombie Filmen, wer dazu gehört, hat nichts zu befürchten, und die Nachteile des Zombie Daseines merkt man ohne hirn sowieso nicht mehr.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Tim
1 Jahr zuvor

@Tim

Als wenn es Putin jemals um „Sicherheitsgarantien“ gegangen wäre oder als wenn die Atommacht Russland welche nötig hätte.

Wie lange ist die Flugzeit einer Rakete von der ukrainischen Grenze bis nach Moskau und wie kurz die Vorwarnzeit?

Und hat Selensky nicht auf der Münchner Sicherheitskonferenz nach Atomwaffen verlangt, indem er mit der Kündigung des Budapester Memorandums drohte?

Zieh dir die Schlafmütze über die Ohren und leg dich wieder ins Bett.

Tim
Tim
Reply to  Robbespiere
1 Jahr zuvor

Wie lange ist die Flugzeit einer Rakete von der ukrainischen Grenze bis nach Moskau und wie kurz die Vorwarnzeit?

Exakt genau so lange, wie von Lettland aus oder von einem Flugzeug, dass in der Ukraine fliegt. 🤦‍♀️

wschira
wschira
Reply to  Tim
1 Jahr zuvor

Du kannst davon ausgehen, mein Bester, dass Russland Stationierung von Atomwaffen im Baltikum nicht tatenlos zusehen würde.
Im Übrigen, ein anderer Forist bezeichnet Dich als „Sukram“. Stimmt die Bezeichnung? Vom Duktus her würde es hinkommen.

Tyler Durden Volland
Tyler Durden Volland
1 Jahr zuvor

Wer nach zweimaligem Ansehen von Sabine Christiansen immer noch solche Sendungen glotzt ist selber Schuld.
Ausserdem weise ich jetzt zum dritten mal daraiuf hin, dass man mit solchen Moderatoren auch ganz anders umgehen kann, als Guerot. Gut gemeint ist nun mal das Gegenteil von gut. Und dass Dohnani bei Maiuschberger gezeigt hat, wi man mit Dummheit umgehen muss.

Heutzutage sollte man einige Dinge kapiert haben. Der ÖRR ist eine staatstragende Institution. Wem das nicht gefällt, der sollte eine Partei wählen, die das ändern will. Wenn es sowas nicht nicht gibt, dann sollte er sich an den Gedanken gewöhnen, dass er träumt, wenn er glaubt er lebe in einer Demokratie. Besonders witzig sind die, die meinen sie könnten das ändern, aber im Prinzip nur zeigen wollen was sie doch für gute Menschen sind…

Der ÖRR ist ja nicht gerade das einzige was in DE falsch läuft. Wir sehr viel grössere Probleme. Wir haben da eine kollabierende Wirtschaft, aber welche Konsequenzen man ziehen sollte, BEVOR man die Miete nicht mehr bezahlen sollte, ist ja unbedeutend im Vergleich zu einem korrupten Leute Verdummer wie Lanz!
Für die die es noch nicht gemerkt haben, wir haben auch ein Bundes Verfassungs Gericht, dessen Aufgabe es wäre die Grundrechte der Bürger zu schützen. Und was machen die Herrschaften? Sie dinieren vor bedeutenden Entscheidungen mit den Regierungsmitgliedern und schützen dann mit ihren Urteilen die Regierungspolitik…

Aber Lanz ist ein Problem, weil Guerot nicht mit sechs Clowns fertig geworden ist….
Naja….

Corinna
Corinna
Reply to  Tyler Durden Volland
1 Jahr zuvor

Dass es „größere“ Probleme gibt, heißt ja nicht, dass man nicht auch über „kleinere“ schreiben und diskutieren kann. Den meisten der Mitleser hier sind die „größeren“ bekannt und sie wissen, was in Deutschland schiefläuft, darüber wurde im Anhang vieler Blogtexte schon diskutiert. Und wie ein Herr Lanz mit seinen Gästen umgeht, kann da ruhig als Thema mal mit dabei sein. Genau dieses Verhalten und die Reaktionen hinterher sagen nämlich viel über unsere Gesellschaft und unser Miteinander aus.

Jel
Jel
Reply to  Tyler Durden Volland
1 Jahr zuvor

„Wer nach zweimaligem Ansehen von Sabine Christiansen immer noch solche Sendungen glotzt ist selber Schuld.“

Mit dieser Arroganz gehe ich noch mit.

Alles Folgende ist mir dann doch zu selbstgefällig.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Jel
1 Jahr zuvor

@Jel

Alles Folgende ist mir dann doch zu selbstgefällig.

Wie begründest du das?

Oder anders gefragt:

Wie muss man sein, um nicht als sebstgefällig zu gelten?

Tyler Durden Volland
Tyler Durden Volland
1 Jahr zuvor

Wer glaubt, die dummheit der bei Lanz eingeladenen sei das Problem bei den ÖRR, dem sei dieser Artikel empfohlen. SO ETWAS, ist ein wirkliches Problem:

https://www.nachdenkseiten.de/?p=84804

Suzie Q
Suzie Q
Reply to  Tyler Durden Volland
1 Jahr zuvor

Und? Hast du deine Einschätzung an die Redaktion der Nachdenkseiten geschickt? Fake oder Fail? Gibt es schon eine Auswertung? Wie ist das Resultat? 78% der Nachdenkseitenleser, die sich die Mühe gemacht haben, an die Redaktion ihre Einschätzung zu mailen waren dafür? Nein, dagegen? Wie war dein Votum?

Du hast vollkommen recht: „SO ETWAS, ist ein wirkliches Problem.“
Aber wirklich!

Last edited 1 Jahr zuvor by Suzie Q
Schwitzig
Schwitzig
Reply to  Suzie Q
1 Jahr zuvor

Er hat tatsächlich recht. Bei den GEZ-Medien ist das Problem Programm. Wie z.B. der Teddybärukrainer, bei dem unsere Qualitätsmedien den Vorgang durch geschickten Schnitt so präsentiert haben, dass das exakte GEGENTEIL der Realität abgebildet wurde. Die GEZ-Medien machen so etwas nicht aus Inkompetenz, sondern aus Kalkül.
Und es wirkt: Der neue Sportpalastmichel schluckt mittlerweile alles, friert und stinkt für die USA – ups, Ukraine – und gröhlt jetzt Slawa Ukraini und ein zünftiges „Jaaaa“, welches auch einem Goebbels gefiele.

Tyler Durden Volland
Tyler Durden Volland
Reply to  Schwitzig
1 Jahr zuvor

„Der neue Sportpalastmichel schluckt mittlerweile alles“… und wie so mancher Kommentar zeigt, hast du damit traurigerweise leider Recht.
Sieht man ja an den Kommentaren, erfreulicherweise nur an wenigen.
Es ist dies die Veränderung die wir Social Media verdanken. Die Massenmenschnelieben es, denn ausser dort werden sie ja nirgends auch mal gelobt.. für die Nach-Plapprei der angelernten Phrasen.

Die Talkshows sind nur ein Symptom. Die Krankheit die sie ermöglicht ist die Verblödung der Massen. Es macht nicht den geringsten Untershcied ob du sie anschaust weil sie dich bestätigen oder weil du dich dann entrüsten kannst.

Und letzteres auszusprechen ist halt genau das, was unsere Gut-Menschen nicht hören wollen.