Essen ist da!

Trinkgeld per App statt bar auf die Hand? Was aus Gründen der Kontaktbeschränkung etabliert wurde, verfestigt nur die Entfremdung und fehlende Wertschätzung für getane Arbeit. Aber so eine Haltung sind Pizzaboten und Co. leider ohnehin gewohnt.

Hierzulande gibt man sein Trinkgeld freiwillig, nach eigenem Bemessen. In den Vereinigten Staaten ist es Teil der Rechnung, man darf mehr geben – aber nicht weniger. Lieferando hat zwar das Trinkgeld nicht verpflichtend gemacht – das ginge rechtlich betrachtet ja auch nicht. Aber die App der Lieferplattform hat den Trinkgeldprozess automatisiert. Wenn man bestellt, öffnet sich am Ende ein Fenster und man kann zwischen sich am Endpreis orientierenden Trinkgeldern wählen. Dieser Modus wird mit Corona erklärt: Kontaktlose Lieferung sei jetzt schließlich geboten.

Dummerweise protestierten aber neulich die Lieferanten. Das Unternehmen hätte ihnen die digitalen Trinkgelder nicht zukommen lassen. Offenbar sei dieses »Missverständnis« aus der Welt geschafft, sagt das Unternehmen, einen Versuch war es vermutlich dennoch wert. Was aber bewegt eigentlich Menschen dazu, Trinkgelder nicht dem zu geben, der die Dienstleistung verrichtet? Wie kann man so undankbar sein? Reicht da Corona als Erklärung? Die Tendenzen, Dienstleistungspersonal wie lästige Fliegen zu behandeln, sind nicht neu. Aber dank Corona kann man sie jetzt ungeniert ausleben. Der Pizzabote hatte nie einen guten Ruf …

Ich, der Pizzabote: Ein Hanswurst in allen Gassen

Ich weiß das. Weil ich selbst mal einer war. Ja, ich habe Leuten Pizza gebracht. In Villenviertel – und in Hochhaussiedlungen. Wurde ich wertgeschätzt? In ganz seltenen Fällen sicher. Es gibt ja immer auch nette Menschen. Aber das waren Einzelfälle. Wenn man fragen würde, wo sind Kunden netter: Im feinen Stadtteil oder im Brennpunkt? Meine Antwort wäre: Nirgends. In ihrer Geringschätzung gleichen sie einander. Reiche und Arme sind als zahlende Kundschaft gleich, der Dienstleister ist für sie ein Untergebener. Sie unterscheiden sich bestenfalls in ihren Umgangsformen und welche Klamotten sie tragen, während sie sich in Verachtung üben.

Vorfahren, im Halteverbot halten (mangels ordentlicher Parkmöglichkeiten), an der Tür den Namen suchen – und dann nicht finden. Das ist Tagesgeschäft. Kunden kennen oft nicht mal ihre eigene Adresse. Sie wohnen nicht in der 22 sondern in der 26 – der Pizzabote soll das aber selbst erahnen, das sei schließlich sein Job. Dann stellt sich heraus, dass die 26 ein Hochhaus ist – eines, in dem der Aufzug außer Betrieb ist. So wie das Klingelschild angebracht war, muss man mit dem Schlimmsten rechnen: Sechster, siebter oder achter Stock. Nun hat man die Wahl: Von Etage zu Etage gehen und suchen – oder nochmals klingeln und fragen, insbesondere hoffen, dass der Kunde sagt, er käme mal eben runter. Was aber nie vorkam. Nicht zu vergessen, dass man die Hände voll hat, wenn es blöd läuft vier Pizzen und obendrauf noch drei Nudelgerichte. Alles will aufrecht gehalten werden, Kunden wissen es nämlich nicht zu schätzen, wenn der Belag der Pizza sich einseitig sammelt, weil man das Ding schief hielt – will sagen: Da geht man effektiv mit Schritten und Laufwegen um.

Die Befürchtung bestätigt sich letztlich, man muss ganz hinauf. Man schnauft, ächzt – die letzten Etagen gehen in Zeitlupe. Oben angekommen steht ein Typ in Boxershorts und Feinripp-Unterhemd. Er ist angefressen, weil es so lange dauerte zwischen Klingeln und Abliefern an der Haustür. Wenn man Glück hat, sagt er nichts, guckt nur sauer. Hat man Pech, macht er einem Vorwürfe, die man dann schroff kontert, die einem aber der Chef um die Ohren haut. Denn unfreundliche Boten werden gnadenlos angeschwärzt. Trinkgeld? Der Typ rundet auf, zehn Cent gehören mir extra zu meinem Lohn – damals arbeitete ich nich ohne »Mindestlohngarantie«.

Kontaktlose liefern: Corona macht wahr, wovon Soziopathen träumten

Glück zudem: Der Mann hatte es einigermaßen passend. Kein Hunderter, mit dem er seinen Betrag entrichten möchte und auf den ich nicht eingestellt wäre. Außerdem wurde er nicht übergriffig, trug keinen Morgenrock, lebte nicht in einer Wohnhöhle, deren Flokati im Eingangsbereich neugierig macht, nur um sich danach als mit Katzenfell übersäter PVC erkennen zu geben. Oder da war auch noch die junge Frau, die mir im Slip und zu engen BH öffnete und mir offenbar laszive Blicke zuwarf. Ungern fuhr ich in die Marihuana-Höhle zweier junger Kerle. Nicht, weil sie mir total bekifft öffneten, sondern weil die so high waren, dass sie mir nie Trinkgeld gaben.

Für die Großzahl der Kunden war ich ein Ärgernis. Ich war freundlich – jedenfalls freundlich genug. Zuverlässig ohnehin. Im Gegensatz zu meinen Kollegen war ich damals ja schon knapp dreißig Jahre alt. All die anderen, die für den Laden ausfuhren, waren eben noch Kinder gewesen, Fahranfänger, waren im Umgang mit Mitmenschen noch recht unerfahren. Trotzdem ging ich der Kundschaft auf den Sack. Einfach nur weil ich da war. Das spürte man sehr wohl. Oh, natürlich wollten sie ihren Kram vor die Tür bekommen, sich selbst nicht bewegen müssen. Aber der Umstand, dass das Zeug nicht ohne menschlichen Kontakt zu ihnen gebracht werden konnte, schien sie beunruhigen. Wer vom Sofa aus Essen ordert, entwickelt ganz offenbar eine soziopathische Störung – man will so einen Fremden vor der Haustür nicht haben. Er könnte ja Umstände machen. Und die macht er dann ja auch, wenn er zu lange im Treppenhaus braucht, kein Wechselgeld dabei hat oder nicht scheißfreundlich genug einen guten Appetit wünscht.

Neu ist das nicht. Gesinde wurde zur herrschaftlichen Zeit stets zum Hinterausgang gelotst. Manche Häuser hatten in den Wänden geheime Gänge für das Dienstpersonal. Das sollte bitte bloß seine Arbeit machen, aber nicht durch Existenz stören. Amazon hat diesen Drang nach körperloser Arbeit im haushaltsnahen Bereich erkannt. Vor einigen Jahren warb man mit der Amazon Key-Methode. Amazonlieferanten würden Zugang in die Wohnungen der Besteller erhalten und dort die Ware ablegen. Man müsse als Kunde nicht mehr warten, gar nicht erst daheim sein. Einfach gesagt: Man müsste dem Boten nicht mehr begegnen.

App und Mensch oder Der Uber-Mensch

Viel hat man von dieser Methode nicht mehr gehört. Vermutlich überwiegt die Angst davor, jemand Fremden in seiner Wohnung zu wissen, während man am Arbeitsplatz oder im Fitness-Studio ist. Die Tendenz hat das Onlineunternehmen aber trotzdem richtig erkannt: Soziale Kontakte knüpft man in sozialen Netzwerken. Hie und da auch im realen Leben, beim Job oder unter Nachbarn etwa. Nicht aber, wenn man eine Dienstleistung in Anspruch nimmt. Der Uber-Mensch liebt die Anonymität, er möchte sich nicht unterhalten, nicht mal plauschen. Der Mensch, der etwas für ihn tut, ist ihm suspekt. Optimistisch könnte man von ihm behaupten, dass er sich schämt, die Arbeit seines Mitmenschen in Anspruch nehmen zu müssen. Realistisch steckt dahinter sicher etwas anderes: Entfremdung nämlich

Achso, ja, das war kein Schreibfehler – hier fehlen keine Pünktchen über dem U. Das mit dem Übermenschen, das war Nietzsche. Für ihn war der fortschrittliche, der technologische Mensch eben genau das, die nächste Stufe. Die Nazis haben seine Philosophie später mit der fleißigen Hilfe seiner Schwester Elisabeth anders gedeutet – und dem Philosophen damit großes Unrecht angetan. Er meinte es hingegen ein bisschen so wie Harari, als er vom Homo Deus sprach und schrieb. Der Uber-Mensch ist bestenfalls die logische Konsequenz des High-Tech-Übermenschen. Ein Plattformnutzer, der Dienstleistung nicht als Menschenwerk ansieht, sondern als Anordnung von Logiken, als Algorithmus, als etwas was man im Abstraktum des Nets bestellt.

Der Mensch, der am Ende des gesamten Prozesses steht, jener der den letzten Handschlag tut und zustellt, wird als Getriebeteil, als Partikel eines an sich abstrakten Vorgangs betrachtet. Als ich seinerzeit Pizza ausfuhr, bestellte nur eine Minderheit über Internet, Lieferando gab es noch gar nicht. Dennoch existierte dieses dumpfe Gefühl des Gestörtwerdens schon damals. Als Lieferant spürt man das deutlich. Ein gutes Trinkgeld entschädigte – wenigstens ein bisschen. Geld übernimmt hier bizarrerweise einen Akt der Zwischenmenschlichkeit, einen Moment des Sichannäherns an jenen Nächsten, der etwas für mich tut. Wer das Trinkgeld online anweist, der gibt diesen einen letzten Rest Menschlichkeit auf. Der leistet der Entmenschlichung Vorschub.

Diesen Beitrag ausdrucken

Roberto J. De Lapuente

Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

Unterstütze uns und hilf dabei, die neulandrebellen besser und wirkungsmächtiger zu machen
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

34 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Carlo
Carlo
3 Jahre zuvor

Mit der »Wertschätzung« eines anderen Menschen oder dessen Tätigkeit in Geld (egal ob bar oder unbar) hat die Entmenschlichung bereits ihren Anfang genommen. Auch Sklaven wurden »wertgeschätzt« bevor man den Preis verhandelte.

Aber ich weiß: »Das ist ja heute ganz was anderes. »Wir« sind ja so aufgeklärt, zivilisiert und humanistisch. Und: Alle machen das so. Wie soll man sonst die Wirtschaft organisieren?«

ChrissieR
ChrissieR
Reply to  Carlo
3 Jahre zuvor

…guude…ich kenn das auch…früher, als ich Anfang der 80er ab und zu auch Ausflugs- und Reisebusse fuhr gabs oft gutes Trinkgeld, die Leute haben geklatscht wenn ich die richtige Mukke drin hatte oder ne besonders krasse Passstrasse gekurbelt hatte.
Im Linienbus gab es früher mal ein nettes Wort oder im Winter paar Hustenbonbons oder so..die Leute waren besser drauf.
In den letzten Jahren war ich schon fast erschrocken, wenn jemand beim Einsteigen gegrüsst hat! Meistens bekam ich wortlos das Geld auf den Zahltisch geknallt, dass ich oft das Kleingeld aus dem Fussraum fischen musste..
Den Mund machten die nur auf, wenn ich Verspätung hatte!

Ich würde keinen Job mit Menschenkontakt mehr machen…lieber Betonlaster fahren oder wenn schon Menschen, dann Leichenwagenfahrerin!!

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  ChrissieR
3 Jahre zuvor

oder wenn schon Menschen, dann Leichenwagenfahrerin!!

Die klatschen aber auch nicht nach der krassen Passstraße zum Bergfriedhof und Trinkgeld……..Das letzte Hemd hat keine Taschen. 🙂

Pen
Pen
Reply to  ChrissieR
3 Jahre zuvor

@Chrissie

Schön, was Du da erzählst. Was ist bloß passiert mit den Menschen? Seit wann geht das so?

Heldentasse
Reply to  Carlo
3 Jahre zuvor

Aber ich weiß: »Das ist ja heute ganz was anderes. »Wir« sind ja so aufgeklärt, zivilisiert und humanistisch. Und: Alle machen das so. Wie soll man sonst die Wirtschaft organisieren?«

Dieser Ansatz ist hinter dem Meinungs-Horizont, weil dies die pöse Frage nach dem System stellt.

Man bekommt ja auch keine Pizza geliefert, weil man Mensch ist, sondern Konsument.

Carlo
Carlo
Reply to  Heldentasse
3 Jahre zuvor

Die meiner Meinung nach passende Antwort wurde schon gegeben:

»… Wenn der Mensch zur Sache wird, ist er tot, auch wenn er – physiologisch gesehen – noch lebt…«

Erich Fromm: Zur Ökonomisierung des Menschen

Heldentasse
3 Jahre zuvor

Nur meine zwei Pfennige: Jetzt aber mal ehrlich, sind die im Artikel von Roberto aufgeführten (m.E.) Missstände etwa neu? Gibt es das grundsätzlich spätestens seit der Industrialisierung andere Erkenntnisse, die nicht schon der olle Herr Marx auf dem Radar hatte.

Finden wir uns damit ab, der Mensch ist da wo es um die monetäre Wurst geht, nur ein Kostenfaktor, den die die Profit sehen wollen oder gar müssen, nur hinnehmen weil wenn es nicht anders, d.h. profitabler, funktioniert. Klar in Sonntagsreden hört sich das anders an, und ab und an, wenn man Glück hat, gibt es echte Wertschätzung für menschliche Arbeit. Aber evtl. sind das auch nur Moorrüben die sie einem vor die Nase halten, wie bei Eseln die schneller laufen sollen.

Das das so abläuft, wie es gerade eben so abläuft hat mindestens zwei Seiten, wahrscheinlich sind sogar die meisten Pizzaboten der festen Überzeugung, das sie in der besten aller möglichen Welten leben. 😛

Heldentasse
Reply to  Roberto J. De Lapuente
3 Jahre zuvor

Die Frage ist nun, gibt es einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel? Oder kann/ darf man verbeamtete Staatsdiener, das waren Postboten Anno 1972 noch, mit den modernen Knechten von heute vergleichen?

Oder werden hier die Ebenen verwechselt, bzw. warum gibt es die Ebenen der Menschlichkeit und die das Konsumenten/ Lieferanten/ Produzent überhaupt?

Hat das ganze System? 😛

Erich Fromm – Die seelischen und geistigen Probleme der Überflussgesellschaft

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Heldentasse
3 Jahre zuvor

Die Frage ist nun, gibt es einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel?

Ich denke schon.

1972 gab es Vollbeschäftigung und damit auch Teilhabe, unter tarifvertraglich und sozial gänzlich anderen Bedingungen als heute.
Arbeitslosigkeit war eine Marginalie und währte in der Regel nicht lange.

All dies wurde spätestens seit Kohl/Lambsdorf aufgebrochen und statt dessen der Individualismus, die Eigenverantwortung und damit die Ellenbogen-Gesellschaft in neoliberaler Gesinnung postuliert.

Rot-Grün hat mitsamt der in die SPD eingemeindeten Gewerkschaften der solidarischen Gesellschaft den Rest gegeben und die Union führt mit unterschiedlichen Regierungspartnern diesen Kurs konsequent fort, bzw. hebt ihn sogar auf eine höhere, supranationale Ebene ( siehe EU ).

Von daher wundert mich dieses abschätzige Verhalten nicht im Geringsten.

Felix Wilhelmi
Felix Wilhelmi
Reply to  Robbespiere
3 Jahre zuvor

Sicher könnten noch mehr Staatsauufgaben privaten Trägern übertragen werden, wäre toll

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Felix Wilhelmi
3 Jahre zuvor

@Anton

Dämlicher Troll

Felix Wilhelmi
Felix Wilhelmi
Reply to  Robbespiere
3 Jahre zuvor

Beleidige ich Dich grundlos, Vordemokrat?

Pen
Pen
Reply to  Felix Wilhelmi
3 Jahre zuvor

Achtung Troll, ein besonders dämlicher.

Pen
Pen
Reply to  Roberto J. De Lapuente
3 Jahre zuvor

Hihi, sehr schön. :- )))

Pen
Pen
Reply to  Robbespiere
3 Jahre zuvor

@Rob,

eingeführt hat das Maggie Thatcher, die „Krämerstochter“… vor allem die Privatisierungen, Ende der 70ger Jahre.

Heldentasse
Reply to  Robbespiere
3 Jahre zuvor

Moin Rob,

der Bimbeskohl und der Graf, sowie die Sozen und später die Grünen, haben ihren Anteil an der Misere, aber klar ist auch, die konnten nur so handeln wie sie es taten, weil die Zeit dafür reif war! Nach Jahren relativen Wohlstand, einem Schuss unsolidarischer Ellenbogengesellschaft, und einigen anderen Fehlschlüssen beim sogn. „kleinen Mann“ hatten die es extrem leicht mit ihrer neoliberalen Agenda.

Mein Ergo: Das 1% Elite kann nur herrschen weil die anderen 99% sich in ihrer Rolle als Beherrschte angerichtet haben, bzw. gar nicht erkennen was da läuft. Mittlerweile bin ich sogar auf dem Trichter, dass es gar keinen Sinn machen würde, ohne geistigen Wandel, die Eliten zu wechseln.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Heldentasse
3 Jahre zuvor

Mein Ergo: Das 1% Elite kann nur herrschen weil die anderen 99% sich in ihrer Rolle als Beherrschte angerichtet haben, bzw. gar nicht erkennen was da läuft. Mittlerweile bin ich sogar auf dem Trichter, dass es gar keinen Sinn machen würde, ohne geistigen Wandel, die Eliten zu wechseln.

Da liegst du ziemlich richtig.
Die Diskussionen, die ich so führe, lassen mich oft auch verzweifeln.
Einige kapieren, was schief läuft, die Meißten aber nicht.

Ein Austausch der Eliten bringt nichts, wenn weiterhin das System so bestehen und die Mehrheit von Mitbestimmung ausgeschlossen bleibt.

Der Gestank verschwindet nicht, nur weil man dem Deckel der Güllegrube einen neuen Anstrich verpasst, egal ob Schwarz, Rot Gelb, Grün oder Blau. 🙂

aquadraht
aquadraht
Reply to  Heldentasse
3 Jahre zuvor

Es gibt einen Unterschied. 1972 gab es das sozialistische Lager noch und war Kapitalismus nicht als „alternativlos“ angesehen wie auch von Roberto. In Konsequenz konnte man den Werktätigen nicht so ins Gesicht spucken und in den Arsch treten wie heute.

Heldentasse
Reply to  aquadraht
3 Jahre zuvor

Für F und besonders I mag das zutreffen, aber für D???

Da glaube ich lieber an die Geschichte, dass die BRD ein Frontstaat, und garantierter Kriegsschauplatz gewesen wäre, wenn denn der kalte Krieg plötzlich heiß geworden wäre. D.h. der „Pöbel“ wurde noch gebraucht als Kanonenfutter, und musste bei Laune gehalten werden.

Außerdem war die BRD das Schaufenster des Westens, und musste auch deshalb gut dastehen, alleine schon um die Überlegenheit der Marktwirtschaft zu zeigen.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Heldentasse
3 Jahre zuvor

Außerdem war die BRD das Schaufenster des Westens, und musste auch deshalb gut dastehen, alleine schon um die Überlegenheit der Marktwirtschaft zu zeigen.

Das dürfte wohl der zentrale Punkt gewesen sein.
Deswegen wurde der Wohlfahrtsstaat ja auch nach dem Zusammenbruch des einstigen Systemgegners Stück für Stück wieder zurückgenomen.
Der Kapitalismus hat es nicht mehr nötig, im sozialen Tütü aufzutreten.

aquadraht
aquadraht
Reply to  Heldentasse
3 Jahre zuvor

Ich sehe da den Widerspruch nicht. Natürlich war die BRD Frontstaat. Und sie war auch „Schaufenster“. Das traf bis zu einem gewissen Grad auch auf F und I zu, wo es obendrein noch aktivere soziale Bewegungen gab (und gibt).

Unter den Bedingungen der Systemkonkurrenz hätten sich auch Schröder und Fischer nicht leisten können, den „besten Niedriglohnsektor Europas“ zu schaffen.

Felix Wilhelmi
Felix Wilhelmi
Reply to  Roberto J. De Lapuente
3 Jahre zuvor

Postbote war kultiig, Schaltertussi war oftmals dumme Pute, welche Bürger nicht achtete, Spuk der Beamtenpost eh vorbei

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Felix Wilhelmi
3 Jahre zuvor

@Anton

Und was ist heute besser, wo die Post seltener kommt, der Briefkasten seltener geleert wird, die nächste Postfiliale oft weit weg liegt, die Preise trotz schlechterem Service trotzdem gestiegen sind und irgendwelche Aktionäre die Gewinne in ihre Tasche stecken undder Steuerzahler für die Arbeitslosen bezahlen muss, weil jedes Privatunternehmen mit möglichst wenig und billigem Personal operiert?

D musst doch vom Affen gebissen sein, wenn du nicht mal merkst, was deine Nacteile bei der ganzen Privatzisierung sind.

Felix Wilhelmi
Felix Wilhelmi
Reply to  Robbespiere
3 Jahre zuvor

Der Postbote was meist kultiig, das Schalterpersonal ziemlich dreist- sind die heute noch, aber wenigstens nicht mehr für lau mit weltweit einmaligen Privilegien!
Service beim Staat sehen nur Staatsvergötterer, Gewinne gehören zumLeben oder backt derKonditormeister für umsonst !?
Der Staat vergöttert sein Personal, der Bürger ist weniger wert
Fairerweise muss man sagen, es treffen verschiedene Ideologien aufeinander !

Felix Wilhelmi
Felix Wilhelmi
Reply to  Robbespiere
3 Jahre zuvor

Es ist nicht Aufgabe von Privaten, nach der Privatisierung Alles beim Alten zu lassen! Weder Eure noch meine Einstellung zum Thema ist mehrheitsfähig, also , was soll es!?

Felix Wilhelmi
Felix Wilhelmi
Reply to  Felix Wilhelmi
3 Jahre zuvor

Ich gebe zu, dass ich deutlich weniger Staatspersonal möchte, gerade mit Pensionsanspruch, Ihr wollt nicht zugeben, dass Ihr praktisch keine Unternehmerschaft haben wollt!, sondern der dubiose Moloch Staat soll alles regeln

Pen
Pen
Reply to  Roberto J. De Lapuente
3 Jahre zuvor

Wenn ich mal bei amazon bestelle, kommt manchmal HERMES. Die Boten sprechen oft kein Wort Deutsch. Wenn sie Zeit haben, erfahre ich, daß sie aus Lettland o.ä. kommen. Aber meist stehen sie enorm unter Zeitdruck, und wirken erschöpft und verschwitzt, so, als hätten sie gar nicht oder in dem Lieferwagen geschlafen. Die tun mir echt leid. Mein zwei EUR Stück wird ihr Leben kaum ändern können. Eine Schande ist das, und die Firma Hermes ist die Schlimmste.

Heldentasse
Reply to  Pen
3 Jahre zuvor

Die HERMES Knechte sind m.E. ganz arme Menschen. Die bekommen bei uns immer satt Trinkgeld! Ich glaube es geht aber noch schlimmer, der Name dieses Sklaventreibers fällt mir aber gerade nicht ein.

niki
niki
Reply to  Heldentasse
3 Jahre zuvor

GLS ist nach meinen Kenntnissen wohl noch schlimmer… Aber im Prinzip nehmen die sich alle nicht viel… Ein verdammte Drecksscheiße. Diese Arbeitsverhältnisse gehören abgestellt.

Ich würde gerne ein paar Euro mehr für ein Paket latzen, wenn denn die Paketboten direkt von profitieren täten. So gibt es halt Trinkgeld. Manchmal bin ich mit dem Trinkgeld gar nicht schnell genug, da sprinten die schon zurück zu ihrem Fahrzeug.

Thrombo
Thrombo
Reply to  Heldentasse
3 Jahre zuvor

Gibt es das grundsätzlich spätestens seit der Industrialisierung andere Erkenntnisse, die nicht schon der olle Herr Marx auf dem Radar hatte.

Nein! Und der Inhalt eines so dicken Buches wie „Das Kapital“ wurde auch schon wesentlich kürzer kolportiert. So sagt z.B. Tony Montana in Scarface: Was ist Kapitalismus? Ficken und gefickt werden!

Das sollte man den Kindern gleich nach der ersten Stunde Sexualunterricht, in den Schulen von NRW im neuen Schulfach Wirtschaft ab dem Schuljahr 2019/2020 eingeführt, beibringen. Ich fürchte aber dass da stattdessen der INSM und die Bertelsmannstiftung ihre Hände schützend darüber legen werden.

Defi Brillator
Defi Brillator
3 Jahre zuvor

Menschen sind nur Material. Hitler hatte das perfektioniert und genau darauf läuft es wieder hinaus. Früher gab’s da mal Comedy vom FSR zu. „Fucking the guy from the delivery service is not so nice…. “ Das war aber schon zu Vorwendezeiten. Jede größere deutsche Firma ist eh die heimische Variante der Colonia Dignidad. Das aus gutem Grund. Etwas was der Deutsche noch nicht vom großen Bruder übernahm, ist der Leitsatz: „Never fuck in your Job! Beim Deutschen bleibt das immer andersrum. Nur keine Sorge!

Heldentasse
Reply to  Defi Brillator
3 Jahre zuvor

Ich glaube, nach einer heurigen Teutschlandreise, dass sie im Osten der Republik nicht selten erfrischend anders sind. Besonders die erlebte Renitenz der Sachsen im Kontext „Maskenpflicht“ hat mir sehr zugesagt.