Stubenmenschen dürfen jetzt auch vorne rein

Pakete von Amazon können künftig direkt im Wohnzimmer des Bestellers abgestellt werden. Das sei eine reine Vertrauensfrage heißt es in der medialen Darstellung dazu. Die eigentliche Frage lautet jedoch: Ist die Dekadenz unsichtbaren Gesindes nicht eigentlich längst Geschichte?

Der neue Hintereingang am Haupteingang

Was haben sich die Zeiten doch geändert. Mein lieber Schwan sind wir liberal. Jetzt lassen wir die Dienstboten nicht nur am Haupteingang klingeln und das Bestellte abgeben – wir lassen sie sogar rein. Klar, die Olle von gegenüber hat das vorher schon so gemacht, hat im Morgenmantel und Schlüppi »mal eben schnell zum Abstellen ins Wohnzimmer« gebeten, aber eigentlich Abschleppen gemeint. Das gab es schon immer. Neuer Plan zur Stunde: Wir lassen den Boten zum Haupteingang rein – wenn wir nicht daheim sind. Amazon will es möglich machen mit einem Amazon Key. Ein digital vernetztes Schloss: Scannen und rein. Mal eben schnell zum Abstellen ins Wohnzimmer. Ohne lästige Schlafrockträgerin im Schlepptau. Oh Fortschritt, du gelobter Liebestöter.

Der Zugang zur Wohnung: Das ist schon so ein bisschen, als würde man das Heiligtum des Individuums beflecken. Immerhin geht es um Privatsphäre und um Vertrauen. Und genau darüber spach man dann auch, als der Amazon Key in der medialen Aufbereitung thematisch erfasst wurde. SPON labelte dann auch mit »Vertrauensfrage« und gab dem kurzen Bericht gleich ein Geschmäckle. Dabei geht es schon um ein bisschen mehr als um Vertrauen. Natürlich ist auch das ein Diskussionspunkt. Aber wenn es rundweg hergestellt würde, wenn man das Misstrauen besänftigen könnte: Ist dann alles angerichtet? Dürfen wir uns dann freuen, weil wir uns alles in unser trautes Heim bestellen können, nur ein bisschen warten müssen und flugs steht es mitten im Zimmer. Mensch, den Dienstboten habe ich gar nicht gehört, als ich am Klo saß. Ist es nicht schön, wenn man zu verrichtende Arbeit nicht mehr sehen muss?

Spätrömische Dekadenz, viktorianischer Snobismus und postdemokratische Dienstleistungsgesellschaft

Unsichtbar seinen Dienst tun, den Herrschaften nicht im Wege stehen, falls man doch mal auf sie trifft, schnell wegblicken, bloß kein Augenkontakt: Das kennt man aus dem viktorianischen England oder dem wilhelminischen Preußendeutschland. Da ging man als Gesinde auch nicht durch die Haustüre – man nahm den Hintereingang, lebte in einer Parallelwelt innerhalb herrschaftlicher Mauern. Ein feiner Mensch von Welt wusste nicht mal genau, wo in seinem Haus Räumlichkeiten für das Personal zu finden waren. Man war doch froh, wenn man seine Ruhe hatte. Deswegen sollte aber trotzdem alles gerichtet sein. Man wollte einfach das gerade benötigte Zimmer betreten und loslegen, entweder essen oder baden und nicht dabei zusehen, wie irgendein Tafeldecker oder Kammerlakai die notwendigen Vorbereitungen verrichtete. Man kannte im Regelfall nicht mal seinen Namen. Es soll Herrschaften gegeben haben, die ihren wechselnden Zofen stets denselben Vornamen verpasst haben, weil ihnen das leichter fiel. Gewohnheitstaufe schützte ja so gut vor Individualisierung.

Spätrömisch dekadent war das alles eher nicht. Die Römer kannten ihre Sklaven. Manche saßen sogar mit am Tisch. Unsichtbarkeit verlangte man von ihnen nicht. Spätrömisch dekadent ist also ein ganz falsches Label, das gewisse Wirtschaftsliberale dem Zeitgeist verliehen haben. Nebenher haben sie es auch noch der falschen Gesellschaftsschicht nachgesagt. Jener nämlich, die man in marxistischer Entlehnung als dienstleistungsgesellschaftliche Reservearmee bezeichnen könnte. Es sind ja vornehmlich Leute aus dem Niedriglohnsektor, Aufstocker und händeringend nach Arbeit suchende Menschen, die sich im neuen Dienstleistungsviktorianismus verdingen sollen. Als pflichtbewusste, schuftende, fleißige und zuverlässige Boten und Lieferanten, als Stubenmenschen wie man damals sagte, die aber bitte ohne Gesicht, ohne menschliches Antlitz dem Kunden Einsatz und Schweiß verkaufen sollen – und wenn alles so klappt, wie man es sich nun ausmalt, dann durch den Hintereingang eines Haupteinganges, der auch zugänglich ist, wenn der Empfänger nicht da ist. Oder wenn er keine Lust hat, diesem lästigen Typen was zu quittieren.

Dann muss man auch keine Zettel an Briefkästen mehr lesen, wie mir neulich mal einer auffiel: »Hallo lieber Briefträger, ich bin nur schnell einkaufen, komme bald wieder. Bitte laufen Sie nicht weg, das Paket das Sie für mich haben, brauche ich dringend.« Aha, dachte ich mir. Da braucht man den Briefträger mal als Menschen, als jemanden, an den man seine Ansprache richten kann. Man muss ja natürlich auch jetzt umgehend einkaufen gehen – weil das Ladenschlussgesetz immer noch zu wenig Spielraum bei den Öffnungszeiten lässt. Da wird der Bote doch wohl Verständnis aufbringen, oder nicht? Aber bitte, lieber Briefträger, sprechen Sie mich morgen nicht mehr an, legen Sie meine Post einfach auf den Wohnzimmertisch. Oder in die dritte Schublade des Sideboards an der linken Wohnzimmerwand. Da soll künftig meine Post hingelegt werden – das können Sie sich doch merken, nicht wahr?

Automatisierungsutopien, die mit menschlicher Ausbeutung enden

In irgendeinen Schwarzenegger-Film von vor zwanzig Jahren geht die Milch, vielleicht auch das Bier aus. Der Kühlschrank registriert das und fragt den Ex-Gouverneur von Kalifornien, der er damals noch nicht wahr: Soll Milch (oder Bier) nachbestellt werden? Bejahte man, schien das Gerät neu bestückt zu werden. Wie genau, das erfuhr man seinerzeit nicht. Dass da wahrscheinlich ein armer Trottel vorbeikommt, der dafür sorgt, dass Gütemenschen ein sorgenfreies Leben haben, in dem man sich nicht auf so Kleinigkeiten wie den Einkauf konzentrieren muss, sieht man ja nie, wenn der menschliche Geist automatisierte Versorgungsutopien entwirft. Man staunt nur und wundert sich, wie schön das alles werden wird. Man glaubt ja auch irgendeinem optimistischen Reflex heraus, dass man zu den Siegern gehört, die von Kühlschränken gefragt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass man aber zu denen gehört, die Kühlschränke neu bestücken, ist gar nicht so niedrig. Versorgungssysteme wie das Gesindesystem funktionierten ja meist so, dass man zur Sicherstellung eines sorgenfreien Lebens für zwei bis fünf Personen, etwa 14 bis 30 Personen benötigte.

Ein Bediensteter, der sich um die kleinen Unannehmlichkeiten eines anderen Menschen kümmert, kommt doch da gar nicht hinterher. Er lebt ja gewissermaßen zwei Leben, muss immer für den Versorgten mitdenken. So ein Versorgungsmanagement braucht mehr Hände und mehr Köpfe. Automatisierung hin oder her. Die kann zwar Bestellungen rausschicken, womit keiner mehr telefonieren oder Bestellscheine ausfüllen muss. Aber einfach neue Milch aus dem Nichts entstehen lassen: Da endet aber jede uns bekannte Logik – dafür fängt genau hier jede uns bekannte Logistik an. Letztlich ist der Automatisierungstraum immer mit menschlicher Ausbeutung verbunden. Einer muss es doch tun. Wir sehen das nur nicht so gerne, wenn Leute schwer arbeiten. Deswegen schauen wir ja gerne nobel weg – und werden uns bald, Amazon Key sei Dank, schnell aufs Klo verkrümmeln, wenn der Postmann nicht mal mehr einmal klingelt. Aber wehe, er schaut in einem Moment, da er sich unbeobachtet wähnt, ein bisschen zu lang auf das gerahmte Foto von Mutter, dann setzt es aber eine Beschwerde und er kriegt einen Eintrag ins Gesindebuch. Achsooo, so ein Büchlein gibt es ja gar nicht mehr. Wir sind eben sehr sehr liberal, fast ein bisschen lax geworden.

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Roberto J. De Lapuente

Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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Heldentasse
Heldentasse
7 Jahre zuvor

Und wo bitte bleibt nach dieser (partiellen) Analyse der neoliberalen gesellschaftlichen Zustände, die m.E. aber so neu auch nicht sind, die Schilderung möglicher Abhilfen derselbigen?

Beste Grüße

Mordred
Mordred
7 Jahre zuvor

Die eigentliche Idee, Pakete bei Abwesenheit in die Bude gestellt zu bekommen, finde ich erst einmal grandios. Allerdings gibts da diverse Probleme in Sachen Datenschutz und co. Wer will bitte den Wohnungszugang der Cloud ermöglichen?

Keine Ahnung wie das bei anderen Empfängern aussieht. Ich sehe Zusteller nicht als Gesinde, sondern meist als arme unterbezahlte Menschen.

P.Rall
P.Rall
7 Jahre zuvor
Reply to  Mordred

Bitte auch Trinkgeld geben, den Toilettenbesuch anbieten, einen Kaffee… -Nein! Nicht du Mordred deine „Frau“ 😉

R_Winter
R_Winter
7 Jahre zuvor

Ach, wer hat dann beim Online-Handel bestellt und den stationären Handel in die Knie gezwungen?
Wer zieht sich mehr und mehr vor dem online-Handel aus?
Nein. Den Großen des online-Handel (Amazon + Co) geht es nicht um billige Blicke in unserer Wohnung – die neuen Systeme (die wir auch noch Kaufen) machen uns in unseren Vier-Wänden gläsern, damit wir im „Lobby-Kapitalismus“ (Flassbeck) besser ausgequetscht werden können.
Nein. Den online-Handel geht es um mehr, denn das Ablegen der bestellten Ware „ist und kann“ selbstverständlich ohne Zutritt zu unserer Wohnung geregelt werden.
Wir sollten die wahren Ziele von Amazon + Co. im Auge haben und nicht mit alten Klischees verdecken.

TaiFei
TaiFei
7 Jahre zuvor
Reply to  R_Winter

„Ach, wer hat dann beim Online-Handel bestellt und den stationären Handel in die Knie gezwungen?“
Mit Verlaub das ist Propaganda. Der stationäre Handel in Europa hat sich selbst in aus katapultiert. Der Online-Handel füllt inzwischen die Qualitätslücke wieder auf. Ein Blick nach Japan entlarvt doch diesen ganzen Amazon-Bashing-Quatsch. Konsumieren die Japaner etwa nicht? Nutzen die Japaner etwas kein Online-Handel? Dennoch hat sich dort bis heute eine vielfältige Einzelhandelskultur erhalten, die bis in die Suburbs reicht. Ich SO-Asien, China und Korea sieht es kaum anders aus.

trackback

[…] Frage lautet jedoch: Ist die Dekadenz unsichtbaren Gesindes nicht eigentlich längst Geschichte?Weiterlesen bei den neulandrebellen Lesen Sie auch: Wir Opfer Der IS hat nun auch Ziele im Iran angegriffen. Viele Berichte dazu gab […]

ChrissieR
ChrissieR
7 Jahre zuvor

Ich muss grad lachen, weil ich daran denke, was mir vor paar Jahren mal mit „Luftpost“ passiert ist: Ich hatte Nachtschicht, war also noch am Pennen, als der Paketbote eine Sendung teils antiquarischer Bücher einfach über den Zaun in unseren Hof geworfen hat. Unser Hund fand das neue Spielzeug sehr geil…leider waren die Bücher danach dezent zerfleddert…
Übrigens keine Amazon-Lieferung, bei dem Ausbeuterverein kaufe ich eh nix…

Heldentasse
Heldentasse
7 Jahre zuvor
Reply to  ChrissieR

Übrigens keine Amazon-Lieferung, bei dem Ausbeuterverein kaufe ich eh nix…

Welcher „Verein“ beutet dann seine abhängig Beschäftigten nicht aus? Oder anders herum gefragt, kann das was wir Marktwirtschaft nennen überhaupt ohne Ausbeutung funktionieren?

Beste Grüße

ChrisA
ChrisA
7 Jahre zuvor
Reply to  Heldentasse

Wenn man in jedem Angestelltenverhältnis eine Ausbeutung sieht, in der vollständigen Selbstständigkeit eines jeden aber eine Überforderung, was genau ist dann nochmal die weder ausbeutende, noch überfordernde Lösung?

Mich nervt am Terminus „ausbeuten“, wohlgleich er einige Angestelltenverhältnisse UND Selbstständigkeiten korrekt beschreibt, dass er a) generell klingt, obwohl er nur bedingt zutrifft und b) Menschen zu Opfern erklärt ( wegen a)! ), die sich selbst nie so gefühlt haben, sondern durchaus bewusst die „Annehmlichkeiten“ ihres Status genießen ( damit meine ich ganz konkret ein Angestelltenverhältnis, das sowohl von Risiken wie auch von Gewinnbeteiligungen gleichermaßen befreit ).

Das ist so ein Sprachgebrauch von links, der keine breiten Wählerschichten hinterm Ofen hervorholt – wer lässt sich schon gerne zum Ausgebeuteten erklären, obwohl er bis dato das Gefühl hatte, im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ein Verhältnis eingegangen zu sein, dass seinen Bedürfnissen am ehesten entspricht? Dem Welterklärer hustet man lieber was.

Eine Synthese aus Ausbeutungsverhinderung und Selbstverantwortung ist etwas, was hier im Blog und anderswo schon zigmal durchgekaut wurde: Soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit die keinen Sanktionen unterliegt. Wer sich ausgebeutet fühlt, kann dann bei kleinem Risiko die Ausbeutung beenden. Kombiniere das ganze dann noch mit einem Mindestlohn in nennenswerter Höhe. Das wäre eine Gesellschaft mit deutlich gestärkten Bürgern und deutlich geschwächten Unternehmen – nach obiger Definition dennoch eine Ausbeutergesellschaft. Deshalb finde ich, dass dieses Wort gute linke Konzepte schwächt.

Ziggezagge
Ziggezagge
7 Jahre zuvor
Reply to  ChrisA

Leider gibt es viele Niedriglöhner, die teils noch Zuschüsse vom Amt beziehen, die lieber glauben, dass sie nicht ausgebeutet werden, weil sie sich dann selber nicht als Opfer sehen müssen. Denn dann müsste man ja eigentlich etwas für sich tun.

Pentimento
Pentimento
7 Jahre zuvor
Reply to  Heldentasse

@ Heldentasse, es kann! Und es gibt seltene Beispiele mit zufriedenen Mitarbeitern, z.B. die Firma Trigema. Ob man das dann noch „Marktwirtschaft“ nennt, wenn ein bischen Menschlichkeit dabei ist – keine Ahnung. Aber grundsätzlich habe Sie recht: ohne die Möglichkeit zur Ausbeutung würde niemand einen Finger rühren. Notfalls verlegt man die Produktion in ein anderes Land, wo es sich leichter ausbeutet. Muß sich ja lohnen.

Was Amazon betrifft, da kommt etwas Anderes erschwerend noch hinzu:
Die gigantische Steuerhinterziehung. Der Fall Paradise hat es deutlich gemacht. Mit den hinterzogenen Summen, nein, mit dem GESTOHLENEN GELD könnte man Schulen bauen, die gesamte Infrastruktur sanieren, das Hartz-System und die Tafeln abschaffen, genügend Lehrer und Pfleger einstellen und auf diese Weise wieder etwas mehr Menschlichkeit in dieses Land ohne Seele einbringen. Versteht irgendjemand, daß der Staat es nicht schafft, diese Steuerschlupflöcher zu schließen?

Robbespiere
Robbespiere
7 Jahre zuvor
Reply to  Pentimento

Versteht irgendjemand, daß der Staat es nicht schafft, diese Steuerschlupflöcher zu schließen?

Reicht das als Erklärung?

https://www.youtube.com/watch?time_continue=4&v=aK1eUnfcK4Q

Reinhard Bracke
Reinhard Bracke
7 Jahre zuvor
Reply to  Robbespiere

2 Stunden als Erklärung sind dann doch eine Zumutung…

Mordred
Mordred
7 Jahre zuvor

Die Erklärung lohnt sich aber. Die Fragestellung ist ja auch nicht trivial.

Pentimento
Pentimento
7 Jahre zuvor
Reply to  Mordred

, Sie haben mich motiviert, danke auch.

Robbespiere
Robbespiere
7 Jahre zuvor

@Reinhard Bracke

2 Stunden als Erklärung sind dann doch eine Zumutung…

Das sind keine verlorenen Stunden, glaub mir.
Dir wird ein Licht aufgehen und Rainer Mausfeld redet in einem angenehmen Tempo, so dass man ihm auch folgen kann.

Pentimento
Pentimento
7 Jahre zuvor
Reply to  Robbespiere

@ Robbespiere, danke für den link. Die Zeit nehm ich mir.

Jarek
Jarek
7 Jahre zuvor

Die Frau vom Zahnarzt, die gleichzeitig als seine Empfangsdame fungiert, besteht sogar darauf, dass die Alltagspost ihr direkt vom Postboten in die Praxis reingetragen wird. Dabei wird der jeweils neue Postbote mit knapper Herr-Diener-Anweisung „angelernt“. BTW, auch nach 30 Jahren in Deutschland habe ich mich ans Duzen der Bedienungen jeglicher Art nicht im geringsten gewöhnt. Was soll das?

Mörtel
Mörtel
7 Jahre zuvor

Jener nämlich, die man in marxistischer Entlehnung als dienstleistungsgesellschaftliche Reservearmee bezeichnen könnte. Es sind ja vornehmlich Leute aus dem Niedriglohnsektor, Aufstocker und händeringend nach Arbeit suchende Menschen, die sich im neuen Dienstleistungsviktorianismus verdingen sollen.

Da hast du Marx nicht verstanden. Die Reservearmee ist, wie der Name schon ahnen lässt,
die arbeitslose Reserve für bereits Beschäftigte. Sie wird als Druckmittel gegen die Arbeiterschaft verwendet:
„Sieh her, wenn du deinen Job nicht zu meinen Bedingungen machen willst, dann stehen da draußen
Etliche die das tun werden !“ Wer bereits einen Job hat, zu welchen Bedingungen auch immer,
kann nicht zur Reserve zählen. Der Kapitalist stockt heute die Reservearmee durch Zuwanderung
auf um die Löhne niedrig zu halten. Die beknackten von der Leyen und Nahles haben dieses dreckige
Spiel als Arbeitsminister artig mitgespielt.

Gast2
Gast2
7 Jahre zuvor
Reply to  Mörtel

Ich denke, ich bin nicht die Einzige, der es zu aufwendig und kostspielig erscheint, äussere Faktoren, mit denen die eine oder andere Misere erklärbar scheint, abzustellen, aufzuheben oder sogar gänzlich aus der Welt zu verbannen.

gute Frage
Wie lang ist es her, das auch du das letzte mal beim Billigheimer zugeschlagen hast ?

Mörtel
Mörtel
7 Jahre zuvor
Reply to  Gast2

Was sind die Miseren ?

– Asylsuchende blieben Asylsuchende bloß ohne Verwertungsabsicht von uns als Gastgeber.
Die Misere ist unsere Rüstungsindustrie in der angeblich 300 000 ( Sigmar Gabriel )
Arbeitskräfte stecken und die aktive und passive Unterstützung von (Interventions-)
Kriegen. Zweiteres ließe sich schnell abstellen. Der Zahl glaube ich nicht.

– Wir konkurrieren wirtschaftlich den europäischen Süden nieder und wundern uns
bei Zahlen von 50% Jugendarbeitslosigkeit, über Wanderungsbewegungen gen Norden, aus wirtschaftlicher Not und Perspektivelosigkeit.

– Das Armutsgefälle, von Osten nach Westen ist offensichtlich, dennoch bestehen wir nicht
auf die Anhebung der Sozialstandards im Osten, bevor wir die Beschränkung der europäischen Freizügigkeitsregelungen im Westen aufheben.

Was da in den letzten Jahren passiert ist, war absehbar. Das ist die Misere. Man weiß vorab
das Dinge in die Hose gehen und macht sie trotzdem. „Spring aus dem Fenster !“
“ Na gut, mach ich !“

Gast2
Gast2
7 Jahre zuvor
Reply to  Mörtel

Und die Natur eines Konfliktes resultiert aus Gefühl oder Willen ?

Willensstärke?
Es ist schließlich _kein_Menschenrecht_ seine Lebensumstände verbessern zu wollen – sondern es ist Mancherleuts „Bedürfnis“ (Mit Blick aufs datum)

Mörtel
Mörtel
7 Jahre zuvor
Reply to  Gast2

Jedenfalls ist die Lust am Konflikt eine grunddemokratische Haltung.
Konfliktscheu in politischer Führungsverantwortung ist undemokratisch.
Man wird zum Streiten gewählt.

Sack
Sack
7 Jahre zuvor
Reply to  Mörtel

„Hach ja, die einfachen Arbeiter sind ja gradezu okkupiert mit „menschlichen“ Problemen – was so aber sicherlich auch erwartet und vorausgesetzt ist, in dieser „speziellen“ Umgebung und ohne jetzt seitwärts gerichtete Konzepte aufgeben zu wollen – die derzeitige „kulturelle“ und politische Phase scheint jedoch gleichwohl durchaus praktisches Interesse daran hervorzurufen, mitten unter uns leben zu wollen“ ^^

hart backbord
hart backbord
7 Jahre zuvor

Einige Zusteller des Branchenführers DHL demonstrieren in Berlin gerade das andere Extrem: Keine Benachrichtigung, nirgends. Wer als Kunde da nicht die Trackingnummer in Erfahrung bringen kann, blickt in die Röhre.
Ob es die Überbelastung nicht zulässt, den Kunden einen Hinweis auf eingangene Sendungen zukommen zu lassen?

aquadraht
aquadraht
7 Jahre zuvor
Reply to  hart backbord

Ich vermute mal, dass der DHL-Zusteller das versägt hat, oder der Postbote. Normalerweise hast Du 24-48 Stunden nach einer erfolglosen Zustellung einen Benachrichtigungszettel im Briefkasten. Und ich spreche von Berlin.

Mir sind da aber auch schon Klopse passiert, auch wenn ich DHL als vergleichsweise zuverlässigen und 6 Tage/Woche ausliefernden Zusteller schätze, bei dem die Sendung auch wenige 100m entfernt bei der Post landet. Die anderen Zusteller haben nach Jahrzehnten, in denen das Abhollager (telefonisch unerreichbar da dauerbesetzt) irgendwo in der Pampa lag, Paketabholstellen bei Läden eingerichtet, was manchmal auch geht. Allerdings gibt es da Benachrichtigung und Bestimmung, welcher Shop, ausschliesslich über Internet, letzteres natürlich nur im voraus.

Die Zusteller, je nachdem welcher, benutzen mitunter Tricks, um sich die Arbeit zu erleichtern. Nicht klingeln, aber behaupten, der Kunde sei nicht da gewesen, ist einer davon. Ich kann es bei der meist Scheissbezahlung und dem Stress nicht wirklich übel nehmen, aber es nervt. Was mir auch mal passiert ist, war, dass eine nicht existierende Adresse in meinem Haus angegeben wurde, wo angeblich ein Paket abgegeben worden ist. Das war einer der wenigen Fälle, wo ich mich offiziell beschwert habe. Das Paket blieb verschwunden, mir wurde da auch nichts erklärt, der Versender schickte dann nochmal und liess sich wohl die Sendung ersetzen (war bloss nen Fuffziger wert, nix Wildes).

Ich bin aber echt mal gespannt, wie vielen Trotteln Amazon diesen „Service“ aufquatschen kann. Und noch mehr, wie lange es dauert, bis ein begabter Hacker da nen Exploit findet und an Interessenten vertickt.

Ziggezagge
Ziggezagge
7 Jahre zuvor

Da geht es nicht um menschliche Boten. Wer wird denn allen Ernstes einen Fremden (Paketbote) in die eigene Wohnung lassen, jederzeit und mit eigenem Schlüssel? Privatsphäre? Datenschutz? Diebstähle?

Es geht um Roboter-Paketboten. Da kann man dann nämlich den Kunden klarmachen, dass der garantiert nicht klaut und nix kaputt macht.

Wer zu den üblichen Geschäftszeiten der Paketboten nicht zu Hause ist, der kann ja die Bestellung in eine Paketstation lenken lassen, die meisten meiner Bekannten machen das so.

Holger
Holger
7 Jahre zuvor

Zu: „Wir sehen das nur nicht so gerne, wenn Leute schwer arbeiten. Deswegen schauen wir ja gerne nobel weg“
Schwachsinn!
Die Empfänger der Sendungen sind selber berufstätig und können / wollen nicht einen Tag Urlaub nehmen, um den Zusteller bei der Arbeit zuzuschauen

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