Meine Lebenserwartung, deine Lebenserwartung
Rente mit 70: Das sei jetzt opportun, wegen der erhöhten Lebenserwartung – findet die Bundesbank. Aber die Lebenswartung gibt es gar nicht. Es kommt immer drauf an, wen man meint.
Es ist schon unglaublich, wieviel Lebenszeit wir mittlerweile haben. Während unsere Großeltern nicht mal 67 Jahre alt wurden, sind heute 81 Lenze durchaus drin. Wenn man den geriatrischen Hochglanzmagazinen Glauben schenken darf, ist 81 noch nicht mal unbedingt gebrechlich, denn die aktiven Alten, die man uns präsentiert, kokettieren damit, dass 81 das neue 65 sei. Die Alten sind so jung wie nie – die pflegebedürftigen Senioren bekommen wir in der Regel ja auch nicht zu Gesicht. Sie sind ja nicht aktiv und drängen nicht in den Fokus.
Nicht wenige Prognosen erwarten außerdem einen weiteren Altersanstieg. Bis ins Jahr 2060 soll die Lebenserwartung in Deutschland sage und schreibe bei 87 Jahren liegen. Vor einigen Jahren meldeten Berechnungen eines Wirtschaftswissenschaftlers, dass alle 2016 geborenen Menschen je nach Geschlecht zwischen 90 oder 93 Jahre alt würden. Als ob es immer weiter und weiter gehen und man die Biologie austricksen könnte. Prognosen über zukünftige gefühlte Lebensalter gibt es hingegen nicht. Da wir aber angeblich immer besser medizinisch betreut werden, kann man schon vermuten, dass 87 dann das neue 61 sein wird.
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So ist das schon immer gewesen: Die Unterschicht soll ackern bis sie in die Kiste hüpft.
Kann ja nicht sein, dass diese faul die (nicht vorhandene) Rente verprasst…
Der Artikel ist mir zu harmlos. In meiner Berufsgruppe 7144 (Fahrer im gewerblichen Güterkraftverkehr) ist das Verrentungsalter 60,78 Jahre. Alles, was da Richtung 70 angezählt wird, ist de facto eine Minderung der Rente. Denn auf Bau, Straßenbau, Installation, Innenausbau, Malerhandwerk bist du konditionell mit 60 fertig. Deswegen war im Handwerk immer ausgemacht, dass ab 60 der Meister in die Lehrwerkstatt gehört.
Nun hat die SPD mit kräftiger Unterstützung der Grünen, also zwei Parteien, die ganz viele Handwerksmeister in ihren Reihen haben, in 70 Gewerken die Meisterpflicht abgeschafft. Als sie dann zuhause undichte Rohrleitungen, schief verlegte Fliesen und sonstwelchen Schrott im von den Bundestantiemen gebauten Häusern hatten, soll der Meisterzwang wieder eingerichtet werden.
Jetzt bin ich ganz traurig. Wir wollten doch die Billig-Handwerker aus Neu-Südost und ein bisschen Verschnitt ist überall, wie auch bei der Billig-Pflegerin aus Litauen für die teutsche Omma.
Anders gesagt: wir malochen uns selber kaputt und exploitieren dabei Arbeiter aus Ländern mit noch mieseren Sozialstandards.
Laut einer Statistik sind 89,74 % aller Statistiken völliger Unsinn: Meine Großeltern sind im Schnitt 68 geworden, also durchaus im statistischen Toleranzbereich. 1/4 davon war sehr junger Kriegsverlust, 3/4 sind schon damals um die 80 geworden. Und im Stammbaum noch viel weiter zurück war auch der eine oder andere 100jährige dabei.
Einen – ganz entscheidenden – Unterschied gab es aber: Meine Ahnmütter und -tanten hatten im Schnitt 6, 8, 10 Kinder – von denen die meisten den 1. Geburtstag nicht erlebt haben. Wenn nur die Hälfte nur ein paar Tage lebt und die andere Hälfte 80 wird, macht das nunmal eine statistische Lebenserwartung von nur 40 Jahren. Natürlich sind wir da heute viel weiter: Bessere Umstände, Medizin und eine völlig andere Auffassung von „Geburtenkontrolle“ sorgen dafür, daß wir nach dem Krieg und dem „Pillenknick“ geborenen überwiegend „Wunschkinder“ (fast) alle noch leben und alt werden. Aber warten wir mal ab, ob es wirklich so ein „Fortschritt“ ist, nicht mehr mit 80 friedlich einschlafen zu dürfen und noch 10 Jahre im Pflegebett vor uns hin modern zu müssen. Was für eine arg durchsichtige Statistik noch ganz interessant sein mag, ändert im richtigen (Arbeits-)Leben mal rein gar nix…
@Nashörnchen
Wenn Du nicht „im Plegebett vor Dich hinmodern“ möchtest, mußt Du einfach aufhören zu essen. Das ist ein sanfter Tod.
Man muß sich nicht alles gefallen lassen, auch nicht, wenn man alt ist. ;- )
Felix Hütten hat aktuell ein tolles Buch zum Thema veröffentlicht. „Sterben lernen“ – er schreibt unter anderem, dass eines der schlimmsten Dinge, die man bei Menschen, die in einem langem Sterbeprozess sind, antun kann: Dauernd zum Essen zu ermuntern. In dieser Lebensphase will der Körper kein Essen mehr. Das sei normal. Man müsse damit umzugehen lernen.
Der Mann hat sehr einfühlsam geschrieben. Durchaus lohnenswert zu lesen.
Es empfielt sich, rechtzeitig in einer Patientenverfügung festzulegen, daß man nicht künstlich ernährt werden möchte.
So eine Patientenverfügung ist wohl das Wichtigste, was man im Leben machen kann.