Minijobs: Subvention für krumme Geschäfte

Der Minijob soll von 450 auf 530 Euro im Monat anwachsen. Damit er mit der Mindestlohnanpassung Schritt halten kann. Das ist nicht weniger als der Ausbau des deutschen Jobwunders: Billige, unabgesicherte Arbeit, die Geschäftsmodelle subventioniert, die sonst nur beschwerlich Profit generieren würden.

Von den 7,2 Millionen Minijobbern in Deutschland haben 4,8 Millionen ausschließlich diesen einen Minijob – das sind etwa ein Neuntel aller Erwerbstätigen im Lande. Sozialversicherungspflichtige Niedriglöhner sind in dieser Working-Poor-Klassifizierung noch nicht mal enthalten. Wenn es nach Union und Wirtschaft geht, sollen sie bald mehr verdienen dürfen. Die Verdienstobergrenze soll von 450 Euro monatlich auf 530 Euro steigen. Das soll nicht etwa deshalb passieren, weil man sein Herz für die arbeitenden Armen gefunden hätte. Um die geht es gar nicht. Man möchte das für die armen Unternehmen tun, die durch den Mindestlohn um Arbeitszeit gebracht werden.

Außer Kontrolle: Ohne Mindestlohn, ohne Urlaub, ohne Lohnfortzahlung

Der Minijob ist zum Problem geworden, seitdem auch er mindestlohnberechtigt ist. Das klingt ein bisschen so, als müssten die Unternehmen darben. Müssen sie freilich nicht. Kein Arbeitszeitmodell wird so ausgelutscht, wie der Minijob. Die Hans-Böckler-Stiftung veröffentlichte 2017 eine Studie, die sich mit Menschen auseinandersetzte, die eine geringfügige Beschäftigung als Haupterwerbsquelle hatten. Gut jeder zweite Betrieb, so ergab die Befragung, zahlte den Minijobbern gar keinen Mindestlohn. Eine andere Studie von RWI (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung) legte dar, dass es noch viel schlimmer um diese Gruppe steht: Mehr als 34 Prozent der Betroffenen bekamen demnach keinen bezahlten Urlaub und für 31 Prozent fiel die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall weg. Verbindliche Rechtsansprüche? Die haben Seltenheitswert in diesem Beschäftigungssegment.

Jetzt haben wir noch nicht mal davon gesprochen, dass es diese Minijobs sind, die auch als eine Art Scheinbeschäftigung wirken. Zahlen lassen sich schwer ermitteln, aber es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Minijobber mehr arbeiten, als sie eigentlich dürften. Die hier anfallende Schwarzarbeit lässt sich schwer eruieren, immerhin sind die betroffenen Angestellten nicht »schwarz im Laden«, also als Unbefugte nicht am Produktions- oder Arbeitsort: Sie haben ja einen Arbeitsvertrag. Immer dann, wenn Kontrollen stattfinden, sind sie eben noch nicht so lange im Dienst oder haben angeblich morgen zum Ausgleich frei.

Vormachen müssen wir uns aber nichts: Die Kontrollen sind rar. Der für die Mindestlohneinhaltung und Schwarzarbeitkontrolle zuständige Zoll leidet unter chronischem Personalmangel, hat außerdem mittlerweile so viele Aufgabenbereiche abzudecken, dass Kontrollen in diesem Teil des Niedriglohnsektors meist keine Priorität haben.

Der Mimimi-Job: Die Weitersubventionierung von Schattenwirtschaft und mieser Geschäftsmodelle

Minijobs waren schon längst Teil der Schattenwirtschaft, gestalteten sich als Alibi für Schwarzarbeit. Zudem werden Vakanzzeiten wie Krankheit oder Urlaub sozialisiert, während der Ertrag aus der geringfügig beschäftigten Arbeitskraft privatisiert wird. Kurz und gut: Das Laissez-faire im Minijob-Sektor hat räuberische Methoden zu einer perfiden Form von Gewohnheitsrecht für Unternehmer werden lassen. Diese Gewohnheit wurde gestört, denn auch Minijobber haben ein Recht auf den Mindestlohn. Wenn man ihn denn dann doch einhalten muss, schmälert das die monatliche Arbeitszeit, die in den steuerfreien Block von 450 Euro passt. Darüber haben sich die Unternehmer freilich beklagt. Der Minijob wurde ja ohnehin stets als Mimimi-Job verstanden: Schon als der Mindestlohn kam, hat man gejammert und gewimmert und die Welt nicht mehr verstanden, weil auch geringfügig Beschäftigte diesen Mindeststandard erhalten sollten – dabei hatte man doch immer gemeint, dass diese Art von Job nie als etwas Gleichwertiges anerkannt werden könne.

Der Minijob ist im Grunde nicht weniger als das Paradebeispiel des deutschen Jobwunders. Er ist eine Subventionsspritze für Geschäftsmodelle, die sich nicht über Wasser halten können, müssten sie Arbeit fair und angemessen entlohnen. Er ist eine politisch gewollte und forcierte Praxis, um miese Unternehmungen am Laufen zu halten. Und das alles, nachdem man uns über Dekaden den entfesselten Finanzkapitalismus in etwa folgenderma0en erklärt hat: Der Markt regelt alles – und wer sich am Markt nicht halten kann, der verschwindet eben. Unsichtbare Hand und so.

Das gilt aber nur für angehende Arbeitslose und im Niedriglohnsektor Beschäftigte: Sie sollen sich bewegen, marktkonform auftreten, jede Kröte schlucken. Für miese Geschäftsideen, zum Beispiel Fahrradlieferanten für warme Speisen, braucht man allerdings subventionierte Arbeitskraft. Und das ist die Aufgabe des Minijobs. Dass er jetzt auch noch ausgebaut werden soll, zu Lasten der Sozialkassen und der Gesellschaft: So geht das deutsche Jobwunder in diesem Land, in dem man gut und gerne lebt.

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Roberto J. De Lapuente

Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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Schweigsam
Schweigsam
4 Jahre zuvor

Tja, tja, die „Unionisten“ wiedermal komplett daneben. Nicht christlich auch nicht demokratisch aber schon ein bisschen mafiös. Na, daneben wirken „unsere“ Sozen jetzt aber mal richtig friedlich, oder…

Roberto De Lapuente
Roberto De Lapuente
Reply to  Schweigsam
4 Jahre zuvor

Wolle mer se wählen, die Sozen? 😉

Pen
Pen
Reply to  Roberto De Lapuente
4 Jahre zuvor

Die Sozen wählen? Nein!

OT: falls es hier jemanden interessiert, Ecuadors Botschaft in London hat sich geweigert, den persönlichen Besitz von Julien Assange an seine Anwälte zu übergeben, und wird alles den USA überlassen.

https://www.rt.com/news/459170-assange-documents-us-handover/

Der Deep State arbeitet fieberhaft an der Auslieferung Assanges. Da werden sich in seinem PC sicher ganz schlimme, notfalls fabrizierte Gründe für eine Anklage wegen Spionage finden lassen. Die Klage und das Auslieferungsgesuch müssen bis zun 12. Juni vorliegen.

Für den Fall, daß das nicht reichen sollte, wird der US Pudel Schweden die Vergewaltigungsvorwürfe, die bereits fallengelassen wurden, wieder aufnehmen.

Der link enthält die Adresse von Julien Assange im Bellmarsh Prison für die Aktion Massenbriefe.

https://writejulian.com

Rettet die Pressefreiheit!

#free Assange.

Nashörnchen
Nashörnchen
Reply to  Pen
4 Jahre zuvor

Für den Fall, daß das nicht reichen sollte, wird der US Pudel Schweden die Vergewaltigungsvorwürfe, die bereits fallengelassen wurden, wieder aufnehmen.

https://is.gd/z5ax0p

Schnörch
Schnörch
Reply to  Nashörnchen
4 Jahre zuvor

schon passiert. Schöne neue Welt.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

J. De Lapuente

Du, das war nur eine rhetorische Frage – ich wähle sie ja gar nicht, auch wenn ich glaube, dass wir eine intakte Sozialdemok… ach, ich halte lieber den Mund, wir wissen ja, wo das sonst noch hinführt.

Ist auch besser so, das Thema ist durch.
Luftschlösser haben eben die leidige Eigenschaft, dass sie dauerhaft unbewohnbar bleiben. 🙂

Im Übrigen weiß ich auch noch nicht, ob ich diesmal überhaupt wählen gehe.
Normalerweise wäre die LINKE meine Partei gewesen, aber seit der Nummer mit Wagenknecht befindet sich der Kipping-Flügel auf dem gleichen Weg wie einstmals die Grünen.
Was da als sozilistisch oder sozial verkauft wird, spielt der selben Klientel wie jener der Altparteien und der AFD in die Hände.
Man braucht sich nur ihre Aktivitäten bei Regierungsbeteiligung anzusehen.
Allein das Statement Kippings heute zur CO2-Steuer hat mich wieder nach dem Kotzeimer greifen lassen.

Die PARTEI ist m.M.n. eine reine Kabarettnummer, allenfalls dafür gut, den Etablierten und Rechten Stimmen abzunehmen, aber gleichzeitig erhöht sie die Wahlbeteiligung, was als Zustimmung zu dieser EU gewertet werden wird.
Wahlverweigerung ändert zwar an der Legitimatin der „Wahlsieger“ nichts, läßt aber das Eis unter ihren Füßen dünner werden.

Wenn man in dieser Drecks-Vereinigung undemokratischer, neoliberaler Ausbeuter überhaupt etwas verändern will, dann geht das nur über den Weg der Gelbwesten.
Einen, wenn auch nicht offen erklärten, Krieg der Machteliten gg. die Mehrheit kann man nur annehmen oder kapitulieren. Eine andere Alternative gibt es nicht.

Schweigsam
Schweigsam
Reply to  Robbespiere
4 Jahre zuvor

Hier bei uns versucht die „Linke“ mit Wahlplakaten vor einem Alnaturageschäft den Grünen in Sachen Umweltschutz die Wähler abzugrasen. Die meist jungen Menschen aus gut situierten Kreisen, die da zum Teil mit Ihrem SUV vermehrt auf dem Parkplatz stehen, und bei Alnatura sich erhoffen gesund einkaufen zu können, zwischen all dem Smog, den Sie mit ihren Schleudern u.a. mit verursachen. Und genau die werden sich jetzt sicherlich überlegen, ob Sie ausgerchnet die „Linke“ wählen sollen;-)

Das untere Drittel der Bevölkerung scheint auch für die Kipping-Linke nicht mehr interessant zu sein.

Hm, die sPD braucht schon keiner mehr, und wenn die „Linke“ so weitermacht, wer braucht…

anton
anton
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Roberto, Du siehst hier ja selber, wie die Linkspartei auf einmal nicht mehr gut genug ist, herrlich. Sollen die die GDL oder den Beamtenbund wählen, wo sie hingehören, Scheiss drauf. Hier glauben manche Phantasten, dass man die BRD oder die EU rein mit Protestgeheule und Volksabstimmungen führen könne, auch herrlich!

Anton
Anton
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Ich habe mich diesmal stark für die SPD entschieden
Kenne dort kommunal einige Leute
Die würden mir helfen
Auf Bundesebene könnten Grüne und Linkspartei meine Wahl sein
Der Hass auf alle Parteien führt nicht weiter

ChrissieR
ChrissieR
Reply to  Roberto De Lapuente
4 Jahre zuvor

Au weia!!!! Zuuu spät, lieber Roberto!!!

Hab schon den Semsrott und Sonneborn briefgewählt!!!

Seit die Linke die Sarah basht ist auch diese Partei für mich nimmer wählsam….

Pen
Pen
Reply to  ChrissieR
4 Jahre zuvor

Liebe Christine, hast Du schon gewählt? Mit Briefwahl? Hast Du keine Angst vor Wahlfälschung? Für Sonneborn werde ich mich selbst auf den Weg machen. Ich traue hier keinem mehr.

🙂

Schnörch
Schnörch
Reply to  Pen
4 Jahre zuvor

Weshalb sollte die Wahlfälschung bei Briefwahl soviel einfacher sein?

anton
anton
Reply to  Pen
4 Jahre zuvor

Morgen kommen die Russen, in Moskau sind sie schon, guuuuuuuuuddddde

Schnörch
Schnörch
Reply to  ChrissieR
4 Jahre zuvor

Dieses Problem habe ich auch. Leider noch keine Lösung parat. Ich tendiere als Denkzettel für die Linke zu DiEM25. Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Folkher Braun
Folkher Braun
Reply to  ChrissieR
4 Jahre zuvor

Mitgliedsnummer 35890 geht höchstpersönlich in das Wahllokal. Wie es aussieht, kann Die Partei mit vier Sitzen im EP rechnen.Wen könnten wir denn noch anheuern? Lisa Fitz?

Schweigsam
Schweigsam
Reply to  Roberto De Lapuente
4 Jahre zuvor

Nö, zwischen mir und Heidi Klum wird es in diesem Leben nix mehr, weil sie einfach scheiße ist und so verhält es sich auch mit mir und den Sozen. Mehr Redlichkeit als bei den Sozen bekommt man schon für weniger als eine Stimme bei der Cosa Nostra. 🙂

niki
niki
4 Jahre zuvor

Wir Linke sind es die das Jobwunder schlechtreden. Wir müssen uns immer anhören, wie toll doch alles sei: So wenig Arbeitslose wie noch nie, blah und sülz… Wirtschaftswachstum!!! Und wir Linke sind doch nur faul und wollen nur nicht arbeiten…
Inzwischen habe ich nur noch Lust non-verbal auf die üblichen Vorwürfe zu antworten!
Vor allem sind es nicht selten irgendwelche Honks die selbst von der „Wirtschaft“ übers Ohr gehauen worden sind!

Rudi
Rudi
4 Jahre zuvor

Der Bundesverband für das Hotel- und Gaststättengewerbe (Dehoga) ist zu dieser Thematik schon länger am Ball. Es lohnt sich schon mal, deren Sichtweise nachzuvollziehen. Überraschungen wird man nur dann erleben, wenn man, wie ich, mehr Unklarheit, mehr Nebulöses erwartet hat. Der Verband meint:

Die 450-Euro-Grenze muss dringend an die Lohnentwicklung angepasst und dynamisiert werden. Mit einer statistischen Verdienstgrenze, die über viele Jahre hinweg nicht erhöht wird, wird der Minijob schleichend entwertet. Das darf nicht sein. Der Wert für die Verdienstgrenze muss vielmehr dynamisch an die Lohnentwicklung gekoppelt werden.

Die Regierenden haben die Tränendrüsendrücker erhört. Schließlich, so Dehoga weiter, hätten die Minijobs „sich bewährt“. Begründet wird das so:

Minijobs sind nicht Teil des Problems sondern Teil der Lösung für den Arbeitsmarkt.
Wenn ein Unternehmer Mitarbeiter benötigt, die am Wochenende im Biergarten arbeiten, freitag- und samstagabends im Club jobben oder im Messegeschäft das Catering übernehmen, hat er nicht die Alternative, dauerhaft eine Vollzeit- oder Halbtagskraft einzustellen. In der Verkehrs-, Freizeit- oder Eventgastronomie muss sehr flexibel auf Stoßzeiten reagiert werden. Für solche Nachfragespitzen sind die Minijobber unerlässlich. Das gilt insbesondere auch für die geringfügige Nebenbeschäftigung. Auch Existenzgründer, die es in der Gastronomie in besonderem Maße gibt, starten zunächst mit wenigen fest angestellten Kräften und ergänzen ihr Team mit „Aushilfen“. Ohne dieses Instrument könnten in vielen Bereichen gar nicht genügend Arbeitnehmer gewonnen werden. Und für viele Minijobber, oftmals Schüler, Studenten, mitverdienende Ehepartner oder Rentner, ist eine „reguläre“ Beschäftigung gar keine Alternative.

Minijobber sind keine Arbeitnehmer „zweiter Klasse“, sondern haben die gleichen arbeitsrechtlichen Ansprüche wie alle anderen z.B. auf Vergütung, Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Kündigungsschutz.

ChrissieR
ChrissieR
4 Jahre zuvor

Guude!

Könnt ihr hier evtl. Ne Notruffunktion für aktuellen Wahnsinn einrichten???

Hab schon wieder einen O.T.!!!

Assange kommt nun wieder wegen angebl. Vergewaltigung in Schweden ins Gespräch!!!

Neulich dachte ich noch…komisch, dass die Idioten uhm nicht nich deswegen ein Ei auf die Schiene nageln…

Es wird rein zu doll..

Träume ich dies Leben Oder isses echt soo krass???

Alloah

Christine

Pen
Pen
Reply to  ChrissieR
4 Jahre zuvor

Denis Yücel’s Schicksal mit Folter in der Türkei wird breitgetreten, weil er für Springers Welt schreibt.

Julien Assange ist der Tagesschau kein Wort wert. Die nachdenkseiten.de, Fefe und Rubikon gehören zu den wenigen, die begriffen haben, was die Stunde geschlagen hat.

https://www.rubikon.news/artikel/das-vergessene-opfer

Ich vermute, daß die US Mafia ihren Pudel Schweden wieder aktiviert hat, weil die Möglichkeit besteht, daß der Britische High Court als nächste Instanz die britischen Gesetze achten wird. Dann wird J. A. erst nach Schweden und dann von dort in die USA ausgeliefert werden. Was für ein Dreckspack, alle!

Der High Court hat vor zwei Jahren Joe Laurie vor der Auslieferung bewahrt.
( via Nachdenkseiten, Videohinweise am letzten Mittwoch )

Sukram71
Sukram71
4 Jahre zuvor

Mehr als 34 Prozent der Betroffenen bekamen demnach keinen bezahlten Urlaub und für 31 Prozent fiel die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall weg. Verbindliche Rechtsansprüche? Die haben Seltenheitswert in diesem Beschäftigungssegment.

Bezahlter Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind Gesetz. Diese Gesetze gelten auch für Minijobs. Die haben keinen „Seltenheitswert“ sondern die gelten immer und überall.

Das Problem ist also nicht der verbindliche Rechtsanspruch, sondern man macht wegen 450 Euro meist keinen Aufstand. Oft kennen die Minijobber auch gar nicht ihre Rechte.
Die Minijobber leben auch nicht hauptsächlich vom Minijob, sondern es ist nur ein Nebenjob zur (ggf notwendigen) Aufbesserung der sonstigen Einnahmen.

Mitunter bekommt der Arbeitnehmer auch deutlich mehr Geld als die 450 Euro. Und er macht mit, weil es auch für ihn günstiger ist, diese ohne Abzüge zu bekommen.

Sukram71
Sukram71
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

4,8 von 7,2 Millionen Minijobber haben nur einen Minijob.

U a weil sie von Rente, Pension oder dem Einkommen ihrers Mannes leben. 😉

Und oft kennen sie sie [ihre Rechte] schon – und machen trotzdem nichts, weil besser 450 Euro in der Hand als nichts auf dem Dach. Schöne Art, die Problematik kleinzureden, Markus.

Eben. Aber ich rede das Problem nicht klein, sondern schildere nur die realen Umstände. Wenn es wichtig ist, kann man natürlich klagen. Nicht jedes Problem lässt sich durch strengere Kontrollen lösen.

Du darfst dir Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor durchaus als intelligente Wesen vorstellen. Fällt dir das schwer?

Das fällt mir überhaupt nicht schwer, weil ich den beschriebenen Kellner-Fall aus der Bekanntschaft kenne (der brauchte Hilfe nach Kündigung) und ausserdem viele Jahre lang zich Minijobber bei der Minijob-Zentrale mit sv.net abgerechnet habe. 😉

Deshalb kann ich auch sicher sagen, dass mehr Dokumentation und Kontrollen nicht viel bringen. Das gab es nämlich alles bereits. Dann müssen halt „passende“ Stundenzettel geschrien und unterschrieben werden. Das macht nur unnötige Arbeit und löst kein Probem. – Das hat man alles schon ausprobiert.

In der Regel – zumindest häufig – fühlen sich Minijobber nicht ausgebeutet. Das hängt aber natürlich auch etwas von der Branche ab.

Mordred
Mordred
Reply to  Sukram71
4 Jahre zuvor

Suki, Du hast aber verstanden, dass Roberto das Konzept Minijob als ganzes ankreidet?

Sukram71
Sukram71
Reply to  Mordred
4 Jahre zuvor

Suki, Du hast aber verstanden, dass Roberto das Konzept Minijob als ganzes ankreidet?

Jo. Aber die Alternative wäre, dass es ausschließlich nur noch voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gäbe.

Das bedeutet, dass für wirklich jede bezahlte Gefälligkeit unter Freunden und Bekannten der gesamte Brassel wie bei jedem normalen Hauptbeschäftigungsverhältnis notwendig ware. Inklusive Einstellungsfragebogen, SV-Anmeldung und Abmeldung, Jahresmeldung, Steuer-Karte bzw -ID usw usw usw. Nicht jeder hat Sozialversicherungsfachangesellter gelernt und die Software zur Hand die Beiträge zu berechnen und an die Krankenkassen zu übermitteln.

Ihr helft eurer Oma regelmäßig beim Rasenmähen und bekommt dafür 50 Euro? Nach Steuern und Angaben bekommt ihr 38 Euro und die Oma zahlt insgesamt 80 Euro. Die SV-Anmeldung kann die Oma gar nicht. Mit dem Haushaltscheckverfahren bei der Minijob-Zentrale ist das kein Problem.

Minijob sollen möglichst einfach und unkompliziert Nebenjobs möglich machen, für die sich der ganze Einstellungs- und Versicherungsaufwand nicht lohnt.
Weil das sonst wie früher alles schwarz gemacht wird und die Minijobber überhaupt keine Absicherung haben.
Weil viele Arbeitnehmer sich unkompliziert etwas ohne Abzüge dazuverdienen wollen.

Wenn man das mit lauter Dokumentationspflichten und Kontrollen überfrachtet, dann steht das dem ganzen Sinn von Minijobs entgegen.

Auch der Mindestlohn macht bei Minijobs häufig keinen Sinn, weil es oft um Aufgaben geht, die gemacht weden sollen und nicht um eine Stubdnezahl. Rasen soll gemäht werden oder Treppenhäuser sollen geputzt werden.
Die Minijobber sind nicht doof und können selber beurteilen, ob sie den Job für das Geld machen wollen.

Nashörnchen
Nashörnchen
Reply to  Sukram71
4 Jahre zuvor

Quatsch.
Gefälligkeiten unter Freunden, Familie, Nachbarschaftshilfe, Ehrenamt etc. sind genausowenig sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse wie es keine Minijobs oder Nebenjobs oder Schwarzarbeit sind. Sondern eben Gefälligkeiten. Deswegen heißen sie so. Du redest wirr…

Sukram71
Sukram71
Reply to  Nashörnchen
4 Jahre zuvor

Ich habe von bezahlten Gefalligkeiten geschrieben und im Beispiel von „regelmäßig“. Der Übergang im Privaten ist fließend. Schwarzarbeit ist es ggf trotzdem.

Wenn ein Arbeitsunfall passiert, ist es besser, wenn es eine Unfallversicherung gibt, sonst möchte ich nicht in der Haut des „Arbeitgebers“ stecken. Das ermöglicht einfach und unkompliziert das Minijob Verfahren.

Für Minijob *muss* es ein vereinfachtes Verfahren geben. Das sollte eigentlich für jeden nachvollziehbar sein, der sich mit Lohnabrechnung minimal auskennt.

Nashörnchen
Nashörnchen
Reply to  Sukram71
4 Jahre zuvor

Es wird nicht besser.
Entscheidend für SV-Pflicht wäre eine Gewinnerzielungsabsicht, Kundenaquise, solche Sachen. Der Enkel mäht den Rasen, weil er seiner alten Oma helfen will. Einfach so. Und die Oma kann dem Enkel auch einen Fuffi schenken, ohne daß er ihr den Rasen mäht. Einfach so, weil es ihr Enkel ist. Steuerfrei.

Sukram71
Sukram71
Reply to  Nashörnchen
4 Jahre zuvor

Entscheidend für SV-Pflicht wäre eine Gewinnerzielungsabsicht, Kundenaquise, solche Sachen.

Das ist kompletter Unsinn. Im Übrigen hat der „Arbeitnehmer“ ja eine Gewinnerzielungsabsicht, wenn er für die Oma regelmäßig den Rasen mäht und dafür Geld bekommt.

Bitte informiert euch.
„Aber wenn dieser Junge oder diese Hilfe regelmäßig aushilft, zum Beispiel alle zwei Wochen den Rasen mäht und damit letzlich auch eine Gewinnerzielungsabsicht hat, sprich, er möchte sein Taschengeldkonto aufbessern, dann muss dieser Fall bei der Minijob-Zentrale gemeldet werden“

Ohne das vereinfachte Minijob Verfahren wäre das alles voll steuer- und sv-pflichtig und sehr kompliziert.
https://blog.minijob-zentrale.de/2013/10/29/laub-harken-im-garten-aushelfen-wo-nachbarschaftshilfe-aufhort-und-schwarzarbeit-anfangt/

Nashörnchen
Nashörnchen
Reply to  Sukram71
4 Jahre zuvor

Ja, mag sein. Der Gesetzgeber sieht es allerdings ganz genauso. https://is.gd/RTE5HP
Aber da stehst Du natürlich drüber…

Sukram71
Sukram71
Reply to  Nashörnchen
4 Jahre zuvor

Oma war vieleicht von mir ein schlechtes Beispiel. Ne Gefalligkeit und „Nachbarschaftshilfe“ endet dort, wo sie regelmäßig gegen Geld stattfindet. Darüber stehst auch du nicht. 😉

Nashörnchen
Nashörnchen
Reply to  Sukram71
4 Jahre zuvor

Das hat niemand bestritten. War auch überhaupt nicht das Thema.

Sukram71
Sukram71
Reply to  Nashörnchen
4 Jahre zuvor

Das Thema ist, dass niemand regelmäßig andern Leuten gegen Geld aushelfen und sich was dazu verdienen könnte, wenn dafür jedes Mal der komplette Brassel wie bei einer regulären Hauptbeschäftigung nötig wäre.

Deshalb muss es für geringfügige Beschäftigungen ein vereinfachtes Verfahren mit Pauschalen geben.

Bei Gewerbe ist das Minijob-Verfahren immer noch mäßig kompliziert, aber einfacher.

Für Privathaushalte ist es extrem einfach und günstig, weil die besonders leicht in Schwarzarbeit ausweichen können und auch das normale Minijob-Verfahren für die zu aufwendig ist.

Dass ein vereinfachtes Verfahren bei Minijobs weniger gerecht ist, muss man halt in Kauf nehmen. Deshalb die ganzen Grenzen bei Minijobs.

Dort immer den Mindestlohn durchzusetzen ist gar nicht möglich oder wäre sogar kontraproduktiv, weil es bei solchen Jobs oft um Aufgaben geht.
Man bekommt zB pauschal Geld für 2 mal die Woche zwei Treppenhäuser putzen oder fürs Rasen mähen bei Bedarf. Bei nem Stundenlohn und Kontrollen würde sich manch einer mitunter sogar schlechter stellen. Mal abgesehen vom Schreiben der sch… Stundenzettel

Mordred
Mordred
Reply to  Sukram71
4 Jahre zuvor

Du redest wieder an der Thematik bzw. an der Zielgruppe vorbei. Der Artikel hat doch die zu besprechenden Zielgruppen benannt und dazu auch weiterführende Links gebracht.
Ich habe damals als 13 jähriger meiner Oma und nem Nachbarn den Rasen gemäht. Dafür gabs dann ein paar Mäuse. Hau mir ab mit Minijob 😉

Sukram71
Sukram71
Reply to  Mordred
4 Jahre zuvor

Der Artikel hat doch die zu besprechenden Zielgruppen benannt und dazu auch weiterführende Links gebracht.

Leute, die nur einen Minijob haben, leben noch von weiteren Einkommen, wie Rente, Pension oder Ehepartner, weil man von 450 Euro alleine in Deutschland nicht leben kann.

Man kann die Regeln für Minijobs nicht noch weiter nach Zielgruppe aufsplitten.

Bezahlter Urlaub und Krankheit gelten aber genauso für Minijobber, wie der gesetzliche Mindestlohn. Zu sagen, das hätte „Seltenheitswert“ ist also Unsinn. Das ist Gesetz.

Es hapert an der Umsetzung und das liegt mindestens genauso an den Arbeitnehmern selber, wie an den den Arbeitgebern.
Man kann nen Minijobber ja nicht dazu zwingen seinen Arbeitgeber zu verklagen, obwohl er eigentlich einigermaßen zufrieden ist.

Und bei einer Verpflichtung zur genauen Arbeitszeiterfassung würde sich der Minjobber oft genug selber schaden. Wer will sich schon gerne ständig genau hinterher kontrollieren lassen? Und wo exakt nach Stunden bezahlt wird, da achtet der Jobber idR doch schon selber drauf.

Da es nur um begrenzte Minijobs geht, kann man es in diesem Fall ausnahmsweise mal den Arbeitnehmern selber überlassen, ob sie alle ihre gesetzlichen Ansprüche wirklich durchsetzen wollen.

Nashörnchen
Nashörnchen
Reply to  Sukram71
4 Jahre zuvor

Mitunter bekommt der Arbeitnehmer auch deutlich mehr Geld als die 450 Euro.

Ja, mitunter vielleicht. Normalerweise kriegt er aber exakt 170,- Euro. Den Rest zieht das Hartz4-Amt ein…

reini
reini
Reply to  Nashörnchen
4 Jahre zuvor

so isses…. Grüße alle Aufstocker

Mordred
Mordred
Reply to  Sukram71
4 Jahre zuvor

Du pickst Dir Rosinen und argumentierst dann mit heißer Luft bzw. ohne Belege. Super 🙂
Bspw. vor Deiner Rosine stand:

Gut jeder zweite Betrieb, so ergab die Befragung, zahlte den Minijobbern gar keinen Mindestlohn.

Folkher Braun
Folkher Braun
4 Jahre zuvor

Die Diskussion um die Billig-Arbeitsplätze und ihre soziale Absicherung ist recht langweilig. Weil diese Arbeitsplätze nur eine Rest-Absicherung im Sozialsystem bieten. Die endgültige Form des Arbeitsplatzes ist die von IBM, die „liquid workforce.“ Jeder Arbeitnehmer ist sein eigener Unternehmer, versichert sich selbst und ist ansonsten jederzeit für kleines Geld abrufbar.
Weil immer mehr Halb- und Schlecht-Beschäftigte (vor allem im universitären Bereich) merken, dass sie niemals auf den Rentenlevel eines Facharbeiters kommen, bevorzugen sie die Grundrente. Egal, welches gesellschaftlich sinnlose Studium ich durchgezogen haben, ich will eine Grundsicherung meines kümmerlichen Daseins.
Was machen wir aber mit den Liquid-Workforce-Menschen in der Paketlogistik? Dürfen die auch die Grundsicherung bekommen oder steuern die wir nach Bulgarien oder Romänien aus, wo sie schließlich herkommen?

Wer wie ich ein paar Jahrzehnte in der sozialen Gosse – Transportwesen – zugange war, kann über das 450 Euro-Problem nur den Kopf schütteln.

Rudi
Rudi
Reply to  Folkher Braun
4 Jahre zuvor

@Folkher Braun

Egal, welches gesellschaftlich sinnlose Studium ich durchgezogen haben, ich will eine Grundsicherung meines kümmerlichen Daseins.

Kannst du mir mal ein paar Studiengänge aufzählen, die „gesellschaftlich sinnlos“ sind. Du weißt wegen dieser Aussage vermutlich sicher, welche Studiengänge „gesellschaftlich nützlich“ sind. Und was ist denn das: „ein kümmerliches Dasein“?

Mordred
Mordred
Reply to  Rudi
4 Jahre zuvor

Kannst du mir mal ein paar Studiengänge aufzählen, die „gesellschaftlich sinnlos“ sind.

Ich denke da an die Bullshitjobs. Die meisten von denen werden allerdings gut bezahlt.

Rudi
Rudi
Reply to  Mordred
4 Jahre zuvor

Ich denke da an die Bullshitjobs.

Auch da kann man Vieles darunter verstehen. Und Folkher Braun sicher etwas anderes als du.

Folkher Braun
Folkher Braun
Reply to  Rudi
4 Jahre zuvor

Ich dachte vor allem daran, was Marx „aufgezwungene Services“ nennt. Wir haben in Düsseldorf 20.000 „Unternehmensberater“. Bei 31.000 Handwerks-, Handels- und Industriebetrieben. Ich dachte auch an die EU-Knete-Abgreif-Industrie, die anschließend Gutachten für unwichtige Dinge herstellt. Sehr massiert übrigens in Dortmund. Dann haben wir noch die Gender-„Wissenschaft“, gern auch ohne Lehrplan und Prüfungsordnungen. Aber über die hat Danisch schon genug gelästert. Dann wollen wir mal überlegen, warum in der Schweiz 25% der Schüler die Matura schaffen in Deutschland bekommen 50% der Schüler das Abitur. Sind die Schweizer so lernresistent?
Hier in NRW bekommst Du beim Benz ´ne Lehrstelle als Mechatroniker, wenn Du Abi hast. In Aldersbach bei Knorr-Bremse reicht Mittlere Reife.
Wir bilden in die falsche Richtung aus. Was nützt mir in der Werkstatt der HiWi, der mal gerade ein Rad wechseln kann, wenn ich niemanden bekomme, der bereit ist zu lernen, wie die elektronisch geregelte Bremsanlage überprüft und eingestellt wird? Die Billigjobs werden über kurz oder lang automatisiert. Habe mir kürzlich einen Rasenmäh-Roboter angesehen. Starkes Stück.
Das als Themenvorschlag für Roberto.

Sauerteig
Sauerteig
4 Jahre zuvor

Es wird sich solange nichts ändern, bis diese „Betroffenen“ endlich begreifen, dass sie nicht ihre Ellenbogen sondern ihr Hirn einsetzen und endlich ihre Rechte durchsetzen müssen.

Knalle
Knalle
4 Jahre zuvor

Dem Arbeitslosen bliebe von der Anhebung nichts, bzw. etwa 200 € gesamt übrig. Der muss schwarz arbeiten, damit ihm nicht fast zwei Drittel vom Amt abgezogen werden.
Ein ziemliches Idiotensystem, denn mit zwei Minijobs kőnnte man auch keine KV zahlen.
Man bleibt im Leistungsbezug gefangen.