Bloß das glatte Gegenteil ist auch keine Lösung

Selbstverständlich muss man sich dringend von seinen politischen Kontrahenten abheben. Das gebietet die Demokratie – ohne Pluralismus stuft sie sich zur wahlbefreiten Alternativlosigkeit herab. Die Frage ist aber: Reicht es aus, wenn man das glatte Gegenteil von dem will, was der politische Kontrahent fordert? Nein! Damit macht man sich unglaubwürdig.

Natürlich wünsche ich mir links einen anderen Umgang mit der Flüchtlingsdebatte als das, was von rechts oder, um es mal mit einem Namen auszustatten, von Seehofer kommt. Ein aufgeklärteres Bild der Lage nämlich, das eben nicht gespickt ist mit Vorurteilen und Schaum vorm Mund. Allerdings ich halte es für einen fatalen Irrweg, dass man offenbar links zu glauben pflegt, man müsse die Debatte rabiat auf Abgrenzung in dieser Frage trimmen – nämlich in dem Sinne, dass man zum Beispiel Seehofer zum Mörder ausruft, weil unter seine Ägide ein afghanischer Straftäter ausgeschafft wurde, der sich dann, als er zurück in Afghanistan war, aus dem Leben nahm. Das ist eine menschliche Tragödie – aber Mord, gar die Wiedereinführung der Todesstrafe auf Umwegen, wie das meine Filterblase als bitterbösen Vorwurf an den Heimatminister auswarf: Mit dem haben wir es hier beim besten Willen nicht zu tun.

Doch nach diesem Muster tickt leider die Debatte mittlerweile. Der Drang der Abgrenzung zum politischen Kontrahenten ist gigantisch – man kann das teilweise freilich nachvollziehen: Denn der Muff der rechten Spießigkeit kollidiert mit dem eigenen Menschenbild. Wer da nicht das glatte Gegenteil von dem fordert, was die rechte Deutungshoheit forciert, der setzt sein Alleinstellungsmerkmal aufs Spiel. In diesem Kontext wird es dann schwierig eine gewisse Nüchternheit walten zu lassen, zum Beispiel über Ausschaffung nach humanitären Gesichtspunkten zu diskutieren – weil es etwas wie Abschiebung eben gar nicht geben kann. Denn für Abschiebungen sind ja auch die Rechten im Lande – also muss man sie grundsätzlich ablehnen und verteufeln. Auf der Strecke bleibt ein linker Akzent innerhalb des Diskurses, man positioniert sich so weit außerhalb von medias res, dass man als alternativer Weg in diesem Problemkomplex gar nicht mehr wahrgenommen wird.

Der Teil der Linken, der sich traut, den Komplex der Flüchtlingspolitik anzugreifen und ideologische Befangenheiten aufzuknacken, macht sich dann sofort verdächtig das Lager gewechselt zu haben oder es ins Chaos zu vermischen. Die radikale Abgrenzung von allem, was auch im rechten Diskurs als nötiger Schritt deklariert wird, scheint jetzt das letzte linke Gebot zu sein – man fordert daher offene, nicht kontrollierte Grenzen und nicht mal mehr die Reliberalisierung des Asylrechts, sondern gewissermaßen die komplette Abschaffung durch Nichtbeachtung.

Das Asylrecht wurde in den letzten Jahren verschärft und in den Dekaden davor ausgehöhlt – das ist wohl wahr. Ganz koscher lief das nicht immer ab. Eine linke Antwort darauf kann allerdings nicht sein, jede potenzielle oder reale Abschiebung grundsätzlich zu beanstanden. Wenn Asylrecht überhaupt etwas außer ein zu überprüfendes Schutzversprechen bedeutet, dann dies, dass man bei erfolgter Überprüfung mit negativem Bescheid für den Antragsteller, die Rückführung in Kauf nehmen muss. Natürlich muss man Abstriche machen, zwar will nicht jeder zu uns kommen, wie man das im rechten Milieu gerne als panikverbreitende Losung unter die Leute bringt. Aber eine Selektion nach Kriterien muss erfolgen, ganz nach dem »Prinzip Notaufnahme«, das so funktioniert: Nicht jeder Notfall kann angenommen werden, sofern man die Versorgung gewährleisten will.

Taktisch unklug ist jene linke Agenda, immer dann das Asylrecht laut zu betonen, wenn es sich beim Antragsteller um jemanden handelt, der straffällig wurde. Das kam in den letzten Jahren regelmäßig vor – auch zuletzt wieder, als straffällig gewordene Asylsuchende, die kein Bleiberecht erhielten und teils schon Jahre geduldet wurden, abgeschoben wurden. Es ist verkaufsstrategisch dumm, wenn sich Linke zu Anwälten solcher Antragsteller machen. Als Sahra Wagenknecht schon vor anderthalb Jahren in einem Halbsatz sagte, dass jemand, der hier straffällig wird, durchaus sein Recht auf Aufnahme verlieren sollte, rückte man sie in die Nähe der AfD. Die zentrale Frage aber, ob ein Gemeinwesen nicht untragbar wird, wenn es sich gewisse Verhaltensmuster aufdrücken lässt, statt konsequent dagegen vorzugehen, bleibt im linken Diskurs zu dieser Frage jedoch unausgesprochen.

Es ist dies die Beibehaltung oder Überbetonung des Alleinstellungsmerkmals links des Mainstreams, die nicht mit Nuancen und Schattierungen betrieben wird, sondern mit der radikalen Gegenteilshaltung. Doch bloß anti zu sein ist keine Lösung. So empfiehlt man sich für die Bedeutungslosigkeit. Es wird Zeit, dass sich die Linke innerhalb der Debatten zu Zuwanderung und Asylpolitik positioniert, um mit einer humanitären, aber durchaus auch kritischen Einstellung, alternativen Spielraum zu schaffen. Mit dem plumpen Gegenteil als linke Antwort pflegt man ein Weltbild, in dem Menschen immer nur als Opfer sozialer oder gesellschaftlicher Entwicklungen betrachtet werden, in denen es keinen individuellen Verantwortungsrahmen mehr gibt.

Die Linke kann Kant nicht einfach unter den Teppich kehren, muss sich an dessen Aufklärung orientieren, die den Menschen auch Eigenverantwortung überträgt und aus deren Kontext man eben nicht so tun kann, als seien Asylsuchende per se Opfer, die nur zu Tätern werden, weil sie keine andere Chance haben. Die mögen sie nicht haben, aber wie soll ein Gemeinwesen noch über richtig und falsch befinden, wenn wir den freien Willen gänzlich ausblenden? Linkspolitisches Selbstverständnis, das laut Parolen schwingt, weil einem etwas ans Herz geht, ist durchaus gefährlich. Denn das geht nicht mit der Wirklichkeit einher. Und das spüren die Menschen auch, sie wenden sich ab und suchen ihr Heil in Alternativen, die keine sind, weil die Alternative, die eine sein könnte, keine Alternative sein möchte.

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Roberto J. De Lapuente

Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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niki
niki
5 Jahre zuvor

Es gilt immer nur: Sei genau das Gegenteil von deinem Tod-Feind. Nicht mal minimale Abweichungen, werden toleriert.
Und genau das ist die Problematik… Für die AfD-Fans sind die Flüchtlinge/Migranten das Grundübel. Als Feind der AfDler „muss“ man das Gegenteil sein.
Das ist die menschliche Natur bei Konfrontation mit dem Tod-Feind. Da setzt bei vielen sämtliche Rationalität aus.

Das heißt von meiner Seite noch lange nicht, dass Asyl-Suchende per sè gute Menschen („Opfer“), sondern lediglich ein Querschnitt der Bevölkerung, wo auch sicherlich Psychopathen und Arschlöcher mit bei sind.
Sobald gegen Gesetze verstoßen werden, müssen diese angewandt werden, solange diese nicht humanistische Standards berühren. Leider gibt es auch in Deutschland Gesetze, die ich deswegen für grundfalsch halte…
Deswegen schaue ich eher auf den Einzelfall und reagiere wohl kaum wie der rechte Mob, oder im genauem Gegenteil des Feindes vom letzteren.
Natürlich können wir nicht alle aufnehmen. Es müssen Konzepte Entwickelt werden, dass die Fluchtursachen abgestellt werden.
Ich habe jetzt keine Zeit dieses nochmals zu erläutern.
Ich glaube kaum, dass sich ein Großteil der Menschen, die Heimat, unter schweren Gefahren, für ein bisschen Schnonsens verlässt… Die Ursachen sind doch wohl schon etwas essentieller.

Nur eines: Der Begriff „Eigenverantwortung“ ist in letzter Zeit schon so sehr missbraucht worden. Der passt für mich schwerlich in dem Kontext.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  niki
5 Jahre zuvor

Sehr wohl! Den Begriff der „Eigenverantwortung“ haben diverse politische Kräfte mit ihren Spin- Experten so gründlich gedreht und um gedeutet, dass man den getrost und guter erster Näherung als „verbrannt“ bezeichnen darf.

Beste Grüße

flurdab
flurdab
Reply to  niki
5 Jahre zuvor

Die Konzepte sind doch bereits da!
Da haben doch der Augstein und der Precht sich letztens zu ausgelassen.
Fluchtursachenbeseitigung kann nur die Abschaffung des Sozialstaatsgebots bedeuten!
Oder glaubt hier irgendjemand das Frau Merkel irgendetwas aus „Humanität“ tut?
Übrigens lag der Anteil an positiven Asylentscheidungen vor 2015 bei um die 2- 3% aller Antragsteller, der Rest bekam quasi eine Duldung. Angeblich hielten sich 2016 ca. 600.000 Menschen mit Duldung hier im Land auf, und um die geht es.
Da sind quasi 300.000 Wohnungen die dem Markt entzogen sind, aber im Prenzelberg merkt man da noch nichts von.
Und wovon leben diese Personen? Gibt es Sozialleistungen? Fallen diese unter das Hartz- Regime?
Ich denke Straftäter wird man unter den 2- 3 % Asylanten nur sehr wenige finden, und da reicht das Strafrecht, der Rest gibt uns den Rest. Denn hier wird ja an unserer aller juristischen Zukunft geschraubt, die neuen Polizeigesetzte werden ja nicht nur für „Geduldete“ gelten.
Also Asyl ist das eine, Duldung etwas ganz anderes.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  flurdab
5 Jahre zuvor

Also Asyl ist das eine, Duldung etwas ganz anderes.

De jure mit Sicherheit! De facto wird es aber so sein, dass man auch kriminelle geduldete Menschen nicht in Länder abschieben darf, wo ihnen unmenschliche Behandlung droht.

Da das mittlerweile m.E. leider sehr viele südliche Länder betrifft haben wir mittlerweile die Probleme die wir uns wirklich redlich verdient haben, z.B. mit unserer sogn. Entwicklungspolitik. Und es ist zudem ein kleiner „Vorgeschmack aus des Teufels Küche“, die richtigen Völkerwanderungen werden noch kommen, wenn es mit der Klimaerwärmung so rasant weiter geht wie bisher.

Evtl. wäre es besser wir üben schon mal als Gesellschaft mit den relativ wenigen „Geduldeten“ human, auch in dem Sinne das wir keine Unmenschen werden, um zu gehen, bevor die wirkliche Welle kommt.

Beste Grüße

flurdab
flurdab
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

Sofern man überhaupt weis wer der Mensch ist und wo her er stammt.
Aber Fingerabdrücke und Photos, das kann man ja nicht an der Grenze, das dauert ja vieeeel zu lang.
Da wir nie die echten Zahlen der Geduldeten, noch der der Asylberechtigten erfahren werden, ebenso wenig den kompletten Finanzbedarf, können wir uns eigentlich jeden Gedanken dazu sparen.
Denn diese Zahlen würden das Meinungsbild radikal ändern. Da verhält es sich nämlich völlig anders als bei den Milliardenbeträgen für Uschis Natod- Truppe, die scheinbar völlig in Ordnung gehen.
Vorgestern las ich ich das derzeit 147.000 Menschen per Haftbefehl gesucht werden, wie kann das sein?
Also 600.000 Personen von denen ich im Grunde überhaupt nichts weis, sind für mich keine Kleinigkeit.
Das ist die Beugung des Rechts. Aber wie kann das sein, wo doch alle vor dem Recht gleich sein sollen?
Hier wird gerade mit einer enormen Perfidie unser Rechtsstaat ausgehöhlt, aber alles mit guter Absicht, ja klar.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  flurdab
5 Jahre zuvor

Das ist die Beugung des Rechts.

Da bin ich bei Dir! Auch wenn Frau Kipping Bundeskanzlerin wäre, dürfte sie nicht das machen was Frau Merkel gemacht hat, es ist m.E. keine Frage von links oder rechts.

Aber wie kann das sein, wo doch alle vor dem Recht gleich sein sollen?

Der Grundsatz lautet wir sind gleich im Recht, aber daraus kann man nicht ableiten das wir gleich im Unrecht sind! Ganz trivial gesagt, nur weil der Nachbar die Politesse kennt (den „f“ Witz von Otto dazu erspare ich mir) und keine Knölchen bekommt, darf man selber daraus nicht ableiten, ohne Sanktionen falsch parken zu dürfen.

Beste Grüße

seyinphyin
seyinphyin
Reply to  niki
5 Jahre zuvor

„Als Feind der AfDler “muss” man das Gegenteil sein.“

„Feind der AfDler“? Wer oder was soll das sein?

Die Schuld an dem ganzen Dreck in dem sich dieses Land suhlt ausgerechnet Migranten zu geben ist einfach so unglaublich dämlich, dass jegliche Diskussion darüber schon von Anfang an lächerlich ist. Da gibt es nichts zu diskutieren. Das ist falsch und ein mieser, erbärmlich, uralter Propagandatrick der Faschisten/wieauchimmersiesichgeradenennenwhocares.

Die AfD ist nur ein neues Paar Zugpferde, die man vor das System gespannt hat. Jegliche Kritik die vor der AfD schon richtig war ist es immer noch, egal wie oft versucht wird, diese neuen Zugpferde als einen völlig neuen Weg zu verkaufen. Er ist es nicht.

Die AfD ist dieselbe Scheiße wie der neoliberale Einheitsblock davor, lediglich mit der Extraaufgabe durch besonders viel offenes Dreck labern die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und damit den Weg noch weiter nach Rechts freizuräumen, damit die etablierten Rechten diesen dann gelassen und ungehindert passieren können.

Wer nicht einmal das merkt, merkt gar nichts, weil das ist nun wirklich völlig offensichtlich.

„Eigenverantwortung“, das ist derselbe Quatsch wie früher, als die Reichen und Mächtigen meinten, sie wäre schlichtweg überlegen oder halt von Gott erwählt. Man wäscht seine gesamte Korruption und das davon durchdrungene System. Die Armen sind arm weil sie faul sind, die Reichen sind reich weil sie halt super geil sind. Alles verdient. Und Sozialstaat, Menschenrechte und Co sind schlecht, weil das nur die Faulheit der Armen fördert.

Eigenverantwortung spielt natürlich dann keine Rolle mehr, wenn die Verbrechen der Reichen mal auffliegen. Dann war wieder mal sonstwer Schuld und die Folgen tragen alle anderen.

Letztlich bringt es natürlich dennoch nichts, sich an diesem oder irgend einem anderen Wort festzuhalten. Faschisten missbrauch alles, frei nach belieben. Darauf baut ihr Erfolg auf. Was immer man versucht, sie werden alles daran setzen, es für ihre Zwecke zu verunstalten. Immer. Deswegen sind sie Faschisten (oder wie auch immer sie sich gerade nennen…).

niki
niki
Reply to  seyinphyin
5 Jahre zuvor

“Feind der AfDler”? Wer oder was soll das sein?

Du hast mich offensichtlich nicht verstanden. Das soll die Tatsache das es auch innerhalb der LINKEN Schwarz-Weiß-Denken gibt unterstreichen. Besonders fällt mir das halt auf, wenn es um das Thema Sahra W. geht. Manchmal auch beim Thema Feminismus!
Das nun die anderen neoliberalen nicht besser sind, als AfD-Anhänger… Geschenkt!

Defi Brillator
Defi Brillator
5 Jahre zuvor

Das rauhe Gegenteil hingegen schon? Mord? Siehe Brecht : „Es gibt viele Arten zu töten“. Das ausgerechnet Sozialdemokraten da auf Unterschiede (wie auf Symptome) pochen, verwundert angesichts der Parteiführerin Andrea Nahtod nicht wirklich mehr. Irgendwann werden sie halt wieder selbst abgeholt, nur dann nutzt das Geschrei nichts . Bätschi!
Nein, es ist ja noch perfider! Die SPD müsste sich eingestehen, das Ihre, durch sie höchst selbst, initiierten Militärattacken in aller Welt, weder für Sicherheit, noch für demokratische Ergebnisse gesorgt haben. Das geht nun aber wirklich nicht! Da schließt man sich doch eher mit den Kumpels von AFD und CSU zusammen und erklärt jedes Gebiet , was eine Mortalitätsrate unter 85 % aufweist, zum sicheren Hafen. Was bleibt sind bedauerliche Einzelfälle an Kollateralschäden, also schlichte Zahlen, denn von denen, die da umkommen, will ja keiner was wissen, geschweige denn diese überhaupt anglotzen müssen. Das muss wohl diese Erneuerung der SPD sein, über die alle so viel sprechen.

Hartmut
Hartmut
5 Jahre zuvor

Ich finde das sowieso gaga, nun plötzlich zu behaupten, der Himmel wäre getupft, nur weil der politische Gegner verkündet, er wäre blau. Aber genau dafür wird man geteert und gefedert, wenn man diesen Quatsch NICHT mitmacht.
Bestes Beispiel wieder gestern das Sommerinterview mit Riexinger. Der ZDF-Typ Thomas Walde kritisierte die LINKE für ihre nachsichtige Haltung zu Russland natürlich mit dem Verweis auf die AfD, die sich der ständigen Hetze gegen das Land und insbesondere gegen den Gott-sei-bei-uns-Putin auch nicht anschließen mag (was er natürlich anders formulierte). Die LINKE hat also gefälligst Putin blöd zu finden, weil ihn die AfD (angeblich) toll findet – sonst „Querfront“. An diesem Punkt hatte ich dann wieder genug und umgeschaltet.

Heldentasse
Heldentasse
5 Jahre zuvor

Taktisch unklug ist jene linke Agenda, immer dann das Asylrecht laut zu betonen, wenn es sich beim Antragsteller um jemanden handelt, der straffällig wurde.

Dabei ist die Sache doch ganz klar, dass man nach den Menschenrechten und dem GG und den draus folgenden Gesetzten, z.B. dem Strafrecht, sein Recht auf Asyl nicht verwirken kann, dass gilt auch für Mörder. Das ist m.E. auf keinen Fall ein politisches links/ rechts Problem, sondern im Grunde ein eines was zeigt ob Menschen es grundsätzlich verstanden haben, dass es in unserem Rechtskreis Grundrechte gibt die man niemals verlieren kann, egal was für ein schlimmer Finger im konkreten Fall Asyl beantragt.

Die Linke kann Kant nicht einfach unter den Teppich kehren, muss sich an dessen Aufklärung orientieren, die den Menschen auch Eigenverantwortung überträgt und aus deren Kontext man eben nicht so tun kann, als seien Asylsuchende per se Opfer, die nur zu Tätern werden, weil sie keine andere Chance haben.

Nochmals zum Mitdenken, auch im Kontext der genialen Erkenntnisse von Herrn Kant: Ob Asylbewerber Täter sind und sich damit strafrechtlich verantworten müssen, hat m.E. keinerlei Relevanz im Kontext der Menschenrechte, wie es z.B. das Rechtsanspruch auf Asyl eines Menschen. Menschenrechte kann man de jure nicht verlieren, ggf. müssen wir es sogar erdulden, dass sogar Terroristen nicht abgeschoben werden dürfen. Siehe hier: https://www.addendum.org/asyl/recht-auf-asyl

Beste Grüße

Pruchtfresse
Pruchtfresse
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

Dabei ist die Sache doch ganz klar, dass man nach den Menschenrechten und dem GG und den draus folgenden Gesetzten, z.B. dem Strafrecht, sein Recht auf Asyl nicht verwirken kann…

Dann schlag das mal nach und setzte hier nen Link rein. Es darf sogar innereuropäisch „abgeschoben“ werden
wenn ein europäischer Freizügler in einem „EU-Gastland“, Straftaten begeht. Die Latte dafür liegt zwar sehr hoch,
aber rausfliegen kann der deutsche Intensivtäter der fortwährend Straftaten in Rumänien begeht.

Man muss auch Asyl- und Aufenthaltsdelikte trennen und die Abschiebung von der Ausweisung unterscheiden.

Nach § 53, Abs. 1 AufenthG darf jeder ausgewiesen werden der hier die „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ gefährdet.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Pruchtfresse
5 Jahre zuvor

Das ist natürlich auch richtig! Aber ich sehe darin keinen Widerspruch zu meiner Aussage. Denn erstens bedingt die Abschiebung immer eine richterliche Einzelentscheidung, und zweitens wird eine Güterabwägung vorgenommen, die natürlich auch mal so ausfallen kann, dass in ein sicheres EU- Land abgeschoben werden kann.

Grundsätzlich gilt aber laut wiss. Dienst des Bundestag:

Art. 3 EMRK schließt nach der Rechtsprechung des
EGMR „stillschweigend die Verpflichtung ein, den Betroffenen nicht in das Land auszuweisen“,
in dem er einer Behandlung ausgesetzt wäre, die mit Art. 3 EMRK unvereinbar ist 45 . Der Schutz
gilt demnach „ausnahmslos“, lässt nicht „einmal im Falle eines öffentlichen Notstandes, der das
Leben der Nation bedroht, Abweichungen zu“ und gilt unabhängig von den Aktivitäten der be-
troffenen Person 46 .

Quelle

Mein Ergo: Wer gute gute Gründe hat hier Asyl zu beantragen, wird in der Regel auch nicht abgeschoben, es sei denn das Land ist sicher und es droht ihm keine unmenschliche Behandlung.

Beste Grüße

Pruchtfresse
Pruchtfresse
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

Wer gute gute Gründe hat hier Asyl zu beantragen, wird in der Regel auch nicht abgeschoben,

Das soll auch niemand.
Die vollständige Kontrolle, darüber wer sich auf dem Staatsgebiet aufzuhalten hat und wer nicht, ist
nie zu erreichen und populistische Augenwischerei der Seehofers und Meuthens.
Es ist auch gut und richtig, wenn wir uns etwas Krieg mit unseren Gästen ins Haus holen. Spiegel können
wir gebrauchen. Wer sagt denn auch, dass Kriegsopfer im Zwischenmenschlichen nicht rustikal in ihren Umgangsformen zu sein haben ? Dennoch müssen wir uns Gedanken zum Ungang mit statistischen
Ausreißern machen die es mit der Unverletzlichkeit und Würde anderer nicht so genau nehmen.
Ich habe einfach keine Lust zwischen Leuten herumzulaufen die ihr Gastrecht als Schwerverbrecher missbrauchen.
Ob das eine moralische oder rechtlich noch zu verantwortende Bewertung ist, ist mir schlichtweg, wie den
meisten Bundesbürgern, egal.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Pruchtfresse
5 Jahre zuvor

Ich habe einfach keine Lust zwischen Leuten herumzulaufen die ihr Gastrecht als Schwerverbrecher missbrauchen.

Da hat wohl keiner „Lust“ zu. Ich habe sogar zusätzlich auch keine „Lust“ mich zwischen toitschen Schwerverbrechern zu bewegen. Allerdings werden Schwerverbrecher in der Regel eingesperrt, und wenn nicht sind sie auf der Flucht, und damit nicht von belang für diese Betrachtung.

Beste Grüße

P.S.: Habe noch was erhellendes vom wissenschaftlichen Dienst gefunden.

Pruchtfresse
Pruchtfresse
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

Ich habe sogar zusätzlich auch keine “Lust” mich zwischen toitschen Schwerverbrechern zu bewegen.

Das musst du aber, schließlich hast du sie gewählt !

Zit. dein Link / Text

In der Regel sind Staaten völkerrechtlich frei, über die Einreise und den Aufenthalt sowie die
Ausweisung und Abschiebung von Ausländern zu entscheiden und den Aufenthalt für straff
ällig gewordene Ausländer in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken.
Ein allgemeines völkerrechtliches Abschiebeverbot von Ausländern und Staatenlosen existiert nicht.

Darauf hatte zu Anfang hingewiesen, wenn auch ungenau.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Pruchtfresse
5 Jahre zuvor

ROFL!

R_Winter
R_Winter
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

….dass es in unserem Rechtskreis Grundrechte gibt die man niemals verlieren kann,….

Ja, das wusste ich bisher nicht.
Ein Mörder (z.B.) hat Grundrechte in Sachen Asyl, die er nicht verlieren kann.
Ein in Hartz-Empfänger kann sanktioniert werden und seine Lebensgrundlage (Menschenwürde) verlieren…..
Ist ja „gesetzlich geregelt“……
Wir sind ja alle gleich……vor dem Gesetz….

Bin ich jetzt ein „Rechter“, der aus der „linken Blase“ verstoßen wird?

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  R_Winter
5 Jahre zuvor

Hallo R_Winter ich plädiere hier, erstens bitte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen und zweitens ein mögliches Unrecht nicht damit zu relativieren, weil anderen womöglich auch Unrecht getan wird.

Und ich bleibe dabei, es ist keine Frage des politischen links/rechts sondern eine Frage wie wir uns verfassen, also welche Rahmenbedienungen wir uns geben. Und die Gründer*innen des GG wollten aus guten Gründen, dass das Asylrecht ein Grundrecht ist, und zudem ist es sogar über mehrere starke Regelwerke ein Menschenrecht.

Beste Grüße

Pruchtfresse
Pruchtfresse
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

dass das Asylrecht ein Grundrecht ist, und zudem ist es sogar über mehrere starke Regelwerke ein Menschenrecht.

Will das Asylrecht irgend jemand abschaffen oder was soll das ständig ? Das Recht auf Asyl stand doch nie zur Debatte !
Das war beim Linken-Parteitag schon eine hochneurotische Veranstaltung im Umgang mit Sahra Wagenknecht zum Thema. Auch sie hat das Recht auf Asyl nie antasten wollen.
Was soll der Mist ?

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Pruchtfresse
5 Jahre zuvor

Sorry, ich bezog mich ganz alleine auf den Kommentar des von mir sehr geschätzten R_Winter. Ich versuchte zu erklären, warum man die Grundrechten eines Mörders, nicht mit den m.E. vermutlich verletzten Grundrechten von sanktionierten „Hartzern“ nicht relativieren darf. Was soll dabei herauskommen?

Beste Grüße

Pruchtfresse
Pruchtfresse
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

Welche Grundrechte eines Mörders ? Art 2. GG „Die Freiheit der Person ist unverletzlich“ wird z.B. mit lebenslanger Haft aufgehoben.

Hier mal die Grundrechte. Man beachte diverse „Ausschlussklauseln“ wie z.B. „In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden“ oder z.B. Art. 8
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

https://www.bundestag.de/parlament/aufgaben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_01/245122

Das klingt alles nur gönnerhaft :-))))

Ich würd da nicht viel drum geben :-))))

aquadraht
aquadraht
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

Ist ja nicht nur im Knast so. Ist doch alltäglich, dass man stundenweise gegen Bezahlung auf seine, hust, unveräusserlichen Grundrechte verzichtet. Nennt sich Arbeit.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  aquadraht
5 Jahre zuvor

Das ist in der Tat leider so! Obwohl man aufgrund der Zustände sehr zynisch werden kann, halte ich nach wie vor die Grundrechte und andere internationale Regelwerke im Kontext für eine hohe kulturelle Leistung, für die zunächst aber Millionen Menschen sterben mussten bis man erkannte das es vermutlich gar nicht anders funktioniert wenn das Zusammenleben einigermaßen friedlich sein soll.

Beste Grüße

seyinphyin
seyinphyin
Reply to  R_Winter
5 Jahre zuvor

Achso, wir machen bei dem Spielchen mit, die Armen gegen die Ärmsten auszuspielen und natürlich so, dass am Ende alle Armen noch mehr am Arsch sind.

In dem Fall kann man all dem natürlich problemlos zustimmen, wenn man so ein ********** ist.

„Bin ich jetzt ein „Rechter“, der aus der „linken Blase“ verstoßen wird?“

Ob man ein Rechter oder Linker ist entscheidet sich einzig und allein am eigenen Verhalten.

aquadraht
aquadraht
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

Es ist richtig, dass ein anerkannter Asylberechtigter einen ähnlichen Aufenthaltsstatus geniesst wie ein Einheimischer: er kann auch im Falle schwerer Straftaten nicht abgeschoben oder ausgeliefert werden. Einen ähnlich starken Aufenthaltsstatus haben Kriegsflüchtlinge nach den UN-Flüchtlingskonventionen, soweit die Kriterien zutreffen.

Darunter gibt es aber eine ganze Reihe von Aufenthaltskategorien, von der Duldung bis zum vorläufigen Abschiebungsschutz bei bereits beendigter Aufenthaltsberechtigung. Hierzu gehört auch der Aufenthaltsstatus von Familienangehörigen von Menschen aus den oben genannten Kategorien, auf die die Kriterien nicht zutreffen.

Alle diese Personen müssen im Falle schwerer Straftaten mit dem Ende der Aufenthaltsberechtigung und gegebenenfalls mit Abschiebung rechnen. Natürlich muss (oder müsste) in jedem Fall geprüft werden, ob die Kriterien erfüllt sind und keine Abschiebehindernisse (Lebensgefahr ist eines) bestehen. Grobe Rechtsbrüche wie unlängst bei der Abschiebung des angeblichen Bin-Laden-Leibwächters nach Tunesien sollten bestraft werden.

Aber es ist auch nicht so, dass niemand abgeschoben werden darf.

a^2

ChrissieR
ChrissieR
5 Jahre zuvor

Ich denke, die Erde is ne Kugel…
Was macht es da auf Langstrecke für nen Unterschied, ob ich rechts oder links abbiege?

Weia…schnellduckundwegrenn…

Loco
Loco
5 Jahre zuvor

Der Blogeintrag ist eine gute Zusammenfassung der Grabenkämpfe und teilweise ans lächerliche grenzenden Abgrenzungen innerhalb unserer Szene. Was mich allerdings wesentlich mehr stört, als diese zur Gretchenfrage hochstilisierte, Beschäftigung mit Flucht und Asyl (hier reicht es sich auf das Grundgesetz in seiner ursprünglichen Fassung zu beziehen: „Politisch Verfolgte genießen Aslyrecht“!), ist die Tatsache, dass die Linke sowohl als Partei, als auch als gesellschaftliche Bewegung das Agendasetting der Rechten einfach mitmacht. So als wäre es ein großes Problem in einem reichen Land einen Platz für Menschen zu finden, die Schutz und Hilfe suchen!

Die wirklichen Probleme , die das Potenzial haben unsere Gesellschaft zu spalten und wirklichen Sprengstoff in sich bergen, kommen dabei unter die Räder!

Wann war der letzte öffentliche Aufschrei über wachsende soziale Ungleichheit?
Wieso kommentiert niemand die offensichtliche Unfähigkeit unserer Regierung sich um Pflegenotstand, steigende Mieten oder die zerstörten sozialen Sicherungssysteme zu kümmern?
Warum ist der Begriff „Sicherheit“ mit Law-and-Order statt einem planbaren Leben verknüpft?

Ich glaube sich um sowas zu kümmern ist wesentlich wichtiger als Schattenboxen mit rechten Demagogen und dämliches Selbstzerfleischen (von Wortgefechten mit Soja-Latte-„Linken“ mal ganz abgesehen…).

Linksman
Linksman
5 Jahre zuvor

Generell sollte zwischen Asylrecht und Arbeitsmigration differenziert werden.
Zur Arbeitsmigration haben Linke verschiedener Flügel (von SL bis FDS) ein recht vernünftiges Kompromisspapier vorgelegt.

Das schwärmerische Gestammel „Offene Grenzen für alle“ aus dem Parteiprogramm kleistert dagegen die Unterschiede zwischen Asyl und Arbeitsmigration zu. Dieses Eigentor gehört rasch gestrichen – sonst könnte es für die Linke irgenwann zum ähnlichen Bumerang werden wie Möwenpickpartei (FDP), Merkelsteuer (SPD), Veggieday (Grüne) oder die „blühenden Landschaften“ (Kohl-CDU).

Pruchtfresse
Pruchtfresse
Reply to  Linksman
5 Jahre zuvor

Das Kompromisspapier der Linken zur EU-Binnenmigration ist fürn Arsch ! Es berücksichtigt nicht die europäischen Inklusionsbestimmungen. Inklusion bedeutet in diesem Zusammenhang, dass derzeit noch das europäische Einwanderungsland für die Zahlung von Sozialleistungen zuständig ist. Das ist grundlegend falsch. Das EU-Herkunftsland muss zahlen damit es nicht zu einer innereuropäischen Abwärtsspirale der Leistungshöhe führt.
Ansprüche durch Arbeitseinkünfte werden im Herkunfts-, und Niederlassungsland erworben und Ansprüche
demnach gequotelt. Das man in Deutschland mit einer Scheinfirma ohne Einkünfte an volle Sozialleistungen gelangen kann, ist derzeit noch ein Loch in der Gesetzgebeung das gern missbraucht wird.

Nebenbei würde die Überarbeitung der europäischen Inklusionsbestimmungen dazu führen, dass deutsche Rentner auf Grundsicherung in EU-Ländern mit niedrigeren Preisen
leben könnten, wobei das nicht das Ziel ist, sondern höhere und angemessene Renten in Deutschland.
Aber wer möchte, sollten können dürfen. So liberal sollte es hier mindestens bleiben. Zum Flaschensammeln sollte
niemand gezwungen werden, wenn er woanders billiger leben kann.

Das linke Kompromisspapier ist völlig gehaltlos !

Art Vanderley
Art Vanderley
5 Jahre zuvor

Ist es nicht eher umgekehrt gelaufen? Die Ideologie der offenen Grenzen war zuerst da, dann kamen die Rechten mit genauso simplen Gegenreaktionen.
So verbreitet diese Ideologie unter Linken ist, unter Salonliberalen gibt es sie ganauso häufig, mittlerweilen sogar unter Konservativen.
Auffällig auch die Querfront zwischen Offengrenzlern verschiedener Lager und Neoliberalen, die diesem Konzept sehr viel abgewinnen können, glaubt wirklich jemand, offene Grenzen hätten etwas mit Humanität zu tun?
Hab oft eher den Eindruck, daß es da v.a. um Selbstprofilierung geht und daß die realen Folgen einer völligen Grenzöffnung zweitrangig sind. Wer es ernst meint mit mehr Humanität, kommt nicht umhin, über die Weltwirtschaftsordnung und die Fluchtursachen zu reden. Ist aber der schwierigere Weg, einfacher ist es, Forderungen zu stellen, von denen die Forderer selber wissen, daß sie keine Chance haben, sodaß man so weiter machen kann wie bisher und sich in seinem „überlegenen“ Gewissen sonnen kann.

Pruchtfresse
Pruchtfresse
Reply to  Art Vanderley
5 Jahre zuvor

glaubt wirklich jemand, offene Grenzen hätten etwas mit Humanität zu tun?

Wieso ? Beim Freihandel geht es ja auch um Freiheit weil jeder mitmachen darf…

Hier ein neoliberaler Propagandaartikel bei Brandeins / Zeit Online

Was wäre, wenn …
… alle Grenzen offen wären?

https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2018/service/was-waere-wenn-alle-grenzen-offen-waeren

Dazu die wichtigsten Fakten die von Politikern ignoriert werden ( siehe unten )


Mauern werden niemanden aufhalten

https://www.infosperber.ch/Artikel/Gesellschaft/Migration-Mauern-werden-niemanden-aufhalten

Art Vanderley
Art Vanderley
Reply to  Pruchtfresse
5 Jahre zuvor

In der Tat, Propaganda, wie sie im Buche steht.
Beide Artikel reden von offeneren Grenzen, behaupten ihre „Fakten“ also auf der Basis nach wie vor regulierter Migration, setzen das dann aber ohne Begründung gleich mit völlig offenen Grenzen.

Pruchtfresse
Pruchtfresse
Reply to  Art Vanderley
5 Jahre zuvor

„Eine Arbeitskraft, die von einem armen Land in ein wohlhabendes zieht, entfaltet – unter anderem durch einen effizienteren Arbeitsmarkt sowie bessere Arbeitsbedingungen und Hilfsmittel – eine erheblich höhere Produktivität.“

Wenn das unsere Arbeitslosen und Unterbeschäftigten wüssten. Die würden gewiss sofort in ein wohlhabendes Land ziehen. Eine so hohe Produktivität rentiert sich bestimmt. Da klingelt doch die Kasse !

Was die für einen unwissenschaftlichen Müll die verbreiten. Vage bis keine Quellenangaben, namedropping wie im Boulevard …. Piketty und haste nich gesehn….

Art Vanderley
Art Vanderley
Reply to  Pruchtfresse
5 Jahre zuvor

Es gibt wohl keinen Bereich, in dem soviel Kaffeesatzleserei betrieben wird wie im Bereich Wirtschaft.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Art Vanderley
5 Jahre zuvor

@Art Vanderley

Es gibt wohl keinen Bereich, in dem soviel Kaffeesatzleserei betrieben wird wie im Bereich Wirtschaft.

Für den Bereich der Börsenspekulation trifft das sicher zu, wenn man von der gezielten Manipulation der Kurse absieht, aber in der Realwirtschaft halte ich das für knallharte Kalkulation.
Ein Überhang an Arbeitssuchenden schafft eben gleichzeitig das Druckmittel für die Löhne, weswegen Vollbeschäftigung schon lange kein Ziel der wirttschaftshörigen Politik mehr ist.

Art Vanderley
Art Vanderley
Reply to  Robbespiere
5 Jahre zuvor

Ob Vollbeschäftigung wirklich eine Verheißung ist, weiß nicht so recht. Sonst aber Zustimmung, AZ-Verkürzung, weniger Arbeitslose, bessere Bedingungen, alles nicht gewollt.

Pruchtfresse
Pruchtfresse
Reply to  Art Vanderley
5 Jahre zuvor

Es gibt wohl keinen Bereich, in dem soviel Kaffeesatzleserei betrieben wird wie im Bereich Wirtschaft.

Ich habe nur die Gegenprobe gemacht. Wie früher in Mathe.
Die Gleichung muss vorwärts wie rückwärts aufgehen.

Wenn der Arbeitsmarkt hier ein Kartoffelmarkt wäre, wären
nur billige Fachkräfte nachgefragt, weil die Qualifikation
der eignen Arbeitslosen zu teuer ist. Das wäre nicht nur so. Das
ist so nach Rechnung schwäbischer Haufrauen.

Nun ist der Arbeitsmarkt aber kein Kartoffelmarkt weil jeder
Verlust einer Fachkraft im Herkunftsland zu Arbeitslosigkeit
geringer Qualifizierter führt. Wenn alle Bauingenieure und
Architekten weg sind, hat der Maurer in Bulgarien niemanden
mehr der ihm eine Zeichnung macht nach der er mauern kann.
Kartoffeln wäre das egal.

Das fördert die Armustmigration. Zehn Maurer folgen dem
Bauingenieur ins gelobte Land. Jetzt haben wir eine billige
Fachkraft, nä ? Der Staat bezahlt für zehn Maurer die schon
vor der Fachkraft hier arbeitslos waren und für 10 weitere
die noch dabeigekommen sind. Die alten und neuen Maurer
drücken sich jetzt gegenseitig im Lohn. Je geringer der Lohn,
desto niedriger die Einnahmen des Staates.

Die Unternehmer sparen, der Staat verschuldet sich.
Das hat die Ex-Arbeitsministerin Nahles ganz toll hinbekommen.
Deshalb hat sie den arbeitslosen Migranten eine eigene
Arbeitslosenstatistik gegönnt. Die Migranten werden aus
der offiziellen Statistik herausgerechnet.

Ja, es ist furchtbar wenn die Schwächsten einer
Gesellschaft in Konkurrenz zueinander gesetzt werden um
Kapital daraus zu schlagen.

Nun helfen uns moralisierende Analysen aber nicht weiter.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Pruchtfresse
5 Jahre zuvor

@Pruchtfresse

Was die für einen unwissenschaftlichen Müll die verbreiten.

Wenn man wg. exponierter Stellung von den Auswirkungen nicht betroffen ist, kann man locker den Kapitalbesitzern nach dem Mund schreiben.
Proffesoren kommen eher selten in Booten über das Mittelmeer und bedrohen die eigene Einnahmequelle.
Der Elfenbeinturm läßt grüßen.

Franz Josef Krafeld
Franz Josef Krafeld
5 Jahre zuvor

Ich möchte diese gelungen Beschreibung um einige Punkte ergänzen, die ich für zentral halte – die mir aber in dem -Beitrag nicht oder nicht deutlich genug anklingen:
Ich sehe als „Nährböden“ für die beschriebenen Prozesse folgende Phänomene:

1. Im linken, im möchtegern-linken und im zivilgesellschaftlichen Umfeld hat sich erschreckend weit eine Kehrtwende vom gesellschaftsanalytischen und dialektischen Denken hin zum (im Grunde ja vordemokratischen) dualistischen Denken des Schwarz-Weiß, Gut-Schlecht durchgesetzt.

2. Derartige realitätsfremde Verkürzungen werden noch gesteigert durch eine immer weiter um sich greifende moralisierende statt analysierende und differenzierende Auseinandersetzung mit schlimmen gesellschaftlichen Realitäten. Und begleitend von einer immer rigideren moralisierenden Stigmatisierung und Ausgrenzung Andersdenkender.

3. Diese Praxis führt gerade in der Migrationsdiskussion immer wieder dazu, dass ausgeblendet wird, dass sich bis ins 21.Jahrhundert hinein zivilgesellschaftliche Verhältnisse und soziale Sicherungssysteme praktisch ausschließlich auf der Basis von Nationalstaaten haben realisieren lassen. So schlimm das ist, sind wir dagegen einer wirklich globalen Gültigkeit von Menschenrechten in den letzten Jahrzehnten nur wenig näher gekommen. Die Kontroversen um offene Grenzen „ja-nein“ aber blenden dieses Problem durchweg einfach aus. – Die Rechten und die Rassisten dagegen schöpfen andererseits vielleicht aus nichts so viel Kraft wie daraus, dass niemand offenbar eine umsetzbare Idee dafür hat, wie es einerseits den Armen und den sich von Armut bedroht Fühlenden in dieser Gesellschaft besser gehen könnte – und gleichzeitig (!) ein menschenwürdiger Umgang mit allen sich zur Migration gedrängten Menschen gewährleistet werden kann. (Wer diese Frage ausblendet – und das tun in meinen Augen auch alle „Offene-Grenzen-Fanatisten“ – der oder die überlässt deren Bewältigung den Neoliberalen und deren rechtsextremistischen Claqueuren.)

4. Die Linke krankt seit Jahrzehnten daran, dass sie sich immer wieder in „Kämpfen gegen ….“ so sehr aufreibt, dass weder Kraft noch Hirn bleibt, handlungsleitende Visionen und Utopien für eine bessere Zukunft zu entfalten. Und erst recht nicht geeignet sind, irgendwelche Verbesserungen zu realisieren. Entsprechend geht der zermürbende Streit immer wieder darum, was richtig ist. Und nicht darum, was wirksam ist und was zumindest Veränderungen in „die richtige Richtung“ bewirkt.

Das wollte ich einfach spontan anmerken. Vielleicht greift das ja jemand auf.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Franz Josef Krafeld
5 Jahre zuvor

Josef Krafeld

Danke für diesen Kommentar!

Punkt eins und zwei treffen zu, Punktdrei mit Einschränkungen.
Als Linke würde ich nach dem Seitenwechsel von Rot/Grün ohnedies nur noch die LINKE betrachten und die ist nicht homogen.
Der fundamental-orientierte Teil beharrt auf Internationalismus als Primärziel, was m.E.n. in Anbetracht von rund 200 Nationalstaaten weltweit mit unterschiedlichen Entwicklungsstadien in der Durchsetzbarkeit eine Illusion darstellt.
Soziale Sicherungssysteme sind im ersten Schritt nunmal erst auf der Basis von Nationalstaaten als Organisationseinheit machbar.
Das schließt ja nicht aus, Kriegsbeteiligungen zu vermeiden, faire Handelsbedingungen zu schaffen und sinnvolle Entwicklungshilfe zu leisten und so weltweit eine Homogenität der Staaten zu erreichen.

Den realistischeren Ansatz scheint mir der Flügel um Sahra Wagenknecht zu verfolgen, der die Ursachen des Ungleichgewichts zwischen entwickelten Ländern und den Entwicklungsländern klar anspricht.
Hieraus ergeben sich auch die Lösungsansätze, wenn man pragmatisch denkt.
Allzu Viele scheinen nicht zu realisieren, dass das Ursache-Wirkungs-Prinzip global gültig ist und es keine isolierte „Insel der Glückseligen“ geben kann.
Dies gilt für die Umwelt genau so wie für den Umgang mit endlichen Resourcen oder die übermäßige Populationsentwicklung, welche auffallend mit der Armut und dem Fehlen sozialer Sicherungsnetze korreliert.
Von der Mehrheit der Parteien und ihrer Vertreter erwarte ich keine Lösung dieser Probleme, allenfalls Kosmetik, da sie allzu sehr mit den Interessen der Kapitalinhaber verbandelt sind, denen sie nicht Paroli bieten können oder wollen.

Pruchtfresse
Pruchtfresse
Reply to  Franz Josef Krafeld
5 Jahre zuvor

3. Diese Praxis führt gerade in der Migrationsdiskussion immer wieder dazu, dass ausgeblendet wird, dass sich bis ins 21.Jahrhundert hinein zivilgesellschaftliche Verhältnisse und soziale Sicherungssysteme praktisch ausschließlich auf der Basis von Nationalstaaten haben realisieren lassen.

Das funktionierte bis man die Zügel aus der Hand gab und sie dem internationalen Finanzkapitalismus überließ.
Es kann keinen Internationalismus geben ohne Re-Regulierung der globalen Finanzmärkte. Ohne dies ist ohnehin
soetwas wie „Gerechtigkeit“ nicht möglich. Es gibt keine Wirtschaftstheorie mit der eine Gesellschaft betrieben
werden kann, deren Finanzwirtschaft sich von der Realwirtschaft entkoppelt hat. Was soll eine Zusammenführung
dysfunktionaler Systeme ergeben ? Mord und Totschlag, Krieg und Elend !

Wenn es keine Konsenslösung zur Re-Regulierung der Finanzmärkte geben sollte, müssen IT-Lösungen
einzelner Staaten zu einer Sabotage der Trading-Computer eingesetzt werden. Entweder Tobinsteuer oder
die Impulse der automatischen Bietagenten werden mit hohen Kosten belegt oder blockiert.

Alles gehört auf den Prüfstand – Nichts ist mehr heilig !

Art Vanderley
Art Vanderley
Reply to  Franz Josef Krafeld
5 Jahre zuvor

Punkt eins, volle Zustimmung, nicht nur bei diesem Thema.

Pruchtfresse
Pruchtfresse
5 Jahre zuvor

SLIME – Sie wollen wieder schiessen (dürfen)

https://www.youtube.com/watch?v=vN6GRuB2L4Y

seyinphyin
seyinphyin
5 Jahre zuvor

Schöner tag (Linkssektierer), weiß man gleich, woran man ist. Kampfwort der Rechten (und nein, nicht der neuen Rechten, der alten Rechten, also der „Mitte“). Sieht ein wenig wie die Diskussion mit einem Spiegel aus.