Die letzten Demokraten von drüben
Man kann es nicht oft genug wiederholen: Wir sollten dieser Tage sehr froh darüber sein, dass wir die Menschen aus Ostdeutschland haben. Sie halten diese harmoniesüchtige, selbstgerechte Republik wenigstens ein bisschen auf Trab. Ossis? Find‘ ich gut.
Heute vor 32 Jahren haben wir uns die Ossis ans Bein gebunden. Jenen Menschenschlag also, der viel jammert, viel zu nostalgisch und verklärt in die eigene Vergangenheit lugt und ja, der in seiner DDR einst nicht den Sozialismus beigebracht bekam, sondern die Rechtsoffenheit. So oder so ähnlich erklärt man im öffentlichen Raum die Ostdeutschen. Sie gelten in dieser Erzählung als gestrig, rüpelhaft und pessimistisch. Covidioten seien sie, Impfverweigerer, Russenfreunde, AfD-Wähler – und wer weiß was noch? Zudem gelten sie als undankbar und nicht leistungsorientiert, sind dafür aber flott bei Protesten unterwegs.
Es ist die Wahrnehmung eines Westens, der sich noch immer einredet, aufgeklärter und weitsichtiger zu sein. Ja, es ist die Betrachtung von Besserwessis, die sich noch immer schwer damit tun, den eigene Arsch hochzuhieven und einzustehen für Ansichten, die vielleicht im ersten Moment unbeliebt sind und auf Gegenwind stoßen. Der Westen, so könnte man annehmen, braucht das Zerrbild eines unzivilisierten Ostens, in dem die Menschen angeblich gefährlich dumm sein sollen, noch immer zu eigenen Konturierung. Diese Bilder über die Ostdeutschen sind jedoch falsch. Vor 32 Jahren haben wir Leute dazubekommen, die noch halbwegs dialektisch denken können. Die Ossis sind ein Segen für dieses eingeschlafene, gleichzeitig so woke, nur vermeintlich wache Land.
Wider der verlogenen Harmoniesucht
Dieses Land ist der Harmoniesucht verfallen. Ich gebe zu, man spürt das nicht immer. Dauernd empört sich jemand, Wut wartet an allen Ecken. Harmonisch freundlich sind auch die wenigstens zueinander. Aber so ist es ja auch nicht gemeint. Die Harmoniesucht wird uns vom politisch-medialen Komplex übergestülpt. Harmonisierung meint hier auch viel eher Angleichung, etwas aufeinander abzustimmen. Diese Tendenz spüren wir täglich. Alles, was nicht in den Kanon und die Nomenklatura passt, was sich nicht harmonisieren lässt, beißt man weg. In der Bubble der Staats- und Mediengläubigen geht es freilich harmonisch zu. Man glaubt an das, was man einem vorsetzt, zweifelt wenig bis gar nicht an Tagesschau, Spiegel und Gesundheitsministerium. Kurz: Man ist noch immer auf dem Stand, dass alles zum Besten bestellt ist, wir von integren Frauen und Männern geführt werden.
Komischerweise sind es ausgerechnet Bürger aus dem Osten, die diese Haltung wesentlich weniger pflegen als Leute aus dem Westen. Sie glauben eben nicht alles, was man ihnen vorsetzt. Lassen Skepsis walten, hinterfragen misstrauisch und sind nicht bereit, die harmonisierten Inhalte einer Presse- und Politiklandschaft anzunehmen, die ihnen irgendwie merkwürdig angepasst erscheinen. Dass gewisse »Werte« dieser harmonisierten Bubble noch nicht mal hinterfragt werden dürfen, ohne sich der Gefahr auszusetzen, ins rechte Lager verortet zu werden, macht sie zweiflerisch.
Neulich sprach ich mit dem Redakteur eines bekannten Webportals. Meine Frage, ob er glaube, dass es im Herbst heiß werde, beantwortete er abschlägig. Zu fügsam seien die Deutschen – dann schob er nach: Außer vielleicht im Osten, da könnte was gehen. Während der Corona-Episode waren dann auch die Straßen des Ostens von Menschen bevölkert, die sich gegen das »Hygieneregime« zu Wehr setzten. Im Westen gab es das auch. Aber dort war der Widerstand wesentlich schüchterner. Die Impfquote lag im Osten niedriger, die Skepsis blieb Lebenseinstellung über alle Angstmacherei hinweg. Skepsis: Das ist nicht weniger als ein demokratischer Wert. Viele werden jetzt einwenden, dass den Ossis demokratische Kultur abgehe, schließlich wählen sie verstärkt die AfD. Dieser Umstand ist aber eher Ausdruck für Skepsis. Und ja, auch wenn das jetzt viele befremden mag, damit auch ein Zeichen demokratischer Grundsätzlichkeit.
Die DDR hat Demokraten aus ihnen gemacht
Das Narrativ seit vielen Jahren ist ja, dass die Ostdeutschen in der DDR nicht beigebracht bekommen haben, wie Demokratie funktioniert. Dort hat der Staat ihnen alles abgenommen, sie selbst waren nur Spielbälle seniler Greise, Empfänger von sozialpolitischen Wohltaten, die dauerhaft nicht finanzierbar waren. Daher neigten sie heute dazu, rechtspopulistische Wahlalternativen zu wählen. Weil sie es eben nie besser gelernt hätten. Innerhalb dieses Narrativs kommt kein Wort davon zur Sprache, dass dieser teils wirklich übergriffige Staat von einst ungewollt und indirekt dafür gesorgt hat, dass sich die Ostdeutschen eine kritische Haltung gegenüber Autoritäten bewahrt haben. Sie lernten zwischen den Zeilen zu lesen, sich selbst zu helfen, das Subversive nicht als verwerflich anzusehen, sondern als legitime Methode, sich den Machteliten und ihrer Erfüllungsgehilfen zu entziehen.
Wenn man das näher betrachtet, so könnte man sagen, dass es die DDR war, die aus ihnen Menschen machte, die der demokratischen Ursprungsidee näher stehen, als die teils verzogenen und wohlstandsverwahrlosten Brüder und Schwestern aus dem Westen. Die Ostdeutschen ebneten sich den Weg heraus aus diesem Land, in dem die Übergriffigkeit programmatisch angelegt war, dann auch selbst. Geht es denn eigentlich basisdemokratischer?
Das Subversive von damals, es ist noch nicht tot, sondern erlebt seit geraumer Zeit eine Renaissance im Osten. Man hat die Erfahrung jener Tage nicht einfach vergessen. Besinnt sich der Skepsis, die man seinerzeit gegen alles, was »von oben« kam an den Tag legte und wendet das viel stärker, drastischer als in Westdeutschland an. Die DDR hat ihre Bürgerinnen und Bürger nicht per se zu Wesen geformt, die sich das Denken aberzogen hätten. Es hat meinungsstarke Individuen geformt. Man könnte sagen, die Kernkompetenz der Ossis ist es bis heute, sich nicht als blökende Herde von Lämmern wahrzunehmen, sondern als Individuen mit Bürgerrechten, die man auch in Anspruch nehmen darf. Kritisch zu sein, dazu hat die DDR-Erfahrung sozialisiert, während kritische Menschen im Westen eher domistiziert und kleingehalten wurden: So haben sie gelernt, dass es Bürgerpflicht ist, solange zu schweigen, bis einem das Wort erteilt wird. Nur bei Themen, die der »progressive Neoliberalismus« als Reform- und Empörungsthemen freigegeben hat, darf man ungeniert sich austoben.
Ohne Ossis wäre dieses Land schon tot
Mit der AfD, die in Ostdeutschland prozentual stärker abschneidet, muss man nicht immer einverstanden sein. Speziell ihre wirtschaftspolitische Konzeption ist verheerend. Aber ein Zeichen fehlender demokratischer Erdung muss man darin nun wahrlich nicht wittern. Die Ossis setzen sich eben nicht daheim zwischen Zierkissen und nölen aus diesem Safe Space heraus herum; sie sind eben keine Jammerossis, sie nutzen Instrumente, wenn sich die Dinge in eine schwierige Richtung entwickeln, um mal ganz aktuell Ursula von der Leyen zu zitieren. Sie wenden sich von den etablierten Parteien ab, zeigen ihre Unzufriedenheit auch offen. Sie wählen Protest, ganz so, wie sie auch den Protest auf die Straße tragen. Von den etablierten Blockflötenparteien der allgemeinen Harmonisierung wenden sie sich viel mutiger ab, als es sich Menschen aus dem Westen je trauten.
Die Ossis, so könnte man sagen, sorgen immer wieder dafür, dass der viel zu enge Meinungskorridor, der sich in diesem »umgekehrten Totalitarismus« formiert, weitet und ausbreitet. Manche nennen das Querulantentum, insbesondere die Sachsen, die immer wieder für alle Menschen aus Ostdeutschland herhalten müssen, leben in dem Ruf, Quertreiber und seit zwei Jahren auch vornehmlich Querdenker zu sein. Und das stimmt sicher auch, zweitere Titulierung womöglich sogar im besten Sinne des ursprünglichen Wortes. Objektiv betrachtet ist dieses Querulantentum aber vielleicht ganz anderes zu benennen: Als ihr gutes Recht nämlich. In einem Land, das in seiner entdemokratisierenden Transformation nicht müde wird, sich als Demokratie hochleben zu lassen, gilt dieses gute Recht eigentlich als unantastbar.
Das Objektiv des Blickwinkels breiter zu streuen, das halte ich für einen guten Beitrag, den die Ostdeutschen in diesem Land leisten – um das mal so generalistisch zu sagen. Auch wenn mir klar ist, dass nicht alle Ossis dieser Verallgemeinerung entsprechen. Im Westen hat man es hingegen ganz offensichtlich verlernt, auch mal vom Mainstream abzuweichen, skeptisch zu sein, »Staatsharmonien« lauthals zu stören. Was ich aber eigentlich erneut ausdrücken wollte, wie in den letzten Jahren schon mehrfach: Ossis – die find‘ ich gut. Viel besser als den westlichen Agendamenschen. Aber zum heutigen Einheitstag muss diese Wiederholung sein: Danke, liebe Ostdeutsche, dass ihr da seid und das Land ab und zu mal gegen den Strich bürstet. Wer täte es denn sonst? Wenn man euch eines Tages auch domestiziert hat, dann sieht es finster aus in dieser ohnehin nicht allzu gut beleuchteten Republik.
Guude!
Ich bin gottseidank wieder in meiner französischen Wahlheimat und schaue dem 3.Oktober aus einiger Distanz zu…
Leider bin ich zwar keine Ossi, habe aber wohl durch meinen Papa, der Thüringer war, die entsprechenden Gene. Und Mama war Ostpreussin aus dem heutigen Kaliningrad!
Als Oldtimer-Fan mochte ich schon immer die besondere Fähigkeit vieler Ossies, Sachen zu erhalten und zu reparieren anstatt sie durch Neues zu ersetzen. So habe ich z.B. noch einen alten DDR Küchenmixer in Gebrauch, das Ding ist mittlerweile Kult..und ich habe ihn auch schon ohne Materialaufwand mal selbstrepariert.
Ich liebe diese Mentalität!
Mal wieder ein Artikel, für den es stehenden Applaus geben muss!
Nur schade, daß er nicht diejenigen erreichen wird, die es am nötigsten hätten.
Kann ich bestätigen. Ich hatte schon mehrfach in meinem bisherigen Leben mit “Ossis“ zu tun. Die meisten zeichneten sich durch eine gewisse Widerständigkeit aus, die im glatt geschliffenen Westen irgendwie unangenehm auffiel. SIe “irritierten“ oder “verwunderten“, Signalwörter im Westen, um abweichende Meinungen negativ zu markieren.
Der Widerspruch der “Ossis“ durchbricht den vorgestanzten Rahmen und hält unangenehm den Spiegel vor.
Ich denke, dass die Harmoniesucht im Westen ihren Ursprung in einer rural-acker- und kleinbürgerlichen Unterwürfigkeit hat, die nie wirklich überwunden wurde. Im Gegenteil: seit den 80ern wurde das ideologisch und personalpolitisch gefördert. Heute sehen wir die Ergebnisse.
Sehe ich genauso „Der Untertan“ von Heinrich Mann ist nicht vor 1914 sondern 2022 lebendiger denn je. Die letzte gesamtdeutsche Revolution von 1918 ist mitsamt der bürgerkriegsähnlichen Unruhen vor dem Erstarken des NS-Faschismus in Zeiten der Weltwirtschaftskrise längst vergessen und die Aufrührer-Ahnen entweder ausgewandert oder ermordet durch Nazis, die nach 1945 in Westdeutschland wegen dem Kalten Krieg wieder Rehabilitation erlangten. Gruß Bernie
Guter Text, und das schreibe ich obwohl ich mich zu den Opfern der deutschen Einheit zähle – aufgrund zeitgeschichtlicher Geschehnisse und, wie ich heute weis wegen jugendlicher Unwissenheit gepaart mit eigener Bequemlichkeit die elterliche Bleibe nicht Richtung Ostdeutschland zu verlassen Wer weis wie mein Leben verlaufen wäre ich hätte 1992 eine andere Entscheidung getroffen, den elterlichen Familienbetrieb im Hintergrund, der damals noch existierte, ignorierend, und wäre direkt nach meiner Ausbildung zum Verwaltungsfachangrstellten im Rathaus einer Nachbargemeinde, in die ehemalige DDR gegangen um dort beim „Wiederaufbau“ des östlichen Öffentlichen Dienstes zu helfen? Damals wurde ja extra dafür geworben dies zu tun – na ja ich war 22 Jahre alt und jung, familiengebunden und dumm wie ich heute weis. Egal, ist vorbei und lässt sich nicht mehr ändern.
Die Erfahrung, das „Ossies“ direkter, rebellischen und offener im Durchsetzen ihrer Anliegen sind machte ich – im direkten Lebensumfeld – auch schon des öfteren und sah es bislang eher zwiespältiger als Roberto hier, aber mittlerweile denke ich Roberto J. De Lapuente hat völlig Recht mit dem Lob der Ostdeutschen.
Ich warte übrigens mein ganzes Leben
chon auf größere Proteste, oder gar eine Revolution, in ganz Deutschland, und hoffte immer auf das mir nahe liegende Frankreich von dem in früheren Zeiten oft der Funke der Revolte auf die deutschen Grenzgebiete übersprang, der aber diesmal wohl ausbleiben dürfte.
Hier schimpfen zwar alle, aber Proteste bleiben aus – soviel zum Niedergang der Protestkultur in Deutschlands Südwestregionen,
die in alten Zeiten Regionen des Aufruhrs bzw. Der Rebellion bekannt und gefürchtet waren
Wir müssen die Hoffnung wohl diesmal wirklich auf die Ostdeutschen statt auf Frankreich bzw Südwestdeutschland setzen?
Noch einmal Danke für den Text, der überfällig war lieber Roberto J. De Lapuente.
Gruß Bernie
Noch eine Ergänzung:
In dem mir nahen Frankreich war ja nur während der Gelbwestenproteste eine alte revolutionäre Stimmung vorhanden – mittlerweile ist das Land ja durchgehend macronoisiert und es herrscht Funkstille in dieser Hinsicht – schade.
Gruß Bernie
Macron war zu brutal. Es gab schlimme Verletzungen. Viele haben seither Angst. Hoffentlich wird es trotzdem mal etwas mit den Mistgabeln.
Btw, wo ist eigentlich Robbespiere?
Hoffentlich gehts dir gut. 🙂
@Pentimento
Hast Recht und schon damals hat man gesehen, das das mit dem Übergreifen auf Deutschland nichts wird – im Gegenteil man würde dumm angemacht wenn man eine Gelbe Weste trug wie ich auf Arbeit damals. Zynische Grüße Bernie
PS: Ich dachte mir beim Kauf Jahre vorher schon nichts dabei 😁👍
@Pentimento
Danke der Nachfrage, alles OK.
Muss nur ab und an mal bremsen, dass es mich ob der aktuellen Themen nicht zu tief runterzieht.
Gruß Rob
Zu dem Thema ist heute auch ein guter Artikel auf den NDS:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=88710
Lieber Roberto, ich lese hier recht regelmäßig, und mit den meisten Dingen gehe ich auch konform, allerdings wirkt dieser Beitrag, sicher positiv von Dir gemeint, auf mich wie eine gewisse Nachsichtigkeit, die man eben mit den Ossis haben muß, die eben hie und da auch mal recht haben; Fakt ist, daß es in Ostdeutschland noch eine Menge Menschen gibt, die in der DDR sozialisiert wurden, und genau das stört diese BRD gewaltig, weshalb die derzeit Herrschenden nicht müde werden, diese „Renitenten“ zu maßregeln; keine Frage, auch hier im Osten haben sich mehr als 30 Jahre Indoktrination inzwischen ausgewirkt, dennoch nicht auf alle, und immer mehr realisieren, in welche Falle sie getappt sind; es war mitnichten eine sogenannte „friedliche Revolution“, es war nichts anderes als ein Putsch, ein Regime-Change wie aus dem Bilderbuch, eine Konterrevolution;
Es ist schon ein Lehrstück der Konterrevolution, was sich da 1990 in der DDR abspielte: Ehemalige SED-Mitglieder, und zwar solche, die sich in den besten Zeiten unseres sozialistischen Aufbaus selbst gern als „Berufsrevolutionäre“ titulierten, wurden plötzlich zu Feinden ihrer eigenen Partei und zu Feinden der Arbeiterklasse.
VaterlandsverräterModrow kehrte mit der konterrevolutionären Losung auf den Lippen „Deutschland einig Vaterland“ von Gorbatschow zurück und desorientierte nicht nur seine Genossen, sondern auch alle DDR-Bürger. Die Westmächte drängten auf die Beschleunigung des Einigungsprozesses. Sie merkten, daß die Ära Gorbatschows zu Ende geht, keiner konnte wissen was nach ihm kommt. Modrow schaffte freie Bahn für die Vorverlegung der Neuwahl der Volkskammer. Im Gegensatz zur SED/PDS, formierte sich an verschiedenen Orten der Widerstand gegen die Auflösung der DDR unter der Losung: „Kein Anschluß unter dieser Nummer“. Im Zuge der konterrevolutionären Entwicklung wurde Krenz, als Staatsratsvorsitzender, gestürzt und als nicht mehr „brauchbar“ zur Seite geschoben. Durch die Nabelschau der PDS unter Gysi in Bezug auf „Stalinismus, Amtsmißbrauch und Korruption“ die Absage an den Marxismus-Leninismus, die Absage an ihre führende Rolle der Partei, sprengten sie die Nationale Front. Die CDU löste sich als erstes aus dem Block der antifaschistischen Parteien.Die westlichen „Wahlhelfer“ des Herrn ModrowDie Modrow-Regierung ließ etwas einmaliges in der Geschichte der Staaten zu. Sie gestattete es Tausenden von Bürgern eines nicht nur fremden, sondern auch DDR-feindlichen Staates, als „Wahlhelfer“, ausgestattet mit DM, Papier Vervielfältigungstechnik und Lautsprecherautos wie die Heuschrecken über die Bürger der DDR herzufallen. Sie durften „Ratschläge“ geben und sie geistig so manipulieren, daß sie sich in der Volkskammerwahl auf die DM, für das Wahlbündnis der „Allianz für Deutschland“ von (DU, DA und DSU, unter des Führung der preußisch traditionell gebundenen neuen Vorsitzenden der CDU, Rechtsanwalt Lothar de Maizière, gegen ihre Interessen einließen. Diese konservative „Allianz für Deutschland“ erhielt aufgrund der in PDS und SPD gespaltenen Arbeiterklasse 48 Prozent aller abgegebenen Wählerstimmen. Damit war die neue Volkskammer CDU dominiert, ihr Vorsitzender wurde Ministerpräsident und A. Merkel als Trittbrettfahrerin der Konterrevolution sein Pressesprecher.Beschleunigung der KonterrevolutionNach dieser Wahl verschwand der größte Teil der bürgerlichen Opposition fur eine bessere DDR, für einen „Sozialismus mit menschlichem Gesicht“ in der Versenkung. Es trat das ein, was in der Geschichte immer der Fall war, der Klassengegner schätzt den Verrat, aber nicht den Verräter. Manche wurden, da sie Gorbatschows Losung gefolgt waren, „Wer zu spät kommt den bestraft das Leben“, dadurch belohnt, daß sie später als Hinterbänkler im Bundestag Platz fanden, oder wie Modrow Europaparlamentsabgeordneter wurden. Die Konterrevolution von oben in der DDR wurde durch die Kräfte der äußeren Konterrevolution nicht nur aktiv unterstützt sondern insgesamt beschleunigt. Dafür gibt es zwei Gründe.In der DDR begann sich Widerstand gegen die Vereinigung der beiden deutschen Staaten zu regen. Als Gorbatschow Modrow über sein „Abkommen“ mit Kohl über die „Wiedervereinigung“ informierte, schätzte dieser ein: „Die Stimmung in der DDR tendiere stark in Richtung Wiedervereinigung … Gleichzeitig wachse jedoch die Besorgnis der Werktätigen wegen der sozialen Auswirkungen der Vereinigung.“ Das war am 12. Februar 1990.Der zweite Grund war, wie schon einmal erwähnt, daß Gorbatschow die Perestrojka und Glasnost abgewirtschaftet hatte und die Gefahr bestand daß er zu schnell von der Bildfläche verschwinden und eventuell Kräften weichen muß die eine andere Position zur deutschen Wiedervereinigung haben. Die außenpolitische Situation der DDR war durch ihre wachsende Isolierung gekennzeichnet. Bush und Gorbatschow hatten sich auf Malta grundsätzlich darauf geeinigt die DDR zu zerstören, d.h. von der Landkarte der Staaten der Welt zu streichen.Ein übelstes diplomatisches RänkespielAm 12. Februar 1990 trafen sich in Ottawa zum ersten und letzten Mal die 23 Außenminister der NATO und des Warschauer Paktes (Es muß heißen „des Warschauer Vertrages“! N.G.). Es sollte nach dem Vorschlag von Bush über die „Öffnung des Himmels“ beraten werden. Der tatsächliche Mittelpunkt war die „deutsche Frage“. Hinter dem Rücken des Außenministers der DDR vollzog sich ein diplomatisches Ränkespiel übelster Art und Weise. Der Drahtzieher war dabei der Außenminister der BRD, Genscher. lhm gelang es, sowohl den Außenminister der USA, als auch die Außenminister Englands und Frankreichs und schließlich auch den der UdSSR auf seinen diplomatischen Kurs der „Wiedervereinigung Deutschlands“ zu bringen und eine Allianz gegen die DDR zu bilden.Genschers fauler VerwandlungstrickGenscher gelang es die ursprünglich vorgesehene Konferenz vier zu zwei in eine Konferenz zwei zu vier umzugestalten. Oberflächlich betrachtet könnte man sagen vier zu zwei oder zwei zu vier ergibt doch beides sechs. Das entspricht nur der Oberfläche aber nicht dem Inhalt. Es ging darum, ob die Vereinigung der beiden deutschen Staaten deren „innenpolitische Angelegenheit“ sei, oder die ehemaligen Siegermachte Sich das Recht vorbehalten in den Einigungsprozeß einzugreifen und ihn zu gestalten. Die zwei zu vier Konferenz, wozu Gorbatschow seine Zustimmung gab, bedeutete die „Anerkennung“ des „Selbstbestimmungsrechts“ der Deutschen durch die Siegermächte.Der offene Verrat GorbatschowsDiese Art Gewährleistung des „Selbstbestimmungsrechts“ durch Gorbatschow war ganz offener Verrat an den Prinzipien des proletarischen Internationalismus. Das war Bestandteil der konterrevolutionären Politik von Gorbatschow zur Zerstörung der sozialistischen DDR. Die DDR wurde der BRD zum Fraß vorgeworfen. Gorbatschow manövrierte sich allerdings ins außenpolitische Abseits. Die UdSSR hatte sich völkerrechtlich festgelegt. Jetzt war es egal, ob Gorbatschow oder ein anderer an der „Macht“ war. Der Außenminister der UdSSR informierte den Außenminister der DDR von dem hinter seinem Rücken ausgehandelten Komplott gegen die DDR. Er zwang ihn diesem zuzustimmen. Damit war die DDR als souveräner Staat, als Völkerrechtsobjekt schon vor ihrer Zerstörung liquidiert.Eine „Sternstunde“ der VerräterIn Ottawa wurde festgelegt, den Prozeß der „Wiedervereinigung“ zu beschleunigen. Zur Einflußnahme auf den Wahlverlauf am 18. März 1990 wurde festgelegt, noch vor der Volkskammerwahl eine Beratung der politischen Direktoren der Außenministerien der UdSSR, USA, Frankreich und Großbritannien durchzuführen, um die „Wiedervereinigung“ einzuleiten. Die Außenministerkonferenz wurde nach dem 18. März 1990 festgelegt, um den weiteren Prozeß mit der neuen Regierung der DDR abzuschließen. Die historische Kommission der PDS nennt die Zerstörung der sozialistischen DDR, die „demokratischen“ und „freien“ Wahlen, eine „friedliche Revolution“, eine „Sternstunde der Demokratie“.Eine Lektion in Sachen VolksbetrugDie aus den ersten „demokratischen“ und „freiheitlichen“ Wahlen, aufgrund einer arglistigen Täuschung, hervorgegangene Volkskammer der DDR war kein Vertreter einer neuen, einer zweiten sozialistischen DDR. Die Regierung der DDR, unter de Maiziere, war nichts anderes als ein Verwalter der Perestrojka-Konkursmasse der DDR. In den folgenden 199 Tagen, bis zur „Wiedervereinigung“, wurde die noch immer geltende Verfassung der DDR, durch die „neuen“, „freiheitlichen“ „Demokraten“ bewußt mißachtet und verletzt. Das wirft ein Schlaglicht darauf, wie verlogen die „neuen“, „freiheitlichen“ „Demokraten“ agierten. 199 Tage sind eine einzige Lektion über die Verlogenheit und Perversität bürgerlicher Demokratie und Freiheit.Das Volk der DDR wurde nie gefragt…Die von der „Allianz für Deutschland“ dominierte „Volkskammer“ verhinderte eine verfassungsmäßig festgelegte Volksbefragung darüber, ob die Bürger der DDR für oder gegen eine Vereinigung mit der BRD sind. Sie verhinderte den Volksentscheid darüber, ob die Bürger der DDR dafür oder dagegen sind, ihr Volkseigentum zu behalten oder ob dies wieder Eigentum der Kapitalisten werden solle. Es wurde nicht der geringste Versuch zugelassen, die Bürger der DDR darüber entscheiden zu lassen, ob sie für Sozialismus oder Kapitalismus sind. Das geschah alles im Namen der „neuen“, „freiheitlichen“ „Demokraten“ mit „menschlichem Gesicht“ zum „Schutze“ der DDR-Bürger vor einem weiteren „Unrechtsstaat“ der SED. Die „frei“ gewählte Volkskammer maßte sich das Recht an, ohne die Bevölkerung zu fragen, den Beitritt der DDR nach Artikel 23 des Grundgesetzes zum 3. Oktober 1990 zu beschließen.Welche Folgen das für das Souverän „Volk der DDR“ hatte und heute noch hat, habe ich an zahlreichen, nicht widerlegbaren Fakten aufgezeigt. Ich mochte es nochmals verdeutlichen. Aus der BRD und DDR entstand, durch den „Beitritt“ der DDR, kein gemeinsamer deutscher Staat. Von der DDR wurde nichts übernommen. Der Beitritt in den Wirkungsbereich des Grundgesetzes der BRD bedeutete und bedeutet heute noch:eine vollständige Übernahme aller der dort geltenden Gesetze,des dort geltenden Geldes,der dort geltenden Gewohnheiten.
Eine Quellenangabe wäre guter Stil!
Quelle:
Emil Collet: Die DDR – Ein sozialistisches Meisterwerk. In: Marxistisch-leninistische Schriftenreihe für Ökonomie, Politik und Philosophie, Ernst Thälmann Verlag, Heft 86-2, S.54-57. (Zwischenüberschriften eingefügt, N.G.)
Im Übrigen halte ich das Geschreibsel für relativ übel und es hat eher wenig mit Ossis zu tun.
Allein, Gorbatschow des Verrats zu bezichtigen, spricht eine sehr eigene Sprache.
Genau diesen Mist haben die Ossis nicht mehr haben wollen. Daß es dafür anderen Mist gab, steht außer Frage.
Aber das ist Revanchismus und allein der Titel ist die pure Frechheit.
Komischerweise finde ich nix über den Autor.
was Sie von dem „Geschreibsel“ halten ist irrelevant, Fakten bleiben eben Fakten, leben Sie damit oder lassen Sie es bleiben
Mir ist nicht ganz klar, wer eigentlich die Opfer dieser Konterrevolution gewesen sein sollen? Denn eigentlich waren ja nach ihren Ausführungen fast alle daran beteiligt. Von der sowjetischen bis zur SED-Führung und den meisten Wählern.
Wenn Du sowas so begeistert zitierst, wirste mir doch sicher verraten können, welches Politbüromitglied oder welcher ND-Redakteur das verzapft hat.
Das mit den angeblichen Fakten kenn ich noch aus dem Staatsbürgerkundeunterricht und von Sudelede. Kannste also stecken lassen.
PS:
Den Titel (Die DDR – Ein sozialistisches Meisterwerk), hätte ich nicht vorher deine Kopie gelesen, hätte ich für Satire halten können.
Danke Roberto, das musste am „Tag der deutschen Einheit“ 2022 mal gesagt werden! In Bezug auf das für mich (als Wessi) nach wie vor gültige, politische Koordinatensystem vermisse ich im Osten allerdings (Demo-)Parolen, die ein ausgebildetes Klassenbewußtsein, einen dialektischen Blick auf das unsere Gesellschaft prägende „oben“ und „unten“ erkennen lassen.
Vgl.: „Die Dummheit der Kommunisten – ist kein Argument gegen den Kommunismus“ (R. Schernikau 1990)https://www.youtube.com/watch?app=desktop&feature=youtu.be&v=gcF_qbPhiiE
Lieber Pjotr,
Parolen hatten wir im Osten mehr als genug und das „Klassenbewusstsein“ wurde propagandistisch derart konterkariert, daß Dialektik nur noch war, wenn Sachsen sprechen.
Bitte vergesst einfach diesen ideologischen Überbau. Der wurde uns Ossis per Überdosis und Unglaubwürdigkeit gründlich ausgetrieben.
Hier sehen die Menschen einfach ihre Existenz bedroht und sich schlicht verarscht.
Darin sehe ich auch die Schläfrigkeit der Wessis begründet. Die begreifen, mangels Erfahrung, noch nicht, daß sie die Nächsten sind. Wie möchte man das Verlieren lernen, wenn man sich immer für den Sieger halten konnte?!
Im Osten gabs nen Spruch: Der Westen steht vorm Abgrund. Wir im Osten sind schon einen Schritt weiter.
Ich bin zwar mit ein paar Ossis der Marke Narzisst schon aneinandergerasselt, aber sie tragen politisch immer noch die DDR im Hinterkopf, und das merkt man auch. Während sich bei uns Wessis in den Büroetagen der Kaffeeklatsch in der Teeküche höchstens um das letzte Impferlebnis dreht, sind die Ossis so erfrischend skeptisch geblieben und verlieren sich nicht allzu sehr im Banalo-Talk. Es liegt ja nicht nur an der DDR selbst, sondern auch am Treuhand-Gebaren nach der Wende.
Der „Wertewesten“ ist ein Wolf im Schafspelz, sonst nichts. Und „Dunkeldeutsche“ erkennen das ziemlich schnell, wenn Assoziationen zu damals hochkochen.
Sehe ich auch so. Die Wessis sind Schlafschafe. Die meisten jedenfalls.
Am liebsten wäre mir, wir würden uns mit Rußland liieren. Das wäre natürlicher und besser für uns.
Dieser alte Kinderknutscher in Übersee hätte mehr Respekt vor uns. Nordstream wäre noch heil.
Das Leben als Vassal ist einfach beschämend und schlecht für das Selbstbewußtsein.
Schade alles.
Mit Russland würde ich mich jetzt nicht liieren wollen, eine Herbeiführung der alten Beziehungen würde mir schon reichen. Aber das haben Habeck und Co. in nicht mal einem Jahr völlig vernichtet.
Lieber Roberto,
ich als Rebellin aus Sachsen habe dir ja schon bei deiner letzten Liebeserklärung 😉 einen Knutscher geschickt, heute bekommst du wieder einen dicken Kuss von mir für deine Worte. 🙂
Nachher fahre ich wieder zur Montagsdemonstration mit meinen Plakaten im Gepäck, auf denen u.a. steht, dass ich Politiker mit Verstand und nicht mit Ideologie fordere und dass ich Frieden und Freundschaft mit Russland will. Meine beiden jugendlichen Söhne kommen ebenfalls mit. Leider sind aber generell die jungen Menschen eher nicht so kämpferisch wie die älteren Generationen, der Kampfgeist lässt nach. Sie haben schon zu viel Zeit mit den „westlichen Werten“ verbracht.
Bravo! Corinna, und vergiß das Plakat „Bildung für Bärbock“ nicht.
Danke Roberto für den treffenden Artikel! Du hast mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen und mir mit jedem Wort aus der Seele gesprochen.
Bildung kann nur von einem gesunden und funktionierenden Gehirn aufgenommen werden. Am Vorhandensein eines solchen hege ich im Fall von Annalena Trampolina erhebliche Zweifel.
Also lass das Plakat zwecks Gewichtsersparnis gerne zu Hause,
Sinnvoll dagegen wäre ein Plakat mit der Forderung, daß Politiker zukünftig einen Gesellen- oder Meisterbrief in einem handwerklichen Beruf nachweisen müssen, bevor sie auf der Regierungsbank Platz nehmen dürfen, damit man weiß, daß sie praktische Lebenserfahrung haben.
Wohin uns die studierten und promovierten Theoretiker gebracht haben, sehen wir ja.
Immer diese Knutscherei 😉
Jetzt tu nicht so, als ob Dir das missfallen würde!
Sehe ich auch so. Wenn uns einer den Arsch rettet, werden das die Ossies sein. Die Wessies sind voll damit ausgelastet, tiefer in den Arsch zu kriechen, der sie zugeschissen hat:
https://www.derwesten.de/staedte/essen/essen-linke-demo-polizei-sahra-wagenknecht-id300023640.html
Besonders gefallen haben mir die Verwendung des Begriffes „Blockflöten“ für die hiesigen Vertreter des neuen Totalitarismus. Und die Verwendung des glaubens in Verbindung mit dem Spiegel. „Spiegel-Leser“ glauben „mehr.“
Ich mag die Ossis auch. Zwar selbst „Wessie“ aber mit einem ganzen Pulk von „Ossi“-Verwandten und war deswegen seit meiner Kindheit sehr oft im damaligen „Ossiland“.
I believe in miracles
Where’re you from, you sächsisch thing, sächsisch thing you
I believe in miracles
Since you came along, you sächsisch thing…
Am coolsten fand ich die Mitropa-Buffetwagen der DDR-Reichsbahn.
Ja, Mitropa war cool. Schöne Erinnerungen. Der Kaffee allerdings, ich sag’s mal vorsichtig, also ganz, ganz vorsichtig: Ist mir noch in bleibender Erinnerung! Rache an den Kapitalisten. Verständlich!
Ich halte mich da mit Pauschalurteilen eher zurück, zumal das alles äußerst vielschichtig ist. Auch kenne ich kaum Ossis näher. In toto kamen sie früher irgendwie holprig und grob rüber, weshalb sie in unserem Sprachgebrauch als „die Ostgoten“ geführt wurden. Persönlich habe ich erstmal gegen keinen was, nicht mal gegen US-Amerikaner, bis zum Beweis des Gegenteils.
Was die Thematik des Artikels angeht, kommt mir die These eines Soziologen als Hoffnung in den Sinn. Der schrieb in der Wendezeit ein Buch mit dem bezeichnenden Titel „Der Tunnel am Ende des Lichts“ und ging davon aus, daß sich, gerade weil der deutsche Westen ohne Rücksicht auf Verluste das eigene Gesellschaftsmodell 1 zu 1 durchgedrückt hat, die gesamte und damit auch die westdeutsche Gesellschaft verändern würde. Ein echter Dialektiker. Bis jetzt konnte ich daran nichts schönes finden, die sichtbarste Veränderung war schließlich, daß braun wieder modern wurde. Inzwischen haben wir im Westen Linientreue wie zu DDR-Hochzeiten. Bleibt die, allerdings schwache, Hoffnung, daß die Wessis von den Ossis lernen, wieder selbst zu denken.
Hör auf! Sonst fange ich noch an das auch zu glauben. 😉
Vor der Wende hat sich das ganz genau so angefühlt. Der ganze Osten, bis auf kleine Ausnahmen, linientreue Schafe. Gemeckert haben viele. Das wars aber meist. Erst hinterher warense plötzlich alle im Widerstand.
Meine Gedanken damals waren: Solange se alle zu saufen und zu fressen haben, wird sich eh nix bewegen.
Der heutige Ossi hat sich wegen dieser Erfahrung, etwas verändern zu können, so entwickelt.
Dabei ganz entscheidend ist das dauerhafte Gefühl, verarscht zu werden.
Das ist hier eigentlich ähnlich gewesen, wenn Du alle durch die meisten ersetzt. Ist ja die im Grunde die perverse Hoffnung, daß sich nun etwas bewegen könnte, weil es für mehr Leute mit saufen und fressen eng wird. Auf der anderen Seite kann ich mir vorstellen, daß das Gefühl, etwas bewegen zu können, im Osten nachlassen wird. Läuft in diesem System halt anders. Während eure damalige Führung überrascht, erstarrt und gelähmt war, ist man hier geübt darin, einfach alles ins Leere laufen zu lassen. Während ihr die Stasi hattet, die auf jeden Muckser geachtet hat, galt hier, daß man alles sagen darf, es hört ja eh keiner hin. Wiederum spannend wird es, wenn man in Rechnung stellt, daß sich dieses System anscheinend gerade partiell Richtung DDR entwickelt, nur halt ohne die Vorteile, die das damalige System beinhaltet hat.
Es gab keine Wiedervereinigung, sondern eine völkerrechtswidrige Machtübernahme durch die DDR, da die DDR-Verfassung nicht aufgehoben und das GG nicht in Kraft gesetzt wurde (Folge von Art. 4 Ziff. 2 EinigVtr. resp. Beseitigung der Rechtsgrundlage für den Beitritt).
Und das ist noch lange nicht alles!
PS: Gut geschrieben, wie immer!