Die Italiener haben »europäische Werte« nicht vergessen

Giorgia Meloni steht nicht für etwas. Sondern gegen etwas. Ihre Wahl zeigt, dass nicht die Italiener, sondern die Europäische Union versagt hat. Ein Gastbeitrag von Joachim Kaiser.

Natürlich wäre es naiv von Rechtspopulisten oder Neofaschisten eine grundsätzliche Infragestellung insbesondere der ökonomischen Besitz- und Machtverhältnisse zu erwarten. Dazu sind sie nicht da. Insofern ist die aktuelle Aufregung im medialen Mainstream über Giorgia Meloni wieder mal ein Theater für die Öffentlichkeit und zugleich ein Manifest der moralischen Hybris des deutschen Juste Milieus. Die herrschende Oligarchie muss sich aber keine Sorgen machen, kann sich sogar freuen. Man stelle sich vor es gäbe noch eine Linke, die diesen Namen verdiente und diese wäre in der Lage die Wut der Menschen aufzunehmen und in eine politische Bewegung umzusetzen.

Gerade Viktor Orbán hat in Ungarn extrem repressive Gesetze gegen Erwerbslose erlassen und daran hatte Brüssel noch nie etwas auszusetzen. Diese Gesetze, die Erwerbslosen quasi eine Arbeitspflicht auferlegen, scheinen ganz wunderbar mit den »europäischen Werten« vereinbar.

Italien erinnert sich an Austeritätsdiktat

Das Paradox liegt darin, dass die Wut der Bürger über die neoliberale Agenda aus Brüssel, allein den Rechtspopulisten zu Gute kommt, obwohl die Mehrheit der lohnarbeitenden Bevölkerung wenig bis keine Maßnahmen zur Verbesserung ihrer ökonomischen und sozialen Situation von diesen zu erwarten hat.

Gerade die mediterranen Mitgliedstaaten, insbesondere Italien, erinnern sich nur zu gut an das von Brüssel und Berlin durchgesetzte Austeritätsdiktat, dass die betroffenen Länder zur massiven Kürzung öffentlicher Ausgaben, zur Kürzung von Renten und Sozialleistungen und zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes inklusive des Abbaus von Arbeitnehmerrechten zwang. Wenn das die »europäischen Werte« sind, dann sollte das Wahlergebnis in Italien keine Überraschung sein.

Es mag zu dem sein, dass Meloni einmal die Einführung des Grünen Passes begrüßt hat. Man darf aber nicht vergessen, dass ein Gesandter Brüssels, der ehemalige Goldman-Sachs-Mann und Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, europaweit die mit repressivsten Coronamaßnahmen in Italien durchgesetzt hat.

Zumindest ihrer Ablehnung der totalitären Missgeburt der EU, kann ich mich daher Meloni anschließen.

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Gastautor

Der Inhalt dieser Veröffentlichung spiegelt nicht unbedingt die Meinung der neulandrebellen wider. Die Redaktion bedankt sich beim Gastautor für das Überlassen des Textes.

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Draussen vor der Tür
Draussen vor der Tür
1 Jahr zuvor

Der Wähler fragt sich wahrscheinlich, worin sich der heutige linksliberale Meinungsfaschismus vorrangig der sogenannten GRÜNEN und Teilen der LINKE überhaupt noch vom rund hundert Jahre alten Original unterscheidet – und dann wählt der immer wieder vom Neoliberalismus, für den Union, FDP und SPD stehen, gef***te Wähler halt das Original statt die Fälschung!

Ingo Rademacher
Ingo Rademacher
1 Jahr zuvor

Die Italiener hatten schlichtweg keine Wahl!
„Fratelli d’Italia“ ist eine aalglatte Geheimdienstgründung. Gleiches gilt für die Partei „Movimento 5 Stelle“. Über die anderen Parteien sprechen wir erst gar nicht.
Die Medien haben Meloni&Co. als „Protestpartei“ aufgebaut, indem sie diese zum Schein bekämpft haben (siehe hierzu auch Alexis Tsipras und Syriza in Griechenland).
Gleiches wird in Deutschland mit der „AfD“ gemacht. Es wird insinuiert, dass jemand der gegen den jetzigen Kurz protestieren möchte, die „AfD“ wählen solle. Auch die „AfD“ ist eine Geheimdienstgründung, wie auch „Die Republikaner“ und die „NPD“.
Folglich wurde bereits vorgesorgt. Was man auch wählt, man erhält letztlich immer die „nächste Vorgabe“.

AusdieMaus
AusdieMaus
Reply to  Ingo Rademacher
1 Jahr zuvor

Zustimmung. Die AfD ist Punching-Ball und Knüppel zugleich. Lenkt wunderbar vom Nachdenken und Hinterfragen ab.

Draussen vor der Tür
Draussen vor der Tür
Reply to  AusdieMaus
1 Jahr zuvor

Man kann sich nur so schlecht merken, wer gerade Parteichef ist…

Schwitzig
Schwitzig
Reply to  Ingo Rademacher
1 Jahr zuvor

Na, dass die AfD ähnlich wie die Linke und die Piraten durch U-Boote unterwandert ist, denke ich auch. Allerdings sind diese „Alternativ“-Parteien mittlerweile die Parteien, die am ehesten linke Politik versprechen. Und es sind Parteien, die eben noch nicht den Schaden für die Mehrheit angerichtet haben.
Nehmen wir Deutschland: Wenn ich z.B. nicht Die Basis wählen könnte, weil ich der Überzeugung wäre, dass ich eine Partei wählen möchte, die die 5% Hürde – bzw. wie wir seit der „Linken“ wissen: 4,9% Hürde – schafft, habe ich ausschließlich die AfD zur Auswahl, da alle anderen Parteien bedeutend weiter rechts als die AfD stehen. Inklusive der sogenannten „Linken“.
Kann man Scheiße finden, ist aber leider so.

Ingo Rademacher
Ingo Rademacher
Reply to  Schwitzig
1 Jahr zuvor

Wenn „die Opposition“ gewinnt ändert sich genau soviel:

https://uncutnews.ch/giorgia-meloni-macht-sich-gerade-unbeliebt-das-kann-man-sich-nicht-ausdenken-ein-tag-an-der-macht-und-dann-dieser-tweet/

„Sie wissen, dass Sie auf unsere loyale Unterstützung für die Freiheit des ukrainischen Volkes zählen können. Bleiben Sie stark und bleiben Sie standhaft in Ihrem Glauben“, schrieb Meloni auf Twitter an Zelenski, der ihr zuvor zu ihrem Sieg gratuliert hatte.

Last edited 1 Jahr zuvor by Ingo Rademacher
Nando
Nando
1 Jahr zuvor

Endlich jemand , der die „Alternativparteien“ als das benennt , was sie sind : Eine vom System eigens angebotene Scheinalternative , ähnlich einer anderen Schokoladensorte im Supermarkt aus der gleichen Fabrik.

Die Rechten möchten (höchstens) ihre eigenen Leute in der Elite sehen , statt den Neoliberalismus mitsamt seiner perversen Entwicklungen in die Mülltonne zu werfen.

Empfehlenswert sind hier ein Vortrag oder die Bücher von Professor Mausfeld zu diesem Thema.

Leider fehlt der Linken durch diverse Mechanismen und dem eigenen Opportunistentum seit Jahr(zent)en die Potenz, wem würde diese allerdings, zu Ihrer Verteidigung, angesichts solcher Grazien wie Hennig nicht fehlen.😃

Umso erstaunlicher ist es , dass sich große Teile der Alternativszene auf AFD und Co. fixieren , fast so, als würde es hier Uboote in der Opposition geben 😉

Schwitzig
Schwitzig
Reply to  Nando
1 Jahr zuvor

Unsere „Demokratien“ entsprechen wahrscheinlich leider tatsächlich dem von Herrn Mausfeld skizzierten Modell. Und selbst wenn die Strukturen anders wären, gäbe es angesichts des Führungspersonals eine Möglichkeit, die effektive Politikgestaltung zu beeinflussen? Ich sehe das eher pessimistisch.

Vladimir
Vladimir
1 Jahr zuvor

Es beweist nur, dass es gar keine Demokratie jeder Form gibt und geben kann. In der Realität gehört die Macht den reichtsten und den einflußreichtsten. Deswegen herrscht in Russland ganz anderes System, in dem man Begriff „Demokratie“ nur als Instrument für die Legitimisierung der Politik benutzt. Stimmt auch für andere Länder, die versuchen aber den Begriff in die Menschenköpfe so einzusetzen, als ob er der Realität entschpricht.

Last edited 1 Jahr zuvor by Vladimir
Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Vladimir
1 Jahr zuvor

Vladimir

Es beweist nur, dass es gar keine Demokratie jeder Form gibt und geben kann.

Warum sollte es keine echte Demokratie geben können?
Deine Behauptung klingt wie ein unumstößliches Naturgesetz, aber Gesellschaft wird von Menschen gemacht und ist nie statisch.

Vladimir
Vladimir
Reply to  Robbespiere
1 Jahr zuvor

Demokratie definiert man wie ein Prinzip nach dem die Mehrheit bestimmt, welche Politik und welche Gesetze für die Gesellschaft bevorzugt sind. Eine echte Demokratie wäre dann direkte Demokratie, wenn jede Frage z. B. durch Referendum gelöst wird und kein Mensch oder keine Gruppe der Menschen zur Macht kommen. So funktionierte es aber nicht sogar in altgriechischen Städten, geschweige denn von heutigen großen Staaten mit sogenannter repräsentativen Demokratie. Ich gehe davon aus, dass mehr gebildete und politisch motivierte Minderheit in aller Zeiten das Subjekt der Politik war und diese Minderheit bestimmte immer was der passiven Mehreit besser ist, egal ob im Namen des Volkes, des Gottes oder einer anderen Idee.

Last edited 1 Jahr zuvor by Vladimir
Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Vladimir
1 Jahr zuvor

@Vladimir

Demokratie definiert man wie ein Prinzip nach dem die Mehrheit bestimmt, welche Politik und welche Gesetze für die Gesellschaft bevorzugt sind. Eine echte Demokratie wäre dann direkte Demokratie, wenn jede Frage z. B. durch Referendum gelöst wird und kein Mensch oder keine Gruppe der Menschen zur Macht kommen.

So eng definiere ich Demokratie gar nicht, weil der Prozess der Abstimmung jeder Sachfrage durch die Gesellschaft immens Zeit in Anspruch nehmen würde.

Notwendig wäre die generelle Möglichkeit über Bürgerbegehren und damit zwingend Volksabstimmungen die Macht der Parteien und ihrer Antreiber/Sponsoren zu brechen.

Damit schließt man politische Entscheidungen auf „Bestellung“ faktisch aus, weil die Durchsetzung unsicher wird.
s geht auch nicht darum, für jeden Verwaltungsakt ein referendum abzuhalten, sondern für elementare Entscheidungen, die Gesellschaft betreffend.

Dazu kann man eine Hürde in Form von einer Mindestzustimmung bei Bürgerbegehren setzen.

Außerdem kann man Volksentscheide z.B. über die Todesstrafe verunmöglichen, indem man die UN-Charta als zwingende Voraussetzung einbaut.
Dann kann so etwas nie zu einer Abstimmung führen.

Vladimir
Vladimir
Reply to  Robbespiere
1 Jahr zuvor

Deswegen sehe ich pure Demokratie als eine Utopie, in der Wirklichkeit ist sie eher Oligarchie oder Diktatur der neoliberalen (oder anderen) Eliten mit einigen demokratischen Elementen (oft dekorativen). Ihre Vorschläge würden gut klingen, wenn die Parteien und ihre Sponsore sie sichern könnten. Aber das sollte heißen, dass sie von sich selbst Macht wegnehmen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Vladimir