Bahn frei!

Da war die Deutsche Bahn ganz schnell. Kaum, dass die Schließung von Kindergärten und Schulen angeordnet war, meldete sie den Sparbetrieb an. Wegen weniger Fahrgästen.

Am Samstag stand sie am Bahnsteig, lugte durchs Straßenbahn-Fenster, notierte sich, wie leer oder voll die Bahn war. Erfassung der Fahrgastzahlen halt, die junge Frau machte nur ihre Arbeit. Da war man fix bei den Nägeln mit den Köppen; kurz zuvor hatte die Bahn schon angekündigt, sich in den Sonntagsfahrplan zu verabschieden. Wenn Schulen und Kitas leer blieben, Homeoffice das neue Arbeitsmodell würde, dann könne sie schließlich ein bisschen was einsparen.

Vorbildlich auf Sparkurs

Natürlich können nicht alle vom Sofa aus in betrieblichen Betriebsanwendungen fuhrwerken und für ihren Global Player nützlich sein. Es gibt ja leider immer noch Jobs, die vor Ort erledigt werden müssen. Und derart Berufstätige müssen nun mal weiterhin zur Arbeit. Schließlich leisten wir uns den ganzen Aufwand, um die Infrastruktur halbwegs aufrechtzuerhalten. Schwer genug, wenn man das Kind nicht mehr betreut kriegt. Dass sich die Bahn aber gleich noch rauszieht und auf Sonntagsmodus switcht, ist schon dreist.

So ein normaler Betriebsablauf entzehrt ja auch ordentlich. Denn natürlich sind weniger Menschen zu den Stoßzeiten unterwegs. Gar keine Frage. In den Park oder die Eisdiele fährt man halt nicht zwischen sechs und neun Uhrvormittags, sondern später, wenn die, die die öffentliche Ordnung noch gaufrechterhalten, schon zur Arbeit gefahren sind. Regulär fahrende Nahverkehrsmittel würden das Gedränge in seltener verkehrenden Zügen und Bussen allerdings minimieren. Abstand halten ist ja immerhin eine Maßnahme, die man höchstinstanzlich anordnet.

Nur die Bahn und die Verkehrsbetriebe sehen das anders, sie stellen Aufläufe in Aussicht und machen damit weiter, womit sie schon seit Jahr und Tag beschäftigt waren: Einsparpotenziale abschöpfen. Für niemand scheint Geld mehr eine Rolle zu spielen – darüber demnächst mal mehr -, aber die Bahn kariolt gegen den Strom und bleibt vorbildlich auf Sparkurs.

Kriegsgewinnler und Pfeffersäcke

Natürlich ist es nachvollziehbar, dass man auch aus anderen Gründen runterfahren kann und muss. Busfahrer und Tramlenker sind ja auch nur Menschen. Recht arme Menschen sogar, getrieben von Mitmensch und Chef; immer schuld, wenn es Verspätungen gibt und nicht wertgeschätzt, wenn sie ihre Arbeit gut und verlässlich verrichten. Als Menschen werden diese Meister des Asphalts und der Schiene nun mal auch krank, dann reduziert sich das Fahrangebot von ganz alleine.

Davon war aber gar keine Rede, als die Bahn den Sonntagsbetrieb ankündigte. Sie sah nur leere Züge und die Möglichkeit, Material und Personal zu schonen. Nicht wegen Krankheit, sondern weil es sich gerade so anbot.

In anderen Zeiten hätte man dieses Geschäftsprinzip als Vorgehen von Kriegsgewinnlern eingeordnet. Von dreisten Pfeffersäcken und Profiteuren, die absahnen und sich gütlich tun, während andere die Nöte und Sorgen des krisengeschüttelten Alltags ausbaden müssen. Wohlgelitten waren die nie. Vorsichtig formuliert, ist man mit solchen Leuten nicht sonderlich zimperlich umgegangen. Einfach weil sie ein asoziales Verhalten an den Tag legten. Die Austeritätsmobilität, die wir vor dieser Krise kannten, war ja schon asozial. Wie man diese Phase jetzt auch noch nutzt, um den maroden Laden zu schonen, ist dazu nochmal eine Steigerungsform.

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Roberto J. De Lapuente

Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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ChrissieR
ChrissieR
4 Jahre zuvor

Guude, lieber Roberto!

Dein Mitgefühl für die Bus und Bahnlenker tat mir sooo gut! Bin zwar nicht mehr aktiv…aber das tut im Nachhinein gut!

Auch die Wiesbadener und Mainzer Verkehrsbetriebe haben auf Ferienplan umgestellt!
Ich bin halt grad auf unbestimmte Zeit in französischer Kriegsgefangenschaft…

Mogugge, wie es weitergeht

LG

Christine

ChrissieR
ChrissieR
Reply to  Roberto J. De Lapuente
4 Jahre zuvor

Unsere Firma hatte sogar mal ne recht doofe Werbeplakataktion mit Busfahrern und Busfahrerinnen im Superman – Outfit: “ Alltagshelden gesucht!“

Das war uns eigentlich ziemlich peinlich…

Roberto De Lapuente
Roberto De Lapuente
Reply to  ChrissieR
4 Jahre zuvor

Ich erinnere mich an diese Aktion. Ich hielt sie für Mitarbeiterverarschung und ziemlich respektlos. Schlimmer ist nur die Werbung in Frankfurt, die die nächtlichen U-Bahn-Fahrpläne ankündigte und bei der der Bürgermeister Feldmann am Steuer saß. Als ob der Kasperl diesen Job machen würde.

Da-humm
Da-humm
4 Jahre zuvor

Ab und zu pack ich mir auch ma an Pimmel. Wie der Autor das hält vermag ich nich einzuschätzen, aber das bleibt ja jedem selbst überlassen. Am schlimmsten is aber wenn das Bier alle is.

Roberto De Lapuente
Roberto De Lapuente
Reply to  Da-humm
4 Jahre zuvor

Ich auch. Das gehört zu einem Netflix-Abend einfach dazu.

ChrissieR
ChrissieR
4 Jahre zuvor

Oh, neeee!!!

Jetzt guck ich hier grad arte…und was wird mir da präsentiert?
Leider keine Tierdoku…aber antirussische Propaganda vom allerfeinsten! Infokrieg…es wird gegen RT polemisiert und ähnlicher Mainstream- Scheiss!!

Sorry, aber den Frust musste ich mal loswerden!!!!

Pen
Pen
Reply to  ChrissieR
4 Jahre zuvor

Moin Chrissie,

leider ist mein Lieblingssender arte ganz vorn beim Russenbashing mit dabei, seit 2014, seit dem von Deutschland herzhaft unterstützen Regimechangeversuch in der Ukraine. McCain und Steinmeier auf dem Maidan! Nachrichten kann ich dort nicht mehr ansehen, genausowenig wie im ARD und ZDF. Filme, Reportagen und Serien sind ok. Unsere gekauften Medien werden den Niedergang des Westens nicht aufhalten. Die Zukunft liegt in Asien.

China hilft nun in Italien beim Kampf gegen Corona. Weil die EU es nicht will oder kann.

LG

niki
niki
Reply to  Pen
4 Jahre zuvor

Mir fällt das Russlandbashing in den öffentlichen rechtlichen Medien auch immer mehr auf… Sehr unangenehm! Offensichtlich wird dabei auf die „gute“ alte Propagandamethode benutzt, dass man nur eine offensichtliche Lüge oft genug wiederholen muss, damit der Mehrheit diese als Wahrheit erscheint.

Pen
Pen
Reply to  niki
4 Jahre zuvor

Moin Niki.

wir müssen uns halt in den alternatiiven Medien informieren, heise.de usw, die meisten und besten sind aber in englischer Sprache verfaßt. Gibt es noch mehr deutsche? Ich lasse mich gern korrigieren.

niki
niki
Reply to  Pen
4 Jahre zuvor

Ja… Heise.de … leider sind da die Foren, insbesondere bei Telepolis, von Rechts-Reaktionären durchsetzt… Ich bin da auch aktiv und eigentlich nur da um rechtsbraun eingeschissene Soziopathen verbal die Fresse zu polieren…

pen
pen
Reply to  niki
4 Jahre zuvor

LOL* Bravo!

Es schreiben aber auch enorm gut informierte Leute im Forum.

ChrissieR
ChrissieR
Reply to  Pen
4 Jahre zuvor

Neee..ich mag so vieles bei arte..aber ich glaube, es ist wie beim “ SPIEGEL“… Auch die Leser mit Abitur sollen auf neoliberale Linie fixiert werden..

Ist der einzige deutschsprachige Sender hier…ich kann zwar sehr gut französich..aber oft isses schön , mal Muttersprache zu hören…
Hab dann umgeschaltet auf RMC…da gabs kanadische Wildnis…

Pen
Pen
Reply to  ChrissieR
4 Jahre zuvor

RMC?

schröder
schröder
Reply to  Pen
4 Jahre zuvor

Radio monte carlo

niki
niki
4 Jahre zuvor

Hier ist der Busfahrplan zwar auch auf im Ferienmodus, jedoch unterscheidet der sich nicht allzu sehr vom diesen in Schulzeiten. Inzwischen ist das Busfahren kostenlos, da es keinen Fahrkartenverkauf mehr gibt. Das liegt daran, das die meisten Vorverkaufsstellen geschlossen worden sind und im Bus es vorerst wohl keine Fahrkarten mehr gibt. Trotzdem sind die Busse ziemlich leer… Es wird aber auch empfohlen auf ÖPNV zu Gunsten aufs Fahrrad zu verzichten. Letzteres mache ich eh…

niki
niki
4 Jahre zuvor

Btw: OT:
Ich habe erstmal bis Montag Zwangsurlaub… Die Rechtslage bezüglich Fahrradgeschäfte ist undurchsichtig…
Werkstätte dürfen offen haben, aber der Kundenverkehr im Laden ist untersagt.
Mit Ausnahme von Berlin. Da haben auch Fahrradgeschäfte geöffnet.

Nun empfiehlt das Bundesministerium für Sicherheit und auch das Bundesministerium für Gesundheit den Umstieg von den Öffis auf Fahrräder… Eigentlich müssten dann auch die Fahrradgeschäfte geöffnet haben.
Leider ist m.E. aufgrund mangels ausreichender Verfügungbarkeit von Desinfektionsmittel weder im Fahrrad-Geschäften noch in der Fahrradwerkstatt die Sicherheit der Mitarbeiter und Kunden ausreichend gewährleistet…
Ich würde gerne vor der Annahme einer Reperatur die typischen Kontaktpunkte am Fahrrad desinfizieren um eine Schmierinfektion zu minimieren… Bei der Herausgabe das gleiche um unsere Kunden zu schützen. Leider ist wie gesagt einfach nichts da… ☹️

Pen
Pen
Reply to  niki
4 Jahre zuvor

Wichtig wären Einmalhandschuhe.

niki
niki
Reply to  Pen
4 Jahre zuvor

ja, die habe ich… Schon immer! Auch aus Schutz vor sonstigen Dreck… Man fasst sich mit diesen auch nicht so oft ins Gesicht. Zumindest meiner Erfahrung nach.
Trotzdem würde ich gerne Desinfektionsmittel haben.

Manchmal sind allein schon die Griffe extrem dreckig und klebrig… *Schüttel*. Ich hätte so manche Reparatur deswegen nicht angenommen. Unabhängig von der derzeitige Notsituation… Aber mein Chef ist da leider zu gierig!

ChrissieR
ChrissieR
Reply to  niki
4 Jahre zuvor

Griffe mit Gasbrenner abflämmen! Dann weiss der Kunde später auch, dass er Dir kein versifftes Fahrrad mehr hinstellen kann!!!

ChrissieR
ChrissieR
Reply to  niki
4 Jahre zuvor

Ich hab auch in Frankreich nix mehr bekommen…ich wische z.B. die Griffe von Einkaufswagen mit 80%Stroh Rum (Österreich) ab! stinkst zwar wie ein Alki..aber egal is..

Pen
Pen
Reply to  ChrissieR
4 Jahre zuvor

Den Strohrum kann man auch trinken, vorher ordentlich gurgeln, ist gut gegen Atemwegsinfektionen. Hihi

citoyen
citoyen
4 Jahre zuvor

Na, da war ja die Führung der Deutschen Bahn voll auf Zack! Mit ihrer Entscheidung, den Fahrplan auszudünnen, sabotiert sie die administrativen Massnahmen, die verhindern sollen, dass Menschen allzu nah aneinanderrücken, was als mitursächlich für die schnelle Virusausbreitung angesehen wird. Das Optimierungskalkül der Kostenminimierung ist aus konkurrenzkapitalistischer Perspektive der Gewinnmaximierung zwar rational, ist aber im Gesamtzusammenhang als Sabotage zu beurteilen.