Lasst Euch rügen, Presse!

Ehrlich, man könnte glauben, dass Ihr das Gewehr auf dem Schoß liegen habt, während Ihr Eure Texte auf eine Tastatur feuert, die schon fast nach Rauch riecht, so als hättet Ihr eben gerade eine Rakete abgeschossen.
Hört endlich damit auf, wenn Ihr nicht mit Fug und Recht als Kriegstreiber bezeichnet werden wollt!

Als Journalisten habt Ihr die Aufgabe, aus der Distanz zu berichten, einer professionellen Distanz. Ihr habt den Auftrag, Euch nicht mit einer Sache gemein zu machen, sondern sie stattdessen zu hinterfragen, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und journalistisch Antworten auf gesellschaftliche und politische Fragen zu geben, zumindest aber den Versuch zu unternehmen, das zu tun.

Und nun schaut Euch an, wie Ihr das Treffen zwischen Putin und Trump kommentiert. Als „Horror-Show“, nicht etwa als Chance. Immerhin haben sich die beiden mächtigsten Männer der Welt getroffen, um miteinander zu reden. Und das in einer Welt, die schon seit Längerem – unter anderem durch Euch, Journalisten – in einem besorgniserregenden Zustand ist. Journalistische Sorgfalt und journalistische Verantwortung wäre nun, das Treffen als Chance zu begreifen, mindestens aber, das Treffen nicht einseitig und auf Feindbildern basierend zu beschreiben.

Doch Ihr macht kollektiv das Gegenteil, schreibt voneinander ab, und man kommt nicht um den Eindruck herum, dass es da einen Wettstreit zwischen Euch gibt, wer die plumpere, aggressivere und hetzerische Formulierung findet.
Ihr erwartet Kritik. Von Trump. An Putin. Wegen allem Möglichen, wegen Syrien, der Krim, Giftgas, Giftanschlägen, abgestürzten Flugzeugen, der Ukraine, wahrscheinlich auch, weil nach dem WM-Finale zu wenig Regenschirme da waren, oder – schlimmer noch – weil es überhaupt geregnet hat. Aber so laufen solche Treffen nicht, Ihr hetzendes Zeitungs- und Fernsehpersonal. Solche Treffen laufen auf erste Annäherungen hinaus, einen Dialog, der zunächst mit Höflichkeiten beginnt und im nächsten oder übernächsten Schritt konkrete Inhalte abbildet.

Ihr erwartet übrigens auch: keine Kritik. Jedenfalls keine an Trump, obwohl Ihr selbst ihn doch täglich beäugt und beobachtet, nach bizarren Tweets sucht und garantiert auch welche findet (was kein Kunststück ist). Illegale Kriege durch die USA? Passt grad nicht rein. Unzählige Tote durch Drohnenangriffe? Derzeit uninteressant. Jahrelange Folter und Haftstrafen ohne Prozesse? Ein anderes Mal vielleicht.
Ach, würdet Ihr doch wenigstens nicht mit zweierlei Maß messen! Würdet Ihr zumindest konsequent sein in dem, was Ihr tut. Aber das seid Ihr nicht. Ihr seid berechenbar, einseitig, durchschaubar und bietet keinen Informationsgehalt, sondern nur billige Meinungsmache auf dem Niveau einer Kneipenschlägerei. Subtil geht anders, und das ist Euer Problem, das führt zu den Titulierungen wie „Lügenpresse“, die Ihr erstens nicht hören und zweitens nicht verstehen wollt.

Ihr habt Euch längst selbst entlarvt, Journalisten! Spätestens, seit Trump völlig sinn- und rechtlos Bomben über Syrien abgeworfen hat und Ihr – gemeinsam mit Eurer Kanzlerin – diese absurde Tat als richtig und angemessen aufgeschrieben habt … spätestens seit diesem Zeitpunkt habt Ihr Eure Glaubwürdigkeit mit großem Schwung über Bord geworfen.

Überdenkt Eure Rolle, Journalisten! Geht in Euch und denkt darüber nach, was für Auswirkungen Eure hetzerischen Texte haben. Ihr bildet zu einem Teil die öffentliche Meinung, Ihr beeinflusst sie, Ihr nehmt Einfluss auf die Grundstimmung, also darauf, ob sie in die eine Richtung wächst oder in die andere kippt.
Und selbst wenn Ihr nicht diejenigen seid, die irgendwann mal irgendwelche roten Knöpfe drücken, so seid Ihr es doch, die die Verantwortlichen ermuntern oder bremsen.

Ihr mögt nun sagen, dass Ihr nicht die seid, die die Entscheidungen treffen, die über Krieg und Frieden entscheiden. Das stimmt. Aber Ihr seid diejenigen, die sich womöglich irgendwann mal fragen lassen müssen, warum Ihr Eure spitzen Federn nicht benutzt habt, um zu schlichten, zu vermitteln, zu verbinden. Ihr demonstriert seit Jahren eindrucksvoll, dass Ihr dazu nicht willens oder in der Lage seid.

Wie wär‘s, wenn Ihr es mal anders herum versucht?
Euer Ansehen würde steigen, so viel ist sicher.  [InfoBox]

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Tom J. Wellbrock

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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R_Winter
R_Winter
Gast
6 Jahre zuvor

Wie wär‘s, wenn Ihr es mal anders herum versucht?
Euer Ansehen würde steigen, so viel ist sicher.

Wer kann von “ ….Ansehen steigern…“ gut leben?
Nein, nicht die Schreiberlinge in der Presse und im öffentlichen Fernsehen sind das Problem.
Die Presse (mit dem Internetanteil und dem Privat-TV) wird bestimmen von fünf! Familien zu 95%.
In der Presse und im öffentlichen TV herrscht zusätzlich vorauseilender Gehorsam vor inkompetenten Politikern, die nur als Wurmfortsatz taugen.

Albrecht Müller schrieb zur tagesschau Berichterstattung zum Helsinki-Treffen von Trump und Putin:

„Dieser Beitrag grenzt an Volksverhetzung.“

Heldentasse
Heldentasse
Gast
Reply to  R_Winter
6 Jahre zuvor

Ich tue mir den ganzen Mist in den MSM gar nicht mehr an, ist doch sonnenklar was da zur Zeit abgeht.

Beste Grüße

Heldentasse
Heldentasse
Gast
6 Jahre zuvor

Ein treffender Appell von Tom! Nur was wird es bringen? Die Journalist*innen (man beachte den korrekten Gender-*), zumindest die mit etwas Hirn, machen diesen Bellizismus ja nicht umsonst, sie werden m.E. zumindest mittelbar dazu „eingenordet“ und wenn eine*r es mal nicht macht steht halt die nächste Person Gewehr bei Fuß für den Job.

Das ganze Elend ist übrigens schon wissenschaftlich durchleuchtet worden, und leider schon ein alter Hut, siehe dazu Medien und Krieg ll Vortrag von Dr. Sabine Schiffer ll Sprechsaal.

Beste Grüße

Ein Lied, zwei drei vier…

https://www.youtube.com/watch?v=V5kskEemMH8

Heldentasse
Heldentasse
Gast
Reply to  Tom J. Wellbrock
6 Jahre zuvor

Na ja, ganz so radikal würde ich es nicht sehen, die einzelne Wirkung strebt wahrscheinlich gegen null aber es es wichtig das es ausgesprochen wird, alleine schon damit man nicht der Illusion erliegt, dass man ganz alleine dieses Elend anders bewertet als die MSM und die meisten Menschen im persönlichen Umfeld.

Und wer weiß, steter Tropfen höhlt ja bekanntlich den Stein.

Beste Grüße

Gegenschlagzeile
Gegenschlagzeile
Gast
Reply to  Heldentasse
6 Jahre zuvor

Na ja, ganz so radikal würde ich es nicht sehen, die einzelne Wirkung strebt wahrscheinlich gegen null

Am einfachsten ändert man das Framing mit Gegenschlagzeilen: Clinton hätte sich nicht mit Putin getroffen.
Mit sowas macht man in einer Kommentarspalte bei BILD, EXPRESS , SPON, ZON, TAZ, FAZ auf und erreicht mit überschaubarem Text relativ viel.

Möglichst als erster Kommentar unter einen Hetzartikel

Welche Flugblätter hätte Sophie Scholl im Treppenhaus ihrer Schule verteilt ?

Gegenschlagzeile
Gegenschlagzeile
Gast
Reply to  Gegenschlagzeile
6 Jahre zuvor

“ Die Seele des Volkes war vergiftet “ ( Heinrich Scheel )

https://www.youtube.com/watch?v=HOci9CBaZqU

Exaybachay
Exaybachay
Gast
Reply to  Heldentasse
6 Jahre zuvor

Journalist*innen

Sorry aber das ist diskriminierend. Richtig waere
Journalist* innen und Apache Kampfhubschrauber.
So viel Zeit muss sein!

Exaybachay
Exaybachay
Gast
Reply to  Tom J. Wellbrock
6 Jahre zuvor

Ja Tom, dass man von dir als Frauenversteherin keine anstaendige Betitulierung erwarten kann habe ich vorher auch schon gewusst.

Musil
Musil
Gast
Reply to  Exaybachay
6 Jahre zuvor

Kampfhubschrauber*innen

Schweigsam
Schweigsam
Gast
6 Jahre zuvor

Diese „Verbrecher“ schreiben doch allesamt mit Federn die in Blut getränkt sind.
Nee, ganz ehrlich was man da heutzutage alles hören muss von den sogenannten Journalisten ist äußerst häßlich.
Der Beruf des Journalismus tendiert mittlerweile auf einem Niveau jenseits von anständig oder seriös…

Heldentasse
Heldentasse
Gast
Reply to  Schweigsam
6 Jahre zuvor

Die spannende Frage wird sein, ob es im Prinzip jemals anderes war? Denn es könnte ja auch sein das die Leit-Medien immer Interessengruppen mehr oder weniger gedient haben.

Beste Grüße

P.S.: Im allgemeinen Kontext der Herr Mausfeld mal wieder:

https://www.youtube.com/watch?v=bw5Px3rR9Jo

Affini
Affini
Gast
6 Jahre zuvor

Das Privatvermögen in Deutschland beträgt ca. 1 Bio. Euro. Davon besitzen die 45 reichsten Deutschen ca. die Hälfte,
etwa 500 Mrd. Euro. Es ist wichtig das die sich nicht vermehren und ihr Spielgeld an die Nachkommen verschenken,
bevor die niedrige Erbschaftssteuer greifen könnte. Superreiche müssen sterilisiert werden. Klingt hart aber isso !

Sollte unter Prechthaberei sein …..

Robbespiere
Robbespiere
Gast
Reply to  Affini
6 Jahre zuvor

@Affini

Das Privatvermögen in Deutschland beträgt ca. 1 Bio. Euro. Davon besitzen die 45 reichsten Deutschen ca. die Hälfte,

Deine Zahlen sind nicht ganz aktuall:

https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/BBK/2018/2018_04_13_geldvermoegensbildung.html

Statt Sterilisation würde ich Kastration vorschlagen…….per Steuern.
Damit trifft man auch den geistigen Nachwuchs. 🙂

Tilo Schönberg
Tilo Schönberg
Gast
6 Jahre zuvor
EarthChild
EarthChild
Gast
6 Jahre zuvor

Ganz meine Meinung! Es gab früher, als die Mauer noch stand ,im Westen einen Spruch über die politische Manipulation, durch die Medien und der ging so: “ Die Milch wird sauer, das Bier wird schal, im Fernsehen spricht der Löwenthal“! Heute heißt er Kleber und Konsorten. Löwenthal war der westliche Karl Eduard von Schnitzler!!!

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Kommentare, Stellungnahmen und Briefe – Ansichten eines "Realitätsverkenners"
5 Jahre zuvor

[…] etwas schreiben lassen sollte, noch zum Präsidenten wählen sollte. Neulandrebellen – https://www.neulandrebellen.de/2018/07/lasst-euch-ruegen-presse/ 17.07. Facebook – die bizarre Putin-Trump Horrorshow. Der Gipfel von Helsinki zeigt, in […]

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