Der Fall Roseanne: Ein Beispiel für linksliberale Arroganz
Ich mag Roseanne Connor – Roseanne Barr hingegen kann ich weniger leiden. Nach ihrem rassistischen Tweet, für den sie – und leider die ganze Crew der neuaufgelegten Staffel von »Roseanne« – bitter bezahlt hat, machten der Schauspielerin viele folgenden Vorwurf: Sie dürfe sich nicht mit dem White Trash, den sie in der Serie spiele, gemein machen. Mit Verlaub: Das ist elitäre Liberalarroganz, so kämpft man nicht gegen Trump, AfD und Konsorten. So stärkt man sie.
Wenn man an die Serie »Roseanne« zurückdenkt, verklärt man gerne. Es heißt dann häufig, dass es sich um eine Serie handelte, in der die Sorgen und Nöte einer amerikanischen Arbeiterfamilie auf den Tisch kamen. Das stimmt zu großen Teilen. Gleichwohl war die Serie nie eine Milieustudie, es gab natürlich auch viele seichte Folgen – ganz nach Sitcom-Muster. Die neunte und letzte Staffel der alten Zeit, bevor man das Format neuerdings reanimierte, war dann ein völliger Kulturschock, der gar nicht in den Serienkosmos zu passen schien. Plötzlich waren die Connors reiche Leute mit Reicher-Leute-Sorgen. Die Serie verlor ihren Charme – und geriet verdientermaßen an ihr Ende. Am Schluss guckte man plötzlich denselben Snobs zu, denen in anderen Serien tolle High-Society-Abenteuer widerfuhren. Dass »Roseanne« aber eine Arbeiterfamilie in den Mittelpunkt stellte, in der man oft arbeitslos, vom Chef getriezt und vor berufliche Neuanfänge gestellt wurde, war tatsächlich ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Der liberale Zeitgeist macht Roseanne Barr das jetzt, nach ihrem rassistischen Tweet, gewissermaßen zum Vorwurf. Für ihn sind solche Lebensentwürfe Müll. Das zeigt viel mehr darüber, wie die liberale Bürgergesellschaft tickt als Mrs. Barr.
Rosie an den Abschaum verloren?
Die gute Frau, so las man in den Kommentaren zum Skandal, habe sich vielleicht ein klein bisschen zu sehr in ihre Rolle als Mutter und Großmutter eine White-Trash-Family hineingefühlt. Sie sei mit der White-Trash-Rolle verschmolzen oder habe ihren Status als White-Trash-Queen bestätigt. Kurzum, man habe Rosie endgültig an den Abschaum verloren. Über die Ansicht von Barrs Ex-Gatten Tom Arnold kommentierten Berichterstatter weltweit, seine Aussage, dass in den US »a white trash racist president« regiere – im Hinblick auf seine Wählerschaft -, erntete viel Beifall und wurde von vielen rege zitiert. Hashtag Roseanne kam quasi ohne diese Floskel vom weißen Abfall oder Abschaum gar nicht aus. Im liberalen Bürgertum, egal ob nun in den Staaten oder aber in der outgesourcten Debatte hier in Deutschland, war eine klammheimliche Wonne zu verspüren, dass die moralische Verurteilung der Barr Hand in Hand mit klassistischer Herabstufung der armen Weißen Amerikas möglich wurde.
Denn seit Donald Trump Präsident ist, mehr noch als vorher, als die Tea Party Obama Obimbo taufte, ihn als Hitler oder je nach Laune als Lenin karikierte oder dessen legitime Wahl anfocht, indem man ihm unterstellte, eigentlich ein Illegaler zu sein, gilt es im liberalen Bürgertum als chic, auf den armen Weißen herabzuschauen wie auf einen Untermenschen. Er hat ja nämlich mit seinem Bekenntnis zu Trump die ganze Suppe erst angerührt, hat einfach nicht begriffen, dass ein liberaler Zeitgeist zu herrschen habe, Toleranz ein Gebot und Harmonie eine Notwendigkeit sein sollten. Der arme Weiße ist also auch noch dumm, in ihm rattert es nicht perspektivisch, sondern wie im Affekt. Ja, hat er denn nie gelernt, seinen Verstand zu benutzen?
Oh doch, das hat er sicherlich. Nur arbeitet sein Verstand ganz anders, als es das liberale, meist ja gutsituierte Bürgertum ihm empfehlen will. Er hat gelernt, dass er am Ende meist den Kürzeren zieht. Er sucht viel Zeit seines Lebens nach einem Arbeitsplatz, der dann, erstmal ergattert, nicht sicher ist – zudem schlecht bezahlt und ohne Krankenversicherung ausgestattet. Er wohnt in einer Immobilie, die faktisch keinen Wert hat und deren Abzahlung er mehr schlecht als recht leisten kann. Seine Ernährung ist mies und seine Lebenserwartung schrumpft seit einiger Zeit nennenswert – und überdies messbar. Seine Schulbildung war schlecht, manche Schulen benutzen angeblich nach wie vor Atlanten, in denen osteuropäische Länder noch im Warschauer Pakt stecken. Die Schulmilch wurde vielerorts durch Cola-Automaten ersetzt, wobei die Schulleitung durch den Limonadenhersteller Anreize gesetzt bekommt, möglichst viel Getränke abzusetzen. Gelingt das, stocken Sponsoren gerne mal das knappe Schulbudget auf.
Was nicht links ist: Angebliche Abfallmenschen, wegen ihrer Abfallansichten abfällig bashen und sich dabei überlegen fühlen
Die Lebensrealität derer, die als White Trash verunglimpft werden, hat mit dem bürgerlichen Amerika gar nichts zu tun. Man tituliert diese Menschen als Abfall und macht deren Ansichten zu Abfallansichten, die es verdienen, mal richtig gebasht und beschimpft zu werden – und nicht etwa analysiert. Insofern gleicht die Szenerie dort dem, was wir in Deutschland erleben – fairerweise muss man allerdings sagen: Hier läuft es noch gemäßigter. Die gesellschaftliche Absturzgefahr hat sich hierzulande erhöht, aber noch fällt man – trotz Hartz IV – nicht ins Bodenlose. Man bleibt krankenversichert und die allgemeine Schulbildung, auch kein Ruhmesblatt deutscher Wirklichkeiten, wirkt da im Vergleich fast schon wie ein Studium. Und dennoch, es sind exakt dieselben Mechanismen, die wirken: Liberale Menschen, denen es recht gut geht, deren Sorgen nicht existenziell sind, sondern eher so im Luxussegment angesiedelt, nennen AfD-Wähler dumm, brutal und faschistisch.
Sie wissen nichts vom Verteilungskampf im unteren Segment der Gesellschaft, dorthin begeben sie sich ja nie. Diese bürgerlich-liberale »Gesellschaftskritik« ist über alle Empirie erhaben, sie kommt als Imperativ daher, als bildungsbürgerliche Oberlehrerschaft, die nicht danach fragt, warum jemand so und nicht anders denkt, sondern die gleich mit der Belehrung loslegt und Widerspenstigkeit als Ausdruck dessen abwiegelt, dass es wohl Menschen gibt, die einfach nicht das Zeug dazu haben, halbwegs mit ihrem Hirn umzugehen. Leider ist die linksliberale Aufarbeitung der AfD ziemlich anfällig dafür, einfach in den allgemeinen Kanon liberaler Kritiker einzustimmen. Und das ist ein Problem.
Denn kurz gesagt, wir haben es mit einer Haltung zu tun, die Klassismus dokumentiert – was gewiss nicht links und auf liberaler Seite gewollt sein kann. Das soziologische Jahrhundert, so muss man wieder mal annehmen, ist vorbei. Wo man früher begreifen wollte, wie gesellschaftliche Einflüsse und ökonomische Gewichtungen auf Gruppen und Einzelne wirken, hat man sich heute ins Gegenteil verkehrt. Heute zählt jeder für sich selbst, Gesellschaftseinflüsse werden negiert, seine Vorurteile sind sein Fabrikat. Wer die AfD wählt, der ist unser White Trash, unser weißhäutiger Müll. Ende – mehr Analyse ist selten. Ginge man dem soziologischer auf die Spur, dann müsste man sich ja vielleicht eingestehen, dass mancher Affekt, der zur AfD lotst, damit zu tun hat, dass man ganze Gesellschaftsschichten auf den Müll der Sozialgeschichte warf. Dass man sie weggeworfen hat wie nicht mehr benötigte Lumpen. Man hat ihnen noch nicht mal hoffnungsvoll gesagt: Wir schaffen das. Darum ging es in der Neuausrichtung des Sozialstaates und des Arbeitsmarktes nie. Man wickelte einfach ab und nichts mehr auf.
Liberale Kritik an der AfD und AfDler: Geschwister in Geistlosigkeit
Der bürgerliche Kampf gegen die AfD ist oftmals nicht mehr, als der Versuch einer einkömmlichen Oberschicht, die eigene Verantwortung dafür, ganze Gesellschaftsgruppen auf Kriegsfuß mit diesem Staat gestellt zu haben, zu verleugnen. Sie stilisiert die gesamte Misere zur Selbstverantwortung derer, die ja an sich ökonomische Verlierer sind. Wenn sie jetzt unken, dass Mrs. Barr ja nur ihren Anspruch als Vertreterin des White Trash erfüllt habe, dann steckt da mehr dahinter als ein flapsiger Spruch. Es ist tiefstes Klassenbewusstsein – und letztlich auch Klassenkampf mit intellektuelleren Mitteln: Denn wenn die Armen nur Abfall sind, dann gibt es eine gewisse Berechtigung, sozialpolitische Maßnahmen weiter darben zu lassen. Abfall kann nämlich weg. Zusammen mit diesen Abfallproleten entsorgt man gleich noch einen grundlegenden Gedanken modernen Staatswesens: Man fragt nicht mehr, wo etwas herkommt, um entgegenzuwirken. Man antwortet nur noch mit der Forderung, das man etwas weghaben will. Und das teilen diese Kritiker gewissermaßen mit denen, die es sich in der AfD allzu leicht machen mit ihrer Hetze gegen Fremde im Land.
Also wenn man unbedingt US- Amerikanische TV- Serien heranzieht um deren „Massage“ gegen Trump und andere Barbaren anzuwenden, dann doch bitte unbedingt Star Trek, siehe hier und auch hier.
Beste Grüße
Al Bundy for President und gut is…
Eine Witzfigut als Präsident? Jetzt werd‘ mal nicht albern – sowas hat in Wirklichkeit nicht den Hauch einer Aussicht.
Ist mit Witzfigur Trump oder Al Bund gemeint?
Ein überfälliger Artikel gerade auch hier im Blog, der hoffentlich eine rege Diskussion auslöst.
Danke! Aber ich glaube, leider wird das keine sonderlich rege Diskussion auslösen. Schade.
Wenn Linke ausgiebig und ernsthaft über US- TV Serien diskutieren, m.E. Star Trek erst mal außen vor, sind sie dann überhaupt noch links? Was kann da anderes herauskommen als das Ergebnis, dass diese Opium fürs Volk sind, und sich nur wenige daran dumm und dusselig verdienen, mit der darin geschaltet Werbung.
Beste Grüße
Natürlich ist es Unterhaltung. Dürfen Linke keine Unterhaltung goutieren? Zumal man ja einwenden muss, dass auf dem Seriensektor mittlerweile ausgezeichnete, aufklärerische und gegen den Mainstream gerichtete Projekte entstanden sind und entstehen. Bitte mal nicht so avantgardistisch.
Könnten Sie mal ein paar von diesen ausgezeichneten, aufklärerischen und gegen den Mainstream gerichteten Projekte aus dem Seriensektor benennen?
Mal was OT: wenn ich einen Kommentar veröffentlichen will, sind die entsprechenden Felder Name, Email etc leer und ich muss sie jedes Mal neu ausfüllen. Wenn ich den Kommentar dann absende, kommt die Meldung „Dein Kommentar wartet auf Freischaltung“ oder so ähnlich. Habt ihr wieder mal IT-Probleme?
@wschira
Hier habe ich heute morgen geantwortet und warte auf Freischaltung. ?
Gehe ich recht in der Annahme, dass Du auch die Meinung „Al Bundy for President“ vertrittst? Anders kann ich mir nämlich diese Chelmerei nicht erklären. 🙂
Beste Grüße
Ich hatte das Beispiel, das ich gar nicht kenne, nur als Aufhänger für eine Thematik verstanden, die hier und im realen Leben spielt. Die „Tumben“ reden nicht mit den „Gutmenschen“, weil diese mittlerweile die Ausübung demokratischer Rechte unter den Vorbehalt der richtigen Gesinnung und Bildung setzen wollen und sich dafür der konservativ geprägten Staatsmacht anbiedern. Nun wurde weder der Neoliberalismus, noch der Faschismus von den „Tumben“ in die Welt gebracht und großgemacht, sondern durch Machtspiele und Intriganz. Beides korreliert nun gerade nicht mit Tumbheit.
Eine kleine Anmerkung zum Sender ABC bzw. dessen Eigner, dem Disney-Konzern:
Wenn heute die Linksliberalen die Absetzung von Roseanne bejubeln, sollte daran erinnert werden, dass 1997 die gleiche Maßnahme die lesbische Ellen DeGeneris und ihr Coming-Out traf.
Gute Ergänzung: Danke!
Da fängt es schon an. War der Tweet eigentlich rassistisch oder doch „nur“ eine Beleidigung? Die Politikerin sähe so aus wie jemand vom Planet der Affen und noch irgendjemand, glaube ich. Wer mal nach ihr googlet wird sehen: Ähnlichkeit ist tatsächlich vorhanden. Und? Große Damen bezeichnet man als Giraffen, Öko-Männer als Waldschrate, Hipster als Hipster, Nonnen als Pinguine…
Summa summarum ist das für mich ohne weiteren Kontext nur eine Beleidigung. Aber selbst wenn es Rassismus war hat sich Roseanne immerhin dafür entschuldigt.
Man kann doch deswegen nicht ernsthaft ne ganze Serie einstampfen bzw. alle anderen Schauspieler, die Crew etc. damit auch bestrafen?!
Was du elegant unter den Tisch wirfst: Eine afroamerikanische Politikerin. Es gehört ja zum traditionellen Repertoire der Weißen (nicht nur in Amerika), Schwarze den Affen zuzuordnen und sie so zu entmenschlichen. Daher finde ich schon, dass man hier von Rassismus sprechen darf – und muss.
Vorschlag zur Güte: Wir nennen es „rassistische Beleidigung“ – dann stimmt es ja auch aus deiner Warte wieder.
Hi,
der Artikel trifft exakt den Kern. Aber dann obiger Einwurf: „Eine afroamerikanische Politikerin.“ Wär’s nicht rassistisch, wenn sie eine Weiße mit einem Affen verglichen hätte? Da komm ich schon ein bisschen ins Grübeln …
Das Üble, das, was den Artikel letztlich verdirbt, ist die völlig unkritische Übernahme der Behauptung, der Tweet sei rassistisch. Man sieht’s auch hier: Wir – auch ich – reden nur über diesen Scheiß. Begreift, will keiner begreifen, wie sehr wir uns inzwischen in all den Rassismus-Keulen, Auschwitz-Keulen, Nazi-Keulen etc. verheddert haben, das vernünftige Diskussionen kaum noch möglich sind?
Fazit: Der Tweet war verdammt noch mal NICHT rassistisch. Er war dämlich. Er war eine Beleidigung. Er war unsensibel. Er war dumm. Er war alles mögliche. Aber er war NICHT rassistisch.
Gruß
JoB
Sorry, sehe ich in dem Fall völlig anders. Alles was du an Attributen bringst, ob nun dämlich, eine Beleidigung, insensibel, dumm – alle das stimmt ja auch. Aber es gehört eben zum Standardrepertoire des klassischen Rassismus, speziell im 19. Jahrhundert, den Schwarzen als eine Art affenähnliches Wesen zu sehen. Das war gewissermaßen auch die Grundlage für die Sklaverei.
Was du mit den genannten Keulen meinst, sehe ich ja oft nicht so anders. Das spreche ich ja teilweise auch in meinem Buch an. Hier trifft es aber zu, ohne Keule zu sein. Die Gefahr ist meines Erachtens, dass man die Berechtigung der Kritik an solchen Keulen, manchmal mit allen verwechselt – auch mit dem, was keine Keule ist, sondern eben mal wirklicher Rassismus.
„Aber es gehörte eben zum Standardrepertoire …“ Ja, genau. Aber das ist es, was ich mit Verheddern meine. Du Affe! ist ein Schimpfwort. Ein relativ harmloses; ist, glaube ich, nicht mal justiziabel. Wende ich’s auf Schwarze an, wird es Rassismus, oder was? Wird es dann justiziabel, oder wie? Dann gute Nacht! Wäre ein gigantischer Schritt nach rückwärts! Oder, anders gefragt: Sind wir auch in diesem Fall – wie beim Antisemitismus, wo mittlerweile schon Kritik an israelischen Regierungen als antisemitisch zurechtkonstruiert wird – bald so weit, dass Kritik an schwarzen Politikern, Staaten, Regierungen usw. als rassistisch diffamiert wird? Bei Obama hatten wir ja schon einen Vorgeschmack darauf! Wir sollten aufhören, Rassismus zu plärren, weil dies oder jenes mal zum „Standardrepertoire“ von Rassisten gehörte. Andernfalls geraten wir immer schneller in den Malstrom, an dessen Ende dann schon Reden schwierig bis unmöglich wird. Ganz zu schweigen davon, dass sich diese ganzen Keulen ganz trefflich dazu eignen, missliebige Meinungen zu denunzieren, zu diffamieren, zu zensieren. Auch wenn es nicht als Keule gemeint war – man kann fast sicher sein, dass jene schon bereitstehen, es dazu zu machen. Also: Schluss damit! Rigoros!
Kontext bitte. Es war während der Herrschaft der Weißen über die Schwarzen, zu Zeiten der Sklaverei und da man sie rechtfertigte, als man Darwin falsch auslegte usw., eine ausgemachte Wahrheit, dass der Schwarze ein äffisches Wesen sei. Wer damit spielt, der beleidigt nicht nur einfach – der bedient sich rassistischer Stereotype. Anders zu argumentieren wäre genau der Rückschritt, den du hier ansprichst.
Übrigens möchte ich noch festhalten, dass Fr. Barr nicht gesagt hat „Du Affe!“, sie hat eine dunkelhäutige Frau als das Produkt eines Sexualaktes zwischen Affen und Muslimen bezeichnet. Das ist es eben, was die rassistische Herkunft dieser Vorstellung stützt. Daher nochmal: Kontext wahren und Unterschiede auch als solche wahrnehmen.
Der Vergleich mit Israel hinkt gewaltig, weil die Kritik an Israels Siedlungspolitik nicht den klassischen antisemitischen Kanon bedient. Wer also politische Kritik übt, der ist kein Antisemit. Wer aber meint, die Siedlungspolitik sei nicht überraschend, weil z.B. der Jude ohnehin immer ein schmieriges Gemüt hatte, der ist es aber schon. Ich bitte doch darum, hier nicht Äpfel als Birnen auszugeben.
@Joe Baer,
stimme Dir zu. Affe ist ein Schimpfwort, das bei Weissen kaum beachtet wird. Wieso ist dasselbe Wort einem Afroami gegenüber plötzlich rassistisch? Das ist genauso überflüssig, lächerlich und an den Haaren herbeigezogen wie die Genderdebatte der GrünInnen.
Zudem schafft man es mit den Rassismus-oder anderen -ismus -Keulen immer wieder, vom eigentlichen Problem abzulenken.
Das habe ich bewusst unter den Tisch fallen lassen, weil die Beleidigung bzw. der Vergleich zu Planet der Affen rein optisch nun einmal stichhaltig ist. Mir fällt ansonsten kein populärer Afroamerikaner ein, wo das so passen würde.
Das ist hier natürlich ein schmaler Grat, aber generell denke ich, dass mittlerweile geradezu ein Wettbewerb darum stattfindet, Leuten Rassismus und andere Diskriminierungen in den Mund zu legen. Ich sage nur „proudest monkey in the jungle“ von h&m….“
Was den Wettbewerb betrifft, gebe ich dir recht. Aber ich finde auch, dass es mittlerweile einen anderen Wettbewerb gibt, der ungefähr so läuft: War doch nicht so schlimm – wenn man es recht bedenkt, so richtig rassistisch war es ja nicht usw. Beides halte ich für bedenklich. Manchmal ist eine Zigarre freilich nur eine Zigarre. Manchmal aber auch ein Rassistenphallus.
Achso, anmerken wollte ich auch: Ich bin ganz bei dir, man hätte die Serie nicht einstampfen müssen. Aber ich habe neulich gelesen, dass sich der Sender mehr davon versprochen hat – man war ganz froh einen Grund zu haben, die Serie abzusetzen.
Man hätte die gute Connor-Mama ja ins Koma versetzen können – oder Dan angelt sich eine Neue (eine Afroamerikanerin) und wirft Rosie raus. 😉
Gut!
Es ist ein Verhaengnis. Innerhalb der neoliberalen und darwinistischen Logik ist die Verachtung von Armut folgerichtig. Ebenso legitim ist in dieser Denke die Anwendung von Gewalt durch arme Menschen zur Besserung der eigenen Position.
Die Armen sind mit Ueberleben beschaeftigt. Die abnehmende Lebenserwartung des „White Trash“ in den USA wird jedoch zur Radikalisierung des Konfliktes fuehren, wenn der Trend anhaelt.
Treffender Artikel, entlarvt schonungslos den salonliberalen Klassendünkel. Gabs schon in Weimar, wird aber meist völlig falsch eingeschätzt, als die vermeintlich fortschrittlichen „roaring twenties“.
Da war es in der Regel genauso, daß das salonliberale und gutsituierte Bürgertum liberal war, wenn es unter sich war, um umso aggressiver nach unten zu treten, wenn es ums Teilen des liberalen Gedankens gegangen wäre.
Man sollte den Begriff des Liberalismus nicht länger diesen verkappten Faschisten überalassen und ihnen die Deutungshoheit darüber streitig machen.
Ja. Dazu die Serie „Babylon Berlin“, sehr sehr sehenswert.
Besonders ärgerlich ist ja, dass diese Empörung ein Schein-Gefecht ist, das von den wahren Probleme ablenkt, denn der Rassismus nimmt ja tatsächlich in den USA zu. Die Ursachen hierfür haben aber strukturelle Gründe, die ja gerade die jüngste „Reunion-Staffel“ von „Roseanne“ so sichtbar machte. Als Dan Connor aus der finanziellen Not heraus seinen Freund feuert, um mit illegalen Einwanderern ein Projekt durchzuziehen, damit er endlich die dringend benötigte Operation für seine Frau finanzieren kann, zeigt das doch besonders anschaulich, wie die größer werdenden Nöte einer ganzen Bevölkerungsschicht dazu führen, dass diese sich gegen einander wenden.
Wie John Goodman in der letzten Folge mit dem Wasser zur Hüfte verzweifelt zu retten versucht was er hat, zeigt er den Kampf der Arbeiterfamilien. Da wird längst nicht mehr für eine bessere Zukunft gekämpft. Man kämpft, damit die Zukunft nicht noch schlechter wird als die Gegenwart.
Rob Iger hätte die jüngste „Roseanne“-Staffel lieber sehen sollen, anstatt sie nun im Giftschrank verschwinden zu lassen. Vielleicht wäre ihm dann ein Licht aufgegangen. Wenn er gegen Missstände vorgehen hätte wollen, dann hätte er vielleicht auch mal die Löhne für die zig-tausenden Disney-Mitarbeitern erhöhen können, die sich zum Teil von den Hungerlöhnen kaum ein Dach über den Kopf leisten können und die schon seit vielen Monaten deswegen mit dem Konzern im Streit sind.
Stattdessen wird aus reiner Sorge ums Sender-Image eine der wichtigsten Serien gecancelt, und dann verkauft man das auch noch als glorreichen Sieg im Kampf gegen den Rassismus. In Wahrheit brachte man eine laute Stimme zum Schweigen, die eindrucksvoll für gegenseitiges Verständnis warb und von der sowohl Demokraten wie Republikaner sehr viel lernen konnten.
Neulich sprachen wir ja noch darüber, jetzt gehts ohne sie weiter.
https://tvline.com/2018/06/21/roseanne-spinoff-ordered-abc-sara-gilbert-darlene/
Sie verzichtet auf Ansprüche, um die Arbeitsplätze der Crew nicht zu gefährden. Immerhin.
Schade, daß es zu diesem, gerade in Bezug auf die AfD wichtigen Artikel keine längere Diskussion gibt! Das liegt vielleicht an der Fussball WM?
Roberto, Du schreibst einfach zu viel. Die Leute kommen mit dem Kommentieren ja gar nicht hinterher. ?
Ach, ich schreibe viel weniger als früher. Insofern: Daran liegt es nicht. Ich denke einfach, dass ich nicht immer tagesaktuell schreibe, hat damit zu tun. Oft ist die Sau schon durchs Dorf, wenn ich mich der Sache widme.
Eigentlich sind es doch gerade die nicht-tagesaktuellen Themen, die langlebiger sind. War sowieso nur ein Scherz. 🙂