Den Merkelismus in seinem Lauf …
Angela Merkel ist durch? Der Merkelismus am Ende? So behaupteten es jetzt eigentlich fast alle politischen Beobachter. Nur einer zeigte auf, dass das eine Fehleinschätzung ist: Andreas Frege, genannt Campino.
Schwanengesang des Augenblicks: Es ist aus, die Bundeskanzlerin stehe vor ihrem politischen Ende. Das Scheitern der Koalitionsverhandlungen hat die Beobachter zu der Erkenntnis geführt, dass es das nun war. Zwar stellte die Frau gleich mal klar, dass sie bei Neuwahlen nochmal kandidieren möchte und wird, zwar lobte ihre Partei ihren Kampfgeist und stellte rhetorisch mit einiger Berechtigung die Frage, wer es denn sonst machen sollte, wenn nicht dieser Stabilitätsanker – aber trotzdem, weil es so eine schöne Schlagzeile, so ein Eyecatcher war, titelte man mit Endzeitaufmachern.
Dabei ist die Konstellation doch recht kommod für die geschäftsführende Bundeskanzlerin. Ihr Stuhl wackelt tatsächlich nicht mal ernstlich. Nach den Neuwahlen wird sie immer noch, trotz womöglicher weiterer Verluste, der größten Fraktion im Bundestag vorsitzen: Ohne sie gibt es mit ziemlicher Sicherheit keine Regierungsbildung. Von wegen der Merkelismus geht seinem Ende entgegen!
Nur einer hat das offenbar begriffen, einer der großen Aufklärer unserer Zeit, Herr Campino aus Düsseldorf, der gleich mal dagegenschoss und klarmachte: »Diese Person auszutauschen, das wäre für mich das Zeichen, dass die Bundesrepublik Deutschland sich selber zerlegen möchte.« Die ganze Welt suche Halt und Beständigkeit, wusste er weiter. Und da wollen wir Wohlstandsdeutschen unsere Beständigkeitsgarantie im Hosenanzug austauschen? Ja, sind wir denn irre? Wissen wir nicht mehr, was gut für unser Land, was gut für uns alle ganz persönlich ist? Zerlegen wir uns echt selbst? Ja genau, Campino spricht es deutlich aus: Wahlen sind gefährlich und Alternativen sind riskante Experimente.
No future? Nee, das war der Schlachtruf von Punks mit Akne. Gut gepflegt und gesetzter im alltäglichen Umgang kann man die Parole schon mal ausbauen: No future ohne Angela. Es ist nicht schlimm, wenn Punks in der Realität ankommen und dazu übergehen, Disharmonie gegen Musik einzutauschen. Und eigentlich ist es nicht mal schlimm, dass Campino das so gesagt hat, denn er belegte damit fast schon analytisch: Merkelismus am Ende? Von wegen ihr Spinner! Er rockt noch immer, selbst die gefühlten Kritiker der Bundeskanzlerin sind plötzlich ihrer Alternativlosigkeit erlegen, salbadern nach, was man ihnen über Jahre an Indoktrinierung ins Ohr gewispert hat: There is no alternative.
Witzigerweise war das Thatchers Credo und die Jugend des Landes, das sie damals regierte, bastelte sich selbst ein Leitmotiv: Jenes nämlich von der nicht existenten Zukunft. Der Punk war geboren. Von Großbritannien erreichte dieses Lebensgefühl auch den Ratinger Hof in Düsseldorf. Aber seien wir doch mal ehrlich, ob nun »There is no alternative!« oder aber »No future!«, man könnte diese beiden englischen Sätze mit einem einzigen deutschen Zweiwortsatz übersetzen: Traurige Aussichten. Da kommen Punk und Postdemokraten tatsächlich auf einen gemeinsamen Nenner.
Das System Merkel rollt weiter. Die Parolen der letzten Jahre, nämlich dass nur sie es könne, tragen fette Früchte. Besonders jetzt, da es nicht so toll aussieht. Sogar das linke Lebensgefühl in Tüten schreit mit. An Tagen wie diesen …
Na ja, eigentlich wurde Punk geboren in der Labour-Zeit der 70er wo die Arbeitslosigkeit sich innerhalb 3 Jahre fast verdreifacht hatte, Inflation über 10% lag und die Wirtschaft fast am Boden. Mag schlimm gewesen sein, aber die Thatcher hat dann mit ihrem „there’s no such thing as a society only individuals“ etwas eingepflanzt was bis heute fortwirkt, sich in ganz Europa verbreitet hatte und wohl schlimmer und nachhaltiger ist als eine Wirtschaftskrise – ein hemmungsloser, entsolidarisierter Individualismus, der in der neuesten Auflage nicht von Konservativen, sondern von Linksliberalen befeuert wird, dann allerdings maskiert mit einer Ideologie, die nichts kostet.
Campino? Der war nie ein Punk. Merkel? Letztendlich ist sie nur ein Garant der Kontinuität der (post)Schröderschen Reformen. Für die Gewinner diese Kurses, die nicht mehr dem konservativen Milieu von früher entsprechen, hat sie einen gesellschaftspolitischen Kurs angeboten, der letztendlich nichts kostet und teilweise sogar noch die „Freiheit“ (auch die ökonomische) vorneweg stellt.
Die ersten Punk-Impulse kamen aus der Mittelschicht: die Sex Pistols waren Kids aus ganz passablen Familien (bildungsmäßig mit dem UK-Äquivalent zum Abi schulqualifiziert) Darüber hinaus war Punk von Anfang an eine Moderichtung (s. Vivien Westwood) – mit beachtlichem Erfolg. Es haben eben nur Kids aus mindestens diesem Milieu
die notwendige Energie zum Protest – den wirklich Armen muss sie abgehen. Die kriegen nur die Message No Future!
mit und i(de)n(ti)fizieren sich damit. P.S.: viele heutige Popsuperstars haben mit Punkbands angefangen – etwa
Sting bei und mit The Police (er war immerhin Lehrer!); die Band entwickelte sich zum Chartstürmer (mit deutlich
marktkompatiblerer Musik) – und heute spielt er in der gleichen Liga wie Bono oder Bob Geldof. Oder Wolfgang Niedecken …
Plakativer und vermarktungsfähiger Protest ist nicht wirklich welcher.
[…] Nur einer zeigte auf, dass das eine Fehleinschätzung ist: Andreas Frege, genannt Campino.Weiterlesen bei den neulandrebellen Lesen Sie auch: Die Humanistin Ein Land, in dem Angela Merkel, die Architektin zweier […]
Die Hosen fühlen sich dem Hosenanzug verbunden. Die Hosen haben nie Punkrock gemacht.
Das ist Saufmusik für Mittelstandskinder. Bei einem Punk findet man keine Ärzte und Hosen.
Die „Stabilitäts“kanzlerin wurde in den letzten Tagen oft bemüht. Tatsächlich ist sie eine
Labilitätskanzlerin. Ich weiß beim Blick auf Deutschland und Europa nicht was der stabilisierende
Einfluss des toten Hosenanzuges gewesen sein soll.
Die Hosen sind seit den 90ern Kommerz. Nichtsdestotrotz haben sie weiterhin ein paar gute Songs rausgehauen.
Merkel kann man wohl nur durch Minderheitsregierung sauber loswerden.
mordred, es geht nicht um linke moral, was kommt nach merkel? minderheitenregierung- migration mit afd, rente mit grünen und spd besprechen, linke wird sich wohl verweigern, erst müsste ja nato abgeschafft und grenzen völlig geöffnet werden!?
eigentlich …, aber das schreib ich dir kurz:
nach merkel kommt die schlacht am kalten tisch bei wasser und nix – und dann der dicke mit der ausgewetzten hasenscharte.
hä?
Du hast mich wohl falsch verstanden. Ich meinte, dass Merkel als Kanzlerin in einer Minderheitenregierung ordentlich Federn lassen würde, weil es dort zu vielen Themen ihrerseits Überzeugungarbeit zu leisten gäbe.
ja, wird sie wohl, aber Politik sit kein Ponyhof. Die Linkspartei zeigt gerade in der Flüchtlingsdebattem dass sie zu doof zum regieren wäre, leider!Ich bin nicht gegegn eine Groko!!
Ja, ich finde ja sogar, dass sie heute noch ganz gute Songs raushauen. „Tage wie dieser“ gehört aber nicht dazu. Übrigens empfehle ich das Buch „Am Anfang war der Lärm“, die Geschichte der Hosen. Unterhaltsam und gut geschrieben.
Deswegen wehrt sie sich ja so vehement dagegen.
Im Ausland lachen sie sich krumm über das, was hier passiert. Nicht Wenige scheinen der ‚mächtigsten Frau Europas‘ ihre Niederlage zu gönnen. Nur sie selbst hat den Knall nicht gehört.
Es ist ein sehr großer Irrtum, wenn jemand glaubt, Merkels Status müsse verändert werden, dann wird „alles gut“ wird.
Merkel ist nur ein Mittel zum Zweck der Neoliberalen/Lobby-Kapitalisten.
Zwei Meldung sollen auch den Naivsten klar machen, was gespielt wird:
1. Steinmeier will sich nächste Woche mit Merkel, Schulz und Seehofer gemeinsam treffen.
2. Laschet: „Merkel beibt Kanzlerin, sonst braucht die sPD gar nicht zu kommen“.
Die Medien von Print über Radio bis TV trommeln für eine GroKo.
Es geht nicht um „Deutschland“, sondern nur um MACHTERHALTUNG
einer neoliberalen Politik und hier irrt auch Albrecht Müller, NDS, wenn er es für falsch erachtet, dass die sPD Gespräche sofort nach der BTW abgelehnt hatte.
Wacht endlich auf!
So sieht es aus …
Campino: oh Scheisse, jetzt hab ich schon wieder einen Schlager komponiert!
…: ey Mann, schrei ihn doch einfach, dann denkt jeder, es ist Punk!
😉
Wolfgang Niedecken ist übrigens genau so ein Früchtchen mit seinem „mein Freund Gerhard Schröder“.
Ich kenne ja die Vorwürfe zu den Hosen. Sie hätten gewissermaßen die ursprüngliche Idee verraten, machen nichts mehr, was nach Punk klingt. Stimmt ja. Andererseits ist es so, dass die Kerle ja von dem leben wollen, was sie da treiben. Mit Punk verdienst du heute nichts mehr. Er ist aus der Zeit gefallen. Und nicht alles, was die Hosen heute so fabrizieren, ist ja grundsätzlich schlechte Musik. Ich finde es sehr okay, wenn Männer um die 50, 55 Musik machen, die man ihnen leichter abnimmt, als die Punkermasche. Zwischen musikalischer Anpassung und politischem Fatalismus liegt aber dann ein Unterschied.
Da merkt man mal wieder, was für ein kleingeistiges Männeken du bist.
Gelegentlich soll es auch Musiker geben, die Musik wegen der Musik machen und nicht wegen der Kohle.
Wenn es nur darum ginge Musik zu machen, damit man daran verdient, gäbe es 95% aller Stilrichtungen nicht mehr.
Und nicht jeder Musiker muss mit seiner Mucke auch politische statements abgeben. Nur weil es einzelne Dummschwätzer wie Campino gibt (ob er Punk ist/war oder nicht) muss man nicht gleich eine ganze Musikrichtung in Sippenhaft nehmen. Im Southernrock sind auch nicht alle mal eben rassistische Rednecks.
In jedem halbwegs zivilisierten Land ist die Anzahl der Legislaturen der Führungsfigur auf zwei begrenzt, es ist auch in Deutschland allerhöchste Zeit für diesen grundlegenden Akt demokratischer Hygiene. Wir erleben indessen die Neuauflage der späten Jahre Helmut Kohls: das Parkett verfolgt ergeben den Ritt des quasi-Monarchen in den Größenwahn, bis dann ganz überraschend ein neuer Kandidat aus dem Hut gezaubert werden muß, den zu finden in der politischen Ödnis gar nicht so einfach ist. Ohne die gähnende Leere nach dem Abgang Kohls wäre uns die politische Nichtgestalt Merkel ansonsten nie passiert. Aber jetzt ist sie nun mal da, um es in ihren eigenen wurschtigen Worten zu sagen.