Russlands Wirtschaft steht vor dem Untergang

Tom hat mich vor einigen Tagen auf einen Artikel in der Frankfurter Rundschau aufmerksam gemacht. Es geht in dem von Bona Hyun verfassten Beitrag um Russland und seine Wirtschaft. Wenig verwunderlich für ein Blatt des deutschen Mainstreams sagt Hyun den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft voraus. Das ist nicht wirklich neu und daher auch nicht überraschend, der Grund ist aber interessant.

Hyun glaubt, die russische Wirtschaft geht an zu viel Wirtschaftswachstum zu Grunde – schleichend. Das ist nun allerdings recht originell. Aufgrund des orbitanten Wachstums überhitzt die Wirtschaft, die Löhne steigen und treiben die Inflation und – wupps – alles aus und vorbei. Russland bricht unter dem eigenen Erfolg zusammen. Putin hat sich verrechnet. Wer auch sonst, außer Putin gibt es für die deutsche Journaille ohnehin niemanden in der russischen Politik.

Orginelle Vorhersagen

Unter den Begründungen, warum es mit Russlands Wirtschaft demnächst zu Ende geht, ist das sicherlich eine der phantasievolleren. Immerhin hat Hyun im Gegensatz zu vielen anderen ihrer Kollegen zur Kenntnis genommen, dass Russlands Wirtschaft wächst. Das ist schon mal viel wert. Vielfach werden die russischen Zahlen über das Wachstum des BIP einfach geleugnet. Alles Lüge, alles russische Propaganda, ist die verbreitete Haltung unter den deutschen Schreiberlingen. Informationen aus Russland sind grundsätzlich falsch, ist die Grundanahme in deutschen Zeitungsredaktionen. Sie zu teilen, ist Einstellungsvoraussetzung.

Zudem war bis vor Kurzem noch üblich, zu behaupten, die Sanktionen würden ihre zerstörerische Kraft mittelfristig entwickeln. Unmittelbar nachdem die Sanktionen verhängt worden waren, wurde ein Wirtschaftseinbruch im zweistelligen Bereich prophezeit – und zwar ziemlich zügig. Von mittelfristiger Wirkung war damals nichts zu hören.  Nachdem Russland dann festgelegt hat, dass es die EU nur noch gegen Rubel mit Gas beliefern wird und der Rubelkurs daraufhin massiv anstieg, wurde Russland die holländische Krankheit vorhergesagt. Die Deindustrialisierung Russland stand  bevor. Als der Rubelkurs dann entgegen aller Vorhersagen wieder sank, erkannte man dann im schwachen Rubel das Anzeichen für das bevorstehende Ende.

Die Begründungen verändern sich im zeitlichen Ablauf, das Ergebnis ist jedoch immer das Gleiche: der russischen Wirtschaft steht der Zusammenbruch unmittelbar bevor. Das Problem ist, dass sich die russische Wirtschaft an all diese Vorhersagen nicht halten will.  Das andere Problem ist, dass die deutsche Journaille aus ihrem Scheitern nichts lernt. Russland muss untergehen – das ist die Maßgabe, an der sich die Berichterstattung zu Russland zu orientieren hat.

Natürlich ist an den Thesen immer ein bisschen was dran, nur die Schlussfolgerungen sind in der Dramatik kontinuierlich falsch. Auch Hyun hat nicht völlig unrecht. Das Wachstum in Russland ist hoch, die Arbeitslosigkeit historisch niedrig. Die Produktion ist in vielen Bereichen ausgelastet. Es wird in die Realwirtschaft investiert. Das löst in Russland eine Lohn-Preis-Spirale aus, durch die die Inflation getrieben wird. Die russische Zentralbank reagiert darauf mit der Erhöhung des Leitzinses. Alles wie aus dem Lehrbuch. Für Untergangsszenarien gibt die reale Situation nichts her.

Russlands Luxusprobleme

Doch deutsche Journalisten wären nicht deutsche Journalisten, wenn sie darin nicht die Vorzeichen eines Untergangs sehen würden. Dabei sind die wirtschaftlichen Probleme Russlands gerade im Vergleich mit Deutschland absolute Luxusprobleme.

Die gleichen Journalisten, von denen in Serie der baldige Zusammenbruch der russischen Wirtschaft vorhergesagt wird, sehen in einer massiven Steigerung der Energiepreise, die durch den Verzicht auf russischen Energieträger herbeigeführt wurde, kaum ein Problem. Man habe sich aus der Abhängigkeit von Russland befreit, wird im Gegenteil gejubelt. Die Energiewende läuft. Dabei sind die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands imens. Das Land hat durch die Rückwirkung der Sanktionen sein Geschäftsmodell verloren. Das wird in Deutschland kaum angemessen thematisiert.

Die Frage, die sich  mir persönlich angesichts all dieser journalistischen Einseitigkeit und dem Mangel an Bemühen um Objettivität stellt, ist, warum der deutsche Journalismus nicht zusammenbricht? Wer liest eigentlich diesen Blödsinn noch? Ich habe darauf keine befriedigende Antwort.

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Gert-Ewen Ungar

Gert Ewen Ungar legte sich kurz nach dem Abi sein Anagramm zu. Er und seine Freunde versprachen sich damals bei einem Kasten Bier, ihre Anagramme immer für kreative Arbeiten zu verwenden. Dass sein Anagramm jemals mehr als zehn Leuten bekannt werden würde, war damals nicht abzusehen und überrascht ihn noch heute. Das es dazu kam, lag an seinem Blog logon-echon.com. Mit seinen Berichten über seine Reisen nach Russland stiegen die Zugriffszahlen und es entwickelte sich eine Zusammenarbeit mit RT DE. Anfang 2022 stieß er zu den neulandrebellen und berichtet über Russland, über Politik, über alles Mögliche.

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n.b
n.b
4 Monate zuvor

Wer diesen Mainstreamjournalismus mit deren Möchtegern-Experten (aka Propagandisten) noch für voll nimmt, vor allem wenn es gegen Russland geht, ist nicht mehr ganz dicht…

Schwitzig
Schwitzig
4 Monate zuvor

Das Problem ist gar nicht mal, dass der deutsche Journalistierenden-Blödsinn gelesen, sondern dass er von den Michels auch noch geglaubt wird.

Robbespiere
Robbespiere
4 Monate zuvor

Die Frage, die sich mir persönlich angesichts all dieser journalistischen Einseitigkeit und dem Mangel an Bemühen um Objettivität stellt, ist, warum der deutsche Journalismus nicht zusammenbricht? Wer liest eigentlich diesen Blödsinn noch? Ich habe darauf keine befriedigende Antwort.

Die antwort ist ganz einfach:

Es gibt ihn noch, den Volksempfänger in deutschen Stuben, wie anno Dazumal und er sendet immer noch unermüdlich die Durchhalte-Parolen von Herbst 1944 aus dem Führerbunker.
Der Fasch….. ähh Kapitalismus obsiegt, auch wenn die Hütte längst in Flammen steht.

flurdab
flurdab
4 Monate zuvor
Reply to  Robbespiere

Der „gute“ Journalismus wird ja auch mit gutem Steuergeld unterstützt.
Die „gute“ Regierung weiß was der Nürger lesen soll.
(Nürger ist ein Schreibfehler, aber er gefällt mir)

Robbespiere
Robbespiere
4 Monate zuvor
Reply to  flurdab

@flurdab

Der „gute“ Journalismus wird ja auch mit gutem Steuergeld unterstützt.

Oder wie beim Speichel mit Kohle von Brand-Stiftern. 😉

Die „gute“ Regierung weiß was der Nürger lesen soll

Und v.A. über wen er zu „nürgeln“ hat.

Martina
Martina
4 Monate zuvor

Wer das noch liest? Darum geht es nicht. Es geht darum, wer das kauft. Also um die Auftraggeber.

Und Leute wie meinen Vater – der hat seit 50 Jahren das Göttinger Tageblatt abonniert. Er nimmt es morgens aus dem Briefkasten. Und legt es zum Altpapier. Meine Mutter hat es gelesen, samstags. Die Todesanzeigen. Und nur die. Der Rest hat sie nicht interessiert.

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