Märchenerzähler und andere Journalisten
Der Stern lieferte neulich ein Interview mit einer Geächteten: mit Ulrike Guérot nämlich. Wer in dem Stück allerdings wirklich geächtet wurde? Der Journalismus!
Dass der Qualitätsjournalismus im Lande nicht mit denen spricht, die er moralisch herunterputzt, stimmt nicht. Er tut es. Natürlich lässt er Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer zu Wort kommen, selbstverständlich spricht er mit Alice Weidel oder Elon Musk — um nur einige Namen zu nennen. Hin und wieder wird sogar das wiedergegeben, was diese Personen gesagt haben — dann quasi aber in einer kommentierten Fassung, um den Rezipienten an der Hand zu führen und ihm Orientierung zu geben. Er soll schließlich wissen, wie er das Gesagte einzuordnen hat.
Zuletzt gab der Stern Ulrike Guérot eine Stimme. Er tat jedenfalls so. Die Politologin wurde in einer Reportage von Stephan Maus ausgiebig zitiert. Maus und Guérot saßen in Charlottenburg zusammen, so leitet der Journalist seinen Artikel ein. Die Überschrift seines Machwerks verspricht zu erläutern, wie die Politikwissenschaftlerin zu einer Geächteten wurde. Dabei macht Maus aber genau das: Er ächtet seine Gesprächspartnerin, lässt sie mit laxen Nebensätzen und eigenwilligen Interpretationen dumm aussehen.
Wie sagte doch unsere oberste Klimanichtversteherin Frollein Neubauer gerade so schön auf der religiösen OMR Messe : „Geschichte schreiben statt Märchen erzählen.“
https://www.abendblatt.de/hamburg/article238366705/Neubauer-Geschichte-schreiben-statt-Maerchen-erzaehlen.html
Glücklicherweise schon hinter der Bezahlschranke verschwunden, war wohl zu banal. Der Stern hat ja auch schon Geschichte geschrieben mit der Veröffentlichung von Adolfs Tagebüchern. Man sollte dort, damit der Stern nicht in der Versenkung verschwindet, so langsam mal Stalins Tagebücher veröffentlichen.
Ich habe gestern den aktuellen Podcast „Ludgers Welt“ auf Kontrafunk gehört, und das Thema jener Ausgabe passt ganz gut zu diesem Artikel von Roberto:
Ludger K. im Gespräch mit Sandra Kostner: „Wenn ich was verbergen will, dann muss ich es unterdrücken.“
Absolut Hörenswert!
Zurück aus dem Off. Schön. 🙂
Zum Glück.
Und ich hatte heute morgen schon den Frühstückstisch für Überraschungsbesuch gedeckt und die Haustür offen gelassen.
Dieses Fühli-Zeug hat wahrlich das Potenzial, zum Interpretationskompass zu werden. Dabei wird natürlich der eigene Gefühlskompass ausgeblendet, den Maus ja angeblich außen vor lässt. Macht sich selbst zur Maschine und Guérot zur Fühlenden. Interessant, wie man dieses Mensch-Maschine-Muster immer wieder umgestalten kann – das ist aber nur Mittel von Opportunisten. Wenn es andersrum geframt werden soll, ist die Gefühlslage eines Interviewpartners dann wieder das Mittel zur Legitimierung einer gewollten Aussage seitens der Autoren oder des Verlages. Könnte glatt als „On-Off-Beziehung“ zum eigenen Berufsethos durchgehen.
Soll ich jetzt glauben das die Guérot diesen „Artikel“, ohne ihn gegen gelesen zu haben, zur Veröffentlichung frei gab?
Na ich weiß ja nicht…