Nicht die Gier – das System ist das Problem

Besteht der Finanzkapitalismus nur aus Gier und Maßlosigkeit? Der Journalist Joris Luyendijk behauptet: Nein. Er gründet dieses Ergebnis auf eine soziologische Feldstudie. Denn er hat Banker als Spezies besichtigt und kommt zu der Erkenntnis: Das Problem ist systemischer Natur.

Bevor man über ein Buch zum Thema Banken oder Finanzsystem berichtet, sollte man wohl die Frage beantworten, weshalb ausgerechnet dieses eine Buch erwähnenswert sei. Es gibt schließlich einen ganzen Ozean von Büchern zu dieser Sache. Ziemlich gute Exemplare zumal. Aber »Unter Bankern. Eine Spezies wird besichtigt« von Joris Luyendijk hat ein Alleinstellungsmerkmal vorzuweisen. Es geht nämlich mit einer ganz anderen Voraussetzung ans Werk.

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Roberto J. De Lapuente

Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

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Yossarian
Yossarian
5 Jahre zuvor

Sollte Journalismus nicht eigentlich immer so arbeiten? Wie kann man über Themen sinnvoll schreiben, wenn man nicht an der Stelle recherchiert, wo die Themen entstehen?
Und was mir gefehlt hat: Die Gesetze fallen ja nicht vom Himmel und in aller Regel sind es mittlerweile auch nicht mehr die Politiker, die sie sich ausdenken, sondern tatsächlich die Lobbies, u.A. eben auch der Banken.
Und spätestens an dieser Stelle stellt sich dann doch die Frage: Agieren die wirklich im Nebel? Zumindest das große System werden die schon verstanden haben und eben auch was ihnen Profite bringt. Und natürlich wissen die auch, welche Gefahren dadurch für die Gesellschaften entstehen. Es interessiert sie sicherlich wenig, aber Unwissenheit erscheint mir absolut unrealistisch.

Jörg Hensel
Jörg Hensel
Reply to  Yossarian
5 Jahre zuvor

Lobbyismus ist Teil und Voraussetzung des Erfolgs des Neoliberalismus, der insbesondere von sPD und cDU bewusst lanciert wird (bspw. GG Änderung zur Einschleusung von ÖPP). Eine ganz reale Verschwörung also, für die das StGB eigentlich eine Lösung hat, wenn nicht Gerichte und Staatsanwaltschaft politisch durchsetzt und abhängig wären. – sapere aude.

Petra
Petra
Reply to  Jörg Hensel
5 Jahre zuvor

Prima Aktion um zur Verantwortung zu motivieren.
http://deine-verfassung.de/

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Yossarian
5 Jahre zuvor

@Yossarian

Und spätestens an dieser Stelle stellt sich dann doch die Frage: Agieren die wirklich im Nebel? Zumindest das große System werden die schon verstanden haben und eben auch was ihnen Profite bringt. Und natürlich wissen die auch, welche Gefahren dadurch für die Gesellschaften entstehen. Es interessiert sie sicherlich wenig, aber Unwissenheit erscheint mir absolut unrealistisch.

Sehe ich genau so.

Wenn ein Josef Ackermann mit 25% Eigenkapitalrendite protzt, die er durch Hebelung des Eigenkapitals per Kredit erreicht hat, was bei gegenläufiger Kursentwicklung des Investments die Gläubigerbank ebenfalls in die Bredouille bringt, dann weiß er genau was er da macht.
Das solche Interessenvertreter bei der Politik ein und aus gehen, kommt auch nicht von ungefähr.
Die entsprechenden Gesetze für den freien Auslauf der Finanzindustrie saugen sich die i.d.R. materie-fremden Abgeordneten ja nicht aus den Fingern.

niki
niki
5 Jahre zuvor

Meiner bescheidenen Meinung nach ist es so, dass die Gier und Maßlosigkeit der Akteure absolut systembedingt sind. Ergo das System fördert diese Eigenschaften massivst. Der Anteil der Psycho- und Soziopathenwelche, die so gefährlich sind, dass diese eigentlich für immer weggesperrt gehören, ist dementsprechend auch hoch…
Der Finanzkapitalismus belohnt rücksichtslose und kranke Gier der Akteure und deswegen wird dieser auch niemals in den Griff zu bekommen sein wenn man den nicht, in welcher Form auch immer, abschafft…
Problematik dahinter um dieses durchführen zu können: Die Akteure haben viel zu viel Macht schon angehäuft und werden einen Teufel tun dieses zuzulassen.

R_Winter
R_Winter
5 Jahre zuvor

Wenn ich lese:

Joris Luyendijk behauptet: Nein. Er gründet dieses Ergebnis auf eine soziologische Feldstudie. Denn er hat Banker als Spezies besichtigt und kommt zu der Erkenntnis: Das Problem ist systemischer Natur.

Sollte ich weiter lesen? Nein.

1. Ein Fallstudien lebt von den ausgesuchten Fragen und dem Kreis, dem sie vorgelegt wurde.
Ein „grundsätzliche“ Antwort ist deshalb unsinnig.

2. Banker sind zu 99% normale Spezies und weil hier nichts gefunden wurde, „muss es systemischer Natur sein“.
Auch schwachsinnig.

…..und dann auf Makroskop weiter….

Wer verführt (dem Grundübel in der heutigen Zeit) zur Gier?
Die angebliche „systemische Natur“ ist n.m.M. Mittel zum Zweck und wird von den „1%“ erdacht und von ihren Stiefelleckern in Form gegossen.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Roberto J. De Lapuente
5 Jahre zuvor

J. De Lapuente

Gier als blanker Wert lässt sich im Bankenalltag gar nicht umsetzen, jedenfalls nicht so, wie wir uns die Gecko-Gier vorstellen.

Das Problem mit dieser Studie ist, dass es sich ausschließlich auf die Angestellten der Bankenbranche beschränkt ( und dazu gehören eben auch die Manager ), die Eigentümer aber gänzlich außen vor läßt, denn von da kommen die Direktiven.
Ausserdem stellt sich doch die Frage, wozu es ein lukratives Bonisystem im Investmentbereich gibt, wenn Gier keine oder nur eine geringe Rolle spielt und warum Finanzprodukte so intensiv beworben werden.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Roberto J. De Lapuente
5 Jahre zuvor

J. De Lapuente

Na hör mal, ich habe da gewissermaßen eine Rezension geschrieben.

Stimmt und ich kann mich in meinem Kommentar nur auf das beziehen, was in deiner Rezension drinsteht, oder eben nicht. 🙂

PS: Die Freischaltungs-Warteschleife ist echt nervig und bremst den Diskussionsfluss aus.
WP bietet aber die Möglichkeit, bereits freigeschaltete Kommentatoren von diesem Prozedere auszunehmen, wie hier …..

https://elbnetz.com/die-einstellungen-wordpress/

…..unter Einstellungen > Diskussion Punkt 4 zu sehen.

Das reduziert doch auch den Aufwand bei der Nachbearbeitung.

Heldentasse
Heldentasse
5 Jahre zuvor

Nicht die Gier – das System ist das Problem

Donnerwetter, nur ca. 160 Jahren nach u.a. dieser Erkenntnis, die ja grundsätzlich den Herren Engels und Marx zugeschrieben werden muss, kann man das hier bei den Neulandrebellen lesen.

Das ist echt rekordverdächtig, schneller geht das ja kaum. 😉

Beste Grüße

Pentimento
Pentimento
5 Jahre zuvor

Mir scheint die Tatsache, dass sich da ein System entwickelt und offenbar verselbstständigt hat, noch viel schlimmer zu sein, als die Gier des Einzelnen. Letztere ist schlimm genug, aber es bleibt immer die Hoffnung, dass der mit Verstand gesegnete Mensch irgendwann doch zur Einsicht kommt. Wer will schon den Ast absägen, auf dem er selber sitzt? Aber so wie es aussieht…Naja, das ist in der Tat erschreckend. Danke , für den interessanten Artikel! Auch wenn man die Hoffnung nun wohl endgültig fahren lassen kann.

Aufgewachter
Aufgewachter
5 Jahre zuvor

„Nicht die Gier – das System ist das Problem “

Genau!

Erwerbsloser : „Als Berufsberater kennen Sie sicher das Buch Studien- und Berufewahl aktuell oder?“

Berufsberater : „Selbstverständlich! Das Werk ist praktisch unser primäres Nachschlagewerk für alle Ratsuchenden.“

Erwerbsloser : „Fein.“

Berufsberater : „Haben Sie schon eine konkrete Vorstellung davon was Sie einmal verdienen möchten oder in welchem Bereich Sie arbeiten wollen?“

Erwerbsloser : „Zu den Verdienstmöglichkeiten habe ich durchaus schon welche, nur habe ich die dazu entsprechende Berufskennziffer (BKZ) noch nicht gefunden.“

Wie man richtig Geld verdient
https://aufgewachter.wordpress.com/2018/05/20/wie-man-richtig-geld-verdient/

ChrissieR
ChrissieR
5 Jahre zuvor

Leicht bis mittelschwer O.T., wie so oft:
Die Freischaltung…lieber Roberto…?
Wenn es sowas bei ARD und ZDF gäbe, würden die noch um 23:30 Uhr auf ihre Fake News für die heute Nachrichten oder die Tagesschau warten!!!!
LG

Christine Reichelt

Aufgewachter
Aufgewachter
5 Jahre zuvor

Ist es nicht ein klein wenig so? 😉

Das deutsche Zins-Vieh

Nach der Zins-Okkupation und Zinses-Zins-Gruppenvergewaltigung unseres Heimatlandes wurde das Deutsche Volk in kürzester Zeit durch den Zins-Soli in den Preisen aller Produkte und Dienstleistungen komplett ausgelutscht und verarmt.

Der Deutsche Zentralrat gegen Zinswucherer hat jüngst herausgefunden, daß die Zinsen, als auch deren Dynamik mit der Evolution des Lebens durch die göttliche Schöpfung in keiner Weise in Einklang zu bringen wären, sondern wohl eher das Werk des Satans seien.

In der Studie heißt es, daß selbst deutsche Zinsopfer im besten Zinsaderlass-Alter der exponentiell ansteigenden Zinslast der zinswütigen Schuldgeld- und Zinses-Zins-Sekte maximal vier Generationen standhalten könnten bis der Zinstod eintritt.

Unter dem Zinstod verstehen die Zinsräuber den Zeitpunkt ab dem die Zinsvergewaltigten die Zinsen nicht mehr bedienen können und die Sicherung in das Eigentum der Zinsvampire übergeht. Zur Zinsablenkung hatte die Zinschefin der Zinshölle den Zinssatz öfters abgesenkt, doch nun wieder angehoben.

Ob die Zinses-Zins-Schänder das diesjährige und die künftigen Zinsfeste noch feiern können ist mehr als fraglich, da immer mehr Zinsgeschändete plötzlich aufwachen und feststellen, daß die Zinsen im „Geldkreislauf“ gar nicht geschöpft wurden also gar nicht vorhanden sind, welche sie nun begleichen sollen.

Unter diesem Gesichtspunkt wird das Wort Zinsdiebe eine völlig neue Bedeutung bekommen müssen, nicht nur in den Zinswerkstätten diverser Zins-Metropolen auf dieser Welt, sondern auch bei so manchem „staatstreuen“ Zinszahler, der wegen des Zinsbetruges zum Zinsverweigerer avancieren dürfte.

Die Herrschaft einer jahrtausendealten Zinsmanufaktur, einer kleinen Gruppe aus notorischen Arbeitsverweigerern dauergeiler Zinsfetischisten mit einem frappant niedrigen Intelligenzquotienten geht zur Ende und mit ihnen auch der weltweite Zins-Terror, dessen Untergang schon in der Bibel angekündigt wurde.

Horst
Horst
Reply to  Roberto J. De Lapuente
5 Jahre zuvor

Für islamische Banken gilt das Zinsverbot, das Verbots der Spekulation und des Verbots des Glücksspiels. Bis ins Mittelalters galt das Zinsverbot auch im Christentum. Die Christen hoben es auf, die Muslime halten sich bis heute daran.
Saudi Arabien ist vielleicht moralisch etwas degeneriert, aber reinen Tauschhandel betreiben die nicht wirklich.

Arten islamischer Bankgeschäfte

https://de.wikipedia.org/wiki/Islamisches_Bankwesen#Arten_islamischer_Bankgesch%C3%A4fte

Nach islamischem Vorbild mit Zinsverbot hätte es keine To-big-to-Fail-Banken mit Rettung durch die Steuerzahler
gegeben. Westliche Banken handeln mit islamischen Banken und machen Gewinne, obwohl sich die Westler an die islamischen Regeln halten müssen.

Zinsfrei funktioniert ! Vielleicht kann man sich bei den Moslems was abschauen ?

Horst01
Horst01
Reply to  Roberto J. De Lapuente
5 Jahre zuvor

Erwähnen möchte ich noch: Falls das ein Beispiel für progressives Finanzwesen sein soll, dann müssten wir auch Banken haben, die den Weg zu Gott unterstützen – und zwar nur diesen Weg.

Das ist sogar flach und verkürzt betrachtet nicht richtig. Im Kern geht es im Islam darum, Menschen und
Zusammenschlüsse von Menschen / Gesellschaften nicht in finanzielle Not zu bringen. Wie bereits geschrieben, ging es den Christen bis zum Mittelalter um nicht weniger.

Beispiel Hauskredit :

Der Zinssatz für einen Kredit mit zehnjähriger Laufzeit lag in den vergangenen 20 Jahren im Durchschnitt bei rund vier Prozent. Wer sich im vergangenen Jahr um einen Zehn-Jahres-Kredit bemühte, bekam ihn mit etwas Glück für 1,26 Prozent. Dass es dabei nicht bleiben kann, ist klar. Wenn der Zins nur um einen Prozentpunkt steigt, was historisch gesehen immer noch enorm günstig wäre, bekommen viele Leute ein Problem, sobald ihre Zinsbindung ausläuft. Für einen Handwerker macht es einen gewaltigen Unterschied, ob er 980 Euro pro Monat zahlt oder plötzlich 1280 Euro.

Wegen steigenden Zinsen und der daraus resultierenden Differenz von 300 € muss .ggf ein Haus unter den Hammer. Nur eine Alltagsbeispiel.

Ein Kredit für eine Bar, für einen Nachtklub oder aber für ein Kino, in dem auch Filme laufen, in denen Brüste wackeln, sind dann nicht mehr vorstellbar.

Ich kann deine Ängste verstehen. Sie sind aber unbegründet weil a.) keine „Kredite“ vergeben werden ( zinsfrei ) und es b. ) nicht über die religiöse Absicht geht, sondern um die finanzwirtschaftlichen
Mechanismen generell, die durchaus kompatibel mit westlichen Lebensvorstellungen sein können.
Ob eine nackte Frau als Marktware sich mit „westlichen Lebensvorstellungen“ deckt, lasse ich mal offen um keine Sexismusdiskussion loszubrechen.

Man betrachte die reine Finanzmechanik die Geschäfte und Gewinne zulässt, den Raubtierkapitalismus zum Schaden ganzer Volkswirtschaften jedoch eindämmt und den Menschen nicht auf seinen Marktwert als
Kreditnehmer und seine Arbeitskraft reduziert.
Es geht um ein Menschenbild das nicht unbedingt ein religiöses sein muss. Es geht um eine menschliche und faire Form des gegenseitigen Umgangs von Rücksicht geprägt.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Roberto J. De Lapuente
5 Jahre zuvor

J. De Lapuente

Nö, die Fans der sogenannten Zinsknechtschaft haben vor allem ein Problem: Sie haben nicht verstanden, wie Wirtschaft funktioniert.

Du meintest wohl, wie kapitalistische Wirtschaft funktioniert.
Da gäbe es mit Sicherheit Alternativen, die auch ohne ein exponentielles Geldwachstum auskommen oder genossenschaftliche bzw. staatliche Bankstrukturen, bei denen die Gewinne wieder der Gemeinschaft zufließen.

Ihr zweites Problem: Sie wollen irgendwie zurück in eine Zeit, das es angeblich dergleichen noch nicht gab – und meinen damit letztlich den Tauschhandel.

Exakt das ist ja auch die Grundlage des Handels.
Geld ist ja nichts Anderes als ein Schulschein mit dem allgemein anerkannten Anspruch auf Waren/ Dienstleistungserwerb, der mir die freie Entscheidung bietet, von wem ich eine Gegenleistung erwerben möchte.