Das schöne deutsche Frauenbild – bis zum Fußball und nicht weiter

Die sollen mal aufpassen, die Leute aus allen möglichen Ländern, die zu uns kommen und keine Ahnung haben, wie man mit Frauen umzugehen hat. Denen zeigen wir es! Denn unser Frauenbild ist weltweit geachtet, wird exportiert bis in die letzten Winkel der Welt, wo sich die Ureinwohner wundern, wie fortschrittlich doch ein Frauenbild sein kann. Schließlich geht es um unsere Werte, ja, genau, unsere Werte! Und auf die lassen wir nichts kommen.
Obwohl … na ja, Grenzen kennen wir natürlich auch. Zum Beispiel, wenn eine Frau doch tatsächlich Fußballspiele kommentiert. Also, genauer: Männerfußballspiele. Das ist Frevel, geht gar nicht, da können wir schon mal aus der Haut fahren.

So geschehen, als Claudia Neumann bei der Fußball-WM in Russland zwei Spiele kommentierte. Hass, Häme und Beleidigungen schlugen Neumann laut ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann entgegen. Und warum? Weil sie bei einem Spiel zwei japanische Spieler durcheinanderbrachte? Wohl kaum, denn derlei Fauxpas unterlaufen ihren männlichen Kollegen schon seit Ewigkeiten.
Ich erinnere mich an einen Kommentator, der kurz nach Einführung der offiziellen Nachspielzeit verwundert in seiner Moderation stockte, als der Assistent die Tafel hochhielt, auf der eine Minute Nachspielzeit angezeigt wurde. „Oh“, sagte der Kommentator, „jetzt wechseln sie den Torwart aus.“ Peinlich, peinlich, aber hey, Fehler passieren. Männliche Fehler. Weibliche dagegen sind unverzeihlich.
Allerdings stimmt das so auch wieder nicht. Denn Neumann musste sich schon früher böse Reaktionen gefallen lassen. Und zwar – klingt komisch, ist aber so – weil sie eine Frau ist. Und als solche hat sie am Mikro nichts zu suchen, wenn echte Männer kicken.

Nun könnte man sagen, dass es so schlimm nun auch wieder nicht ist. Andere, männliche Kommentatoren, bekommen auch auf die Mütze, wenn sie Unsinn erzählen. Aber erstens stimmt das nicht, denn so lange das Spiel spannend ist und genügend diskussionswürdige Szenen über den Bildschirm flimmern, sehen Fußball-Fans gerne über Pannen, Verwechslungen und Ausrutscher hinweg. Nörgelig werden sie erst, wenn der Kick müde und langweilig ist und die männliche Psyche ein Ventil braucht. Und selbst dann kann von Hass kaum die Rede sein. Eher ein abschätziges „den Marcel Reif (oder wen auch sonst) fand ich immer schon scheiße“.

In den sozialen Medien war das ZDF dann irgendwann dabei, die übelsten Kommentare zu löschen. Claudia Neumann hat sich noch nicht zu der Praxis der wertetreuen User geäußert. Sollte sie besser auch nicht, denn dann kriegen die sicher erst recht Schaum vorm Mund.

Aber wir können festhalten: Das deutsche Frauenbild ist perfekt, wertschätzend und auf Augenhöhe, wenn es um das Verhältnis zwischen Männern und Frauen geht. Es differenziert aber thematisch sehr genau. Und wenn eine Frau ein Fußballspiel kommentiert, dann weiß der deutsche Mann instinktiv: Moment, da läuft was falsch. Fußball, das ist eine Männersache, da haben Frauen nichts zu suchen. Okay, vielleicht angemalt und mit einem Blick auf die Titten, wenn sie kurz im Fernsehen gezeigt werden. Ja, schon, das geht in Ordnung. Aber kommentieren? Ein ganzes Spiel? Never!

So gesehen ein weiterer Grund, das baldige Ende der WM herbeizusehnen. Denn dann werden Fußballer aus aller Herren Länder nicht mehr von aggressiven russischen Mücken geplagt, Putin kann endlich wieder der Autokrat sein, den wir alle so gut kennen. Und die Gleichberechtigung von Mann und Frau kommt dann auch wieder zurück nach Deutschland.
Wir haben doch schließlich Werte!  [InfoBox]

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Tom J. Wellbrock

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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Heldentasse
Heldentasse
5 Jahre zuvor

Hier trifft die wunderbare Welt der Fußball- Spackos auf ein modernes Frauenbild. Allerdings wurden zunächst diese unschönen Diffamierungen von der professionellen Frau Neumann ignoriert, was für sie spricht, denn Spacken lassen sich vom Weibsvolk grundsätzlich nicht reinreden, besonders natürlich nicht in Sachen Fußball.

Beste Grüße

Schweigsam
Schweigsam
5 Jahre zuvor

Wir haben doch schließlich Werte!

Unsere Werte sind doch die Scherzartikel schlechthin geworden.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Schweigsam
5 Jahre zuvor

Nicht die Werte (im Kontext des Artikel die Menschenwürde) sind verkommen, sondern wir die wir behaupten Werte zu haben aber damit meistens mittelbar, und manchmal sogar unmittelbar, nur dass meinen was wir besitzen können.

Beste Grüße

ChrissieR
ChrissieR
5 Jahre zuvor

Moin,
Na ja, ähnliche Dinge kenne ich, wenn ich z.B. beim Stahlgruber ein Spezialwerkzeug oder ein exotisches Ersatzteil für meinen Oldie kaufe. Dann kommen so Kommentare wie: “ Sind Sie sicher, dass es das Teil ist? Fragen Sie doch nochmal die Werkstatt, die Ihnen das einbauen soll!“
Wenn ich dann sage:“ Nö, das bau ich selber ein, passt schon!“ gucken die Umstehenden oft recht komisch, besonders, wenn ich lackierte Fingernägel habe…da sieht man die Trauerränder vom Schrauben weniger?

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  ChrissieR
5 Jahre zuvor

„Frauen und Auto“ ist für viele halt noch schlimmer als „Frauen und Fußball“. 😉

Beste Grüße

Mordred
Mordred
5 Jahre zuvor

Im Radiosender WDR2 kommentiert samstags seit Jahrzehnten eine Dame…mir fällt der Name gerade nicht ein…die Bundesligaspiele. Das ist reine Gewöhnungssache für diese Klientel von vorgestern. Davon abgesehen glaube ich aber auch, dass diese Klientel kontinuierlich schrumpft. Nur durchs Internet als einfacheren Kommunikationskanal kommt es so rüber, als wäre eine erhebliche Masse so drauf.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Mordred
5 Jahre zuvor

Du meinst wahrscheinlich die unvergessene Carmen Thomas. Die hat m.W. nach keiner geschmäht, waren aber auch andere Zeiten damals. Die m.E. den Auswirkungen der 68zigern geschuldet, und natürlich gab es noch keine digitalen Plattformen für die Spackos.

Beste Grüße

Marc
Marc
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

Carmen Thomas war Moderatorin beim aktuellen Sport Studio und war ihren Job los als sie versehentlich Schalke 05 sagte.
Im Radio beim WDR handelt es sich um Sabine Töpperwien,eine sehr gute Moderatorin.

Mordred
Mordred
Reply to  Marc
5 Jahre zuvor

Jau, Töpperwien ist es. Besten Dank.

Roberto J. De Lapuente
Reply to  Mordred
5 Jahre zuvor

Die Töpperwien kann das richtig gut – wobei ich ehrlich auch sagen muss, dass zwischen Radio- und TV-Kommentar Welten liegen. Ich glaube, im Radio muss man richtig auf Zack sein, bildlich sprechen können, mit kurzen Worten Emotionen vermitteln – im TV ist das so eine behäbige „Ich-sag-auch-mal-was-dazu“-Nummer. Da wirkt man schnell lahmarschig. So richtig zeitgemäß ist das eh nicht mehr, finde ich. Egal ob Frau oder Mann das erledigt.

Roberto J. De Lapuente
Reply to  Marc
5 Jahre zuvor

Das ist eine der größten Legenden im deutschen Sportjournalismus. Carmen Thomas moderierte das Sportstudio noch anderthalb Jahre nach dem Versprecher. Offenbar meldete die BILD aber einige Tage nach diesem Versprecher, dass sie entlassen sei. Was aber nicht stimmte.

Schmidts Katze
Schmidts Katze
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

„1989 wurde sie vom WDR fest eingestellt und war die erste Frau, die regelmäßig in der ARD-Bundesligakonferenz von der Fußball-Bundesliga im Radio berichtete – heute ist Martina Knief vom Hessischen Rundfunk ebenso regelmäßig zu hören. “
https://de.wikipedia.org/wiki/Sabine_T%C3%B6pperwien

Linksman
Linksman
5 Jahre zuvor

Legendär:
Die souveräne Carmen Thomas sorgte 1973 bei einem BamS-Wutmännchen für eine peinliche Frühzündung.

Rudi
Rudi
5 Jahre zuvor

Ist es nicht so, dass Frauen dem Fußballgeschäft zugeführt werden sollen. In den Zeiten, als Fritz Walter mit seinen Kollegen Fußballweltmeister wurde, hielten sich so gut wie keine Frauen in den Fußballstadien auf. Auch danach dauerte es noch lange, bis sich Frauen für diesen Sport interessierten. Erst im Zuge der explosiven kommerziellen Verwertung nahm man die Frauen als potenzielle Fußball-Konsumentinnen zur Kenntnis. Wenn Frauen ins Stadion (heute: in die Arena) kommen, können auch Kinder mit, also die ganze Familie. Da ist es geradezu kapital-logisch, dass jetzt auch Moderatorinnen im TV kommentieren. Dass die Herren Couch-Fußballer mit Bierwampe noch Einwände gegen die Feminisierung haben, wird der Kommerz rund um den Fußball schon noch richten.

Aber: Wo können nichtintellektuelle Männer noch unter sich sein? Jede Freizeit-Nische wird ihnen entrissen.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Rudi
5 Jahre zuvor

Aber: Wo können nichtintellektuelle Männer noch unter sich sein? Jede Freizeit-Nische wird ihnen entrissen.

Ein guter Tipp an Dich ist folgender: Schnappe Dir zum großen Geschäft auf dem stillen Örtchen eine BLÖD Zeitung! Da biste wirklich ganz alleine, und es wird auch nichts „zugeführt“ sondern abgeführt.

Beste Grüße

Rudi
Rudi
Reply to  Heldentasse
5 Jahre zuvor

Liebe Heldentasse,

dein Einwurf, ich sollte scheißend die Bildzeitung lesen, ist nicht distinguiert. Ich werde ihn nicht beherzigen.

Schweigsam
Schweigsam
Reply to  Rudi
5 Jahre zuvor

Und intellektuelle Männer lassen sich heute schon mit Herr Professorin ansprechen 😉

Rudi
Rudi
Reply to  Schweigsam
5 Jahre zuvor

Schweigsam

Das hat was. Die beginnen die Genderfrage für sich zu lösen. Guter Anfang.

ChrissieR
ChrissieR
Reply to  Schweigsam
5 Jahre zuvor

Oh, Mann!
Meine liebe Frau Gesangsvereinin!

Schweigsam
Schweigsam
Reply to  ChrissieR
5 Jahre zuvor

So geschehen an der Uni Leipzig ab 2013. Anrede nicht mehr „Herr Professor“. Sondern „Herr Professorin“.

Linksman
Linksman
Reply to  Rudi
5 Jahre zuvor

Unser BamS-Wutmännchen heißt Rudi.

Rudi
Rudi
Reply to  Linksman
5 Jahre zuvor

Linksman

Wie immer du auch auf diese Behauptung kommst, ich kann sie nicht nachvollziehen, da nicht ich die Welt von Springer & Co. in dieses Blog eingeführt habe. Trotzdem ein Zitat aus dieser BamS, das dich zum Nachdenken anregen könnte: „Männer mögen einfache Strukturen, wichtige Termine habe ich daher nur alle vier Jahre.“

Nashörnchen
Nashörnchen
5 Jahre zuvor

Wie gut, daß es so ein „deutsches Frauenbild“ ja überhaupt nicht gibt. Die Feministen und Genderasten, die uns das immer wieder einzureden versuchen, sind zwar eine sicher extrem lautstarke, aber gleichwohl doch recht kleine Minderheit.
Der weit überwiegende Teil der Menschheit – männlich wie weiblich – definiert sich nicht durch irgendeine „Frauenquote“, sondern durch Wissen, Können, Leistung. Und dann wird man auch akzeptiert und geachtet. Auch beim Fußball…