Von der Unfähigkeit des Systems, die Unfähigkeit des Systems (an)zuerkennen

Das perfekte System gibt es nicht. Wir erleben allerdings das Gegenteil dessen, was nötig wäre, wenn man dieser Aussage zustimmt. Nämlich sich der eigenen Unzulänglichkeit anzunehmen, sich mit Fehlern und Mängeln zu befassen und nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen. Denn das System, in dem wir uns augenblicklich befinden, nimmt für sich Perfektion in Anspruch. Damit ist die Fähigkeit zur Reflexion faktisch ausgeschlossen. Und das System mittel- bis langfristig zum Scheitern verurteilt.

Die Aussage, dass es uns gut gehe, ist längst zum Dauerbrenner und ewigem Streitpunkt geworden. Die Tatsache, dass sich bei diesen unterschiedlichen Ansichten zwei völlig verschiedene Wahrnehmungen gegenüberstehen, ist klar. Ebenso klar ist allerdings, dass es auf Sicht kein Vertrauen in eine Regierung geben kann, die nicht bereit und in der Lage ist, ihre eigene Sicht der Dinge zu hinterfragen und zu korrigieren. Denn genau das grenzt an einen Akt der Unmöglichkeit, wenn man sich selbst als makellos sieht. Jüngstes Beispiel sind die herausgestrichenen Passagen des aktuellen Armuts- und Reichtumsberichtes, für die die Bundesregierung jede Menge Kritik geerntet hat (nicht nur, aber auch, weil derlei „Aufhübschungen“ nicht das erste Mal vorkommen). Erster Beleg dafür, dass sich die Bundesregierung offenbar keiner Schuld bewusst ist, sind die Abwiegelungen, dass jeder Bericht überprüft werde, bis die endgültige Fassung fertiggestellt werde. Denn selbst, wenn das stimmt (was ja der Fall ist), wird dabei über die Tatsache hinweggegangen, was inhaltlich so problematisch an der entfernten Passage ist. Was als zweiter Beleg für die Uneinsichtigkeit der Bundesregierung betrachtet werden kann, die eigenen Handlungen als grundsätzlich richtig darzustellen, selbst, wenn das offenkundig nicht der Fall ist.

Armut als Hilfsmittel für das bestehende System

Stein des Anstoßes am aktuellen Bericht ist ein bemerkenswertes Detail. Bei „Spiegel-Online“ ist nachzulesen: „Die Wahrscheinlichkeit, dass das Parlament etwas beschließt, was die Besserverdienenden wollen, ist hoch – während der in Umfragen geäußerte Willen der Geringverdiener eine besonders niedrige Wahrscheinlichkeit hat, vom Bundestag umgesetzt zu werden.

Wie im „Spiegel“ nachzulesen ist, sind es drei Aussagen, die aus dem Armuts- und Reichtumsbericht herausgestrichen wurden: Erstens die Passage darüber, wo die Gründe für die Ungleichheit liegen könnten. Zweitens der Teil, in dem es um Möglichkeiten für die Beseitigung dieser ungerechten Bedingungen geht. Und drittens die Stelle, die die Legitimation des politischen Systems insgesamt in Frage stellt.

Was wie eine eher billige Verschleierung der Bundesregierung wirkt, hat tatsächlich System, denn wir sprechen über weit mehr als das „Wegradieren“ einer störenden Passage. Es geht vielmehr darum, auf die grundlegenden Fragestellungen bewusst zu verzichten. Die würden mit einer Analyse beginnen und der Feststellung, dass Armut und Reichtum in Deutschland grundsätzlich ungleich verteilt sind, was für die Betroffenen und für die Gesellschaft insgesamt Auswirkungen hat, die zu untersuchen wären. Daraus folgen müsste in der Tat die Frage nach den Gründen dafür und nach den präzisen Konsequenzen. Was danach käme, ist allerdings schon irrelevant, nämlich die Suche nach Auswegen aus diesem Dilemma. Irrelevant, weil die Problematik von der Bundesregierung ausgeblendet wird. Das ist insofern bedeutsam, als die Streichung der brisanten Passagen nicht ein formaler Vorgang ist, der nicht weiter beachtet werden muss. Sondern ein „Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn“. Streicht die Bundesregierung also diese Passagen heraus, lässt sie – fast wie ein Kind, das sich die Augen zuhält und der Meinung ist, man sehe es nicht mehr – den Eindruck entstehen, es gebe das Problem nicht. Was sie ausdrücklich nicht sagt, ist die ihr willkommene Tatsache, dass Armut Widerstand verhindert, zumindest aber stark unterdrückt. Es ist wie mit dem hungrigen Menschen, der sich keine Gedanken über den Himmel, die Zeit und die Unendlichkeit macht, weil er Hunger hat. Erst wenn das Grundbedürfnis befriedigt ist, wird der Mann in der Lage sein, sich Gedanken zu machen, die darüber hinaus gehen. Das wusste übrigens schon Lenin, der sagte:

Die Lehre des Sozialismus ist (hingegen) aus philosophischen, historischen und ökonomischen Theorien hervorgewachsen, die von den gebildeten Vertretern der besitzenden Klasse, der Intelligenz ausgearbeitet wurden. Auch die Begründer des modernen wissenschaftlichen Sozialismus, Marx und Engels, gehörten ihrer sozialen Stellung nach der bürgerlichen Intelligenz an.

Bezeichnenderweise sind es genau diese beiden Bereiche – also Bildung und das wirtschaftliche Auskommen (sprich: Wissen und Besitz) -, die im System unserer Zeit konsequent vernachlässigt werden. Es ist daher nicht überraschend, dass im Armuts- und Reichtumsbericht exakt die Passagen gestrichen wurden, die dieses Prinzip ans Tageslicht bringen.

Der Umstand übrigens, dass Andrea Nahles sich publikumswirksam hinter die ursprüngliche Fassung gestellt hat, kann vernachlässigt werden. Denn erstens befinden wir uns im Wahlkampf, in dem naturgemäß jede Möglichkeit ergriffen wird, um sich ins richtige Licht zu rücken. Und zweitens ist davon auszugehen – man mag mich teeren und federn, wenn ich falsch liege -, dass die gestrichenen Passagen im endgültigen Bericht im Frühjahr 2017 nicht zu finden sein werden.

Kritik und deren Leugnung als Hürde für Veränderungen

Unser politischer Alltag ist geprägt durch zwei Welten, die aufeinanderprallen. Da ist zum einen die politische Elite, die darauf besteht, dass „ihr“ System perfekt funktioniert. Wenn beispielsweise ein Politiker wie Jens Spahn (CDU) sich für längere Lebensarbeitszeiten ausspricht oder die Riester-Rente lobt, dann spricht er von Dingen, die sich außerhalb seiner eigenen Erlebniswelt befinden. Spahn war von 2001 bis 2003 als Bankkaufmann tätig, schon 2003 war er Mitglied des Bundestages und somit selbst abgesichert. Die Rente ist ein Thema, das er tatsächlich nur theoretisch beurteilen kann. Ein Ausweg wäre das Gespräch mit wirklich Betroffenen, also der Versuch, die Perspektive derer zu verstehen, die von ihrer Rente nicht oder nur schlecht leben können. Doch Spahn sucht sich seine Gesprächspartner lieber woanders. Wohl auch deshalb ist es kaum verwunderlich, wenn er sagt: „16 Millionen Menschen haben einen Riester-Vertrag abgeschlossen. Die haben etwas richtig gemacht: Sie verzichten heute und sparen für später. Wir können die Riester-Rente sicher noch verbessern. Aber in einigen Jahren werden in Deutschland Jahr für Jahr doppelt so viel Menschen in Rente gehen, wie junge aus den zehnten Klassen nachkommen. Wir brauchen deutlich mehr private Vorsorge, nicht weniger.

Diese Argumentation zeigt, dass der Politiker sich der Lage der Menschen – ob heutige oder künftige Rentner – nicht bewusst ist bzw. nicht bewusst sein will. Denn erstens ist die Riester-Rente aus verschiedenen Gründen zu Recht in die Kritik geraten. Sie ist teuer, wenig rentabel und entzieht der gesetzlichen Rentenversicherung wichtige Ressourcen. Und zweitens setzt private Altersvorsorge voraus, dass dafür die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Das trifft jedoch für immer mehr Menschen nicht zu. Verbesserungsbedarf sieht Spahn aber nicht in der Grundannahme, dass die Rentenpolitik auf den Prüfstand müsste, dass über längere Zeiträume unterschiedliche Systeme auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft werden müssten, um nachvollziehbare Erkenntnisse zu bekommen. Er bezeichnet das System, in dem wir uns heute bewegen, als (nahezu) perfekt und unterstellt auch der Riester-Rente eine gewisse Perfektion, die lediglich durch ein paar Stellschrauben in letzten Details optimiert werden müsse. Die Vermutung, dass Jens Spahn direkt oder indirekt von Produkten der privaten Altersvorsorge profitieren dürfte, verschärft nur die Tatsache, dass er von der Erlebniswelt derer, über die er spricht, weit entfernt ist.

Zum anderen gibt es aber die Menschen, die die Regierung und das System, in dem wir leben, kritisieren. Sie erleben ja, sie spüren und fühlen den Mangel, der ihnen das Leben schwermacht. Ein objektiv nicht zu unterschätzender Teil der Menschen in Deutschland leidet unter wirtschaftlicher Not. Es ist eine logische Folge, wenn diese Menschen wütend werden, wird ihnen gesagt, dass es „uns“ doch gut ginge. Sie fühlen sich nicht als Teil dieses „Uns“, weil sie sich nicht gut fühlen. Sie erwarten Lösungen, Verbesserungen, sie wollen ernst genommen werden und verlangen – mit Recht -, dass die Politik sich ihrer Probleme annimmt. Auch sie erwarten gewissermaßen Perfektion, also eine Politik, die in der Lage ist, ihre eigene Situation so zu verbessern, dass es ihnen wirklich gut geht. Da die Politik aber aufgrund der eigenen Überzeugung ihres Systems dazu nicht willens und in der Lage ist, bleibt ein unlösbarer Konflikt zurück. Doch die Politik bietet einen anderen Ansatz von vermeintlichen Lösungen, einen Ansatz, der die eigene Unfähigkeit nicht hinterfragen muss, sondern die Schuld auf ein anderes „Spielfeld“ verlegt.

Der Feind in meinem Kopf

Statt eigener Reflexion und statt des Hinterfragens des eigenen kränkelnden Systems werden Verantwortliche gefunden, die als Sündenböcke fungieren. Im Falle der Rente ist es der abstrakte demografische Wandel, der zu Einschneidungen führen müsse. Da dieses Argument vielfach entkräftet wurde, kommen weitere „Schuldige“ hinzu, zum Beispiel Menschen auf der Flucht. Ihrer Versorgung und Integration koste – so das Argument – so viel Geld, dass die Renten in Zukunft neu gestaltet werden müssten. Gleichzeitig bleibt unerwähnt, dass es „uns“ unter anderem deshalb so „gut“ geht, weil durch unsere Wirtschaftspolitik andere Länder an ihre Grenzen des Möglichen gebracht werden. Davon merkt der arme Rentner oder der Angestellte mit zu niedrigem Lohn hierzulande aber nichts, er spürt lediglich, dass Menschen auf der Flucht vor unserer Wirtschaftspolitik in sein Leben drängen und ihm – so nimmt er es wahr – von dem wenigen, das ihm verbleibt, eine weiteren Teil „wegnehmen“ wollen.

Damit liegt der Fehler nicht im System, das nicht infrage gestellt werden „darf“. Verantwortlich gemacht werden stattdessen Geburtenraten und Geflüchtete. Der Grund für das Nichtfunktionieren wird also auf die Teilnehmer des Systems abgewälzt, die ihrerseits selbst Opfer der bewusst oder unbewusst herbeiführten Unzulänglichkeiten sind. Der oben erwähnte Jens Spahn ist dafür ein eindrucksvoller Beleg, denn er kann das nicht, was nötig wäre, um die Systemschwächen zu erkennen: Er – wie auch jeder andere in vergleichbaren Positionen – müsste sich aus dem System herauslösen und einen Blick von außen darauf werfen. Ganz sicher würde das zu einer vollkommen neuen Perspektive und somit zu ganz neuen Lösungsansätzen führen. Doch Spahn kann nicht nur nicht aus dem System heraustreten. Er will es auch gar nicht, hat er es sich dort doch so „gemütlich“ gemacht.

Veränderungen unerwünscht

Theoretisch könnte man nun sagen, dass ein System wie das, das uns umgibt, heute, morgen oder übermorgen als gescheitert erklärt werden könnte, vielleicht sogar müsste. Die Konsequenz wäre die Ablösung durch ein anderes, besser funktionierendes System. Aber das ist nicht gewollt, und zwar nicht nur von den politischen und wirtschaftlichen Eliten, sondern auch nicht von den Menschen, die Opfer dieser Mangelerscheinungen sind. Längst sind die Zeiten vorbei, als es noch die Wahl zu geben schien zwischen dem kapitalistischen und dem sozialistischen System. Der Kommunismus bzw. Sozialismus gilt inzwischen allgemein als gescheitert, die Offenheit der Menschen, die früher einmal gegenüber eines Systemwechsels vorhanden war, ist kaum noch vorhanden, was auch daran liegt, dass der Sozialismus zur Blütezeit seiner Existenz ebenfalls viele Mängel gezeigt hat.

Aber das bedeutet nicht, dass man nicht das bestehende System hinterfragen könnte, dass man seine Unzulänglichkeiten nicht aufdecken und an ihnen arbeiten könnte. Ob dabei ein gänzlich neues System entsteht oder Theorien der Geschichte neu zusammengesetzt werden, sei dahingestellt. Der Blick „von außen“ auf das, was unser tägliches Leben bestimmt, wäre aber ganz sicher etwas, das dringend realisiert werden müsste.

Was wir stattdessen erleben, ist das, was Fidel Castro einst gegenüber der Fernsehreporterin Barbara Walters äußerte: „Wir erfüllen unsere Normen, unsere Prinzipien, was wir sagen, ist immer die Wahrheit. Wenn jemand diese Wahrheit in Zweifel ziehen möchte, soll er das tun, aber wir werden nie zulassen, dass jemand den Versuch unternimmt, unsere Realitäten zu überprüfen, dass jemand versucht, unsere Wahrheiten zu widerlegen.

Besser wäre es vielleicht, wie der Kybernetiker Warren McCulloch an die Sache heranzugehen, der erkannte: „Eine Hypothese als falsch erwiesen zu haben, ist der Höhepunkt des Wissens.

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Tom J. Wellbrock

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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R_Winter
R_Winter
7 Jahre zuvor

Dieser Artikel ist gut.

Jens Spahn ist ein seit über 10 Jahren aufgebauter Lobbyist der Gesundheitsindustrie und der Versicherungswirtschaft. Er soll der zukünftige Fahnenträger der CDU sein – armes Deutschland. Wer glaubt, es geht nicht tiefer, hat sich getäuscht.
Spahn ist die „Versicherung“ der Neoliberalen, dass alles noch ungleicher wird und wenn es trotz einschränken demokratischer Rechte in Deutschland zum wirtschaftlichen Kollaps kommen sollte, sind die wesentlichen Vermögenswerte der wirklichen Reichen längs ins Ausland verlagert. Dieses sind die „christlichen Werte“ der CDU.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  R_Winter
7 Jahre zuvor

Ich glaube man sollte es nicht ganz so an Personen festmachen, denn wenn z.B. Herr Spahn plötzlich sein soziales Gewissen entdeckte und eine andere Politik machen wolllte, würde er mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgetauscht, dafür würden m.E. die Strippenzieher aus der Lobby schon sorgen.

Beste Grüße

Heldentasse
Heldentasse
7 Jahre zuvor

Ja! Wie der Kollege R_Winter schon schreib, der Artikel ist gut, legt aber implizit den Sinn von Gesellschaft so fest, dass das System so „geeicht“ ist, dass es stetige soziale Verbesserungen mindestens für die Mehrheiten generieren soll, es aber nicht schafft weil u.a. die Probleme geleugnet werden. Und hier muss die Frage mal erlaubt sein, ist die „Eichung“ wirklich so, oder sollen wir nur glauben das sie so ist, ist es gar de facto ein demokratisches Mäntelchen um etwas was wir nicht erkennen sollen, damit wir weiter mitspielen?

Folgt man Herrn Mausfeld ist das was wir sehen leider nur eine perfekte Tarnung für einen neoliberalen Kern, und was ist wiederum sehr perfekt für Menschen ist, mit genügend Zaster auf dem Konto.

Ergo: Wenn Du meinst es läuft was schief, hast Du nur zu wenig Geld! 😉

Beste Grüße

Robbespiere
Robbespiere
7 Jahre zuvor

Ich halte schon die Überschrift des Artikels für falsch, da die „Heizer“ des Systems sich sehr wohl bewußt sind, was sie da tun.
Ihr Agieren läßt gar keinen anderen Schluß zu als Vorsatz.
Wer versucht, die Überwachung der Bürger zu perfektionieren, eine Heimwehr ( RSuKr ) oder Eurogendfors aufzubauen, die BW im Inneren einsetzen will oder einseitige Propaganda über die Medien streut usw. weiß ganz genau, was er tut.Jedwede Unschuldsvermutung ist nur Selbstbetrug.
Ebenso sind die Globalisierung, also unbegrenzter Kapitalfreiverkehr oder Freihandelsabkommen wie CETA oder TTIP sowie die Rettung von Banken zu Gunsten der Gläubiger ein sichtbares Zeichen, wohin die Reise gehen soll.

Das ist ein abgekartetes Spiel auf Kosten der bürgerlichen Rechte und des bürgerlichen Wohlstands.
Die irrige Annahme, dies alles geschehe aus Unwissen, vernichtet von Vornherein jeden Widerstand, weil es die Täter entschuldigt, ja sie sogar zu Opfern macht.
Ohne die Annahme der Erkenntnis, daß dies Alles so geplant ist, ist jede Gegenwehr sinnlos.

Ob es uns nun in unserer ach so christlichen Welt schmeckt oder nicht, unsere Eliten fühlen sich ggü. den Bürgern in der Masse nicht verpflichtet, sondern sie haben uns den Krieg erklärt, was für uns nur einen Schluß zuläßt: Sie sind eine Bedrohung für unser Gemeinwesen und müssen weg von ihrer Macht.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Tom J. Wellbrock
7 Jahre zuvor

Wellbrock

Ich kann mich natürlich nur schwer in deine Lage als Blogbetreiber und Journalist hineinversetzen, aber für mich ist Vorsatz schlicht Vorsatz.
Da gibt es kein „sie können oder wollen sich nicht in die Lage der Menschen hineinversetzen“.
Anhand des seit Jahrzehnten währenden und immer schneller werdenden Umbaus unseres Landes ist aus meiner Sicht eindeutig, daß dies so bewußt gewollt ist.
Leute wie Schröder z.B. kamen aus einfachen Verhältnissen und wußten durchaus, welche Wirkung ihre Entscheidungen auf die Mehrheit der Bürger ( z.B. Rente ) haben würde.

Denen ging und geht es ganz offensichtlich nur um das Erfolgserlebnis endlich Oben angekommen zu sein, um das Schulterklopfen der „( erfolg )-reichen Macher des Systems, die dann in Smith’scher Manier auch ein paar goldene Tropfen auf sie regnen ließen.

Offensichtlich ziehen solche charakterlosen Individuen das Stiefellecken an Luxusleder einem aufrechten Lebenswandel zum Wohl der Menschen, die sie gewählt haben und ihnen ein auskömmliches Leben finanzieren, deutlich vor.

Dem, was du unter „Veränderungen unerwünscht“ eschrieben hast, stimme ich voll zu.
Es gibt eine soziale Alternative, auch wenn sie sich sicher nicht mit dem deckt, was als Sozialismus oder Kommunismus zu Recht gescheitert ist.
Daß viele normale Bürger diese Alternative ablehnen, hat ganz klar mit einer jahrzehntelangen, propagandistischen Konditionierung a la Pawlov zu tun.
Im Ostblock war ja bekanntlich Alles schrecklich und viel schlechter als im goldenen Westen.
Ob das wirklich so war, will keiner ernsthaft wissen. Was kaputtgeht, kann ja nichts taugen. Warum das Systen dort gescheitert ist und welche Rolle der Westen dabei hatte, hinterfragt heute niemand mehr. Spätestens wenn Begriffe wie SED, STASI oder Reisefreiheit fallen, klappt der anständige Deutsche seine Lauschlappen herunter oder verteidigt den Kapitalismus mit Vehemenz.

Ein dicker Kopf von Sangria auf Malle war halt schon immer einem dicken Bauch von Rostbratwurst am Ostseestrand haushoch überlegen.:-)

Knight
Knight
Reply to  Robbespiere
7 Jahre zuvor

Ich stimme zu.

Es ist eine traurige Welt in der jeder weiss, was er tut.
Und die Mittelschicht pokert darauf, dass die oben sie als Dank fuers Mitspielen beschuetzen wird. Zynismus aller Orten.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Robbespiere
7 Jahre zuvor

@Robbespiere

Statt „Heizer des Systems“ sollte es besser „Vollstrecker des Systems“ heißen.

Beste Grüße

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

Statt „Heizer des Systems“ sollte es besser „Vollstrecker des Systems“ heißen.

Rein auf die Politiker bezogen hast natürlich recht, aber ich habe auch die ungewählte Figuren im Blick, die mit Hilfe von Lobbyisten und Think-Tanks fleißig Kohlen ins Feuer schaufeln, um den Zug immer schneller in Richtung des von ihnen gsteckten Ziels zu bringen.
Die Vollstrecker, vielleicht besser als Lokführer bezeichnet, sind ja austauschbar, während die Dynastie der reinen Heizer über die Zeit relativ gleich bleibt.

Wolf
Wolf
7 Jahre zuvor

Die Zukunft bedarf komplett neuer Lösungsansätze und eben ein neues System. ALLE Parteien denken aber nur in Lösungen der Vergangenheit. Was keine Überraschung ist. Wer würde ernsthaft von den Dinosauriern erwarten das sie eine Welt erdenken in der es keine Dinos mehr gibt?

Lösungen hierzu habe ich keine und soweit ich sehe gibt es noch nicht einmal tiefer gehende Vorschläge wie ein zukünftiges System aussehen könnte. Also Chips raus, Rotwein auf und warten wie das System crashed. Dann werden sich hoffentlich neue Möglichkeiten auf tun.

Wenn nicht. Der Natur ist es wurst ob der Mensch erfolgreich ist oder untergeht. Mit ihr kann man nicht dealen wie der Lesch letztens so klug sagte.

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Wolf
7 Jahre zuvor

@Wolf

Der Natur ist es wurst ob der Mensch erfolgreich ist oder untergeht. Mit ihr kann man nicht dealen

Eine wahrhaft weise Erkenntnis, auch wenn ich diesen Lesch nicht kenne.

Herrmann
Herrmann
Reply to  Robbespiere
7 Jahre zuvor

Lesch muss man auch nicht kennen. Jeder der meint Lesch sei ein Wissenschaftler ist warscheinlich vor der 5. Klasse aus der Schule ausgeschieden. Lesch ist dieser Fernseh-„Atrophysiker“ und pseudo-Philosoph der spätnachts seit Jahren kommt – Alpha Centauri oder wie der Mist heisst. Er labert 5 Minuten um ein Thema herum, nur um dann NICHTS auszusagen, oder vielmehr irgendetwas auszusagen ohne irgend eine Art der Beweisführung. Jeder Philosophie-Student lernt im 1. Semester Logik und sollte Lesch durchschauen, da der nicht ein logisches Argument auf die Reihe kriegt. Lesch ist ein Systemling und erzählt den Dummen was sie glauben sollen. Und die Dummen feiern ihn, lol.

Z.B. macht er sich gegen den Klimawandel stark – der ja mittlerweile Klimawandel heisst und nicht mehr globale Erwärmung, weil plötzlich offenkundig wird, dass sich die Erde doch nicht erwärmt (was wir schon seit Jahren sagen). Dann behandelt er Chemtrails, nimmt sich heraus die AfD (als einzige Partei) zu analysieren – und man muss kein AfD Wähler sein um zu sehen, dass das aus Kalkül passierte. Dann kennt er sich mit Chemtrails aus, mit unserem Schulsystem (Soziologe/Pädagoge ist er wohl also auch). Er analysiert Trump, aber Clinten nicht (alles klar? Systemling …). Dann ist er noch Ernährungsberater, Drogenexperte, Finanzexperte, usw. usf.

Harald Lesch ist der deutsche Erklär-Bar, der der Bevölkerung die angeblichen neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse vermitteln soll (also den Bullshit den die Industrie und die Regierung uns glauben machen will). Er schneidet Themen wie das Finanzsystem, etc. an, erzählt dann aber eben nur Halbwahrheiten. Es ist dort wo er ist um den Menschen die gerade anfangen aufzuwachen gleich wieder die Äuglein zuzudrücken. Gehört sich ja auch so für einen Jesuiten.

Fred Feuerstein
Fred Feuerstein
7 Jahre zuvor

Das „System“ drischt auf die Schwächsten dieser Gesellschaft ein,
weil die Schwächsten dieser Gesellschaft überwiegend zu den Nichtwählern zählen.
Merkel, Gabriel und Co. wissen das und sehen keinen Anlass sich um Leute zu bemühen,
von denen sie ohnehin keine Stimme zu erwarten haben.

Forsa weist die Nichtwähler und Unentschlossenen mit rund 30% aus.
http://www.wahlrecht.de/umfragen/forsa.htm

„Das System“ wird sich noch lange, dank Desinteresse, in
dieser Form halten.

Im Übrigen bietet auch die Linke nicht Mitreißendes um die Nichtwähler
mitzunehmen. Wenns frisch un frech wird, kriechen die Nichtwähler aus
ihren Löchern. Wenn die Piraten sonst nicht bewiesen haben, das schon.

seyinphyin
seyinphyin
7 Jahre zuvor

Aus der Sicht des Falschen ist das Richtige eben falsch und umgekehrt.

aquadraht
aquadraht
7 Jahre zuvor

Ein nicht-OT: Ich war heute bei der linken Demonstration anlässlich des Gedenkens an die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts durch die SPD-Führung und ihre faschistischen Freikorps-Handlanger, die selbe SPD, die pünktlich zum Jahrestag die mccarthyistische Entlassung des linken Baustaatssekretärs Andrej Holm verfügt hat: Sozialfaschisten bleiben sich gleich.
Kurz zur Demonstration: Nach meinem Gefühl waren es etwas weniger Teilnehmer als im Vorjahr (das waren ca. 12.000), die Polizeiangaben von 3.500 sind aber absurd (ich schätze 7-10.000 Teilnehmer). Gegen 10.45 erreichte die Spitze des Demonstrationszuges den U-Bahnhof Samariterstrasse, ohne dass schon alle den Versammlungsplatz am Frankfurter Tor verlassen hatten. Das ist eine Entfernung von knapp 600m auf einer Strassenseite von ca. 10-12m (einschliesslich Bürgersteig) Ausdehnung. Nebenbei gesagt, kamen auf der Demostrecke weitere Teilnehmer hinzu, und nicht wenige. Als ich das Ziel der Demonstration, die Gedenkstätte der Sozialisten und ihr Umfeld gegen 13.00 verliess, erreichte das Ende der Demonstration gerade diesen Bereich.
Ok, das ist normale Propaganda. Peinlicher ist, dass das ND diese Propaganda kritiklos übernimmt und sogar die Pöbelei Lederers, der die Demonstration als „obskuren Sektenfasching“ denunzierte, ohne jede Distanzierung zitiert.
Tatsache ist leider, dass die Teilnahme der PdL an der Demonstration bestenfalls peripher blieb. Ein paar Fahnen „die Linke“ und einige von Solid, nicht einmal ein Block, wie ihn die Kommunistische Plattform lange Zeit gebildet hat. Der Anpassungskurs scheint gegriffen zu haben.

a^2

schwitzig
schwitzig
7 Jahre zuvor

@Jörg Tom W. Wolf Wellbrock

Theoretisch könnte man nun sagen, dass ein System wie das, das uns umgibt, heute, morgen oder übermorgen als gescheitert erklärt werden könnte, vielleicht sogar müsste.

Das sehe ich strenger:

In der Natur gelten Systeme (Arten) als „gescheitert“, wenn sie sich nicht mehr verbessern und anpassen können.

Wenn man diesen Ansatz auf den heutigen Wertewesten überträgt, ist das System längst gescheitert, denn seit Jahrzehnten gibt es keine Verbesserungen, statt dessen ausschließlich Verschlechterungen und es kann und will sich nicht mehr anpassen.
Wir leben in einem System, das seine eigene Agonie nicht nur nicht erkannt hat, sondern jeden Weg zur Erkenntnis dieser auch noch systematisch zumauert. Die Agonie kann allerdings noch lange anhalten und richtig eklig werden, weil unser System zu einem System für eine 1%-Parasitenkaste plus Günstlinge („politiker“) degeneriert ist.
Der Crash ist – witzigerweise bei kapitalistischen Systemen systemimmanent – „alternativlos“.

schwitzig
schwitzig
Reply to  Tom J. Wellbrock
7 Jahre zuvor

Wellbrock

Die Natur unterscheidet nur zwischen Überleben oder Untergehen.

Ich denke, das ist nicht richtig – das wäre Trivial-Darwinismus. Tatsächlich hat Darwin auch schon bewiesen, dass Evolution als wesentliches Element die Ausdifferenzierung und Verbesserung hat, die in der Konsequenz zu dem trivialen Überleben des am besten angepassten führt.
Insbesondere die Evolutionsgeschichte zeigt, dass das wesentliche natürliche Prinzip eben nicht das Überleben, sondern die Verbesserung und die Etablierung von gegenseitigen Abhängigkeiten zum Vorteil aller ist. Stasis ist in der Evolution in der Regel eine Einbahnstrasse ins Nichts – von ein paar wenigen Ausnahmen abgesehen.

schwitzig
schwitzig
Reply to  Tom J. Wellbrock
7 Jahre zuvor

Wellbrock

Der Mensch ist das einzige Tier, dass dann noch die Unterscheidung „besser“ oder „schlechter“ vornimmt.

Öhm – nein :-). Wie erklärst Du Dir dann Symbiosen und Wanderbewegungen? Nur weil es beim Menschen eine bewußte Entscheidung zwischen besser und schlechter ist und bei den meisten Tieren eine getriebene, heißt das nicht, dass nicht dieselbe Triebfeder dahinter steht. Nebenbei gibt es auch im Tierreich verschiedene Sozialsysteme, denen teiweise ein komplexes und häufig erlerntes, bewußtes Regelwerk zugrunde liegt. Der Mensch ist nichts anderes als jedes andere Tier. Nur er selbst sieht das anders :-).

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Tom J. Wellbrock
7 Jahre zuvor

Evolution im Kontext Mensch, ein schönes Thema, was mich schon beschäftigt. Just my two pence:

Die Menschheit hat sich sehr kurzfristig (relativ zu den Zeiträumen in der Evolution wirkt) aufgrund ihrer Technologie der Evolution entzogen, in dem sie selber ihren Lebensraum gestaltet, bzw. sie hat sich nicht weiter dem natürlichen Lebensraum angepasste sondern genau andersherum wird ein Schuh draus. Das wäre vermutlich auch nicht weiter schlimm, wenn dieser künstliche Lebensraum nachhaltig wäre, was er aber leider bei weitem nicht ist! Im Gegenteil unserer Lebensweise wirkt sich offensichtlich so verheerend auf die Biosphäre aus, dass wir gute Chancen haben nicht nur uns selber auszurotten sondern gleich mal 90% der andren Spezies mit ins Grab zu nehmen.

Derzeit erlebt die Erde wieder einen vergleichbar großen Artenschwund. Das zumindest prophezeien Wissenschaftler, die den durch den Menschen verursachten globalen Rückgang der Artenvielfalt mit einem sechsten Massenaussterben gleichsetzen. So geht die Weltnaturschutzunion IUCN etwa davon aus, dass die Tierarten 1.000- bis 10.000-fach schneller aussterben, als sie es durch natürliche Prozesse tun würden. Nach den Berechnungen der Organisation verschwinden jeden Tag ungefähr 100 Arten unwiederbringlich.

Quelle

In diesem Zusammenhang noch von „gut“ zu reden ist m.E. ein wenig zu optimistisch.

Beste Grüße

Robbespiere
Robbespiere
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

In diesem Zusammenhang noch von „gut“ zu reden ist m.E. ein wenig zu optimistisch.

Wie Wahr!

Der Homo Technicus hält sich für die Krone der Schöpfung und ergötzt sich an seinen kurzfristigen Erfolgen, mit denen er glaubt, den Zwängen seiner Umwelt entronnen zu sein.
Die langfristigen Folgen seines Handelns sieht er in aller Regel dabei nicht, auch wenn es seine Nachkommen betrifft und er ist unfähig, sich als Teil einer globalen Symbiose zu begreifen, in der er nur ein einzelnes Glied ist, wenn auch eines mit relativ weitgehendem Entscheidungsspielraum.
In Letzterem liegt auch sein ganzes Dilemma.
In dem Bewußtsein gestalten zu können, bläht sich das Ego auf und begräbt das Sein, welches sein natürliches Radar und Echolot ist und so fahren wir nur noch auf Sicht dem Strudel unserer Selbstzerstörung entgegen.

Mordred
Mordred
7 Jahre zuvor

Theoretisch könnte man nun sagen, dass ein System wie das, das uns umgibt, heute, morgen oder übermorgen als gescheitert erklärt werden könnte, vielleicht sogar müsste. Die Konsequenz wäre die Ablösung durch ein anderes, besser funktionierendes System. Aber das ist nicht gewollt, und zwar nicht nur von den politischen und wirtschaftlichen Eliten, sondern auch nicht von den Menschen, die Opfer dieser Mangelerscheinungen sind. Längst sind die Zeiten vorbei, als es noch die Wahl zu geben schien zwischen dem kapitalistischen und dem sozialistischen System. Der Kommunismus bzw. Sozialismus gilt inzwischen allgemein als gescheitert, die Offenheit der Menschen, die früher einmal gegenüber eines Systemwechsels vorhanden war, ist kaum noch vorhanden, was auch daran liegt, dass der Sozialismus zur Blütezeit seiner Existenz ebenfalls viele Mängel gezeigt hat.

warum ist das so? wegen neoliberalismus. denn quasi alles und hier insb. erfolg wird monetär gemessen. und (!) erfolg gibt recht (in kombo mit macht und einfluss). das ist sowas wie das 1. gebot unserer gesellschaft. systeme, die gegen dieses gebot explizit verstoßen, werden deswegen überhaupt nicht in betracht gezogen.
darüber hinaus werden auch systemfehler im bestehenden system geleugnet. die riester-rente ist das paradebeispiel. selbst wenn sich die konzerne nicht mit 20% verwaltungskosten die taschen vollmachen würden: kapitalgedeckte altersvorsorge ist immer (!) ohne ausnahme wesentlich risikoreicher als umlagefinanzierte. kapitaldeckung ist nur was für leute, die schon umlagefinanziert genug zum leben haben werden, sozusagen als zusätzlich möglicher bonus.

Carlo
Carlo
7 Jahre zuvor

Jedes System, in welchem man zuerst an und in Kosten denkt, wird letztlich so aussehen wie das gegenwärtige. Beginnt man menschlich zu denken, legt man den Grundstein für eine andere Gesellschaft.