Steuerfahndersterben: So sieht die konservative Revolution aus!

Nach dem Schuster und dem Sattler jetzt auch noch der Steuerfahnder. Das Berufesterben geht weiter. Modernisierung? Aber sicher! Hier tickt die konservative Revolution schon lange: Sie schafft Schlupflöcher und Ausweichmöglichkeiten. Der Steuerfahnder ist doch bloß ein Modernisierungsverweigerer.

Kaum dass ein Unionsmann die Missgeschicke in Nordrhein-Westfalen lenkt, schon flüchten zwei Steuerfahnder des Bundeslandes in die Privatwirtschaft. Sie werden ihr Know-How auf der dunklen Seite der Macht zu verkaufen wissen. Wie man so versteckt, dass die Steuerfahndung im Dunkeln tappt: Sie werden es besser wissen als alle anderen. Wobei es wahrscheinlich gar keine Kunst mehr ist, Schwarzgelder zu verstecken. Dazu muss es ja Leute geben, die sie suchen. Und an denen mangelt es ja grundsätzlich in Deutschland. Ganz besonders in den Bundesländern, die von Unionsparteien regiert werden.

Bayern: Personalknappheit, Nachlässe und Psychiatrien

Schon im Bayern unter Franz-Josef Strauß hatte die Senkung der Steuermoral der oberen Zehntausend durch die Streichung von Planstellen in der Steuerfahndung Methode. Die Minderung dieser Planstellen sah der damalige Ministerpräsident als eine Chance an, gewisse Unternehmen zu begünstigen. Der Rechnungshof Bayerns rügt vor einigen Jahren bereits, dass es im Freistaat die relativ geringste Zahl an Betriebsprüfern, Steuerfahndern und Umsatzsteuersonderprüfern gibt. Das wiederum führe zu massiven Steuerausfällen. Und münde direkt in eine laxe Haltung gegen Steuersünder bis hin zu Nachlässen ohne Not. Denn wenn nicht genug Personal da ist, kann man ja aus Gründen der Vereinfachung schachern – das geht schneller und gewährt dann eine gewisse Steuersicherheit. Besser so als gar nichts einnehmen.

Die bayerische Steuergewerkschaft berechnete, dass dem Fiskus in den Jahren von Strauß bis Stoiber mindestens 523 Millionen Mark wegen der Steuernachlässe in diversen Fällen entgingen. Einige gigantische Nachlässe vermochte die Gewerkschaft gar nicht erst zu beziffern. Gewisse Einzelfälle durften stets mit politischer Protektion rechnen. Exemplarisch ist hierfür der Umgang mit einem persönlichen Freund Strauß‘, mit Friedrich Jahn, dem Besitzer der Wienerwald-Kette. Seine Steuerschuld soll von 100 Millionen auf drei Millionen Mark reduziert worden sein.

Wer dennoch Steuerhinterziehung anzeigt, der kann mit der gesamten Härte der politisierten Landesjustiz rechnen. Dann wird man unter Mitwisserschaft des Justizministeriums und des Ministerpräsidenten eben mal für einige Jahre in die Psychiatrie gesperrt und das Insiderwissen zu einer Wahnvorstellung erklärt, die man medikamentös behandeln sollte. Selbst dann noch, wenn Berichte vorliegen, die die Richtigkeit solcher »Wahnvorstellungen« unterstreichen. Die bayerische Landesregierung hat mit der Psychiatrisierung Gustl Mollaths Steuerhinterziehung gedeckt und damit Protektion angeboten, wo sie mit Blick auf das Allgemeininteresse juristisch vorgehen hätte müssen.

Hessen: Aufgelöste Finanzämter und geistig verwirrte Steuerfahnder

In Hessen, dort wo die deutsche Banken- und Versicherungsbranche firmiert, da hat man natürlich einen besonderen Drang dazu, die hiesigen Unternehmen steuerlich zu entlasten. Damit das auch da klappt, hält man das Heer der Steuerfahnder auch gezielt übersichtlich. Personalknappheit ist ein probates Mittel, um die staatliche Kontrollverpflichtung nicht mehr erfüllen zu können. Wir würden ja gerne, aber wir sind ja leider so wenige …

Das Finanzamt V in Frankfurt gibt es nicht mehr – es wurde kaltgestellt. Es hat getan, was man den beiden Steuerfahndern in Nordrhein-Westfalen jetzt aktuell wohl vorwarf: Seine Arbeit. Weil es großen Steuersündern auf der Spur war, löste die hessische Landesregierung unter Roland Koch mal schnell die Behörde auf. Die Steuerfahnder schickte man dann nicht woanders hin, sondern gleich frühzeitig in den Ruhestand. Die, die sich weigerten, erklärte man für psychisch krank – ganz nach dem Motto: Wer früh in Rente gehen darf und nicht will, der muss ja irgendeinen geistigen Schaden haben. Leider konnten sich diese Pathologisierten auch gerichtlich nicht durchsetzen.

Alle regen sich auf, dabei gibt es sie schon lange: Die konservative Revolution

Wahrscheinlich haben die beiden Steuerfahnder aus NRW also nur ihre Arbeit gemacht. In der schwarzen Republik ist das schon ein Kriterium dafür, keine Erfolgsaussichten mehr zu haben. Die Steuerfahndung darf ruhig kleine Leute filzen, durchleuchten und Aufwand für falsch abgesetzte Aufwandsentschädigungen betreiben. Gerne auch kleine, vielleicht mittelständische Unternehmen ins Visier nehmen. Aber nicht Konzerne und auch nicht reiche Privatiers. Wenn sie das tun, machen sie sich des Arbeitseifers schuldig. Das ganze Land soll immer noch mehr machen, Mehrarbeit erfüllen und effizienter werden – nur von der Steuerfahndung erwarten besonders die Konservativen Zurückhaltung und Arbeitsverweigerung.

Dobrindt sprach neulich davon, dass wir die konservative Revolution der Bürger zu erwarten hätten, die den linken Zeitgeist aufrollt. Dafür wurde er von Frau Slomka im »heute-journal« vorgeführt. Dabei redete sie am Wesentlichen vorbei: Die konservative Revolution – wir befinden uns mittendrin. Alle regen sich über Dobrindts Sentenz auf, dabei ist sie schon lange Realität. Und an der Austerität im Inneren können wir sie fühlen. Ob nun marode Straßen, baufällige Substanz, soziales Elend, wachsende Armut oder eben Personalknappheit: Das sind die Mittel, mit denen die Konservativen ihre Revolution dem Land aufdrängen. Als Schock-Therapie, um mit Naomi Klein zu sprechen. Und mit diesen Maßnahmen gewähren sie einer kleinen Schicht von Profiteuren extreme Gewinne, machen sie reicher und reicher.

Die konservative Revolution ist eine staatlich gelenkte Korruption. Mafiöses in gesetzlichen Ordnungsrahmen gepresst und mit Mitteln der Verknappung zu Gewohnheitsrecht selektiert. So wie im Falle des aussterbenden Berufsstandes des Steuerfahnders. Sein Abgesang schafft Schlupflöcher. Wir brauchen uns vor dieser drohenden Revolution nicht fürchten: Denn sie ist schon da. Die Rechtspopulisten sind da nur ein Symptom. Das Produkt in einem Land, das man vor notwendigen Investitionen und sinnvoller Partizipation fernhält, auch deswegen, weil man die Steuermoral der Vermögenden sukzessive durch laxe Steuerfahndung legitimiert.

Diesen Beitrag ausdrucken

Roberto J. De Lapuente

Roberto J. De Lapuente ist irgendwo Arbeitnehmer und zudem freier Publizist. Er betrieb von 2008 bis 2016 den Blog ad sinistram. Seinen ND-Blog Der Heppenheimer Hiob gab es von Mitte 2013 bis Ende 2020. Sein Buch »Rechts gewinnt, weil links versagt« erschien im Februar 2017 im Westend Verlag. In den Jahren zuvor verwirklichte er zwei kleinere Buchprojekte (»Unzugehörig« und »Auf die faule Haut«) beim Renneritz Verlag.

Unterstütze uns und hilf dabei, die neulandrebellen besser und wirkungsmächtiger zu machen
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

27 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
pentimento
pentimento
6 Jahre zuvor

…“Gerne auch kleine und mittelständische Unternehmen ins Visier nehmen“….

Also, im offenbar rückständigen Norddeutschland scheint es noch genug Fahnder zu geben. Besonders gern überfallen sie Freischaffende, die gerade eben über die Runden kommen. Da lassen sie keinen Fetzen Papier unbegrabbelt und stellen das ganze Haus auf den Kopf. Bei uns waren sie zweimal in drei Jahren. Wenn man das Glück hat, einmal mehr zu verdienen, werden flugs die Vorauszahlungen für das folgende Jahr erhöht, auch wenn man weniger oder gar nichts verdient. Künstler mit unregelmäßigen Einkommen sind in diesem Land nicht vorgesehen. Steuerlich gesehen sind wir Unternehmer. Punkt. Deswegen ist die Künstlersozialkasse dem Herrn Lindner auch ein Dorn im Auge. Wenn er könnte, würde er sie wohl sofort abschaffen.

Dafür gibt es hier einen Schuster, der Gold wert ist! 🙂

Die Geschichte von Gustl Mollath, der sieben Jahre unschuldig in einer geschlossenen Anstalt verbrachte, ist ein dunkles Kapitel in der bayerischen Justiz. Die Hypovereinsbank, der er Schwarzgeldhandel vorgeworfen hatte, hat das später sogar bestätigt. Die bayerischen Seilschaften, Richter, Staatsanwälte, Ärzte, psychiatrische Gutachter, ÖR und Printmedien, allen voran DerSpiegel, – sie alle fanden, dieser Mann gehöre in die Klappsmühle. Bis in die höchsten Etagen reichte die Zahl derer, die ihn zum Schweigen bringen mußten. Seine Freilassung erreichte er nur, weil er sich strikt geweigert hat, sich mit verhaltensverändernden Psychopharmaka gefügig machen zu lassen (und dafür vom Krankenhauspersonal heftigst, u.a. mit Schlafentzug drangsaliert wurde), und weil es einigen Bürgerinitiativen gelang, die Öffentlichkeit zu informieren. Die an dem Skandal maßgeblich beteiligte Justizministerin hat jetzt einen gutbezahlten Job in Brüssel.

Dennis82
Dennis82
Reply to  pentimento
6 Jahre zuvor

: Das mag im Einzelfall so sein. Ich habe selbst schon überlegt, „künstlerisch“ tätig zu werden. Aber mal ehrlich: Ist das Finanzamt wirklich der größte Feind des Künstlers…? Oder gehen einem da nicht eher die Krankenkassen und die Sozialbehörden deutlich mehr und intensiver auf die Nerven?

Die Künstlersozialkasse korrigiert nur ein wenig das absurde Grundproblem einkommensunabhängiger Beitragszahlungen. Leider kommt man in jene ja auch nicht mehr so einfach rein wie früher. Und wie du richtig schreibst: Man wird zum „Unternehmer“ – und ist zum Erfolg, d. h. Umsatz und Gewinn verdammt. Was dann noch von der Kunst übrig bleibt, wenn es mehr und mehr drauf ankommt, ein guter Verkäufer zu sein…!?

Der Name Mollath war übrigens meinen Mitstudenten als auch den meisten Kollegen im Amt völlig unbekannt. Eigentlich einer der größten Skandale der Bundesrepublik. Aber das hat niemanden interessiert – und wenn, auch nicht davon abgehalten, die Union (oder FDP oder SPD) zu wählen.

Lutz Lippke
Lutz Lippke
6 Jahre zuvor

So ist es wohl. Wirklich guter Artikel zum weitgehend unterschlagenen Thema. Im letzten Satz hätte ich statt legitimiert eher legalisiert verortet. Denn durch die Gewohnheit nicht zu fahnden, wird die Hinterziehung zunächst legalisiert. Wo kein Kläger, da kein Richter. Erst dadurch, dass diese Tatsache der wählenden Öffentlichkeit in seinem inneren, absichtsvollen Zusammenhang vorenthalten wird, schiebt man die Legitimierung durch das Wahlvolk hinterher. Der Hinweis deshalb, weil diese gewohnheitsrechtliche Legalisierung durch das eigentlich legitimierte konstitutiv geltende Recht juristisch angreifbar ist. Man dürfte die rechtliche Durchsetzung nur nicht schicksalhaft Steuerfahndern und Juristen überlassen. Also warum treten Linke nicht im Konkreten als juristische Kläger auf bzw. unterstützen diese effektiv, statt sich auf die fatalistisch politische Klage zur Steuerungerechtigkeit im Allgemeinen zu beschränken? Dieses Beispiel lässt sich auf die Thematik Dumpinglohn vs. Mindestlohn und viele weitere übertragen.
Geht man der Sache systematisch und historisch auf den Grund, kommt man dahin, dass zu feudalen Zeiten nur das Gewohnheitsrecht der absolutistischen Herrscher galt, das logischerweise nur durch Herrschaften selbst oder durch illegale Aufruhr geändert werden konnte. Das Illegale wurde durch Ausübung der Herrschaft nachträglich legitim oder scheiterte an der Machtübernahme in blutigen Kämpfen. Nun hatten sich aus den produktiven Ständen eine einflussreiche und wohlhabende Bürgerschaft entwickelt, die den feudalen Herrschern allgemein verbürgte Rechte und Freiheiten ohne einen Abstammungsvorbehalt abtrotzten. Blutige Kämpfe waren dem produktiven Geschäft hinderlich. Eine Beschränkung der Rechte auf vorab Auserwählte ebenso. Konstitutiv durch demokratische Mehrheit der vielen Gewöhnlichen legitimierte egalitäre Rechte waren zunächst die bürgerliche Lösung, die sich nach einer Übergangsphase zumindest scheinbar durchsetzte. Es galt Gesetzespositivismus und die freie Gestaltungsmacht des denokratisch legitimierten Souveräns. Also das geschriebene Wort/Gesetz galt, bis es von der Legislative, dem Vertreter des Volkssouveräns in freier Abstimmung geändert wurde. Nur schickten sich nun auch die Ausgebeuteten an, sich für die Durchsetzung ihrer freiheitlichen Rechte und Interessen zu organisieren und Gestaltungsmacht zu erlangen. Das hätte unter Gesetzespositivismus zu einer Umkehr der bisherigen Abfolge illegal – legitim – legal führen können. Durch legitime und zugleich legale Interessenwahrnehmung der benachteiligten Mehrheit hätte es zu revolutionären Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur kommen können. Juristisches Recht als probates Mittel zur Durchsetzung einer gerechten Gesellschaftsentwicklung? Davon träumt heute gar niemand. Juristerei ist konservativ, schwer durchschaubar und nützt vor allem den Reichen. Denn „auf hoher See“ vor den Gerichten sind die Buchstaben des Gesetzes und daraus abgeleitete Rechte den Willkürlichkeiten des richterlichen Auslegungsmeeres ausgeliefert. Wann, wie und warum kam es dazu?
Es gibt eindeutige Quellen dazu, dass das bürgerliche Rechtsverständnis unter der Sorge vor der legalen Durchsetzung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung sich vom Gesetzespositivismus abwandte und den legalen Gestaltungsrahmen des Souveräns beschränken wollte. Bestimmte bürgerliche Grundrechte wie Eigentum und
Vertragsfreiheit, als Garanten der ungleichen Besitz- und Aneignungsverhältnisse, sollten dem legalen Zugriff der Legislative, also dem demokratischen Prozess, entzogen
werden. Diese Grundrechte wurden in der Entwicklung bis heute zu vorrechtlich gesetzten unveräußerlichen Grundwerten, die neben dem Gesetz stehen und dem Auslegungsvorbehalt der Exekutive im Verwaltungsakt wie der richterlichen Auslegung in der Rechtsprechung unterliegen. Also „Recht und Gesetz“ steht für Abkehr von Verbindlichkeit, nicht für Grundrechte + Gesetze, denn Grundrechte sind bereits geschriebene Gesetze. Der Anwendungs- und Auslegungsvorbehalt von Exekutive und Judikative feiert gerade in Bayern größte Erfolge, da die faktische Einparteien-Legislative gepaart mit einer sorgsam ausgewählten und im Laufbahnwechsel zwischen Exekutive und Judikative auf funktionale Einheit getrimmte Juristenschar praktisch zur absolutistischen Herrschaftsqualität führt. Nun endlich auch die „überflüssigen“ Rudimente einer frühbürgerlich-freiheitlichen Gesellschaftsidee offiziell zu beerdigen, macht die offene konservative Revolution aus. Die CSU bekennt sich zum Absolutismus mit schwächelndem König Horst, erbschleichenden Prinzen Markus und Hofnarr Alexander. Juristisch gesehen, könnten wir in Deutschland also noch vor die Zeit von
Bismarck fallen. Das nenne ich mal Nachhaltigkeit in politischen Grundfragen. In Martin-Schulzes-SPD-Europa sind wie dort allerdings schon von Geburt an. Die unsinnigen Ausflüge in sozialstaatlich überdehnte Mitbestimmungseskapaden blieben aufs Nationale beschränkt. Aber liebe freiheitlich verwöhnte Untertanen! – keine Sorge, auch absolutistische Herrscher müssen sich um das Soziale kümmern und werden von ihren Hofnarren i.d.R. so gut beraten, dass es nicht zu unkalkulierten Hunger-Epidemien kommt. Zuviel Futter ist allerdings auch nicht gut, denn dann karnickelt das Proletariat freudig und die Überbevölkerung ist nun wirklich ein ökologisches Nachhaltigkeitsproblem.

R_Winter
R_Winter
6 Jahre zuvor

Die staatlich geförderte Korruption ist nur das Vollstrecken neoliberaler „Werte und Ziele“.

Die Mafia (und ich meine hier nur die italienische Mafia) soll jährlich ca. 60 Mrd. € weltweit waschen und einen großen Anteil in Deutschland ( mit wohlwollende Zustimmung einiger Politiker).

Attac wird vom Bundesfinanzministerium zusammen mit dem Frankfurter Finanzamt die Gemeinnützigkeit gerichtlich bestritten. Warum wohl?

Der Vorstandsvorsitzende des Springer-Konzerns, Matthias Döpfner greift den im GG aufgeführten Sozialstaat an und nennt ihm eine „national-sozialistische“ Verirrung und schloss mit dem Appell mit: „Oskar Lafontaine muss mit allen demokratischen Mitteln bekämpft werden.“

Dieses ist eine geplante neoliberale Aktion und diese Liste ist leicht zu ergänzen.

Verbrecher um uns.

Rudi
Rudi
6 Jahre zuvor

Dazu eine kleine Geschichte: Eine Klasse, die sich aus der Schule verabschiedete, machte ihrer Lehrerin ein Geschenk im Wert von 200 Euro. Ein Vater erstattete Anzeige. Die Lehrerin musste 4.000 Euro Strafe zahlen, und Eltern, die zusammengelegt hatten, acht Euro pro Schüler, wurden juristisch verfolgt.

Zitat: „… nicht nur die Lehrerin wurde von der Staatsanwaltschaft verfolgt. Auch gegen die meisten Eltern der Klasse wurde ermittelt. „Wir konnten aber nicht herausfinden, wer wie viel gegeben hat – deshalb wurden die Verfahren eingestellt“, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Trotzdem hatten sich die meisten Eltern einen Anwalt genommen und mussten entsprechende Rechnungen bezahlen – in der Regel mehrere Hundert Euro pro Einzelfall, sagt ein Vater.“

Die Lehrerin ist Berliner Beamtin. Alle Zuwendungen, die die 10-Euro-Grenze übersteigen, werden als Bestechung gewertet. Auf dieser Ebene funktioniert der Staatsapparat. Da kann man exemplarisch zeigen, dass die verfolgenden Behörden ihren Auftrag sehr ernst nehmen. Eleganter und systemkonform ist es hingegen, mittels der Schwarzen-Null-Begründung insbesondere dort Stellen abzubauen oder gering zu halten, wo das schutzwürdige, geldrelevante und einflussreiche Klientel betroffen ist, z.B. bei der Steuerfahndung.

trackback
Hinweise des Tages II | NachDenkSeiten – Die kritische Website
6 Jahre zuvor

[…] Steuerfahndersterben: So sieht die konservative Revolution aus! ach dem Schuster und dem Sattler jetzt auch noch der Steuerfahnder. Das Berufesterben geht weiter. Modernisierung? Aber sicher! Hier tickt die konservative Revolution schon lange: Sie schafft Schlupflöcher und Ausweichmöglichkeiten. Der Steuerfahnder ist doch bloß ein Modernisierungsverweigerer. Kaum dass ein Unionsmann die Missgeschicke in Nordrhein-Westfalen lenkt, schon flüchten zwei Steuerfahnder des Bundeslandes in die Privatwirtschaft. Sie werden ihr Know-How auf der dunklen Seite der Macht zu verkaufen wissen. Wie man so versteckt, dass die Steuerfahndung im Dunkeln tappt: Sie werden es besser wissen als alle anderen. Wobei es wahrscheinlich gar keine Kunst mehr ist, Schwarzgelder zu verstecken. Dazu muss es ja Leute geben, die sie suchen. Und an denen mangelt es ja grundsätzlich in Deutschland. Ganz besonders in den Bundesländern, die von Unionsparteien regiert werden. Quelle: #neulandrebellen […]

gast2
gast2
6 Jahre zuvor

Nun, Dinge zu verlangsamen kostet schließlich auch von der eigenen Zeit.

Jörg Hensel
Jörg Hensel
6 Jahre zuvor

Den § 63 hat man bei mir auch versucht, weil ich der Richterin, die mal eben das Grundgesetz in der Arbeitswelt (Arbeitsschutz) außer Kraft gesetzt hatte, vorgehalten hatte, dass ihr Urteil nur ein Scheinurteil gewesen ist.

1,5 Jahre später fühlte sie sich beleidigt und stellte zunächst anonym Strafantrag wegen Beleidigung und übler Nachrede.

Die Polizei wollte nicht mit dem Namen rausrücken; die Staatsanwaltschaft wollte keine Akteneinsicht gewähren.

Da der EGMR hier aber einige Urteile rausgehauen hat, habe ich mich hierauf berufen und dann doch Einsicht in die Akte erhalten und so die Namen der Richter erfahren.

Zudem hatten die STA versucht psych. Sachverständige zu bekommen, um mich noch in der Hauptverhandlung begutachten zu lassen.

4 Sachverständige haben abgelehnt; einer hat sich bereit erklärt, wie es der Akte zu entnehmen war.

Ich musste meine Einspruchsrechte zurückziehen, sonst wäre ich heute immer noch weggesperrt.

Der § 63 verstößt i.Ü. gegen die CRPD und insbesondere das Unterlassen durch Amtsträger der Exekutive begründet den Tatbestand der Korruption. Vgl. Kurzgutachten am Beispiel der Lebensmittelüberwachung.

Jörg Hensel
Jörg Hensel
Reply to  Jörg Hensel
6 Jahre zuvor

Nach dem Verfahren habe ich dem Amtsgericht eine Beschwerde zugeschickt.

pentimento
pentimento
Reply to  Jörg Hensel
6 Jahre zuvor

Ein Problem ist, daß viele Psychiater diese Aufträge zur Begutachtung aus finanziellen Gründen brauchen, und deshalb nicht unabhängig sind. Eine Münchner Psychologin mit gutgehender eigener Praxis, die gelegentlich auch als Gutachterin tätig und daher mit den Praktiken der bayerischen Justiz vertraut war, äußerte damals im Zusammenhang mit dem Fall Mollath öffentlich ihren Unmut über das bayerische System. Überflüssig zu sagen, daß seitdem kein Gericht mehr an ihr interessiert war. Die Frage, ob sie sich selbst begutachten lassen würde, beantwortete sie mit ‚auf keinen Fall‘. Das hieße doch, daß man ohne eigenes Einverständnis nicht begutachtet werden kann.

Lutz Lippke
Lutz Lippke
Reply to  Jörg Hensel
6 Jahre zuvor

Was ich nicht verstehe, die Bezugnahme auf das Recht auf Meinungsfreiheit bei Tatsachenbehauptungen zu Straftaten. Natürlich deckt die Meinungsfreiheit nicht die unwahre Bezichtigung einer Straftat ab. Es muss im Zweifel sorgfältig zwischen Verdacht und Bezichtigung unterschieden werden. Eine Strafanzeige muss daher auch keinen Strafvorwurf enthalten, sondern die Tatsachen, die den Verdacht auf eine Straftat begründen sollen. Eine solche Verdachtsäußerung, die allein auf tatsächliches Erleben und zulässigen Annahmen beruht, kann selbst nicht strafbar sein. Dagegen kann die Bezichtigung einer Straftat durchaus strafbar sein, nämlich wenn dem keine geeigneten Verdachtsmomente zugrunde liegen oder bewusst falsche Tatsachen behauptet werden. Die Behauptung, das wegen Korruption staatsanwaltlich ermittelt wird, obwohl ein Einstellungsbescheid vorliegt, ist eine falsche Tatsachenbehauptung. Damit sollte wahrscheinlich dem Vorwurf zur Korruption Nachdruck verliehen werden.
Sehr gefährlich. Denn das Vorliegen der Straftaten Verleumdung, falsche Verdächtigung, Beleidigung etc. ist nicht unmittelbar vom tatsächlichen Wahrheitsgehalt des Vorwurfs abhängig, sondern vom Status Quo. Die wissentlich falsche Behauptung, dass wegen Korruption ermittelt wird, macht aus einem nur Angezeigten wider besseren Wissens einen offiziell Verdächtigten. Das ist strafbar und kann nicht durch den Verweis auf unterlassene Ermittlungen zum Korruptionsvorwurf aufgehoben werden. Die Verurteilung wegen Verleumdung o.ä. hängt also nicht von der vollständigen Überprüfung des Korruptionsvorwurfes ab. Das ist im Prinzip auch logisch, da man sonst mit beliebigen Behauptungen zu Straftaten immer umfasngreiche Ermittlungen erzwingen kann und ansonsten die Bezichtigungen immer straffrei bleiben. Die vermeintlichen Täter im Amt genießen den gleichen Schutz durch Unschuldsvermutung. Also 2 einfache Regeln: Behaupte nichts als Tatsache, was Du nicht beweisen kannst. Verdächtige nicht, wenn Du keine Belege und Anhaltspunkte hast.
Dass so ein Lapsus im Kampf gegen behördliche und gerichtliche Willkür vorkommen kann und die Konsequenz sehr frustriert, verstehe ich sehr gut. Deswegen wäre es so wichtig, den richtigen Umgang mit juristischen Formen der Aufklärung und des Widerstands zu erarbeiten und zu verbreiten. Diese juristischen Formen basieren eben nicht auf Meinungsfreiheit, sondern auf dem Rechtsstaatsprinzip. Dass da prinzipiell Vieles im Argen liegt, steht für mich außer Frage, aber diese Meinung nützt im Speziellen noch nichts.

Jörg Hensel
Jörg Hensel
Reply to  Lutz Lippke
6 Jahre zuvor

Tatfingierungen können jederzeit in Szene gesetzt und als Mittel der politischen Verfolgung genutzt werden. Das BVerfG hat hierzu in den b.b. Beschlüssen allerdings festgelegt, dass dies nicht so ohne weiteres geht. Auch scharfe Kritik ist erlaubt. Staatsbedienstete sind grundsätzlich keine Grundrechtsträger, sondern Grundrechteverpflichtete. – Daher scheidet ein Beleidigtsein grundsätzlich für bspw. Richter aus, da das eine das andere ausschließt.

In Diktaturen, wie in der BRD, interessiert das aber keinen. Sie machen es trotzdem.

Lutz Lippke
Lutz Lippke
Reply to  Jörg Hensel
6 Jahre zuvor

Die strafrechtliche Praxis, ungeklärte Strafvorwürfe gegen Amtspersonen als Beleidigung zu handhaben, ist auch nach meinem Dafürhalten rechtswidrig und zudem absurd. Da gebe ich Dir vollkommen recht. Nur ausnahmsweise könnte ein solcher Vorwurf eine Beleidigung sein, z.B. wenn dieser keinerlei Bezug zur Verfolgung von Rechtsschutzinteressen hat. Allerdings verstehe ich die Verteidigungsstrategie gegen diese Praxis auch nicht. Statt sich auf Meinungsfreiheit zu berufen, würde ich mich doch eher auf das Recht des Geschädigten zur Anzeige von möglicherweise strafbaren Handlungen berufen. Dazu zählt sicherlich auch der Vorwurf der Korruption gegen eine Gerichtspräsidentin, vorausgesetzt für die eigene Annahme gibt es irgendwelche Anhaltspunkte. Es müsste dann von der StA eigentlich der Beweis erbracht werden, dass der Strafvorwurf wider besseren Wissens erfolgte. Die Nichtaufnahme oder Einstellung von Ermittlungen reicht dafür nicht. Dazu müsste dann tatsächlich die nicht bestehende Korruption und deren Offensichtlichkeit der Einstellungsnachricht zu entnehmen sein oder aber bewiesen werden, dass der Vorwurf nur dem Ziel der Beleidigung diente.

Ganz anders die Sache mit der falschen Tatsachenbehauptung (“ gegen x wird ermittelt“). Gegen den Vorwurf der falschen Behauptung mit dem Ziel der Herabwürdigung sehe ich keine Rechtsschutzmöglichkeiten. Die StA muss deshalb nicht Ermittlungen gegen x aufnehmen, um die Tat zu belegen. So etwas sollte man vermeiden, auch wenn es schwerfällt. Wenn es schon passiert ist, wäre eine Verteidigung auf Irrtum oder mindere Schuld vermutlich sinnvoller als sich auf Lügenfreiheit zu berufen. Nur weil das Lügen heute allgemein üblich ist, lassen die Strafverfolger Querulanten doch nicht vom Haken.
Wie wurde die Androhung von §63 StgB begründet?

Jörg Hensel
Jörg Hensel
Reply to  Lutz Lippke
6 Jahre zuvor

„Es müsste dann von der StA eigentlich der Beweis erbracht werden, dass der Strafvorwurf wider besseren Wissens erfolgte.“ Ja, genau. Deshalb gibt es im Rahmen der Anhörung für die Beschuldigten auch das Recht Beweismittel zu erheben, den die STA nachgehen muss. Das habe ich gemacht; dann 2 jahre nichts gehört. Und plötzlich (nach 2 Jahren) habe ich einen Strafbefehl bekommen. Die Akteneinsicht ergab, dass die STA untätig blieb. Keine Ermittlung; Nichts.

Lutz Lippke
Lutz Lippke
Reply to  Jörg Hensel
6 Jahre zuvor

Mit der Beleidigungsanzeige standest Du wohl auf dem Index, ohne allein damit eine Handhabe für Bestrafung zu liefern. Eine Einstellung der Ernittlungen hättest Du vielleicht durch Schweigen und Stillehalten erreichen können. Das Lauern auf Deine falsche Tatsachenbehauptung hat dann den Vorwurf der Verleumdung als Ertrag eingebracht. So stellt sich mir das dar. Wenn man diese Gesellen frontal angeht, sollte man sich gut kontrollieren. Leider ist das so.

Kristana
Kristana
6 Jahre zuvor

Das Schlimme ist, dass die Steuerfahnder nur die Spitze des Eisberges sind. In unserem kranken System wird alles belohnt, was böse und verbrecherisch ist; und alles bestraft, was gut und menschlich wäre.
– Ein Priester, der gegen Krieg ist, wird gekündigt (Drewermann). Der, der Kinder missbraucht, darf bleiben (Domspatzen).
– Ein Polizist, der Drogen bei nem Großkopferten findet, wird kaltgestellt und wandert selbst in den Knast.
– Ein Arzt der unnötige Operationen durchführt, bekommt Boni. Der Arzt, der echte Heilmittel verschreibt, bekommt Besuch von blau-silber.
– Der Whistleblower muss fliehen, oder wird weggesperrt. Der Folterer oder Mörder per Drohne wird befördert.

Ich könnt bestimmt noch etliche Beispiele bringen. Aber im Grunde kann man es auf einen Satz reduzieren:
Eine Gesellschaft, die Gutmensch als Schimpfwort benutzt, ist sehr tief gesunken!

pentimento
pentimento
Reply to  Kristana
6 Jahre zuvor

s. „The Decline of Europe“ @Jörg Hensel , PDF

Kristana
Kristana
Reply to  pentimento
6 Jahre zuvor

Danke für den Hinweis!

Da wird einem beim Lesen ja ganz übel. Da ich selbst Betroffene bin, wusste ich ja schon viel, aber dieses Ausmaß war mir nicht bewusst. Einzig gut, dass man wieder mal feststellt, man ist nicht alleine und schon gar nicht „bekloppt“. 🙂

Jörg Hensel
Jörg Hensel
Reply to  pentimento
6 Jahre zuvor

Soweit ich es nachvollziehen kann, ist Ejnula Fatulejew ( Menschenrechtler und Journalist aus Aserbaidschan von den UN ausgezeichnet) einer derjenigen, der sich schon vor Jahren dafür eingesetzt haben, dass ein Fokus auf Deutschland geworfen werden muss. – Ich hatte kurzzeitig Kontakt zu ihm über eine deutsche Menschenrechtsgruppe von jüdischen Kontingentflüchtlingen. Für diese Russen hatte ich mehr als hundert Individualbeschwerden(Art. 13 EMRK/analog ICCPR) an Gerichte und Behörden geschickt. Das ganze über fast 2 Jahre lang; nicht einer einzigen Beschwerde wurde abgeholfen, trotz Urteil des EGMR hierzu. Zum Schluss hatte ich die gesammelten Werken an den damaligen Menschenrechtsbeauftragten Röttgen geschickt. – Ergebnis: Schweigen und weiterhin keine Abhilfe. -http://www.richterverein.de/j2000/egmrsuermeli.htm

Kristana
Kristana
Reply to  Jörg Hensel
6 Jahre zuvor

Meinen größten Respekt für jeden Juristen, der sich für Menschlichkeit einsetzt!

Mein Vertrauen in den Rechtsstaat ist aber leider so zerstört, dass ich den Rechtsweg gar nicht mehr gehe. Habe aber festgestellt, wenn man sich direkt an die Menschlichkeit des Ansprechpartners wendet, hat man eine Chance auf Verständnis zu stoßen. Mag sein, dass ich meinen Stolz dafür etwa auf 0 fahren muss, aber wenn das Ergebnis stimmt, ist es mir das wert. Wenn ich mit dem bitte-bitte weiter komme, als mit der Klagedrohung, begrabe ich eben mein gutes „Recht“ und gehe diesen Weg.

Konkret hatte ich im Herbst eine Anordnung der Rentenversicherung zu einer psych. Begutachtung. Das ganze Vorgehen, der Gutachter, das Drumherum – ein einziger Horror. Zwang und Erpressung, Durcheinander, Steine im Weg von Seiten des Arztes, Androhung von Zwangseinweisung. Das volle Programm.
Hab dann eine wirklich freundliche (mit Tränendrüse) dicke Beschwerde über den Vorgang an die Rentenversicherung geschickt. Und siehe da… Ich würds nicht glauben, wenn ichs nicht vor mir liegen hätte: eine 2-seitige Entschuldigung der RentVers und Zusage auf Weiterzahlung.

Michelle
Michelle
6 Jahre zuvor

Tja, von Mister #Dobrindt und seinen konservativen Spaßgesellen von der CDU und der CSU hab ich leider nichts anderes erwartet… LOL. ??

Lutz Lippke
Lutz Lippke
Reply to  Michelle
6 Jahre zuvor

Viel unangenehmer ist ja die Tatsache, dass die großmütterliche SPD mit den Revoluzzern Dobrinth und Co. unter dem Versprechen „mehr Gerechtigkeit!“ auch noch ins Bett steigen will. Soviel Aufopferung bringen doch wirklich nur verzweifelte oder masochistische Gespielinnen mit pathologischem Erziehungsverlangen auf. Will Oma SPD uns und auch die erschöpfte Mutti Merkel wirklich vor den nekrophilen Fantasien und Zumutungen der konservativ-revolutionären Horden schützen?

jowi
jowi
6 Jahre zuvor

Nach dem was mir ein Freund vom Zoll erzählt hat (er hatte dort eine A15-Stelle), kann ich das voll bestätigen. Der Staat erodiert sich selbst, dem neoliberalen Glaubensbekenntnis folgend, dass kein Staat der beste Staat ist.
In diesem Fall war Schäuble, die schwarze Null, der Hauptverantwortliche. Wie Schäuble mit Untergebenen umgeht, konnte man ja mal am Beispiel seines Pressesprechers live betrachten.

Dennis82
Dennis82
Reply to  jowi
6 Jahre zuvor

Der Staat erodiert sich selbst, dem neoliberalen Glaubensbekenntnis folgend, dass kein Staat der beste Staat ist.

Gut auf den Punkt gebracht! Von jungen Anwärtern wird dieses Bekenntnis quasi auch schon fast so gefordert; die akzeptieren den sie selbst betreffenden Stellenabbau mit der Begründung, dass der Staat immer weniger Steuern einnehme. Die Fähigkeit, WARUM zu fragen, hat man den „Kleinen“ allerdings durch den Drill auch gezielt abtrainiert.

Hacki
Hacki
6 Jahre zuvor

SoKo Moses

Wie u.a. der Mindestlohn mit Osteuropäern untergraben wird:

– Kriminelle „Servicefirmen“ stellen Bauunternehmen, Gebäudereinigern usw.
Scheinrechnungen für nicht erbrachte Leistungen aus.
– Die Firmen bezahlen die Scheinrechnungen, bekommen aber ihr Geld in
bar zurück. Die „Servicefirmen“ behalten eine Provision von 5-10% ein.
– Die Scheinrechnungen werden als Betriebsausgaben verbucht. Mit dem
von den Scheinfirmen zurückgezahlten Geld bezahlen die Firmen dann
tatsächliche Schwarzarbeit, meist weit unter Mindestlohn.

http://www.tagesspiegel.de/politik/nordrhein-westfalen-grosse-razzia-gegen-organisierte-schwarzarbeit/20905654.html

Dennis82
Dennis82
6 Jahre zuvor

Auch auf die Gefahr hin, dass gleich wieder ein gewisser „anton“ sein Beinchen heben wird… *kotz*

Ich war ja drei Jahre lang Anwärter der geh. Laufbahn in der Rheinland-Pfälzischen Finanzverwaltung. Also klassisch rot–gelb-grünes Terrain. Da sieht es aber auch nicht besser aus. Das Problem sind nicht nur fehlende Steuerfahnder – die sind wirklich nur die Spitze des Eisbergs. Auch in Rheinland-Pfalz ist aufgrund der permanenten Stellenstreichungen und ständigen Ämterfusionen und -schließungen schon die ganz normalen Veranlagungsbezirke, Kö-Stellen und Außenprüfungen maßlos überfordert. Manche Bereiche wurden (grade bei den Arbeitnehmerstellen) schon weitgehend automatisiert – und ob die Algorithmen da was taugen, wage ich mehr als zu bezweifeln. Lustig waren auch die jährlichen „Dream-Teams“ aus grade frisch von der FH und Finanzschule ausgespuckten Frischlingen, die dann den gewaltigen Haufen an Fällen weitgehend ungesehen durch die Computer jagten, die in den Bezirken wegen Arbeitsüberlastung liegengeblieben waren.

Von der „Ausbildung“ rede ich erst gar nicht; ein brutales Rattenrennen, in denen die Leute an ein nicht stemmbares Leistungsniveau gewöhnt werden sollen. Ja, kann sich so keiner vorstellen, von wegen Beamte, die nix arbeiten. 😉 Aber es war wirklich krank, was man sich dort in 21 Monaten Studium alles an (überflüssigem) Scheiß / Lernstoff in die Rübe knallen sollte. Die Letzten bissen dann die Hunde – und die Hunde waren die anderen Anwärter.

Interessant waren auch Storys von einzelnen Außenprüfern. Wer da selbst in der kleinen Stadt dem falschen „auf die Nerven“ (z. B. dem Präsidium des örtlichen Fußballklubs) ging, bekam schnell Druck von oben.

Meine Erkenntnis aus dem Innenleben: Einkommensteuernzahlen ist inzwischen in D zur völligen Lotterie verkommen! Viele Lohnsteuerzahler können sich gar nicht vorstellen, welche automatischen Vorteile in Sachen ESt Gewerbetreibende haben. Und ja, es mag da Einzelfälle geben, in denen das Finanzamt sich auch mal an „kleinen Fischen“ festbeißt. Das ist aber auch nur eine logische Folge – weil jene sich an die größeren schon gar nicht mehr heranwagen. Und wenn doch: kriegen sie einen Maulkorb verpasst. Das entschuldigt im Gegenzug nicht, dass auch bei den „kleinen Fischen“ gewaltig viel beschissen wird. Diese Möglichkeit hat der Lohnsteuerzahler nämlich überhaupt nicht – da geht schon fast alles voll automatisiert über die Bühne.

Überhaupt: Finanzämter sind doch für den zunehmend verarmten Durchschnittsbürger doch die harmlosesten Behörden. Mich hat am meisten desillusioniert, wie wenig Finanzämter eigentlich können oder dürfen! Man muss ja erstmal nennenswert was verdienen, um für das FA überhaupt auch nur annähernd „interessant“ zu werden. An anderen Stellen dagegen – grade im Sozialversicherungsrecht (siehe KV-Pflicht und absurde Mindestbeiträge) oder bei der Arbeitslosenverwaltung – werden dagegen die Daumenschrauben immer mehr angezogen.

anton
anton
Reply to  Dennis82
5 Jahre zuvor

Ja, kann sich so keiner vorstellen, von wegen Beamte, die nix arbeiten.“

und wenn sie es nicht machen , was kann der staat dann unternehmen kleiner bub?