Podcast mit Patrick Breitenbach: Der Tisch, der Krieg und die Medien

Berichten die Medien objektiv? Können oder müssen sie das überhaupt? Nicht erst, seitdem Begriffe wie „Lügenpresse“ oder „Lückenpresse“ die Runde machen, steht die Berichterstattung in der Kritik. Die Erfindung der sozialen Medien macht die Sache auch nicht einfacher.

Im Podcast mit Patrick Breitenbach nähern wir uns dem Thema einmal auf wissenschaftlicher Basis. Aus der Perspektive des Konstruktivismus.

Wer konstruiert denn da? Und was?

Gibt es etwas „da draußen“? Ist die Wirklichkeit etwas, das wir passiv wahrnehmen, beobachten, das also „einfach da“ ist? Oder konstruieren wir durch unsere Sinne die Wirklichkeit? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Konstruktivismus, eine Erkenntnistheorie, die so etwas wie „Wahrheit“ sehr kritisch sieht. Weil sie davon ausgeht, dass wir die Welt, wie wir sie sehen, erschaffen und errechnen, aus sozialen Beziehungen heraus ein Bild konstruieren, auf das wir uns einigen.
Oder eben auch nicht einigen, wie ein Blick auf die Berichterstattung der Medien zeigt.

Der Aufbau des Podcasts

Da der Podcast länger als 90 Minuten dauert, lohnt sich eine kurze Erläuterung des Aufbaus.

Zunächst geht es um eine Definition des Begriffes Konstruktivismus. Patrick Breitenbach (nähere Infos zu ihm am Ende des Textes) hat sich lange Zeit mit dem Thema beschäftigt und unter anderem mit seinem langjährigen Freund und Kollegen Dr. Nils Köbel einen Podcast dazu gemacht (ebenfalls weiter unten verlinkt). Er bezeichnet den Konstruktivismus als sein Lieblingsthema, was ihn natürlich zu einem ausgezeichneten Gesprächspartner macht.

Die erste Hälfte unseres Podcasts beginnt mit einer allgemeinen Definition, was Konstruktivismus überhaupt ist, sie führt uns danach kurz in die Welt der Quantenphysik und versucht, den Doppelspalteffekt zu erklären. Was für jemanden, der davon noch nie gehört hat, etwas sperrig klingen mag, wird interessant, wenn man bedenkt, dass gerade dieser Doppelspalteffekt die Wirklichkeit, wie wir sie zu kennen meinen, ins Wanken geraten lässt (zum Doppelspalteffekt ist am Ende des Textes ein erläuterndes Video verlinkt).

Um der Gefahr zu entgehen, die Hörer in den Wahnsinn verfallen zu lassen, verlassen wir danach die Quantenphysik und sprechen über die Eigenschaften eines Tisches, also eines ganz alltäglichen Gegenstandes. Und selbst dort zeigt sich, dass der Tisch an sich ein über viele Generationen aufgebautes Konstrukt ist, das so eindeutig, wie es scheint, eben doch nicht ist. Wir begeben uns dann in die Welt der menschlichen Wahrnehmung, befassen uns mit der Frage, ob psychisch kranke Menschen wirklich krank sind oder ob es nicht eher die Ärzte sind, die durch ihre Diagnosen Krankheitsbilder formen. Und zum Schluss des ersten Teils erörtern wir, wie die Leistungen von Schülern, Ratten und sogar Würmern (scheinbar) beeinflusst werden können – und zwar völlig unabhängig vor deren tatsächlichen Fähigkeiten.

Die mediale Wirklichkeit

Im zweiten Teil des Podcasts geht es um die Medien. Um deren Versuch, objektiv zu berichten und die Annahme, dass sie daran scheitern müssen. Wir sprechen über wirtschaftliche Prämissen, die sich auf die Art der Berichterstattung auswirken, aber auch über subjektive Meinungen der Redakteure, die über Dinge schreiben.

Anhand von Donald Trump und Martin Schulz versuchen wir, die Reflexe und Mechanismen der Medien zu analysieren. Wir sprechen darüber hinaus über Einfärbungen der medialen Sprache, also über die unterschiedlichen Wertungen vergleichbarer Ereignisse. Was auf der einen Seite als „Kampf für Gerechtigkeit“ kommuniziert wird, stellt die andere Seite als „aggressive Expansion“ dar.

Auch die AfD wird im zweiten Teil des Podcasts gestreift. Ihre Aufmerksamkeit, ihre Strategien, ihre Art zu provozieren und zu polarisieren. Die Medien stecken hier in einem Dilemma, was im Podcast besprochen wird.

Und die wirkliche Wirklichkeit, was ist mit der denn nun?

Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Das Ziel des Podcasts war in erster Linie, den Hörern die Annahmen des Konstruktivismus näher zu bringen und womöglich neue Perspektiven zu entwickeln, neue Ansätze, mit diesem komischen „Ding“ namens Wirklichkeit zu umzugehen.

Auch wenn man sich selbst nicht als Konstruktivist bezeichnen mag, kann der Ansatz, die Dinge einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, vielleicht helfen, den einen oder anderen Zusammenhang anders zu bewerten. Womöglich sogar, mit Bewertungen etwas weniger vorschnell zu sein. Oder auch nur zum Schluss zu kommen, dass Objektivität ein Maßstab ist, der wenig mit der subjektiven Erlebniswelt jedes Einzelnen zu tun hat.
Denn „objektiv“ betrachtet gibt es nur die eigene Subjektivität. Oder eben auch nicht.

Weiterführende Verlinkungen befinden sich unter den Audios.

Hier geht zur Soundcloud-Version:

Hier geht’s zur YouTube-Version:

Soziopod.de: Konstruktivismus

Audioplayer:

Download:

Podcast download
Patrick Breitenbach: Homepage

Doku: Quantenmechanik

Doku Bayern 2: Konstruktivismus

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Tom J. Wellbrock

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Autor, Sprecher, Radiomoderator und Podcaster. Er führte unter anderem für den »wohlstandsneurotiker«, dem Podcast der neulandrebellen, Interviews mit Daniele Ganser, Lisa Fitz, Ulrike Guérot, Gunnar Kaiser, Dirk Pohlmann, Jens Berger, Christoph Sieber, Norbert Häring, Norbert Blüm, Paul Schreyer, Alexander Unzicker und vielen anderen. Zusätzlich veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Plattformen und ist für unsere Podcasts der »Technik-Nerd«.

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richard09
richard09
7 Jahre zuvor

Off Topic

Hallo!
ich streite gerade mit einem Kumpel über Armut in Deutschland. Er will nicht gelten lassen, dass es in Deutschland „Armut“ gibt, sowas gebe es nur in anderen Ländern, bspw. Afrika. Er lehnt bereits den Begriff „Armut“ ab, wenn man über deutsche Verhältnisse redet.

Was ließe sich dem entgegen?

Danke im Voraus!

Mazze
Mazze
Reply to  richard09
7 Jahre zuvor

Es gibt hier in Deutschland sehr viel Armut, relative Armut. Das ist so. Wenn er das nicht gelten lassen will ist er einfach ignorant oder dumm.
Relative Armut heisst, man kann seine Grundbedürfnisse befriedigen, jedoch lebt man unterhalb der Hälfte des Durchschnittseinkommens. Bei Alg 2 Empfängern ist das noch weniger.

So gilt zum Beispiel in Deutschland als relativ arm, wer maximal 50% des Medianeinkommens einer Bevölkerungsgruppe zur Verfügung hat. Es wird auch unterschieden zwischen einem „Armutsrisiko“ (auch „milde Armut“ genannt), das bei 60% des Medianeinkommens angesetzt wird, der eigentlichen Armutsgrenze, die wie gesagt mit 50% definiert wird, und einer „strengen Armut“, die bei 40% des Medianeinkommens angesetzt wird. Nach den Kriterien der Europäischen Union ist derjenige arm, der 60% oder weniger des Medianeinkommens zur Verfügung hat.

Die relative Armut muss in ihrer Bedeutung allerdings „relativiert“ werden, weil das finanzielle Einkommen nur ein Indikator unter anderen ist und im Zusammenhang mit anderen Gegebenheiten gesehen werden muss. Im 2. Armutsbericht der Bundesregierung von 2005 heißt es darum zu Recht: „Schließlich greift eine indirekte Bestimmung der Armut wie etwa in Form der Einkommensarmut zu kurz, wenn andere Faktoren (z.B. Vermögen, Schulden, Gesundheit, Bildung, Arbeitslosigkeit) bei gleichem Einkommen einen jeweils unterschiedlichen Stellenwert besitzen.“ Vor allem geht es bei der Beurteilung der relativen Armut um den tatsächlichen Lebensstandard bzw. um die tatsächliche Befriedigung der Grundbedürfnisse.

Thrombo
Thrombo
Reply to  richard09
7 Jahre zuvor

Mazze hat dir das schon schön erklärt, obwohl ich bezweifle, dass dein Kumpel oder vielleicht sogar du etwas davon schnallt.

Ich schlage dir vor, deinen Kumpel an die Hand zu nehmen und mal einen Spaziergang durch die nächst größere Stadt zu unternehmen. Dort werdet ihr sehen wie manche alte Leute Flaschen sammeln, um dann die paar Cent Flaschenpfand zu kassieren, ihr werdet Suppenküchen sehen wo Leute etwas zu essen bekommen die sonst hungern müssten sowie auch Leute die aus dem gleichen Grund anstehen, um Lebensmittel zu bekommen, die in den Supermärkten knapp vor dem Verfallsdatum stehen und deswegen gespendet werden und ihr werdet auch in der Innenstadt bettelnde Menschen sehen.

All´ diese Menschen bilden nur einen kleinen Bruchteil derer ab, die in diesem Land arm sind. Die meisten nimmt man gar nicht wahr, und zwar weil sie sich schämen irgendwo hin zu gehen um etwas zu essen zu erbitten. Weißt du, in diesem Land werden nicht nur immer mehr Menschen arm, sondern ihnen wird auch noch eingetrichtert, sie seien selber an ihrer Armut schuld, und diese Menschen werden dadurch im Laufe der Zeit dermaßen erniedrigt und entwürdigt, dass sie lieber verhungern als irgendjemanden um etwas zu bitten.

Wenn dein Kumpel dann immer noch nichts sieht, dann schlag ihm einfach mal einen Besuch bei einem Optiker seines Vertrauens vor.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  richard09
7 Jahre zuvor

@richard09

Suche mit der Suchmaschine Deines geringsten Misstrauens nach „relative Armut“ und evtl. „Butterwegge“ dann ergeben sich viele Hinweise darauf, dass in Teutschland eigentlich kein Mensch verhungern muss, aber trotzdem die Gesellschaft tief gespalten wird weil die Armen nicht genügende teilhaben am materiellen aber auch geistig sozialen der Gemeinschaft.

Wer jetzt brutalisiert genug ist, könnte postulieren „Solange die Habenichtse nicht verhungern, ist mir der Rest egal!“, aber ich denke selbst wenn man es nur aus rein egoistischen Motiven heraus betrachtet, sollten die Habenden daran interessiert sein die Habenichtsen teilhaben zu lassen. Sonst zerfällt irgendwann die Gesellschaft womöglich sogar bis hin zum Bürgerkrieg, wer es nicht glaubt möge sich die aktuellen Zustände in Fronkreisch betrachten, was Warnung genug sein sollte.

Beste Grüße

Axel
Axel
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

Warum ist Bürgerkrieg schlecht ? Der Proletarier kämpft doch dann gegen die Elite, oder etwa nicht ?
Die Linke hat doch lange auf die Revolution hingearbeitet.

flurdab
flurdab
Reply to  Axel
7 Jahre zuvor

Auch die geistige Armut ist in Deutschland weit verbreitet.
Sie scheint sich epidemisch aus zu breiten.

Axel
Axel
Reply to  flurdab
7 Jahre zuvor

Will die Linke den Laden gar nicht aufräumen ? Dann ist die Linke ja nur eine SPD-light ?!
Dann kann man ja gleich den Schnulz wählen.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Axel
7 Jahre zuvor

Warum ist Bürgerkrieg schlecht ?

Gegenfrage: Warum habe ich nur manchmal das Gefühl, dass mindestens 200 Jahre der Aufklärung für die „Katz“ waren?

Axel
Axel
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

Du solltest lernen, dass du kein Maßstab, und vollkommen unwichtig bist !
Deine „Gefühle“ inklusive.

Axel
Axel
Reply to  Axel
7 Jahre zuvor

Soviel zur Aufklärung.

Mordred
Mordred
Reply to  Axel
7 Jahre zuvor

weil krieg pauschal schlecht ist. befrage dazu die aktiven und passiven kriegsteilnehmer deines vertrauens.

richard09
richard09
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

Solange die Habenichtse nicht verhungern, ist mir der Rest egal!“

Genau das dürfte das Problem sein. Ich wüsste gerne eine geschickte Strategie, wie man diese Haltung knacken kann.

Und vielen Dank für die Antworten auch an Mazze und Trombo.

Heldentasse
Heldentasse
7 Jahre zuvor

@Jörg

Vorweg , ein super Thema anspruchsvoll und informativ von euch dargestellt! Ich habe es zwar gerade erst mal angehört, möchte trotzdem schon ein wenig Kritik anbringen, weil es mir in erster Näherung sehr naiv erscheint das Standardmodell der Quantenphysik als „Kronzeuge“ des radikalen Konstruktivismus zu bemühen. Zum einen ist der Zusammenbruch der Wellenfunktion nur eine mögliche Interpretation des Modells, und zum anderen (wenn man denn der Kopenhagener Deutung im Kleinen folgt) ist es sehr gewagt diese Deutung des Mikrokosmos auf makroskopische Phänomene anzuwenden, denn die Vorgänge im Kleinen mittel sich mit hoher Wahrscheinlichkeit im Großen heraus, d.h. ganz praktisch ist Schrödingers Katze, auch wenn keiner nachschaut, tot oder (XOR) lebendig aber kann eben nicht beides gleichzeitig sein. Weitere Informationen dazu siehe Schrödingers Katze kann aufatmen –
und sei es auch nur ein letztes Mal
.

Nachtrag:
——————————————————————————————————-
Ab hier bin ich einem Aprilscherz zum Opfer gefallen – Sorry!!!
——————————————————————————————————-
Wenn man die Physik nicht ganz so simpel und vermutlich nicht richtig bemüht, um den radikalen Konstruktivismus zu stützen, kann man aber durchaus die Hypothese(!) aufstellen, dass in hinreichend komplexen System, wie z.B. unserem Gehirn, womöglich auch Vorgänge ablaufen wo Unbestimmtheiten eine Rolle spielen könnten, was wiederum auf dieser(!) Ebene dem Konstruktivismus in die Karten spielen könnte:

Berns Hypothese sieht so aus: Wenn wir die Möglichkeit einer Entscheidung haben, dann befindet sich ein Teil unseres Gehirns in einem quantenmechanischen Überlagerungszustand. Im Libet-Experiment ist dies ein Misch-Zustand aus den beiden Möglichkeiten “Muskelpotential aktiviert” und “Muskelpotential nicht aktiviert”. Beim gewöhnlichen Libet-Experiment bleibt dieser Überlagerungszustand erhalten, bis wir die bewusste Entscheidung für die Bewegung treffen. Diese Entscheidung sorgt für die quantenmechanische Messung und dafür, dass tatsächlich einer der beiden Zustände realisiert wird. Die bisherigen Interpretationen des Libet-Experiments wären demnach also beide falsch, weil sie nicht berücksichtigen, dass durch den Entscheidungsprozess der Zustand erst rückwirkend realisiert wird.

Quelle

Beste Grüße

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Tom J. Wellbrock
7 Jahre zuvor

Hallo Jörg,

jetzt nach ca. 1h10min des Hörens bin ich etwas enttäuscht (gelinde gesagt) ob der Thesen von Herrn Breitenbach, und das liegt ganz und gar nicht an der m.E. gewagten Interpretation der Quantenphysik.

Am meisten Bauchschmerzen bereitet mit die Aussagelogik, so wie ich sie verstanden habe, grob vereinfacht:

Radikaler Konstruktivismus->es kann damit keine objektive Wirklichkeit geben->alle konstruierten Wirklichkeiten sind damit gleichwertig-> die Menschen müssen also Vertrauen in die Medien haben die uns die Wirklichkeit nach eigenem Ermessen verkaufen.

Alleine schon praktisch muss man dagegen halten mit: Vertraue keinem Medium, und baue Medienkompetenz (Grundlage dafür ist Bildung) auf, und vertraue einzig auf deine Kompetenz!

Etwas theoretischer, weil ja auch Herr Popper im Kontext zitiert wurde, der aber die ganz andere und m.E. konstruktivere Denkrichtung des kritischen Rationalismus vertritt:

Der Kritische Rationalismus setzt sich mit der Frage auseinander, wie wissenschaftliche oder gesellschaftliche (aber prinzipiell auch alltägliche) Probleme undogmatisch, planmäßig (‚methodisch‘) und vernünftig (‚rational‘) untersucht und geklärt werden können.

Der Standpunkt des Kritischen Rationalismus zur Politik ist seinem Standpunkt zur Wissenschaft sehr ähnlich. Hier ist nicht ausschlaggebend, wie man im Voraus den besten Herrscher findet oder was man tun sollte, um für ideale Verhältnisse zu sorgen. Stattdessen ist viel wichtiger, wie schlechte Herrscher unblutig abgesetzt und Missstände beseitigt werden können.

Ebenso verzichtet er auf dem Gebiet der Ethik und der Gesellschaft auf eine Begründung für Normen und konzentriert sich stattdessen auf die Frage, wie schlechte Regeln erkannt und verbessert werden können. Ethik ist für den Kritischen Rationalismus also das Problemlösen auf sozialem Gebiet. Auch hier fordert er ein kritisch-rationales Vorgehen und den Verzicht auf jegliches Dogma. Wie in der Wissenschaft findet man neue, bessere Lösungen nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum. Um schwerwiegende negative Auswirkungen von Versuchen in diesem Bereich zu vermeiden, spricht sich der Kritische Rationalismus für eine Politik der kleinen Schritte („piecemeal-engineering“ – „Stückwerkstechnik“) aus.

Quelle

In meiner Wirklichkeit ist dieser Ansatz sehr viel besser, impliziert er doch auch so etwas wie Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit, die es ja objektiv angeblich nicht geben kann.

Beste Grüße

Im Kontext: Karl Popper – Ein Gespräch (1974)

aquadraht
aquadraht
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

Also Popper ist nun wirklich jenseits von Gut und Böse. Und nein, ich mag nicht.

Roberto J. De Lapuente
Reply to  Tom J. Wellbrock
7 Jahre zuvor

Man kann hier wahrscheinlich auch Nietzsche zitieren. Der passt ja oft, ist wie mit der Bibel, da findet man auch immer etwas, was gerade passt:

„Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer von Metaphern, Metonymien, Anthropomorphismen kurz eine Summe von menschlichen Relationen, die, poetisch und rhetorisch gesteigert, übertragen, geschmückt wurden, und die nach langem Gebrauche einem Volke fest, kanonisch und verbindlich dünken: die Wahrheiten sind Illusionen, von denen man vergessen hat, dass sie welche sind, Metaphern, die abgenutzt und sinnlich kraftlos geworden sind, Münzen, die ihr Bild verloren haben und nun als Metall, nicht mehr als Münzen in Betracht kommen.“

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Roberto J. De Lapuente
7 Jahre zuvor

Auch wenn es keine objektiven Wahrheiten in einem wissenschaftlichen Sinne geben kann, sind sie gesellschaftlich doch sehr wichtig, und müssen durch diese anhand eines Wertekanon definiert werden. Z.B. ist es sehr wahr das Menschen Menschen töten können, und dies dem friedlichen Zusammenleben sehr abträglich ist, auch wenn diese Toten evtl. begründet durch eine extrem theoretische Betrachtung in einer anderen Wirklichkeit noch lebten.

Beste Grüße

Roberto J. De Lapuente
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

Du musst mich gar nicht bekehren. Ich sehe das ja genauso bzw. glaube ja auch, dass es metaphysisch keine Wahrheit gibt, der Mensch aber kein metaphysisches Wesen ist und demnach auf seine Wahrnehmung zurückgreifen muss. Im Rahmen dieser Wahrnehmung geht es aber um die „Aufstellung der Wirklichkeit“ – irgendwo da kommt die Tätigkeit des Chronisten zum Zuge, also letztlich der Journalismus.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Roberto J. De Lapuente
7 Jahre zuvor

M.E. ist diese Art der Wahrheit ein dynamischer Prozess in dem natürlich auch die Wahrnehmung der Individuum eine Rolle spielt, und Mensch kann daher schon zwischen Wahr und Falsch unterscheiden:

Der Mensch hat als Mensch eine ihm innewohnende Neigung, seine Kenntnisse über die Wirklichkeit zu erweitern, das heißt, der Wahrheit näher zu kommen. Wir haben es hier nicht mit einem metaphysischen Begriff der Wahrheit zu tun, sondern mit einem Begriff wachsender Annäherung, was mit einer Verringerung von Fiktion und Täuschung gleichbedeutend ist. Im Vergleich zur Bedeutung dieser größeren oder geringeren Erfassung der Wirklichkeit ist die Frage, ob es eine endgültige Wahrheit über irgend etwas gibt, völlig abstrakt und irrelevant. Der Prozess des wachsenden Gewahrwerdens ist nichts anderes als der Prozess des Erwachens, bei dem man die Augen öffnet und das erblickt, was vor einem liegt. Gewahrwerden heißt Illusionen aufgeben und ist in dem Maß, wie es gelingt, ein Befreiungsprozess.

Erich Fromm – Quelle

Beste Grüße

Knight
Knight
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

Ach, der Fromm: Menschen wollen nicht befreit befreit werden, leider.
Mit 15 faengt es an, dann sucht sich fast jeder eine geistige Nische, aufs Blut verteidigt wird.
Daher verwende ich „Wahrheit“ argumentativ kaum. Nur die Inkongruenz der geistigen Nischen ist angreifbar:
„Wenn du links bist: wieso hast du nur weisse Freunde?“ ect.
Hilft aber in Betracht der Komplexitaet der modernen Welt auch nur kaum. Wie sollte es auch.

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Knight
7 Jahre zuvor

Philosophen, auch die guten, sind nicht dazu da einem die „moderne komplexe Welt“ zu erklären, was immer da auch sein mag (aber das ist ein gesondertes Thema) , sondern sie können höchstens einen Denkrahmen bereitstellen in dem sich der geneigte Leser selber zurechtfinden kann oder auch nicht.

Immerhin bittet Herr Fromm humanistische Lösungsansätze, die m.E. aktueller denn je sind. Von den radikalen Konstruktivisten kann diesbezüglich nur wenig kommen, denn die Armen konstruieren ja bekanntlich ihre Wirklichkeit selber, und die Reichen auch, ergo ist man selber dafür verantwortlich wenn man arm ist. 😉

Beste Grüße

Knight
Knight
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

Naja: Denkanregungen, ja, aber keine Loesungen. Fromm ist wie Nietzsche eher Poet als Philosoph. Man muss sich drauf einlassen wollen, wirklich logisch ist da nichts. Er postuliert sehr gerne.

Interessant. Materialisten vergleichen sich ueber Besitz, Postmaterialisten ueber immaterielle Symbole und damit im Zweifel Mobbing.
Ein „unzureichender“ Materialist geht schaffen- ein ebensolcher Postmaterialist macht die anderen nieder?

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Knight
7 Jahre zuvor

Nu ich bin nicht vom Fach, aber für mich lesen sich die Forderungen von Herrn Fromm schon fast wie ein Parteiprogramm, Poesie ist es diesbezüglich aber auf gar keinen Fall:

Humanistischer Sozialismus hat als oberstes
Ziel die „Emanzipation des Menschen und die
Überwindung der Entfremdung“ (GA V, S. 283).
Um dieses Ziel zu erreichen, stellt Fromm eine
Reihe von Forderungen auf, die am
prägnantesten im Schlusskapitel von Haben oder
Sein (1976) zusammengefasst sind. Er spricht von
„Wesensmerkmalen der neuen Gesellschaft“ (GA
II, S. 392ff.), die ich unsystematisch unter
Beschränkung auf das Wichtigste hier aufzähle.
Dazu gehört vor allem
 die Einschränkung des „Rechts der
Konzernleitungen, über ihre Produktion
ausschließlich vom Standpunkt des Profits
und des Wachstums zu entscheiden“ (S.
397);
 eine „andere Einstellung zur Arbeit“, in der
diese nicht mehr nur Mittel zum
Geldverdienen ist, sondern „psychische
Befriedigung“ schaffen soll (S. 393);
 die Ausrichtung der Produktion auf einen
„gesunden und vernünftigen Konsum“ (S.
395)
 die Einrichtung einer „industriellen und
politischen Mitbestimmungsdemokratie“ (S.
399); eine maximale „Dezentralisierung von
Wirtschaft und Politik“ (S. 401); die
Beseitigung des „Gifts der
Massensuggestion“ aus den Medien (S. 404)
und
 die Schließung der „Kluft zwischen den
reichen und den armen Nationen“ (S. 404).

Quelle

M.E. ist das alles immer noch hoch aktuell obwohl es vor relativ langer Zeit formuliert wurde. Ich denke auch, dass ein Philosoph viel konkreter gar nicht werden kann.

Beste Grüße

Knight
Knight
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

Also diese „praktischen“ Loesungsansaetze sind doch sehr abstrakt. “ Vernuenftiger Konsum“, was soll das sein?
Ich mein auch sein Gesamtwerk. Biophilie, Necrophilie ect.: viele Philosophen sind weniger schwammig.

Axel
Axel
Reply to  Knight
7 Jahre zuvor

Vernünftiger Konsum = ein vernunftgesteuerter Konsum -> keine Impulskäufe, Statussymbole, Markenfetische, Hedonistenseuche, Wegwerfartikel, Glaubensbekenntnisse etc.

GrooveX
GrooveX
Reply to  Axel
7 Jahre zuvor

der einzige ‚vernünftige konsum‘, der mir bekannt ist, ist die konsumverweigerung.

GrooveX
GrooveX
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

dem freunde der zitate:

„Denn eines kann die legendäre »hochindustrialisierte moderne Gesellschaft«, die fast alles kann, nicht: Erklären, warum sie nicht funktioniert, jedenfalls nicht so, wie ihre Sonntagsredner das immer behaupten – zum Besten der Völker.“

Jared J. Myers
Jared J. Myers
7 Jahre zuvor

So, wie Patrick Breitenbach den Konstruktivismus versteht, landet er ganz schnell beim Poststrukturalismus von Derrida und Lacan und ihren „gleichberechtigten Diskursen“, frei übersetzt: Jeder kann im abstrakten Raum vor sich hin schwafeln wie er will; Hauptsache ist, dass er genügend Gläubige und „Like“-Klicker dafür findet und das Geschwafelte nicht sich selber widerspricht. Auch im Fall dauernder Widersprüche kann der Diskurs irgendwie gültig sein (siehe Trump); schließlich ist die Prädikatenlogik auch nur ein „Diskurs“. Das Ganze istz von Alan Sokal wunderbar auf die Schippe genommen worden.

Wenn Herr Breitenbach mal einen Schritt weiter dächte (was er sicherlich getan hat), müsste er sich fragen, warum die in uns selbst mit „Qualia“ (geistigen Surrogaten der „gemessenen“ oder konstruierten Attribute wie Farbe, Form etc.) repräsentierten Etwasse uns eigentlich ein Überleben ermöglichen, und zwar seit > 3 Milliarden Jahren. Er käme (oder kam) dann darauf, dass diese inneren Repräsentationen, über die wir uns verständigen können, eben doch bestimmte Aspekte des Quantenklumpens „da draußen“ abbilden. Nämlich diejenigen, die wir zum täglichen Überleben und Steigern unseres Fortpflanzungserfolgs brauchen. Je besser wir in der Nutzung dieser Aspekte waren, desto mehr Individuen (erst durch Weitergabe von Genen, dann durch „Meme“ oder „Kulturatome“) konnten wir mit diesen Fähigkeiten zur Repräsentation der für uns wichtigen Teile des Quantenklumpens ausstatten, was wiederum der Verbreitung der Meme half.

Man kann das so zusammenfassen:

„Leben ist ein erkenntnisgewinnender Prozess“

(Humberto Maturana).

Jetzt können wir uns Gedanken über verschiedene seltsame Phänomene machen und dafür Ansätze für Erklärungen finden:

Raum: Breitenbachs leider sehr unklare Erklärung vom Doppelspalt-Experiment impliziert, dass der Raum eine Konstruktion ist – die Quantenphysik ist weitgehend nichtlokal. Trotzdem ist die Konstruktion eines Raumes für unser Überleben sinnvoll, denn ohne das Abschätzenkönnen einer Entfernung zu einem Fressfeind oder einer Beute verlässt uns das Leben oder das Jagdglück. Die Frage bleibt, weshalb die Perzeption von Raum auf der Mesoskala offenbar eine Eigenschaft des Quantenklumpens da draußen repräsentiert, auf der Mikroskala (Quantenverschränkung -> „geisterhafte Fernwirkung“) und der Makroskala (durch Gravitation und Beschleunigung veränderbare Entfernungen) aber nicht.
Bewusstsein: Hier ist nicht die Freudsche Definition gemeint, die das Bewusstsein vom Unter- und vom Unbewussten unterscheidet, sondern die Tatsache, dass ich mich als „ich“ wahrnehme, als etwas Vom-Quantenklumpen-da-draußen-Abgetrenntes-und-ganz-Eigenes. Offenbar ist es auch sinnvoll, sich nicht als Teil des Großen Weltbewusstseins zu fühlen, sondern ein eigenes zu haben (obwohl es vielleicht sein könnte, dass wir nur Teile eines Weltbewusstseins sind; es gibt jedenfalls Zeitgenossen, die steif und fest behaupten, durch den Konsum irgendwelcher Blätter und Harze oder durch komische Sachen, die sie mit ihrem Blutkreislauf machen, das Weltbewusstsein in sich entdeckt zu haben).
Religionen: Die für Unvoreingenommene völlig klar ersichtliche Tatsache, dass jede/r frei ist, den Sinn seines/ihres Lebens zu definieren, und dass dies eine der größten Freiheiten darstellt, die wir als Einzelne Bewusste überhaupt haben, schränkt sich durch die Rezeption bestimmter Meme bei den meisten Zeitgenossen stark ein: Der Zwang, an Erzählungen von über- oder allmächtigen Wesenheiten zu glauben, denen man igrendwie dienen muss, scheint übermächtig zu sein – und scheint auf der Ebene einer Gemeinschaft positiv auf das Überleben zu wirken – und sei es dadurch, dass sich in bestimmten Situationen Einzelne für das Gemeinwohl opfern, was sie ohne den Glauben niemals täten. Allerdings fügt es sich, dass die gewonnene Erkenntnis in unseren Kulturen irgendwann das Religiöse zum Hindernis für weiteren Erkenntnisgewinn macht – und sukzessive abschafft.

Ich könnte diese Aufzählung noch lange fortsetzen und hie und da tiefer in Details einsteigen. Mein Fazit ist, dass der Radikale Konstruktivismus die historische Komponente außer acht lässt und bei deren Aufnahme unweigerlich zur Evolutionären Erkenntnistheorie mutiert. Diese rechtfertigt übrigens in NICHTS irgendwelche sozialdarwinistischen Ideen, sondern dekonstruiert sien ganz herrlich. Leider ist der Rand dieses Kommentarfensters zu schmal, um auch das noch darzulegen…

Heldentasse
Heldentasse
Reply to  Jared J. Myers
7 Jahre zuvor

Trotzdem ist die Konstruktion eines Raumes für unser Überleben sinnvoll, denn ohne das Abschätzenkönnen einer Entfernung zu einem Fressfeind oder einer Beute verlässt uns das Leben oder das Jagdglück.

Also auch aus einer physikalischen Sichtweise ist es so, dass die Raum-Zeit ist sonst gäbe es uns nicht! Man kann natürlich eine Theorie formulieren, dass wen gerade niemand hinschaut sich die ganze großartige Schöpfung von fernsten Quasaren bis hin zur Planck- Länge, vom Urknall bis hin zur Gegenwart sich in unbestimmten Quantenschaum auflöst. Aber wenn es so sein sein sollte, wäre diese Theorie nicht widerlegbar und somit nach dem modernen Verständnis von Wissenschaft unbrauchbar.

Beste Grüße

Rainer N.
Rainer N.
Reply to  Heldentasse
7 Jahre zuvor

Ach ja, das 4-dimensonale Raunzeitgefüge … existiert doch nur in unserer Wahrnehmung. Denn die Wahrnehmung brauchen wir, um uns im 3-dimensonalen Raum bewegen zu können, also nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, sonst … könnten wir uns nicht orientieren und in dem wahrgenommenen „System“ überleben. Wehe wir würden die Zeit nicht als nur in eine Richtung laufende wahrnehmen … wehe wir würden nicht kausale Zusammenhänge … die es ja in der Quantenphysik nicht gibt …

ich befürchte, wir sind nur eine Simulation … so wie in „Welt am Draht“ … oder wie mache Inder glauben, dass wir nur ein Traum eines Gottes sind der irgendwann erwacht … es hat schon seine Gründe, warum Menschen immer an irgend etwas glauben … den Wissen … oh la la … gilt immer nur so lange, bis neues Wissen das alte Wissen widerlegt. Beispiel heliozentrisches System … oder die Erde als „Kugel“ … und Wissen kann auch wieder vergessen werden … gerade die Erde als Kugel war ja schon einmal bekannt gewesen … der Umfang sehr gut berechnet …

und auf einen Punkt, der weiter oben angesprochen wurde … die „Absetzung von Gewählten“, da gab es ja auch eine gute Idee … Scherbengericht … Verbannung (was nicht immer die richtige Lösung war) …

es gibt aber nun einmal Wissen, welches wir NIE erlangen können … weil unsere Sinnesorgane das nicht verarbeiten können … unsere Wahrnehmungen sind nun einmal begrenzt.

Axel
Axel
Reply to  Rainer N.
7 Jahre zuvor

es gibt aber nun einmal Wissen, welches wir NIE erlangen können … weil unsere Sinnesorgane das nicht verarbeiten können … unsere Wahrnehmungen sind nun einmal begrenzt.

Dann sollten wir sämtliche Apparaturen von Fernrohr bis Teilchenbeschleuniger wegwerfen und hoffen das uns künftig nichts einfällt um unsere Wahrnehmung zu erweitern.

Rainer N.
Rainer N.
Reply to  Axel
7 Jahre zuvor

Wir können unsere Wahrnehmungen nicht erweitern. Die sind durch unsere Sinnesorgane begrenzt.

Da also unser Auge Licht wahrnehmen kann, ist ein Fernrohr nur ein Mittel die Reichweite des Sehens zu erweitern. Aber auch da gibt es eine Grenze.

Ich habe extra geschrieben – Sinnesorgane das nicht verarbeiten können –

aquadraht
aquadraht
Reply to  Jared J. Myers
7 Jahre zuvor

Naja, spätestens, wenn ich „Meme“ oder „evolutionäre“ (irgendwas) (letzeres ausserhalb von Biologie und Naturgeschichte) lese, geht bei mir der Bullshitalarm los, nicht minder, nebenbei gesagt, bei der ausserphysikalischen Verwendung quantenphysikalischer Fragestellungen

Lemmy Caution
Lemmy Caution
7 Jahre zuvor

Weltklasse!
Vielen Dank für diese tolle Podcast-Folge.

Andreas Säger
Andreas Säger
7 Jahre zuvor

Ich habe den Konstruktivismus immer als eine Sammlung von halbgaren subjektivistischen Binsenweisheiten wahrgenommen. Vielleicht kommt das daher, dass ich durch Watzlawicks „Anleitung zum Unglücklichsein“ in den 80igern auf diesen Trip gekommen bin. Zu jener Zeit blühten alle Möglichen Arten von Esoterik und „Feel Good“-Wissenschaft. Die allumfassende Vereinigung von Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft war bei uns Babyboomern mit Studentenausweis ganz groß im Schwange, ganz besonders die völlig unverstandene Quantenphysik, Meme, morphische Felder und Tarotkarten in aller Munde und in den Bücherschränken.
Selbstverständlich ist unsere Wahrnehmung so stark gefiltert, dass es einen Unterschied zwischen der Welt da draußen und unserer eigenen Welt gibt. Daraus die radikale Schlussfolgerung zu ziehen, dass es da draußen nichts gibt ist jedoch einfach nur töricht. Das erinnert mich an den Überschwang vor rund 200 Jahren als durch die Newton’sche Brille plötzlich alles und jedes als Maschine betrachtet wurde. Bloß weil es millionen verschiedene Tische gibt, können wir uns doch jederzeit über den Begriff „Tisch“ einigen und uns gemeinsam an denselben setzen.
Meiner Meinung nach war der Konstruktivismus ein wichtiges Trägermedium für die Trivialisierung der Wissenschaften, für den Neoliberalismus, den radikalen Individualismus insgesamt. Ich glaube, dass durch den Konstruktivismus zu viele Leute aufgehört haben, sich mit der Welt da draußen zu befassen. Die Anti-Öko-Bewegung, Scientology, Kreationismus, der ganze bescheuerte Trumpismus ist eine dümmlich-radikalisierte Spielart des Konstruktivismus, und die Gesellschaft fällt darauf rein weil es für uns Mediengeschöpfe irgendwo ganz normal ist, das vermittelte für wichtiger und realer zu halten als das gemessene. Dies darf man den Konstruktivisten nicht anlasten, aber letzten Endes ist die heutige Hassbewegung die schwarze Gegenkonstuktion zu den idealistischen Konstruktionen der 80iger. Beide Bewegungen haben im Grunde keine Ahnung und schwelgen in einer Billig-Matrix, auf die sie sich grade so einigen können weil sie ihnen in den Kram passt und so schön einfach ist.

Upp
Upp
7 Jahre zuvor

Erstaunlich, wie die Würmer alleine durch die Behauptung innerhalb der Gruppe „selbsterfüllende“ Bestandteile einer gewünschten Wirklichkeit wurden. Kann man denn sagen, das Würmer Zuneigung/Ablehnung nicht wahrnehmen,oder die Mäuse wegen Käse besser wurden? Die Würmer hatten keine Sonderbehandlung in Sachen Futter, so hab ich das verstanden. Wäre interessant wie die Organismen der Kontrollierenden verändert waren. Körperwärme, Atem etc.
Toller Podcast!

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Der Tisch, der Krieg und die Medien – Tagesticker.net
7 Jahre zuvor

[…] in der Kritik. Die Erfindung der sozialen Medien macht die Sache auch nicht einfacher. Tom Wellbrocks Podcast bei den neulandrebellen Lesen Sie auch: Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein … Im Umgang mit Donald Trump […]

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Ready … Steady … Go! Wir könnten Unterstützung brauchen – neulandrebellen
7 Jahre zuvor

[…] Claus Weselsky zum Beispiel hat eine Menge Vorarbeit gebraucht. Terminverschiebungen inklusive. Dem Podcast mit Patrick Breitenbach zum Thema „Konstruktivismus und Medien“ gingen Monate, ehrlich gesagt fast ein Jahr voraus. Und […]

rene
rene
6 Jahre zuvor

ich würde euch gerne downloaden.
wo bzw. wie geht das ?

aquadraht
aquadraht
Reply to  rene
6 Jahre zuvor

Ich empfehle Audacity. Da musst Du die Aufnahmequelle von Mikrofon etc. auf Stereomix ändern. Auf Windows ist das oft deaktiviert (nur Mikrofon sichtbar), das kann man aber einstellen: http://www.giga.de/downloads/audacity/news/pc-sound-aufnehmen-mit-audacity-das-interne-audio-mitschneiden-auch-ohne-stereomix/ . Damit lassen sich beliebige Streams in hoher Qualität mitschneiden (für mp3 musst du aber die encoder für audacity, lame und ffmpeg, zusätzlich downloaden und in audacity integrieren). Da audacity ein ziemlich universelles Audiobearbeitungstool ist, dass under Windows, Mac und Linux läuft, lohnt sich der Aufwand.