Bundesregierung der Tat
Der Armuts- und Reichtumsbericht, den die Bundesregierung zensiert hat, geriet in zögerliche Kritik. Man ist das ja gewohnt mittlerweile. Dabei hat sie einen Clou böhmermannschen Ausmaßes gelandet.
Zwei Punkte innerhalb des Berichts, die sich einander bedingen, haben zur Zensur seitens der Bundesregierung geführt. Es ging a) um den Einfluss Vermögender auf die Politik und b) um die Resignation der Wähler mit geringem Einkommen. Zugegeben sind das ja auch unangenehme Punkte, die da zur Sprache kamen. Eine eitlere Regierung als unsere würde sich da sorgen, weil so ihre an sich edlen Absichten unterminiert werden könnten. Oder weil das Image leiden könnte. Am Ende glauben die Menschen da draußen ja wirklich, dass Politik käuflich oder auf der anderen Seite ignorant wäre. Das darf freilich nicht sein. Merkel steht immerhin nach wie vor der besten Regierung aller Zeiten vor. Deshalb musste sie streichen. Denn mit dem Streichen der beiden Passagen hat sie ihre eigene Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit unterstrichen. Und das tut Not, will man um die Abgehängten buhlen, so wie sie es in Aussicht gestellt hat.
Es ist nämlich so, dass sie gar nichts durchgestrichen hat. Sie hat es unterstrichen. Wenn man einen Satz wie diesen hier löscht: »Personen mit geringerem Einkommen verzichten auf politische Partizipation, weil sie Erfahrungen machen, dass sich die Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen orientiert«, dann wird doch erst ein Schuh daraus, wenn man veranlasst, dass man eben jenen substanziellen Inhalt des Satzes durchstreicht, um die Substanz gewissermaßen zu betonen. Wenn sie da durchstreicht, unterstreicht sie.
Nicht viel anders bei dem anderen Satz: »Die Wahrscheinlichkeit für eine Politikveränderung ist wesentlich höher, wenn diese Politikveränderung von einer großen Anzahl von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt wird.« Eliminiert man den im Namen von Menschen mit höherem Einkommen, so unterstreicht man den Wahrheitsgehalt des Gesagten doch um ein vielfaches dicker, als wenn man ihn bloß stehen lässt.
Man könnte ehrlich denken, dass da Jan Böhmermann im Bundeskanzleramt manche Strippe zieht. Denn fast wie ein Clou aus seiner Schmiede wirkt das, was hier gesagt wird, obgleich es nicht gesagt wird. Genau, man darf die Probleme, die ein solcher Bericht erfasst, nicht einfach als geschriebenes Wort stehenlassen. Man muss sie durch Taten belegen. Und so hat die Regierung eben die zwei Punkte nicht verschwinden lassen, sondern sie belegt, indem sie sie verschwinden ließ. Ausgebufft ist das! Das ist die neue Charmeoffensive aus dem Kanzleramt: Offen und ehrlich. Sage noch einer, sie würde sich verstecken. Sie ist ein offenes Buch mit vielen durchgestrichenen Zeilen.
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27 Kommentare auf "Bundesregierung der Tat"
Und was bleibt von all dem übrig? Der Skandal wäre eigentlich, dass Menschen sich abgehängt fühlen, gesprochen wird aber nur darüber, dass was gestrichen wurde. Das erinnert frappierend an Clintons Nummer mit den geleakten Mails. Nicht der Inhalt ist Skandal, sondern der Leak/Hack wird zum Thema gemacht. Perfekte Umlenkung von Themen…
@Yossarian
Mich dünkt, dass hier die Herolde der Neoliberalitäten ein gar trefflich Werk verrichtet haben! 😉
Objektiv ist es nämlich so, dass viel zu viele Menschen abgehängt und ausgegrenzt sind, was der eigentliche Skandal ist!
In einer Gesellschaft wo gleichfalls die Chancengerechtigkeit statt der sozialen Gerechtigkeit eingefordert wird, ist der feine aber m.E. wesentliche Unterschied kaum noch nachvollziehbar.
Beste Grüße
Yup. se ich auch so
Quatsch mit Soße!
@ Theo Tester
Nö, Soße ohne Quatsch!
@R_Winter
Vollkommen einverstanden! Wobei man aber den unmittelbar diskutierten Kontext auch in Betracht ziehen muss, den m.E. sollen die nicht richtigen Staats- Statistiken gerade so Zustände wie jetzt in Polen verhindern, und nur Gefühle erzeugen das es Teutschland gut geht, was aber m.E. mit der Wirklichkeit vieler hier lebender Menschen nichts gemein hat.
Beste Grüße
„,,,denn die Medien (sechs Familien beherrschen die gesamt Medienlandschaft in D.) „kuschen“ vor den Neoliberalen in der GroKo auch ohne Gesetz. “
Einverstanden. Allerdings muss man sich fragen, wer da Koch und wer Kellner ist.
Und wo soll hier ein „Skandal“ sein?
Das Kapitalismus und Demokratie sich fundamental widersprechende Gegensätze sind, hat doch schon Karl M. im „Kapital“ unter dem Begriff „politische Ökonomie“ nachgewiesen.
Da ist es doch selbstverständlich für eine marktkonforme Regierung, mit allen Mitteln den von den Kapitalbesitzern eingeführten Aberglauben „Kapitalismus = Demokratie“ aufrecht zu erhalten.
Und die Wahrheitspresse skandalisiert mal wieder die Löschung, aber nicht den Inhalt.
Man will ja keine schlafenden Hunde….usw.
Das wird ja auch der Grund sein, warum wir nach Frau Merkel in einer marktkonformen Demokratie leben. Das hat sie gut erkannt, wahrscheinlich weil sie in der DDR vieles von Herrn Marx lesen und studieren musste.
Beste Grüße
und wie war das noch? Das Schild an der Grenze zur Bundesrepublik “ Revolution verboten“ steht immer noch!
Der deutsche Michell nickt und nickt u………… .
Diejenigen, die nicht wählen oder zum Nichtwählen aufrufen (u.a. KenFM), seien daran erinnert, dass dies nur den großen Parteien nutzt. Jede Stimme für eine kleine Partei ist eine Stimme gegen die großen. Deshalb wähle ich mal „Die Partei“ und mal die Tierschutzpartei
Dem möchte ich wiedersprechen.
Ich finde eine ungültige Stimme schwächt die Großen Parteien auch.
Vor allem fehlt ihnen das Geld der Stimmen in Punkto Parteienfinanzierung.
@Yarsin
Eine ungültige Stimme verändert aber doch am Verteilungsverhältnis nichts, kann aber entscheidend sein, ob eine kleinere Partei die 5 % – Hürde schafft.
Für die Finanzierung der großen Parteien ist durch Sponsoren aus Lobbykreisen bestens gesorgt, fehlende Wahlkampfgelder dürften da eher weniger ins Gewicht fallen.
[…] Roberto J. De Lapuente […]
OT – Ad Sinistram und Spiegelfechter sind bei Petson, meine Startseite, enthalten. Von dort aus kann ich jeden Tag meine üblichen Seiten „besuchen“. Also auch NDS, Fefe, Heise, Telepolis, Feynsinn …
werden die „Neulandrebellen“ dort auch eingefügt werden?
Da müsstest du die Macher von Petson.de fragen. Oder besser noch: Sie mal darauf hinweisen.
Nun, dort gibt es kein Impressum. Keine Ahnung wer diese Seite erstellt und wer dort die Links setzt.
Dachte das vielleicht einer der „Neulandrebellen“ da mehr Wissen hat und …
Habe dort nachgesehen, nachdem Du uns gewissermaßen darum gebeten hast. Ich habe die Seite auch schon mal vorher gesehen, verfolgt über die Referrer-Liste bei ad sinistram. Habe mich da nie angemeldet, daher ist das etwas, was der Macher selbst tun muss. Aber wer dahinter steckt: Ich weiß es nicht. Putin? Ist das Teil seines Fake-Krieges? 😉
@ Roberto J. De Lapuente
Nö, Böhmermann wäre unfähig so viel Scheiße zu bauen wie Mutti & Co. 🙁
Wie kommst du dazu, so über meine Mutti zu reden? Achsooo, du meinst Frau Merkel? Dann nenn sie doch auch so. 🙂
[…] Bundesregierung der Tat (neulandrebellen) […]
„immterhin“, „Elimiert“ ?? Keine Rechtschreibprüfung installiert?
Ansonsten natürlich sehr schön herausgearbeitet, dass sie mit der Entfernung der beiden Passagen unabsichtlich bestätigen, dass sie sehr wohl wissen, wer hier in der BRD das Sagen hat.
Danke. Rechtschreipung ißt noch nichd insdaliert. Machem wier nooch.
Das mit der Armut ist eine Sache. Es zählt nicht die Armut an sich sondern die Perspektive und die sieht gut aus…vorerst